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Ausgabe:

1985

Spalte:

732-734

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lohse, Eduard

Titel/Untertitel:

Die Vielfalt des Neuen Testaments 1985

Rezensent:

Roloff, Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 10

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lyptic Literature (383-441), fragt Stone zunächst nach deren Verhältnis
zu alttestamentlichen Vorstufen (384-391) in Form und Inhalt;
392-394 nach dem literarischen Genus. 394-418 werden sechs Apokalypsen
einzeln besprochen. Nach St. ist 1 Hen 37-71 (Menschensohn
) nicht christlich (397-400.401 f)- Außer 1 Hen (395-406) hebt er
apc Mos heraus (415-418). Beziehungen von Schriften anderer literarischer
Gattungen zu der der Apokalypse zeigt er 418-427 auf.
Features of the Apocalypses werden 427-435 unter den inhaltlich
zusammenhängenden Stichwörtern Pseudepigraphie, Inspiration und
Esoterik (427-433) herausgehoben. In seinem Urteil über Purpose
and Functions of the Apocalypses (433-435) ist St. zurückhaltend. -
Birger A. Pearson erschließt in XI: Jewish Sources in Gnostic Literature
(443-481) eine Fülle von Material und Interpretationen.

In Qumran Sectarian Literature (XII) referiert Devorah Dimant
eingehend über die beiden Gemeinderegeln, CDC und 1QS
(489-503). Unter der Überschrift Biblical Interpretation (503-514)
erörtert sie speziell die Pesharim der Qumrantexte nach ihren Besonderheiten
. Weitere Themen: Eschatological Compositions (514-522),
Poetic and Liturgical Works (522-525), Halakhah (525-530), usw.
Die religiöse Gedankenwelt der Gruppe beleuchtet sie unter den
Gesichtspunkten Gut und Böse8, Prädestination und Erwählung
(536-538), Eschatologie und Messianismus(538-542).

In XIII, Psalms, Hymns and Prayers (551-577) macht David Flusser
an einer Fülle (z. T. schon in früheren Kap. verwerteter) Texte
sichtbar, wie mannigfaltig solche Genera gehobenen Stils im jüdischen
Schrifttum verwendet wurden. Besonders interessiert ihn die
Frage des liturgischen Gebrauchs (551 usw.). Es zeigt sich, wie reich
das Judentum der Zeit an Texten des Lobpreises ist.

P. S. Alexander, Epistolary Literature (XIV; 579-596), stellt das
Corpus aller (579) als Briefe bezeichneten Texte von 200 v. Chr. bis
200 n. Chr. zusammen; er berücksichtigt davon rund 90 (582) und
charakterisiert dann vor allem den Typ des offiziellen Briefes (583f).
Zur Frage der Prüfung der Authentizität bringt er zahlreiche Gesichtspunkte
bei; sein Urteil ist sehr zurückhaltend (585-588). 588-592
übersetzt und analysiert er formal eingehend die drei original erhaltenen
Briefe. 592-595: Analysis of the Remaining Letters.

Unsere Hinweise konnten nur zum Teil etwas davon andeuten, wie
weithin umfassend hinsichtlich der Thematik und des Materials und
wie gründlich in dem abgesteckten Rahmen die Leser mit dem bezeichneten
Schrifttum bekanntgemacht, in seine besonderen Probleme
insgesamt, häufig auch in Einzelheiten eingeführt und plausible
bzw. mögliche Antworten vorgestellt werden. Die Behutsamkeit, mit
der das im ganzen geschieht, weist nicht weniger auf die Sachkunde
des Autors als die Bestimmtheit, mit der als sicher anzusehende
Ergebnisse vorgetragen werden. Ein gewichtiger Band im Bereich der
Res Iudaicae.

Der Band tritt dem Leser als Gemeinschaftswerk entgegen, nicht
nur als Zusammenstellung einzelner Abhandlungen. Das schließt
gewisse Verschiedenheiten bei den Autoren im Verständnis von Einzelheiten
oder in der Beurteilung bestimmter Zusammenhänge nicht
aus. - Kenntnis antiker Sprachen wird bei dem Leser nicht vorausgesetzt
; auch die Titel der jüdischen Schriften werden (zumindest
zunächst) in Übersetzung angeführt. - Literatur wird vielfältig in
Anmerkungen verarbeitet, z. T. in Auseinandersetzung mit ihr; diese
erfolgt gelegentlich auch im Text. Sämtliche Literatur ist in einer
Accumulative Bibliography (603-653) zusammengestellt. So brauchen
in der Aufführung und Besprechung der zugehörigen Literatur je
am Schluß des Kap. und in Anm. nur Kurztitel aufgeführt zu werden.
Ein Stellenindex (655-675) umfaßt biblische und rabbinische Texte,
frühchristliches Schrifttum, pagane Autoren usw. Index of Names and
Subjects(in Auswahl): 677-698.

Halle (Saale) Gerhard Delling

' Die beiden Bände von Sect. I erschienen 1974-76.
2 Die rabbinische Literatur wird in II 3 bearbeitet.
1 Nach Bemerkungen zu Dan I -6 (34 0.

1 Vit proph ist David Satran überlassen (56-60).

5 Die Gruppierung der in II. III vorgeführten Apokryphen und Pseudepigra-
phen leuchtet mir nicht durchweg ein.

6 B. interpretiert die 5 Fragmente Aristobulus (unter teilweisem Vergleich mit
Philon und anderen).

1 In der Bibliographie wird betont: Sporadic useof Philo is found in New Testament
scholarship (282).

* Nach 535f ähnlich dualistisch Paulus und Johannes. Die Beziehung des Corpus
... ad Novum Testamentum kommt nur gelegentlich in Hinweisen zur
Geltung.

Buber, Martin: Ekstatische Konfessionen. Mit einer Einleitung von
M. Buber. „Ekstase und Bekenntnis". 5. Aufl. mit einem Nachwort hrsg. von
P. Mendes-Flohr. Heidelberg: Schneider 1984. XXXVIII, 260 S. gr. 8' = Samm-
lung Weltliteratur. Reihe: Anthologien. Lw. DM 48,-.

Neues Testament

Lohse, Eduard: Die Vielfalt des Neuen Testaments. Exegetische Studien
zur Theologie des Neuen Testaments, Bd. 2. Göttingen: Van-
denhoeck & Ruprecht 1982.255 S. 8°, Kart. DM 48,00.

Seiner 1973 erschienenen ersten Aufsatzsammlung „Die Einheit
des Neuen Testaments" (2. Aufl. 1979) hat Eduard Lohse nun eine
weitere folgen lassen, die fast durchweg im Lauf des letzten Jahrzehnts
entstandene, an verstreuten Orten veröffentlichte Arbeiten enthält.
Der Titel des neuen Bandes „Die Vielfalt des Neuen Testaments" ist
komplementär zu dem des ersten gedacht, und zwar scheint in der
Zuordnung beider so etwas wie ein theologisches Programm zu stekken
: Das Neue Testament ist beides - ein Buch der Vielfalt und der
Einheit. Was sejne Einheit begründet, ist seine christölogische Verkündigung
, sein Bekenntnis zu Christus als dem einen Wort Gottes.
Diese Verkündigung aber wird in einer jeweils zeit- und situationsbedingten
Vielgestaltigkeit von Zeugnissen entfaltet. Der Aufweis dieses
wechselseitigen Verhältnisses von Einheit und Vielfalt kann Für
Leben und Handeln der Kirche in der Gegenwart hilfreich werden,
indem er sie einerseits zum Festhalten an dem zentralen Christusbekenntnis
anhält, ihr andererseits aber auch freien Raum zu einer situationsgemäßen
Gestaltung christlichen Glaubens und Lebens eröffnet.
In diesem Sinne schlägt gleich der erste Aufsatz „Einheit und Vielfalt
in der Kirche" (1977) die Brücke von der Urkirche zur Gegenwart: So
wenig wie die frühen Gemeinden in Jerusalem und Antiochia uniforme
Größen waren, so wenig kann es die Kirche heute sein. Es gilt
vielmehr zu erkennen, daß Vielfalt von Anfang an „legitimer Ausdruck
der Gestalt christlichen Glaubens gewesen" ist (12). So bedeutet
die ökumenische Begegnung heute Bereicherung. Die Grenze ihrer
Legitimität erreicht diese Vielfalt erst da, wo durch sie die Einheit des
Christusbekenntnisses gefährdet wird. Insbesondere für die gegenwärtige
Diskussion um die Struktur der Kirche und ihre Ämter will
Lohse das neutestamentliche Ineinander von Einheit und Vielfalt zur
Leitlinie machen, wie aus dem Aufsatz „Die Gemeinde und ihre Ordnung
bei den Synoptikern und bei Paulus" (1973) hervorgeht: Das
Neue Testament gibt uns kein verbindliches Modell gemeindlicher
Ordnung an die Hand, sondern verpflichtet uns vielmehr darauf, die
Ordnung der Gemeinde heute so zu gestalten, „daß sie das Walten des
Geistes Gottes, die Ausrichtung des Evangeliums, die Spendung der
Sakramente und die glaubwürdige Entfaltung christlichen Lebens
geschehen und wirksam werden läßt" (154). In ähnliche Richtung
gehen die Beiträge „Das Amt, das die Versöhnung predigt" (1974) und
„Die Entstehung des Bischofsamtes in der frühen Christenheit"
(1980), indem sie betonen, daß das Neue Testament der Kirche weitgehende
Freiheit für die Gestaltung ihrer Ämter läßt, diese jedoch
zugleich dazu anhält, immer wieder kritisch zu prüfen, ob die bestehenden
Ämter und Dienste „der Auferbauung des Leibes Christi dienen
" (170) und dem Evangelium Raum geben.

Was den Band lesenswert und interessant macht, ist der Umstand.