Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1985

Spalte:

55-57

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Hauke, Manfred

Titel/Untertitel:

Die Problematik um das Frauenpriestertum vor dem Hintergrund der Schöpfungs- und Erlösungsordnung 1985

Rezensent:

Kirchner, Hubert

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

55

keit entsteht - trotz der eingehenden Gliederung - allerdings auch
durch die Darstcllungsweise: ein Übermaß an Wiederholungen vor
allem (in Haupt- und Nebensachen) erschwert die Lektüre beträchtlich
. Die notwendige Straffung letzter Hand unterblieb. Anmerkungen
sind teils sachlich überfrachtet oder lenken stark aus dem gegebenen
Rahmen. Einige Verwirrung entsteht auch bei den Zitationen,
wenn schon Bekanntes wie als Novum behandelt wird. s. z. 13. II 1 15
u. 93. Interne Verweise sollten durchweg auf Seiten umgestellt sein.
Die Exkursüberschriften II 136 u. 139 erscheinen wenig angemessen.
Vor Rätsel stellt das Verb .korrelieren'.

Für den 3. Band ist eine Fülle von Arbeitsvorhaben reserviert
(Bewegungstheorie einschließlich GottesbegrilT. Einflüsse Hobbes',
u. a.). Der Fragenkomplex um den Harmoniebegriff(schon des jungen
L nur) jedoch bleibt gesonderter Untersuchung vorbehalten.

Jena Christoph Peiter

1 Vgl. den (nicht benannten) Überblick von W. Mägdefrau in: Geschichte der
Universität Jena. I, Jena 1958, 128IT, Ii, 1962, 475fr, s. ders. jetzt in: Alma
inaler Jcncnsis. Geschichte der Universität Jena, hrsg. von S. Schmidt. Weimar
1983.64 IT.

2 Vgl. die Skizze des 2. Briefs bei A. Simonovits: Dialektisches Denken in der
Philosophie von G. W. Leibniz, Berlin/Budapest 1968.38.

Kirchen- und Konfessionskunde

Hauke, Manfred: Die Problematik um das Frauenpriestertum vor
dem Hintergrund der Schöpfungs- und Erlösungsordnung. Paderborn
: Bonifatius-Druckerei 1982. 496 S. gr. 8° = Konfessionskund-
liche und kontroverstheologische Studien, XLVI. Lw. DM 68,-.

Der voluminöse Band ist eine Dissertation, die 1981 von der katholisch
-theologischen Fakultät der Universität München angenommen
worden ist (Betreuer: L. Scheffczyk). Dies sei als erstes und ausdrücklich
hervorgehoben. Denn - wie Vf. selber sogleich feststellt - das
Thema ist in der gegenwärtigen theologischen Diskussion besonders
heiß umstritten. Es dürfte deshalb um so höher anzurechnen sein, daß
sich der Vf. daran wagte. Und auch die Art und Weise, wie er seine
Aufgabe löst, verdient Respekt.

In weit ausladender Übersicht, die hier nur in ganz groben Zügen
skizziert werden kann (das Inhaltsverzeichnis umfaßt allein
11 Seiten!), wird in einem ersten Teil „Die Bedeutung der Schöpfungsordnung
für die Frage nach einem Priestertum der Frau" dargestellt
(S. 31-200). Die Unterthemen betreffen u. a. die Frage nach der
Emanzipation der Frau, die „Frauenordination im außerkatholischen
Bereich", das Problem als Folge des konziliaren Aufbruchs, feministische
Theologie, anthropologische Grundlagen, Geschlecht und
Gottesbild, rcligionswissenschaftlichc Untersuchungen sowie die
Aussagen der biblischen Urgeschichte. Der 2. Teil (S. 201-474) stellt
sodann „Die Frage nach dem Priestertum der Frau vor dem Hintergrund
der Erlösungsordnung". Unterthemen sind hier: Aluestament-
liche Grundlagen, „geschlechtliche" Züge im christlichen Gottesbild,
Maria - Urbild und Mutter der Kirche, das Verhalten Christi, das
Zeugnis des Paulus, der Kirchenväter und des Mittelalters, die Frage
einer eventuellen geschichtlich bedingten Minderwertigkeit der Frau
als Grundlage ihres Ausschlusses vom Priestertum sowie eine Besinnung
über den theologischen Gewißheitsgrad des Arbeitsergebnisses.
Ein kurzes Schlußwort und 20 Seiten Literaturangaben runden das
Ganze ab.

So umfassend las man's noch nie. Hier wird nicht nur dem biblischen
Zeugnis und der christlichen Geschichte nachgegangen. Was
unter den Gesichtspunkten der Anthropologie und Religionswissenschaft
an Material zusammengetragen wird, erweckt Hochachtung
und natürlich auch die Fülle der verarbeiteten Literatur.

Und das Ergebnis ist eindeutig: Schon seitens der Humanwissenschaft
, der philosophischen Gotteslehre und der Schöpfungsordnung

56

ergibt sich für den Verfasser „die hervorragende Bedeutung der
Geschlechtersymbolik, welche einerseits die priesterliche Repräsentanz
dem Manne zuweist und andererseits die Frau als bevorzugte
Vertreterin der Krcatürlichkeit vor Gott erscheinen läßt.

Diese Grundslruktur der Schöpfungsordnung findet ihre höchstdenkbare
Erfüllung in der Ordnung der Erlösung: Der Sohn Gottes ist
als Mann Mensch geworden, um die Repräsentation des himmlischen
Vaters gegenüber den Menschen und die .amtliche' Darstellung der
Menschheil vor Gott deutlich zu machen. Christus ist hierin Urbild
des Amtspriesters, der aufgrund seiner Weihe in besonderer Weise den
menschgewordenen Gottessohn und sein Erlöserwirkcn repräsentiert
." (S. 467)

Demgegenüber verkörpert ihm die „empfangende und mitwirkende
Haltung Mariens . .. das Idealbild des Christen in vollkommenster
Weise und bietet zugleich einen Maßstab für die spezifische Wirksamkeit
der Frau" (ebenda). Aufgrund dessen kommt Vf. zu einer doppelten
These, mit der er gleichsam selber zum Angriff gegen alle, die
seiner Meinung widerstreiten, übergeht: „Die Forderung des Frauen-
priestertums, die historisch durch gewisse Formen der Emanzipationsbewegung
hervorgerufen wurde, stammt letztlich - ob bewußt
oder unbewußt-aus einer gnostisch anmutenden Frauen Verachtung-
. . . Die NichtOrdination der Frau jedoch liegt in einer Hochschätzung
der weiblichen Eigenart begründet." (S. 466)

Dieses Ergebnis kann hier nicht im einzelnen diskutiert werden. Es
seien jedoch einige Punkte herausgegriffen.

Zunächst mehr formal: Die Arbeit erscheint in einer ökumenischen
Veröffentlichungsreihe und versteht sich - laut Vorwort - dem ökumenischen
Anliegen verpflichtet. Ganz gewiß spielt auch die ökumenische
Diskussion über das Thema eine erhebliche Rolle. Nur macht
das die Arbeit als solche noch lange nicht ökumenisch. Wenn Vf. sich
schon in dieser Weise engagieren will, wäre es wohl angeraten gewesen
, sich ein wenig mehr um Genauigkeit auch im Detail zu bemühen
und auf eine angemessene Sprache zu besinnen. Auch nach der letzten
Vollversammlung des Ökumenischen Rates ist Philipp Potter Generalsekretär
und noch längst nicht „ehemalig" (s. S. 27); Pauline Webb,
1968-1975 stellvertretende Vorsitzende des Zentralausschusses des
ORK als,..Vizechefin' im Zentralkomitee des ORK" zu apostrophieren
(S. 53), ist nicht nur schlechter Stil, sondern schlicht ungehörig:
und Bemerkungen derart, daß die Befreiungstheologie „seit der Welt-
kirchenkonferenz von Uppsala 1968 in den meisten ÖRK-Gremien
den Ton angibt" (ebenda), daß der ÖRK „zu einem der wichtigsten
Umschlagplätze der... .feministischen Theologie' geworden" sei
(S. 54) und sich in einer gewissen Arbeitsteilung mit der UNO befinde
(ebenda), atmen genauso wenig ökumenischen Geist w ie die Tatsache,
daß der Vf. schon im Vorwort betont nur von „nicht-katholischen
christlichen Gemeinschaften" redet und darüber hinaus sehr schnell
mit der Feststellung des Tatbestandes der Häresie bei der Hand ist.
Einer Erstlingsarbeit (und nicht nur einer solchen!) stünde ein wenig
mehr Behutsamkeit im Urteil wohl an. Dasselbe gilt übrigens auch für
den Umgang mit anderen Autoren, die anderer Meinung sind als der
Vf. Ausgerechnet Karl Rahner darüber belehren zu wollen, was „das
biblische Zeugnis über die Gültigkeit der Weisungen Jesu" sagt
(S. 469), wirkt schon einigermaßen peinlich.

Sodann aber noch ein paar Fragen zum Inhaltlichen und zumal
zum methodischen Vorgehen der Arbeil:

Weile Teile des Buches stehen unter der Leitfrage nach dem Verhältnis
von Frau und Mann. Was macht eigentlich diese Frage in
diesem Zusammenhang hier so relevant? Sollte nicht vielmehr, wenn
es um das Verstehen des Vorfindlichcn und seiner Entwicklung geht,
das Verhältnis von Sexus und Kult untersucht werden? Denn von hier
aus könnten sich u.U. (und gerade aus der Fülle des religionsge-
schichtlichcn Materials) aufschlußreiche Beziehungen zur Ausgestaltung
des katholischen Priesterbildes in der Geschichte der Kirche
ergeben (Zölibat!), wodurch vielleicht sogar die gesamte Fragestellung
verändert und wohl auch ein wenig selbstkritischer werden könnte.

Denn was gibt sonst eigentlich in den hier dargestellten Zusammen-

Theologischc Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. I