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Ausgabe:

1985

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 9

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Die Lesepredigt: Wenn man von mehreren Reihen dieser Handreichung
Kenntnis genommen hat, so kann man den Herausgeber dazu
beglückwünschen, daß er eine offensichtlich gute, homogene Mannschaft
Tür die Mitarbeit zu gewinnen vermochte. Dies macht die Lektüre
des vorliegenden Bandes wiederum deutlich. Texttreue, Anschaulichkeit
und sprachlich angemessene Gestaltung zeichnen diese
Lesepredigten aus. Nur wenige kritische Anmerkungen: S. 25fTüberflutet
die Nacherzählung alles; der Autor gelangt nicht mehr zum pro
me- Die Predigt S. 33fT, von einem wissenschaftlichen Assistenten
erfaßt, trifft nicht den rechten Ton einer Christvesper, wobei der
Text (Kol 2,3-10) wohl mit die Ursache sein kann. S. 169ff bleibt in
der Nacherzählung mehr oder minder stecken. S. 212: Maksymilian
Kolbe kam in den Hungerbunker. - In der Überschau der empfohlenen
Perikopen. an die man sich hält, bleibt zu fragen, ob die Väter der
predigttext-Ordnung weise handelten, als sie für Reihe 6 zehn Hebr-
Perikopen (also etwa '/« aller Texte) auswählten, die Ausleger wie
Hörer etwas überfordern.

Diese Handreichung vermag nicht nur Lektoren und Besuchern am
Krankenbett zu helfen. Ihre Predigten können überlasteten Pfarrern,
die Sonntag für Sonntag auf der Kanzel stehen, gute Anregungen ver-
mitteln und damit einer gedanklichen Erschöpfung wehren. Und noch
etwas: Künftige Forschung zur Geschichte der Predigt dürfte auch in
diesen Bänden (und nicht nur in den Publikationen der „Kanzelstars
") das Material finden für Feststellungen, wie einstmals landauf
landab gepredigt wurde.

Rfiß. Heinrich: Reck •n von der Güte Gottes. Predigten und Texte.

Zu den Erwartungen, die dem leitenden Geistlichen einer Landeskirche
entgegengebracht werden, gehört besonders eine: daß er ein
ernsthafter und überzeugender Prediger ist. Die vorliegende Sammlung
aus der Feder des Präses der Ev. Kirche von Westfalen erfüllt
diese Erwartung. Die Palette der Auslegungen ist in der Form vielfäl-
l|g: geistliche Worte im Rundfunk, Leitartikel für Tageszeitungen
oder für die kirchliche Presse, Ansprachen, aber überwiegend Predig-
len- z. T. aus besonderem Anlaß. Meist hält sich der Prediger an die
für den betr. Sonntag vorgeschlagenen Perikopen. Bei aller Einbeziehung
der Lebenshintergründe dominiert der Bibeltext, anschaulich
ausgelegt. Wenn auch dem Zuhörer aufmerksames Mitdenken abverlangt
wird, so bleibt der Zugang zu dem Gesagten für jedermann offen.
Klarer Gedankenaufbau und knappe Sätze ohne Fremdworte bewirken
das. Der Titel des Buches markiert die theologische Grundlinie
eines undoktrinären Lutheraners, der in der Wortverkündigung die
zentrale Aufgabe seines leitenden Amtes sieht. Eine Anmerkung:
Wenn ein Präses als FestprcdigeY bei der Einweihung eines Gemeindezentrums
oder einer Orgel fungiert, sollte er auf den „Casus" Bezug
nehmen. Denn ein solcher Freudentag ist der Abschluß einer langen
Periode vielfaltiger Anstrengungen der Gemeinde, die zumindesten
eingangs erwähnt werden sollten.

Bonhoeffer, Dietrich: Predigten-Auslegungen-Meditationen.

Wenn der Verlag sich entschloß, Predigten usw. B.'s seperat in zwei
Bänden herauszugeben, so lagen zwei Gründe vor: 1. In GS IV und V
smd nicht alle heute verfügbaren Mss. von Predigten publiziert. Es
fehlen u. a. die aus der Studentenzeit. 2. Der seinerzeitige Herausgeber
hatte die Mss., die von B. kaum für den Druck vorgesehen
waren. überarbeitet (stilistische Glättungen, Überbrückungen von
Auslassungen etc.). Die vorliegende Ausgabe in 2 Bänden verzichtet
auf alle Glättungen und Ergänzungen, hält sich streng an B.'s Ms und
wül damit einen Einblick in die Sprachentwicklung des Predigers
geben, von manchen theologischen Klischees hin zu einem knappen.
Präzisen Stil. Predigen war für B. das Finalprodukt aller theologischen
Überlegungen: „Was würde ich tun, wenn ich wüßte, in vier bis sechs
Monaten wäre es zu Ende? Ich glaube, ich würde versuchen, Theologie
zu unterrichten wie einst und oft zu predigen." (S. 11 Vorwort). So
als er von dem nahen Tode einer Verwandten erfuhr.

Der vorliegende I. Bd. erfaßt die Predigten der Studentenzeit

(1925-27), des Vikariats in Barcelona (März 1928-Febr. 1929), die
der Dozentur und des Studentenpfarramtes in Berlin (Okt. 1931 -Juli
1933) und die des Pfarramtes in London (Okt. 1933-ApriI 1935). -
Die Grundthemen B.scher Theologie sind gleichsam a priori enthalten
: die zentrale Stellung der Heiligen Schrift des AT und NT. das
Bekenntnis zur Gottheit Gottes und zum gekreuzigten und auferstandenen
Christus, die Ausschau auf die letzten Dinge und auf die Wiederkunft
des Herrn (man denke an seine letzten Worte vor der Hinrichtung
: „Das ist das Ende - für mich der Beginn des Lebens." [Biographie
S. 1037]), die kritische Einschätzung der Kirche, mit der er
sich aber stets solidarisch wußte, als Kirche der gerechtfertigten Sünder
, das Reden von der „Todeslinie" (S. 310). die strenge Unterscheidung
von Religion und Offenbarung (so S. 1400, letztere beiden Gedankengänge
unter dem deutlichen Einfluß von Karl Barth.

Wer die Predigten hintereinander liest, spürt den Vorgang des Reifens
. Für den Autor, mit den Grunderfahrungen der Rhetorik vertraut
, war eine „Rede" keine „Schreibe", man stellt höchste stilistische
Präzision fest: knappe Sätze, keine Fremd- oder theologischen
Schlagworte, für jedermann verständlich, auch bei der Predigt im akademischen
Gottesdienst. Der Einstieg in den Text (in Barcelona meist
nur sehr kurze) erfolgt sehr direkt, meist ohne vorbereitende Hinführung
, die Interpretation ist anschaulich, die Anrede an das Du des
Hörers kann erwecklich genannt werden, weil sie Entscheidung, Buße,
i . ehr im wahrsten Sinne des Wortes fordert. Obwohl der Zeitabschnitt
, während dessen die vorliegenden Predigten gehalten wurden,
voller politischer Brisanz war, stellt man nur selten direkte Bezugnahmen
auf aktuelle Ereignisse fest. So etwa bei der ersten Predigt
nach Hitlers „Machtübernahme" am 26.2.33, wo es u.a. heißt:
„Wir haben in der Kirche nur einen Altar. Und das ist der Altar des
Allerhöchsten, des Einzigen, des Allgewaltigen, des Herrn, dem allein
Ehre und Anbetung gebührt . . . Wir haben in der Kirche auch nur
eine Kanzel. Und von dieser Kanzel aus wird vom Glauben an Gott
geredet und sonst von keinem Glauben und keinem noch so guten
Willen .. ." (S. 351). Ähnlich deutlich in der Predigt vom 28. 5. 33,
wo er von der Mose- und der Aarons-Kirche redet (S. 364ff). Wenige
Tage vorher hatten die „Deutschen Christen" das Reichsbischofsamt
gefordert und Ludwig Müller benannt; am 26. 5. proklamierten die
Landeskirchenführer Bodelschwingh. S. 376 taucht das erste Mal das
Wort „Bekennende Kirche" auf. Bei einer Londoner Predigt am
8. 7. 34 nimmt er deutlich Bezug auf den „Röhm-Putsch" vom
30. 6. 34.

Schon aus diesen wenigen Hinweisen geht deutlich hervor, daß B.
von vornherein mit großer Skepsis dem Nationalsozialismus gegenüberstand
, vor allem seinen Versuchen, die Kirche zu vereinnahmen,
und sich darin von der Menge der Zeitgenossen seiner und der Eltern-
Generation unterschied. Aus der Skepsis wurde Ablehnung, aus der
Ablehnung Widerstand, der sich konkretisierte und mit dem eigenen
Tod bezahlt werden mußte.

B. als Prediger-auch der 2. Bd. dürfte wie der I. die „Stationen" auf
seinem Wege markieren.

Berlin (West) Johannes Adler

Jörns. Klaus-Peter [Hrsg.]: Predigtmeditationen zu Continuatexten. Markus-
passion-Hiob-Jona. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht 1985. 216 S. 8' =
Göttinger Predigtmeditationen. Beiheft I. Kart. DM 27,-.

Mückshofr, Meinolf: Predigt und Prediger auf der Cathedra Paulina. Eine
Studie zum Predigtwesen im Dom zu Münster. Münster/W.: AschendorfT
1985. VIII,247S.gr.8- = WestfaliaSacra,8. Lw. DM 58.-.

Peters, Tiemo Rainer: Predigt als öffentliche Rede (ZGP 3, 1985
S. 17-22).

Nitschke, Horst [Hrsg.]: Konfirmation. Gottesdienste. Predigten. Liturgische
Texte. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1985. 144 S. 8" =
Gottesdienstpraxis. Serie B: Arbcitshilfen für die Gottesdienste zu den Festzeiten
und Kasualien. Kart. DM 22,80.