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Ausgabe:

1985

Spalte:

720-722

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Josué, Juges

Titel/Untertitel:

Ruth, Samuel, Rois, Chroniques, Esdras, Néhémie, Esther 1985

Rezensent:

Mathias, Dietmar

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719 Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 10 720

Die letzte Siedlungsperiode in islamischer Zeit steht unter dem Zeichen
des Untergangs der alten nabatäischen Gründungen im Negeb.
Aus nicht einsichtigen Gründen nimmt N. an, Mampsis sei bereits
lange Zeit vor dem Zuge der Muslime nach Palästina von arabischen
Kriegern zerstört worden. Jedenfalls habe es nicht das Jahr
500 n. Chr. erlebt. „Als das Tor Von Mampsis ;ynd die Kathedrale im
frühen 6. Jh. n. Chr. auf der berühmten Mosaiklandkarte von Madeba
abgebildet wurde, muß die Stadt bereits ein Trümmerfeld gewesen
sein" (224). Dem steht entgegen, daß Mampsis noch im Nessana-
Papyrus 39 aus der Zeit um 550 n.Chr. als wohlhabender Ort
erwähnt wird. Das Zeugnis byzantinischer Schriftsteller reicht bis ins
7. Jahrhundert, also bis zur muslimischen Eroberung Palästinas.
Außerdem-sind die von N. erwähnten „Gebetssprüche in altarabischer
Sprache" (224) an den Wänden der Kathedrale, in der die
Eroberer einige Zeit lagerten, islamisch.4 Nicht ganz klar wird dem
Leser auch das Schicksal von Oboda, das ebenfalls gewaltsamer Zerstörung
anheimfiel: „Als nächstes kam Oboda an die Reihe" (225).
Doch hier scheint N. im Unterschied zu seiner Deutung der Befunde
von Mampsis eher an eine Verwüstung (nach vorausgegangener Räumung
durch die Bevölkerung) im Zusammenhang mit der Besetzung
des Negeb durch islamische Truppen zwischen 636 und 638 zu denken
(so schon S. 182). Warum N. die von ihm früher vertretene Auffassung
, wonach Oboda von den Persern auf ihrem Ägypten-Feldzug
(ab 618) zerstört wurde, widerruft, wird nicht recht einsichtig. Unberücksichtigt
bleibt die notdürftige Wiederherstellung der Kapelle im
Hof der byzantinischen Festung von Oboda nach der allgemeinen Zerstörung
. Dergleichen dürfte doch wohl vorder islamischen Eroberung
geschehen sein.

Insgesamt sieht N. aber die Ursache für den Untergang der christlich
-byzantinischen Kultur im Negeb weniger in den vereinzelten
militärischen Maßnahmen von außen eindringender Araber, als vielmehr
in der Überbelastung mit Steuern, Zwangsverpflichtungen
u. dgl. unter islamischer Herrschaft. Dies nötigte allmählich, im Verlaufe
weniger Generationen, zur Aufgabe der Siedlungen im zentralen
Negeb. Allerdings wäre doch zu fragen, ob die unter byzantinischer
Herrschaft zu erbringenden Leistungen wesentlich geringer gewesen
sind. Hauptursache des Absterbcns der Negeb-Städte dürfte der Verlust
ihrer Funktion gewesen sein, ähnlich wie schon einmal am Ende
der mittelnabatäischen Epoche. Der Strom der christlichen Sinai-Pilger
war versiegt, und es gab keine Grenze mehr, die es zu sichern galt.
Bezeichnenderweise waren die Landbesitzer zugleich Soldaten der
byzantinischen Armee, was auch N. hervorhebt (165 ff, 219).

Man kann nur hoffen und wünschen, daß die archäologische Erforschung
des Negeb, an der Avraham Negev so hervorragenden Anteil
hat, unter gleichzeitiger Bewahrung der freigelegten Zeugen einer
eigentümlichen Randkultur weiterhin erfolgreich voranschrciten
möge.

Berlin Karl-Heinz Bernhardt

1 Die seit 1975 unter Y. Tzafrir laufenden Ausgrabungen auf der Ruinenstätte
er-Ruhebe, der sechsten Stadt der beiden nabatäischen .Dreiecke', werden nur
kurz in dem abschließenden „Blick in die Zukunft" (246) erwähnt.
1 Vielleicht beurteilt der Vf. hier doch die Situation zu eng von den speziellen
Bedingungen im Negeb aus. Der Gewürzhandcl über das nabatäische Petra
nach dem syrischen Binnenland blieb zweifellos im wesentlichen unbeeinflußt
von der Konkurrenz der neuen Handelsroute über Ägypten und das Mittelmeer
.

1 Dagegen spricht vor allem die sorgfältige Räumung des Militärlagers in
Oboda (70). Die Zerstörung des Tempelkomplexes und der Stadt durch Feuer
kann ebenso vom abziehenden Personal wie von späterer Plünderung herrühren
.

4 Nach S. 180 sind „früharabische Inschriften eingemeißelt, die das Gebäude
entweihen (schänden)". Dies dürfte eine Fehlinterpretation sein.

Lebrun. Rene: Ebla et les civilisations du Proche-Orient ansien. Louvain-la-
Neuve: Ccntre d'Histoire des Religions 1984. 72 S. gr. 8* = Conferences et
Travaux,7. Kart, bfr 200.-.

Altes Testament

Barthelemy, Dominique: Critique textuelle de l'Ancien Testament. I:

Josue, Juges, Ruth, Samuel, Rois, Chroniques, Esdras, Nehemic,
Esther. Rapport final du Comite pour l'analyse textuelle de
l'Ancien Testament Hebreu institue par l'Alliance Biblique Universelle
, etabli en Cooperation avec A. R. Hulstt, N. Lohfink.
W. D. McHardy, H. P. Rüger, J. A. Sanders. Fribourg: Ed. Universitäres
; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1982. XXVI1I,*114,
666 S. gr. 8° = Orbis Biblicus et Orientalis. 50/1.

Unter der Federführung von D. Barthelemy legt hier ein internationales
und interkonfessionelles Komitee für die Textanalyse des
hebräischen AT, dem außer dem Herausgeber R. Hülst, N. Lohfink,
W. D. McHardy, H. P. Rüger und J. A. Sanders angehörten, den
1. Teil seines auf 5 Bände geplanten Schlußberichtes vor. Vorausgegangen
sind bereits 5 umfangreiche Bände eines „Compte rendu
preliminaire et provisoire sur lc travail d'analysc textuelle de l'Ancien
Testament Hebreu" (Vol. 1: lc Pcntateuque. London 1973; Vol. 2:
Livres historiques. Stuttgart 1976; Vol. 3: Livres poetiques. Stuttgart
1977; Vol. 4: Livres prophetiques I. New York 1979; Vol. 5: Livres
prophetiques II. New York 1980). Der Schlußbericht formuliert das
Ergebnis der zehnjährigen Arbeit des Komitees (1970-1979), das sich
1969 auf einen Vorschlag der Alliance Biblique Universelle hin konstituierte
. Der erste, Eugene A. Nida gewidmete Band beschäftigt sich
mit der Textkritik (TK) der historischen Bücher des hebräischen AT.
Wie beim Vorbericht sollen 2 Bände über die Propheten und je einer
über die poetischen Bücher und den Pentateuch folgen.

Nach dem Vorwort des Hrsg. (S. IXP und einer Vorrede (S. XI bis
XXI), die die Arbeit des Komitees charakterisiert und über die Benutzung
des Berichtes (Auswahlverlahrcn und kritischer Apparat) informiert
, folgen die,beiden Hauptteile des Berichtes, die auf der Basis der
Textgeschichte (TG) die methodischen Fragen der TK reflektierende
„Introduction" (S. XXIII-XXVIII u. *l-*l 14) und der umfangreiche
historische „Commentaire textucl des livres historiques" (S. 1-582).
Dem Band sind 3 Indices beigegeben: ein Bibelstellenverzeichnis, ein
Autorenverzeichnis (aufgenommen sind nur die Urheber textkritischer
Vorschläge, nicht die Namen derjenigen, die sich ihnen
anschlössen), ein Abkürzungsverzeichnis (S. 583-625). Den
Abschluß bildet eine Bibliographie der benutzten Literatur
(S. 627-666).

Die „Introduction" behandelt in einem I. Teil „Die Geschichte der
Textkritik des Alten Testaments von den Ursprüngen bis zu
J. D. Michaelis". Die zeitliche Begrenzung wurde vorgenommen, weil
es einerseits erklärtes Ziel des Komitees war. Korrekturen und Konjekturen
auf ihre Initiatoren zurückzuführen, andererseits die For-
schungsgcschichte seit J. D. Michaelis in den gängigen Einleitungen
präsent ist und «les autcurs plus recents nc font, tres souvent, que
reprendre - sans citcr leurs sources - des suggestions que ces anciens
ont lancecs» (* 1), die Kenntnis über diese Vorgänger aber um so mehr
«dans la nuit de temps» versinkt, je weiter man hinter das Ende des
18. Jhs. zurück- und aus Deutschland hinausgeht. Namen wie die von
Sebastien Chäteillon, Louis Cappel oder C. F. Houbigant werden
kaum zitiert. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Geschichte der
jüdischen «Critique correctricc» des Mittelalters, die unter den
Anfängen der TK zuerst behandelt wird (besonders Ibn Ezra, Abulwa-
lid und dann die in der Nachfolge David Qimhis [Radaq] stehenden
Werke des Sanctes Pagnini aus dem 16. Jh.) und für die das Komitee
zwei Gruppen von Quellen neu erschlossen hat, die. da weitgehend
unediert, der Forschung bisher entgangen sind. Es handelt sich um
Kommentare jüdischer Gelehrten, die Zeitgenossen der Masoreten
waren (Daniel al-Qumisi, Saadja Gaon, Salmon ben Ycruhan. vor
allem Ycfet ben Ely), sowie um Glossare Biblisches Hebräisch -
Altfranzösisch (Handschriften in den Bibliotheken von Basel. Paris,
Parma und Leipzig). Der Abschnitt widmet sich dann der TK Luthers
und schließlich der lateinischen, mit Anmerkungen versehenen Bibelübersetzungen
des S. Chäteillon (Basel 1551).