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Ausgabe:

1985

Spalte:

754-756

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Eimer, Gerhard

Titel/Untertitel:

Zur Dialektik des Glaubens bei Caspar David Friedrich 1985

Rezensent:

Mai, Hartmut

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Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 10

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Sehleiermacher nur diejenigen Fragmente in Anspruch zu nehmen,
..bei denen seine Autorschaft entweder durch briefliches Zeugnis oder
durch Vorstufen in den nachgelassenen Manuskripten zweifelsfrei ist"
(XXXIII f). Ist dieser Grundsatz angesichts der wechselseitigen Ideen-
produktion im Frühromantikerkreis ausreichend? Gewiß sind wörtliche
Spuren der Fragmente 276 und 358 in Schleicrmachcrs Leibniz-
heften nachzuweisen. Jedoch verdient Beachtung, daß F. Schlegel die
Notizen Schleiermachers z. T. als Sprungbrett Tür eigene Fragmente
benutzt hat. so daß Eichncr, obschon auch er die Schleiermacherspuren
sah, die Fragmente 276 und 358 dann noch F. Schlegel zuerkennen
konnte. Andererseits entläßt der Editor die Fragmente 378
(über den gefühlvollen Menschen) und 407 (über die gute Lebensart)
gemäß seinem restriktiven Grundsatz aus Schleicrmachcrs Autorschaft
, dies gegen die inhaltlich begründete Entscheidung vor allem
Eichners, der sie auf Schleiermachers Konto setzt. Die Differenz
zwischen KGA 1/2 und der kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe
im Blick auf die Fragmente hält sich insgesamt in engen Grenzen, bedarf
aber doch der Aufmerksamkeit.

Ausgesondert aus dem Oeuvre Schleiermachers ist die in der Oberdeutschen
allgemeinen Literaturzeitung Jg. 1799, 7.-9. Stück.
SP- 97-126; 129-132 gedruckte Besprechung von Fichtes „System
der Sittenlehre", die noch in der Fichte-Gesamtausgabe der Bayerischen
Akademie der Wissenschaften, edd. R. Lauth, H. Gliwitzky
(Bd. 1/5, Werke I 798-1799) an Schleiermacher verwiesen ist, ebenso
bei M. Zahn. Die mit ,,Sch...r" gezeichnete Besprechung entspricht
nach Darbietungsart. gedanklichem Duktus und Stil nicht dem bei
Schleiermachers Rezensionstätigkeit sonst gewohnten Bild. Bei den
Handschriften war dem Editor das etwas mühselige Geschäft auferlegt
, die zahlreichen Überschneidungen zwischen den Vermischten
Gedanken und Einfällen (Gedanken I), Gedanken II („Schleiermachers
Fragmente") und Gedanken III (sog. Zweites Wissenschaftliches
Tagebuch) kenntlich zu machen. Wenn in absehbarer Zeit auch
die Gedanken IV (Bei Dilthcy: „Aus zwei einzelnen Blättern"), die
Gedanken V (sog. Drittes Wissenschaftliches Tagebuch) und die
neuentdeckten Gedanken VI („Zur Ethik LH") in historisch-kritischer
Edition vorliegen, dürfte den „Denkmalen" endgültig der Abschied
gegeben werden können. Das Prinzip der chronologischen Präsentation
bringt im Vergleich mit Dilthey freilich auch Unannehmlichkeiten
mit sich. Manuskripte, die eng zusammengehören, werden
nunmehr nur noch in der Verteilung auf mehrere Bände - KGA 1/2
und KGA 1/3 bzw. auch (vgl. XXI, Anm. 39) KGA 1/5 - rezipiert
werden können.

Die „historische Einführung" des Bandeditors informiert sehr präzis
über die Manuskripte und Druckschriften. Bei den Reden „Über
die Religion" und den „Briefen bei Gelegenheit" wird das ent-
slehungs- und rezeptionsgcschichtliche Umfeld beschrieben, weniger
extensiv auch bei den anderen Druckschriften und Mss. Bei den Hinweisen
auf Brinkmanns Stellung zu den Reden (LXXII) wären dessen
-Filosofische Ansichten" (1806) erwähnenswert gewesen. Im Zusammenhang
mit den eher mageren Notizen „Zum Armenwesen" hat sich
der Bandherausgeber zu einem ausgiebigen institutionsgeschichtlichen
Exkurs zur Charite aufgrund zeitgenössischer gedruckter Quel-
!en (Falk, Biester. Prahmer u. a.) entschlossen und breit aus ihnen
zitiert. Die für Schleiermachers berufliche Tätigkeit an der Charite
belangvollen „Acta betrelTcnd die Anstellung der reformierten Prediger
1795-1813. Charite II. 6. No 1 vol. 2" (Nr. 274) im Archiv der
Humboldt-Universität konnten noch nicht verwendet werden.

Daß der Brief vom 16. 3. 1799 an Henriette Herz bislang unveröffentlicht
sei (LXXII), wird sich mit Blick auf Br. 1,203 und
Br. 3,106f nur mit Einschränkungen behaupten lassen.

Ausführlich hat der Bandherausgeber auch aus dem kontroversen
Briefwechsel F. S. G. Sack - Sehleiermacher von 1801, ebenso aus
Hegels Differenzschriften und aus Glauben und Wissen zitiert. Offenbar
entspringt dieses Verfahren dem Bemühen um größte Objektivität
bei tunlichster Zurücknahme eigenen Urteils. Völlig einsichtig ist es
dem Rezensenten jedoch nicht, diese leicht greifbaren Texte in solcher

Breite zu präsentieren. Die bereits bei der Besprechung von KGA
1/7.1.2 aufgeworfene Erwägung (ThLZ 109. 1984, 920), ob bei der
Nachzeichnung der zeitgenössischen Rezeption von Schriften
Schleicrmachcrs nicht noch etwas weitere Horizonte ausgeschritten
werden sollten, sei wiederholt. Bei den Reden jedenfalls sind die
Rezeptionsvorgänge, denkt man an die durch sie angeregte Fortführung
des Religionsthemas im Frühromantikerkreis, insgesamt vielschichtiger
. Dies zumindest anzudeuten, schiene ratsam.

Auch dieser Band darf als ein weiterer, erfreulich schnell erschienener
und solide gearbeiteter Beitrag innerhalb des KGA-Projekts-mit
Dank an alle Beteiligten, namentlich vor allem auch an G. Mccken-
stock. begrüßt werden. Wie H.-J. Birkner im Namen der Herausgeber
mitteilt, ist die Arbeit an der KGA seit 1. Januar 1984 in die Obhut
der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen genommen worden
.

Leipzig Kurt Nowak

Calvin,Jean: DesScandales. EditioncritiqueparO. Fatio. AveclacoUabora-
tion de C. Rapin. Genf: Droz 1984. 251 S. kl. 8" = Textes Litleraires Francis.
323.

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: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabc des Dicdcrichs Verlages
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30. Abt.;GTB/Sicbcnstern.623.

Kierkegaard. Sören: Kleine Aufsätze 1842-51. Der C'orsarcnstreit. Aus dem
Dan. von H. Gcrdes. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabe
des Dicdcrichs Verlages. Köln) 1985. XI. 238 S. 8- = Sörcn Kierkegaard
Gesammelte Werke. 32. Abt.: GTB/Siebcnslcrn. 625. Kart. DM 28,80.

Kierkegaard. Sören: Die Schrillen über sich selbst. Aus dem Dan. von
E. Hirsch. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabe des
Diedcrichs Verlages. Köln) 1985. XIII. 176 S. 8" = Sören Kierkegaard Gesammelte
Werke, 33. Abt.;GTB'Siebenstern.626. Kart. DM 24.80.

Kierkegaard, Sörcn: Über den BegrifTder Ironie mit ständiger Rücksicht auf
Sokrates. Aus dem Dän. von E. u. R. Hirsch. Gütersloh: Gütersloher Vcrlags-
haus Gerd Mohn (Lizenzausgabe des Dicdcrichs Verlages. Köln) 1984.
XIV. 374 S. 8- = Sören Kierkegaard Gesammelte Werke. 31. Abt.; GTB/Sie-
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Strub, Walter [Hrsg.]: Sein und Nichts in der abendländischen Mystik. Frci-
burg-Bascl-Wien: Herder 1984. 125 S. 8' = Veröffentlichungen der Stillung
Oratio Dominica. Weltgespräeh der Religionen. Schrillenreihe zur großen
Ökumene. 11. Kart. DM 28,-.

Christliche Kunst und Literatur

Eimer, Gerhard: Zur Dialektik des Glaubens bei Caspar David Friedrich
. Frankfurt/M.: Kunstgeschichtl. Institut der Universität 1982.
221 S. m. 40 Abb. gr. 8" = Frankfurter Fundamente der Kunstgeschichte
. I. Kart. DM 37,50.

Die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Caspar
David Friedrich (1774-1840) hat in den zurückliegenden Jahrzehnten
zu einem vertieften Verständnis des Malers und der vielfältigen Beziehungen
seines Werkes zu den politischen, religiösen und geistigen
Prozessen seinerzeit geführt. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Ermittlung
der den Werken innewohnenden Glaubensaussage. Genannt
seien die Werkausgabe von Helmut Börsch-Supan und Karl-Wilhelm
Jänig (Caspar David Friedrich. Gemälde. Druckgraphik und bildmäßige
Zeichnungen. München 1973), die Kataloge der Caspar-
David-Friedrich-Ausstellungen in Hamburg und Dresden 1974 und
die Leipziger Dissertation von Karl-Ludwig Hoch (1981) über
„Caspar David Friedrichs Frömmigkeit und seine Ehrfurcht vor der
Natur - dargestellt im Hinblick auf die Bergsymbolik der wiedererkannten
böhmischen Bilder". Gerhard Eimer, in der Friedrich-
Forschung bereits hervorgetreten mit „Caspar David Friedrich und
die Gotik" (Hamburg 1964), konnte zwar die Arbeit von Hoch noch