Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1985

Spalte:

680-682

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Deichmann, Friedrich Wilhelm

Titel/Untertitel:

Einführung in die christliche Archäologie 1985

Rezensent:

Effenberger, Arne

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

679

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 9

680

geworden (S. 151-172). Auch die von G. gestellte Frage, ob die Vorstellung
des divine man an eine bestimmte Literatur gebunden sei,
wird - notwendig - negativ beantwortet (S. 173). Vielleicht hätte man
sich etwas mehr Mut gewünscht, die richtige (negative) Antwort auf
die Frage nach dem divine man klar zu formulieren.

Greifswald Hans Georg Thümmel

Guggisberg. Hans R.: Religiöse Toleranz. Dokumente zur Geschichte
einer Forderung, eingeleitet, kommentiert u. hrsg. Stuttgart: from-
mann-holzboog 1984. 319 S. 8° = Neuzeit im Aufbau. Darstellung
und Dokumentation, 4.

Der Herausgeber legt eine kommentierte Quellensammlung zur
Geschichte der religiösen Toleranz, primär der Forderung nach Toleranz
, vom Spätmittclalter (bzw. dem Großen Europäischen Übergangszeitalter
) bis zum Anbrechen der Neuesten Zeit vor. Es werden
einschlägige Texte von Cusanus. Reuchlin, Erasmus, Hubmaier,
Franck, Castellio, L'Höpital. Bodin, Wilhelm v. Oranien, Coornhert,
Sandys, Robinson, Williams, Penn, Locke, Crellius, Spinoza,
Beauval, Bayle, Arnold, Montesquieu, Voltaire, der Enzyklopädisten,
Hay, Jefferson, Madison und abschließend der Französischen Nationalversammlung
von 1789/1791 in deutscher Übersetzung bzw. bei
älteren deutschen Texten in modernisiertem Deutsch dargeboten.
Zum Teil erstaunlich lebendig gestaltete, immer aber informative Einleitungen
bieten jeweils einen guten Einstieg in die Texte, die - bei
allen zeitbedingten Neuakzentuierungen - oft bestürzend wenig an
Aktualität eingebüßt haben. Die Auswahlkriterien werden S. 12ff angegeben
: Auf Kurzzitate wurde verzichtet, dagegen wurden ganze
oder nur unwesentlich gekürzte Kapitel zur Toleranzfrage Streitschriften
, Gutachten, Briefen, Traktaten, philosophischen Werken,
Zeitschriftenartikeln, Reden und Proklamationen entnommen. Auf
viele für die Toleranzgeschichtc wesentliche Autoren wie Grotius,
Leibniz, Lessing verzichtete der Herausgeber bewußt, sei es, daß
keine geeigneten Texte vorlagen, sei es, daß deren einschlägige
Schriften so leicht zugänglich sind, daß sie zugunsten mancher hier
vorgelegter (erstmals in deutscher Übersetzung gebrachter) Texte
zurückgestellt werden konnten. So sehr freilich die hier gebotenen
Texte gewinnbringend zu lesen sind, so sehr muß freilich auch bedauert
werden, daß der „Westen" überrepräsentiert, das Luthertum
unterrepräsentiert ist und multikonfessionelle Gebiete Ostmitteleuropas
generell ausgeklammert wurden. Gerade Texte aus Gebieten,
in denen zumindest ein bis zwei Generationen lang Toleranz
zwischen Vertretern der großen Konfessionen geübt wurde, oder aus
Siebenbürgen, wo schon zur Zeit der Spätreformation rechtliche
Gleichstellung der Lutheraner, Calvinisten, Unitarier und Katholiken
gegeben war und fast allen anderen Gruppierungen gegenüber mehr
oder minder große Toleranz bekundet und meist auch gelebt wurde,
könnten den seit Cantimori und Williams vorherrschenden Trend,
Toleranzforderungen im 16. Jahrhundert der sog. „Radikalen Reformation
" zuzuordnen, modifizieren. Vielleicht wäre es auch gut gewesen
, nicht nur in einer Einleitung zum Kapitel „Reformation, Religionskriege
, Konfcssionalismus" (58ff) dankenswerterweise auf die
Toleranzforderungen des (jungen) Luther zu verweisen, sondern einen
entsprechenden Text zu bringen.

Aber der Hinweis auf hier nicht gebotene wünschenswerte Texte
kann den Wert des Gebotenen kaum mindern. Abgerundete Einleitungen
in die fünf Kapitel (Frühes Christentum - Mittelalter -
Christlicher Humanismus. Reformation - Religionskriege - Konfessionalismus
, Der Beitrag Englands, Übergang zum Rationalismus,
Vom aufgeklärten Absolutismus zum Postulat der Menschenrechte)
sowie zu den Texten der einzelnen Autoren, die Texte selbst, reiche
Literaturhinweise liefern eine Fülle von Anregungen, die zur Weiterarbeit
förmlich einladen. Besonders instruktiv sind die biographischen
Kurzeinleitungen zu den weniger bekannten Gestalten, etwa zu dem
formal katholischen „Laientheologen" Dirck Volckertszoon Coornhert
(1522-1590), der meinte, auf einem Blatt einer Castellio-Schrift
mehr Wahrheit, Gottesfurcht und Erbauung zu finden als in allen
Büchern Calvins und Bezas (131). Auch die neuere weiterführende
Literatur - zum Vorkämpfer der theresianischen Toleranzpostulate
Hay etwa Wolny - wird sorgfältig registriert. So stellt dieser informative
Band für den einzelnen Leser wie für ein kirchenhistorisches Seminar
eine viele Anregungen vermittelnde Arbeitsgrundlagc dar, die
man nicht ohne Gewinn aus der Hand legen wird.

Wien Peter Friedrich Barton

Christliche Archäologie

Deichmann, Friedrieh Wilhelm: F.infUhrung in die christliche Archäologie
. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1983. XIII.
412 S. 8' = Die Kunstwissenschaft. Einführungen in Gegenstand.
Methoden und Ergebnisse ihrer Teildisziplinen und Hilfswissenschaften
. Kart. DM 75,-.

Wer bislang noch der weit verbreiteten Ansicht zuneigen mochte,
die Christliche Archäologie (im folgenden CA.) sei eine Art „monumentale
Theologie", eine Hilfswissenschaft der Kirchengeschichtc
also, die dieser lediglich das Bildmaterial zu liefern hätte, der sollte
nach der Lektüre des vorliegenden Buches von D. wohl eines besseren
belehrt sein. Dies ist nicht so sehr der Definition der C. A. zu danken,
um die sich auch D. eingangs bemüht, als vielmehr der Art und Weise,
wie die spätantik-frühchristlichc und frühbyzantinische Kunst des
Zeitraumes zwischen ca. 200 und ca. 650 behandelt wird. Der Begriff
C. A. ist in der deutschen Altertumswissenschaft wohl niemals heimisch
geworden. Die klassischen Archäologen haben „C. A." oder gar
„archeologia sacra", wie man im päpstlichen Rom zu sagen beliebt,
aus prinzipiellen methodischen Gründen abgelehnt: weil dadurch ein
Teil der spätantiken Überlieferung aus dem historisch gewachsenen
Kontext herausgelöst und in letzter Instanz, theologischen Beweggründen
dienstbar gemacht wurde.

Die C. A. - dies wird in D.s Buch ganz deutlich - ist trotz oder gerade
, weil sie beständig ihre Grenzen überschreitet und ihre Arbeitsweise
in viele Teilgebiete der Theologie eingreift, eine altertumswissenschaftliche
Disziplin. Und so hätte man sich das vorliegende Werk
lieber in der Reihe des Handbuchs der Archäologie (im Rahmen des
Handbuchs der Altertumswissenschaft also) gewünscht, zumal D.
gänzlich auf Abbildungen verzichtet (damit auch auf die heiklen
Grundrisse, die jedes glcichgcartetc Werk heute so leicht angreifbar
machen!). Dem Leser wird daher die Vertrautheit mit dem gesamten
im Text und in den Kommentarteilen behandelten und belegten
Material abverlangt - womit der Benutzerkreis definiert sein dürfte.
Die S. XIII mitgeteilten Gründe für diesen Verzicht sind gleichwohl
einleuchtend, so schwer man sie auch akzeptieren mag.

Das Buch gliedert sich in folgende Kapitel: I. Einleitung(S. 1-6), II.
Christliche Archäologie: Definition und Abgrenzung (S. 7-13), III.
Christliche Archäologie: Geschichte (S. 14-15), IV. Das Begräbniswesen
(S. 46-53), V. Der Märtyrerkult (S. 54-67), VI. Die Entstehung
des christlichen Kultbaus, der Kirche (S. 68-88), VII. Die Architektur
als Bedeutungsträger (S. 89-108), VIII. Die Anfänge einer christlichen
Kunst (S. 109-166), IX. Sinndeutung der Bildkunst (S. 167-204). X.
Der Stil der bildenden Künste (S. 205-235) und schließlich XI. Die
Künste in den Regionen der Oikumene (S. 236-395) mit den Unterabschnitten
für Architektur, Plastik, Malerei und angewandte Künste.
- Schon die Übersicht läßt erkennen, daß dieses Buch keine „Einführung
" im Sinne einer historisch-systematischen Synthese der Künste
ist, sondern eine Auseinandersetzung mit wichtigen, dem Autor am
dringendsten erscheinenden Grundfragen. Die Kapitel I-VII und
IX-X, die fast die Hälfte des Buches einnehmen, tragen daher vorwiegend
propädeutischen Charakter; sie bestätigen die von vielen Forschern
geteilte Erfahrung, daß eine Darstellung der spätantik-früh-