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Ausgabe:

1985

Spalte:

761-762

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Männerorden in der Bundesrepublik Deutschland 1985

Rezensent:

Sudbrack, Josef

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 10

762

zusammenwirken, wird Christus seine Kirche zur Herrlichkeit
führen. Christus tut das mit unendlicher Weisheit und allumfassender
Liebe durch das Wunder, das er mit Hilfe der Natur und der
Gnade wirkt: die Kontinuität des Papsttums, das dennoch immer
dazu bewogen war, dem Wandel der Zeiten angemessen zu begegnen"
(258). Trotz dieser Schlußsätze wird man in Rom den vielen Anfragen
und Vorschlägen dieses Buches nicht nur zustimmen; das weiß der
Autor selbst gewiß auch. Für seine Anregungen aber gebührt ihm
Dank.

Rostock Gert Haendler

Holtz, Leonhard [Hrsg.]: Männerorden in der Bundesrepublik
Deutschland, hrsg. im Auftrag der Vereinigung Deutscher Ordensobern
(VDO). Zürich-Einsiedeln-Köln: Benziger 1984. 415 S. m.
Abb. 8°. Kart. DM28,-.

Zuerst ist diese Veröffentlichung rundweg zu loben. Die auch für
einen Insider fast unübersehbare Vielfalt der Orden wird übersichtlich
dargestellt. Die einzelnen Autoren verlieren sich nicht in Äußerlichkeiten
, sondern geben - so gut wie immer - nüchtern über ihre Geschichte
, Spiritualität und Aufgabe Auskunft (nicht alle zeigen den
Mitgliederstand an). Die „Einleitung über die allgemeine Geschichte"
(11 —21) ist sachlich, obgleich natürlich hier die Fragen auftauchen:
Ob es genügt, für das Mönchtum in den Orthodoxen Kirchen auf die
Monographie von K. S. Frank hinzuweisen? (vgl. nur T. Spidliks
reiche Arbeiten). Ob nicht ein kleiner Blick über die Sprachgrenzen
dem Ganzen gut getan hätte? Vgl. das hervorragende, auf 7 große
Lexika-Bände angewachsene (bis Buchstabe R) „Dizionario degli Isti-
tuti di Perfezione". Ob dagegen Bücher wie Dirks, Die Antwort der
Mönche, oder Kcrhoffs/Stenger/Ernst, Das Schicksal der Orden, oder
Nigg. Vom Geheimnis der Mönche, die irgendwie überholt sind, nicht
zuviel Gewicht bekommen haben? Die eher spirituelle Einleitung:
-Ordensleute leben anders" (22-33) ist sympathisch, aber etwas zu
emphatisch - man vergleiche nur das Metz-Zitat (31) mit der nüchternen
Analyse.von P. Lippert (395) oder die Armutstheologie in beiden
Beiträgen. Letzteres, „Orden in Deutschland - im Jahre 1984"
(393-399), scheint mir das Beste im ganzen Buch zu sein: Nüchtern,
das Wesentliche aufzeigend und in der Sympathie eines reifen, engagierten
Ordensmanns geschrieben. Auch die im Anhang behandelten
Themen: „Begriffe aus dem Ordensleben" (400-405), „Ordensbezeichnungen
" (406-408) mit einem „Alphabetischen Ordensverzeichnis
" und einem „Ortsregister" entsprechen der Erwartung. Ob
die zwei Seiten „Auf der Suche nach einem Orden" (34-35) dem
Gewicht des Übrigen entsprechen, möchte ich bezweifeln.

Der zentrale Teil aber sind 15 Kapitel über die einzelnen Ordensgemeinschaften
- wie gesagt, alles im Einzelnen recht vernünftig und
klug geschrieben, wenn natürlich auch in verschiedener Farbigkeit.
Hier wird man allerdings an die Gesamtgewichtung schon einige Fragen
stellen dürfen. Zwei möchte ich exemplarisch erheben. Einmal die
Gewichtung der einzelnen Gemeinschaften: Die Benediktinerklöster
werden je einzeln für sich dargestellt, insgesamt von S. 37 bis S. 76,
und wenn man die Reform der Benediktiner dazu rechnet, bis S. 92.
Die Kartäuser (bis S. 99) werden nicht ganz zu Recht dazu gezählt.
Dem stehen z. B. die Steyler Missionare (die wohl kaum nur unter
■ ■Priester-Kongregation" einzuordnen sind) mit insgesamt 4'/i Seiten
gegenüber, und auch die Prämonstratenser, die ähnlich wie die Benediktiner
auf dem Abtei-Prinzip beruhen, haben nur 4 Seiten. Wer
hier nicht Bescheid weiß, muß durch die Disproportionen verwirrt
Werden.

Ähnlich ist das Schlußkapitel: „Nachlese - Kleinere Gemeinschaften
" (363-373) mit nur einem Säkular-lnstitut, den Schönstatt-
Patres, nicht recht überzeugend gestaltet worden. Zwar sind die Grenzen
zu „frommen Gemeinschaften" (piae uniones) fließend. Aber
hätte man nicht z. B. über das Opus Dei etwas erfahren müssen? -
trotz aller Geheimhaltung; die Häuser und die Schriften sind ja
Publici iuris!

Im Ganzen also in bezug auf das. was geboten ist: sehr zu empfehlen
; aber in bezug auf das. was zwischen den Zeilen gelesen werden
muß. hätte man sich mehr erwarten dürfen.

München Josef Sudbrack

Philosophie, Religionsphilosophie

Ortwein, Birger: Kants problematische Freiheitslehre. Bonn: Bbuvier
Verlag 1983. IV, 178 S. 8° = Mainzer philosophische Forschungen,

26.

Die Frage, wie für Kant menschliche Freiheit denkbar ist, hat bei
den Interpreten seit jeher unterschiedliche Beantwortung gefunden.
Die vorliegende Dissertation zeigt, daß Kant von der „Kritik der
reinen Vernunft" über die „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
", die „Kritik der praktischen Vernunft" und die Religionsschrift
bis zur „Metaphysik der Sitten" verschiedene Entwürfe einer Freiheitslehre
vorgelegt hat. die sich nicht völlig miteinander harmonisieren
lassen. Jeder einzelne dieser Entwürfe wird hier einer Prüfung
unterzogen und am Ende als problematisch und unbefriedigend erwiesen
.

Besondere Bedeutung kommt dabei der Darstellung und Auflösung
der 3. Antinomie in der „Kritik der reinen Vernunft" zu. Ob es neben
der Kausalität nach Gesetzen der Natur auch noch Kausalität durch
Freiheit gibt, oder ob alles in der Welt lediglich nach Gesetzen der
Natur geschieht, ist nach Kant eine Frage, die durch ihre Unbeant-
wortbarkeit uns Menschen die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens
bewußt machen soll. Doch Vf. zeigt, daß die Antinomie schon falsch
gestellt ist. Der Beweis für die Thesis endet in der Behauptung, eben
darin bestehe das Gesetz der Natur, daß ohne hinreichend a priori
bestimmte Ursache nichts geschehe, und damit wird die Argumentation
zirkulär. Die Frage, warum man die Vollständigkeit der Kausalreihe
denken muß, bleibt unbeantwortet. Auch die Argumentation
für die Antithesis bleibt zirkulär insofern, als sie nur den Gedanken
entfaltet, daß allein die durchgängige Naturkausalität die Einheit der
Erfahrungswelt ermöglicht. Der Unterschied besteht aber darin, daß
im ersten Fall noch dogmatisch, im zweiten aber schon kritisch argumentiert
wird. Kant nimmt hier im zweiten Fall schon das vorweg,
worauf er hinaus will. So kommt es, daß bei der Auflösung der Antinomie
keineswegs beide Seiten in gleichem Maße kritische Zurückweisung
erfahren, sondern die Antithesis bedingt bejaht wird. Weil die
Totalität der Erkenntnis nicht gegeben, wohl aber der dekomponierenden
Synthesis aufgegeben ist, kann die Antithesis, soweit wie sie
nichts anderes besagt als die 2. Analogie, als wahr gelten. Kant löst die
3. Antinomie jedoch nicht in diesem Sinne, weil er die kosmologische
Fragestellung mit der Frage nach der Möglichkeit menschlicher Freiheit
verquickt. Sein Ziel ist, menschliche Freiheit neben der durchgehenden
Naturkausalität als möglich zu erweisen. Nur in diesem
Rahmen taucht die Problematik der ersten Ursache auf. Weil wir
weder eine erste Ursache noch eine endlose Kausalreihe widerspruchsfrei
denken können, bleibt der Raum frei für die praktische
Bewährung der Freiheit. Vf. zeigt, daß Kants Kritizismus, wonach die
Rezeptivitäl der Sinnlichkeit und die Spontaneität des Verstandes
zusammenwirken und das gegebene Mannigfaltige durch die katego-
riale Verstandessynthesis zur Einheit des Bewußtseins gebracht wird,
das Freiheitsproblem im Grunde genommen auf sehr einfache Weise
löst: „Die erste Ursache liegt genau dann vor, wenn zum ersten Mal
die Kategorie von Ursache und Wirkung auf ein gegebenes Mannigfaltiges
appliziert wurde . .. Damit wird die Frage nach der ersten
Ursache, nach dem Anfang der Erscheinungswelt (der Kausalität
nach) nicht nur eindeutig beantwortet, sondern ganz nachhaltig aller
Spekulation enthoben, erweist sie sich doch als eine, die empirisch
allein zu beantworten ist" (37). So ist freilich nur die Frage nach der
Wirklichkeit der Freiheit beantwortet, nicht jedoch die nach ihrer
Möglichkeit.