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Ausgabe:

1985

Spalte:

683-684

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Les Coptes. The Copts. Die Kopten. Bd. 3 1985

Rezensent:

Irmscher, Johannes

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Seite 1

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683

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 9

684

die wenigsten der offenen Fragen klären. Jedoch sind die Probleme
neu aufgeworfen und die Fragen neu formuliert worden, wenn auch
z. T. als feststehend Geltendes wieder in Frage gestellt oder verworfen
werden mußte. Niedergeschlagen haben sich diese Bemühungen u. a.
in den Beiträgen des vorliegenden Bandes.

Die Reste der früheren Anlagen (Phase I und II) scheinen vor allem
wasserwirtschaftlicher Natur gewesen zu sein (C. M. Carpano, J.
Calzini-Gysens). Gesichert sind für diese Gegend ein alter Kult der
vielschichtigen Fur(r)ina (Rachegöttin, an Quellen gebundene Ortsgottheit
, Unterweltsgottheit. Zusammenfassung der Nymphae Furri-
nae) (G. Piccaluga, M. Guarducci) und vielleicht ein Kult des Jupiter
Heliopolitanus (des syrischen Hadad). Diesem war, wie uns seine Inschriften
belehren, zur Zeit des Commodus besonders ein gewisser
Gaionas verpflichtet. Zwei Gaionas-lnschriften stammen aus der
Nähe des Sanctuariums. doch nennen gerade diese keinen speziellen
Kult. Auf einer weiteren Inschrift, die vom Janiculus stammt, erscheint
Jupiter Heliopolitanus mit dem Genius Forinarum verbunden
(CILVI422)(U.Bianchi).

Inwieweit diese Kulte mit dem speziellen Areal verbunden waren,
das später vom Sanctuarium überbaut wurde, und ob diese Kulte mit
den ergrabenen Resten in Zusammenhang stehen, bleibt fraglich. Die
Aeo^tff-Inschrift des Gaionas ist gewiß als Weihe-Inschrift für ein
Wasserreservoir (Seafiög) zu verstehen, das eine wasserwirtschaftliche
Anlage war (U. Bianchi), oder aber ein Becken für Opferfische, wie sie
etwa im Atargatis-Kult üblich waren (G. Montesi).

Im 4. Jahrhundert, wohl näherhin um die Jahrhundertmitte (S. 50
,um 450' ist Druckfehler), ist alles planiert und das .santuario' erbaut
worden. Den Anschluß an das ältere Wassernetz wahrte ein Brunnen.
Ob es auch eine Kontinuität des Kultes gab. ist nicht sicher. Über die
verehrten Gottheiten geben nur die z. T. schwer deutbaren Kultstatuen
Auskunft, die ihrerseits aber doch wohl früher als das Sanctuarium
entstanden sind. Obwohl auch in der vorliegenden Publikation
wieder die Beziehung zu Syrischem behauptet wird, ist diese nicht gesichert
. Das Kultbild in der Nische der zentralen Apsis im Typ eines
Jupiter oder Serapis könnte den Jupiter Heliopolitanus darstellen.
Weiterhin wurden ein Pharao, ein Bacchus, eine dreieckige Altarbasis
mit den Horen(?) und vor allem ein bestattetes Kultbild gefunden, das
eine jugendliche, von einer Schlange umwundene Gestalt in ägyptisie-
renden Formen zeigt. Die Deutung auf eine sterbende und auferstehende
Gottheit (Aion - Adonis - Attis?) wird zu recht bestehen (U.
Bianchi). Die architektonische Anlage - ein basilika-artiger Bau und
ein Zentralbau, die beide durch einen Hof verbunden sind - zeigt
keine Beziehung zu Syrischem und ist am ehesten an Westliches anzuschließen
(R. Meneghini).

Was bereits die Einführung von M. Meie deutlich macht, charakterisiert
den ganzen Band: Es wäre dringend erforderlich, die großen Informationslücken
, die die Schriftquellen im Bild der spätrömischen
Religionsgeschichte lassen, mit den Auskünften der Archäologie aufzufüllen
. Aber auch an diesem Denkmal zeigt sich, daß materielle
Reste ohne das deutende Wort weitgehend stumm sind.

Greifswald Hans Georg Thümtnel

Kirchen- und Konfessionskunde

Les Coptes. The Copts. Die Kopten. Bd. 3. Hamburg: European Cop-
tic Union 1983. XVI, 492 S. m. Abb. 8°. DM 25,-.

Der dritte Band des Periodikums „Die Kopten", das aus der Verantwortung
der Hamburger Koptengemeinde in die der gleichfalls in
Hamburg domizilierenden European Coptic Union überging, ist wesentlich
bestimmt durch die von dem ägyptischen Staatspräsidenten
Sadat im September 1981 verfügte Verbannung und Amtsenthebung
des koptischen „Papstes" Shenouda III. von Alexandrien. Diese Maßnahmen
blieben auch nach Sadats Ermordung in Kraft, indem das

Kairoer Verwaltungsgericht die Forderung auf Wiedereinsetzung
Shenoudas zurückwies (Archiv der Gegenwart 26801 vom 14. Juli
1983); seit neuerer Zeit ist Shenouda wieder unter den alten Bedingungen
im Amt. Die Dokumentation über Leben und Wirken Papst
Shenoudas sowie der Aktivitäten, die international zu seiner Wiedereinsetzung
ergriffen wurden, nimmt angesichts solcher Aktualität
weiten Raum ein.

Aber die turbulenten Ereignisse in Ägypten führten offenbar zugleich
zu einer verstärkten Selbstbesinnung des Koptentums, welche
sich in mehreren Aufsätzen niederschlug, die im besonderen Maße
geeignet erscheinen, der Introduktion und Information gerade auch
von Nichtkopten zu dienen. So handelt S. 113ff Fouad N. Ibrahim in
Bayreuth allgemeinverständlich und mit Verzeichnung der neuesten
Literatur über „die Kopten und ihre gegenwärtige Situation"; er beziffert
die in Ägypten lebenden Kopten auf 10 Millionen und nennt damit
eine Zahl, die erheblich über den geläufigen Schätzungen liegt.
Koptische Einflüsse in der europäischen Kultur stellt S. 137 Karam
Khella in Hamburg dar- leider lediglich in arabischer Sprache; für die
Zukunft dürfte es sich empfehlen, arabischsprachigen Artikeln ein
möglichst ausführliches deutsches oder englisches Resümee beizugeben
. Über „die kirchlichen Sakramente im Ritus der Koptischorthodoxen
Kirche" unterrichtet S. 171 ff Pater Johannes El Bara-
mousy in Wien mit durchaus praktisch-theologischer Abzweckung.
Von dem bereits genannten Bayreuther Geographen Ibrahim finden
wir weiter S. I99ff eine sozialökonomische Analyse des ägyptischen
Koptentums. Ihr schließen sich arabischsprachige Darstellungen über
die politische Funktion der Kopten in der ARÄ von Samira Bahr
S. 229ffund Merit Ghali S. 281 ff an. Über die koptische Kirche und
ihre äußeren Schicksale in den letzten Dezennien handelt ein Aufsat/
von Gabriele Yonan in Berlin (West) S. 331 ff; hier wird übrigens von
maximal 8 Millionen Kopten in Ägypten gesprochen. Ausführlich berichtet
wird S. 209ff über das Koptisch-orthodoxe Sankt-Antonius-
Kloster und das mit diesem verbundene Koptisch-orthodoxe Zentrum
, das Pfingsten 1980 im Ortsteil Kröffelbach der Großgemeinde
Waldsolms (BRD) eröffnet wurde.

Selbstverständlich gibt auch der 3. Band streng fächwissenschaftlichen
Arbeiten Raum. Mit ihrem systematischen Teil „Die Theologie
des Dioskoros" führt S. I3ff Karam Khella seine Abhandlung über
den alcxandrinischen Bischof Dioskoros l. (444-454) zu Ende, während
Dieter Arens in Trier in zwei Beiträgen S. 125 ff und S. 153ff über
Coptica in Trierer Museumsbeständen unterrichtet. Ferner wird
S. 435ff neue koptologische Literatur vorgestellt.

Berlin Johannes Irmschcr

Thon, Nikolaus: Quellenbuch zur Geschichte der orthodoxen Kirche.

zusammengestellt u. eingeleitet. Mit einem Vorwort des russischorthodoxen
Bischofs Longin von Düsseldorf. Trier: Paulinus Verlag
1983. 628 S. 8" = Sophia. Quellen östlicher Theologie. 23. Kart.
DM 69,-.

In der Einleitung (S. 27-33) geht Vf. davon aus. daß die Orthodoxie
als die zweitgrößte christliche Konfession seit längerem keine „Ost"-
Kirchc mehr ist, sondern eine Wcltkirche. deren Gläubige sich in den
meisten Ländern der Welt und auf allen Kontinenten finden. Obwohl
es zahlreiche Darstellungen auch in deutscher Sprache gibt, mangelt
es. nicht zuletzt aus sprachlichen Gründen, an Kenntnissen der Originalquellen
. Deshalb unterzieht sich Vf. der sehr begrüßenswerten
Aufgabe, mehr als 150 Qucllcntcxte - ein Drittel davon erscheint
erstmals in deutscher Sprache-zusammenzustellen, die „Einblicke in
das historische Werden und Wirken der Orthodoxie, ihre Theologie
und besonders die Beziehungen zu den anderen christlichen Kirchen
und Konfessionen geben wollen" (S. 29).

„Hinweise zur Benutzung" (S. 35-47) erläutern die der Textwiedergabe
zugrunde gelegten Kriterien und behandeln auch kalendarische
Probleme. - Mit einer „Einführung in die Quellen" (S. 49-93) bietet