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Ausgabe:

1985

Spalte:

659-661

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kenik, Helen A.

Titel/Untertitel:

Design for kingship 1985

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 9

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scher Geist (ISam 18 [B] hat er einen bewußt negativen Inhalt).
Phase II ist er, wenig konkret von Saul gewichen und permanent auf
David übergegangen. Das Mit-Sein Gottes ist ein großes Thema in
Phase III; dazu gehören auch Begriffe wie Frieden - Segen, Schwur -
Bund u. a. Das Reden Gottes, 2.4 ist für A und B durch eine Frage-
(Mensch) und Antwortsituation (Gott) bestimmt. Für die den Rahmen
bildende Orakeleinholung standen die Formen schon vor A fest.
R II erweitert mit Aussagen über Gott und sein Reden, das Davids
Königtum legitimiert. Die Initiative für alles Sprechen liegt Phase III
bei Gott. Den Schluß bildet 1,28, das Schweigen Gottes und das Befragen
des Totengeistes in Endor. Ein solches ist bei B wie R II bekannt,
freilich nicht anerkannt. R III nimmt durch Änderungen des Wortlauts
den Sprüchen des Totengeistes ihren prophetischen Charakter.
2,5 faßt noch einmal alles zusammen; S. 235-270 enthalten ein holländisch
-englisch-französisches Resume und ein ausführliches Literaturverzeichnis
.

Die eingehende Untersuchung geht der Entwicklungsgeschichte des
Textes ISam 16 bis 2Sam 5 in seinem Werden nach, ohne sich auf
eine Lctztgestalt zu fixieren, wie ja auch der Deuteronomist nur eine
untergeordnete Rolle spielt. Sic kann angesichts der zeitbedingten
Änderungen und Anpassungen jedes alttestamentlichen Textes von
vornherein eines starken Interesses gewiß sein. Ein weithin mündlicher
Traditionsprozeß ist aber durch das Interesse aller Erzählenden
am Gegenstand mitbestimmt. Daher ist zu fragen, ob die Kategorien
R II, R III, Phase II, Phase III nicht zu statisch für dieses Miterleben
sind. Die vom Vf. angenommene profane Davidgeschichte hat es
kaum gegeben, denn, wie Vf. selbst sieht, lag bereits in dem Geschehen
mit David ein starkes theologisches Moment (Veijola: Theologische
Erfahrungen ohne theologische Sprache), das den Ansatzpunkt
für weitere Akzentuierungen bot. Auch eine zu Anfang selbständige,
in B schon mit David verbundene Saulgeschichte ist ein wenig wahrscheinliches
Postulat. Sie wäre eine Richtergeschichtc (ISam II),
oder eine Abimelechgeschichte (Jdc 9) geblieben, ginge es nicht um
die Geschichte des Königtums, in der David von vornherein mit im
Blick war. Schon an den Ammonitersieg (ISam II) schließt sich
redaktionell die notvolle Frage, warum die Erfolge Sauls keinen
Bestand haben konnten. Vf. sieht richtig, daß ein Teil der Überlieferung
Saul positiv mit einem Gefühl für seine Tragik würdigt; auch die
Akzente hat er wohl richtig beurteilt, die R II setzt. Bei der Bestimmung
von R (Phase) III sehe ich aber einen zu engen Zirkelschluß; was
nicht A. B, R II ist und theologisch klingt, ist R III, und umgekehrt.
Gewiß werden im Ansatz vorhandene Gedanken entsprechend den
geistigen Voraussetzungen jedes Hörers neu akzentuiert. Das ist ein
fließender Vorgang, der nicht eine an sich profane Geschichte zu
einem theologischen Heldenepos macht, auch nicht zu einer Sammlung
mehr oder weniger zeitloser, darum zuk-i/t unlebendigerTheolo-
gumena und Topoi führt, die schließlich immer und überall passen.

Sicher ist das etwas ungerecht gesagt; unsere methodischen Mittel
reichen für so subtile Fragen nicht aus. Darum bin ich trotz mancher
Einwände für dieses Buch als einen wichtigen und wertvollen Forschungsbeitrag
dankbar.

Basel Hans Joachim Stocbe

Kenik, Helen A.; Design for Kingship. The Deuteronomistic Narra-
tive Technique in 1 Kings 3:4-15. Chico, CA: Scholars Press 1983.
VII, 249 S. 8° = SBL. Dissertation Series, 69. $ 13.50.

Helen A. Kenik ist Associate Professor am Columbia Theological
Seminary in Decatur (Georgia). Das zu besprechende Buch stellt ihre
Ph. D.-Dissertation in Biblical Languagesand Literature der St. Louis
University School of Divinity, St. Louis (Missouri) aus dem Jahr 1978
dar. Ihr akademischer Lehrer war Walter A. Brucggemann. Nicht
minder stark ist sie von Dennis J. McCarthy angeregt worden; sie
greift mit dieser Arbeit eine These auf, die von Martin Noth aufgestellt
und von McCarthy ausgebaut wurde. Hatte Noth erkannt, daß der

Verfasser des DtrG bestimmte Schlüsseltexte zum festeren Zusammenhalt
seines Werkes sorgfältig gestaltete, nämlich die Reden
Dtn 31; Jos 1,11-15; 23; ISam 12, so machte McCarthy auf2Sam 7
als einem weiteren derartigen Schlüsseltext aufmerksam und untersuchte
speziell die Kompositionstechnik und die theologische Absicht
des Dtr. Hier setzt Helen Kenik ein, indem sie die Erzählung über
Salomos Traum in Gibeon (IKön 3,4-15) als einen solchen dtr
Schlüsseltext zur Thematik des rechten Königs herausstellt und an
diesem Text die Kompositionsmethode umfassend und gründlich
untersucht.

Das geschieht in der Weise, daß in Kap. II (The Dream of Solomon
in I Kgs 3:4-15 [27-40]) die Forschungsgeschichte knapp dargestellt
und sodann eine Übersetzung des Textes geboten wird. Daran schließt
sich das kurze Kap. III Structure and Integrity of the Dream of Solomon
(41-56) an, in dem vor allem der Aufbau der einheitlichen
Erzählung analysiert wird. Damit sind die wichtigsten Kap. IV Content
of the Dream Narrative in Verses 6-8 (57-1 19). Kap. V Content
ofthe Dialogue in Verses 5b and 9-14 (121-173) und Kap. VI Content
of the Framework in Verses 4-5a and 15 (175-197) vorbereitet.
Kap. VII bietet Dtr Methodology and Theology: A Summary (199-
207). Bibliography (109-229) sowie Stellen-, Autoren- und Sachregister
(23 1 -249) runden diese Arbeit ab.

Die Ergebnisse sind folgende: Der Dtr hat die Erzählung vom
Traum Salomos in Gibeon geschaffen und ganz bewußt gestaltet,
wobei seine Kompositionstechnik der mündlichen Tradition entstammt
. Damit nimmt Helen Kenik Anregungen Ivan Engnells auf.
Als Gattung wählt der Dtr die „Königsnovelle" aus, verbindet mit ihr
weitere Elemente, die aus Israels eigenen Überlieferungen und aus der
dtr Theologie stammen. Gemeinsam ist diesen Elementen, daß sie
einen Bezug zum Königtum aufweisen. Denn die mit dieser Komposition
vom Dtr verfolgte Absicht ist die, „eine Theologie des Königtums
" (200) zu gestalten. Die theologische Zentralaussage lautet: Die
Tora begrenzt das Königtum, der König steht unter der Tora (200fT).
er wird am Gehorsam gegenüber der Tora gemessen.

Wenn es richtig ist, daß wir in I Kön 3 einen solchen aus traditionellen
literarischen Bausteinen vom Dtr erstellten neuen Text vor uns
haben, an dem, um im Bilde zu bleiben, lediglich die Bausteine echt
sind, der Gesamttext aber nichts Historisches über Salome sondern
nur etwas über die Theologie des Dtr erkennen läßt, dann muß auch
die zweite These gelten, daß I Kön 3 ein dtr Schlüsseltext ist. Funktion
eines solchen Textes ist es. durch Zusammenfassung und thematische
Orientierung einen literarischen Übergang zwischen zwei größeren
Blöcken herzustellen. Daß I Kön 3 nach vorn weist, ist an den beiden
Themen Weisheit und Tempel deutlich zu erkennen. Hier werden die
theologischen Grundaussagen für die folgenden Partien des DtrG formuliert
. Zugleich aber wird unser Textauch nach hinten angebunden.
Das ist am Thema Tempel insofern abzulesen, als dem von Salomo
erbauten Jerusalemer Tempel der Höhentempel von Gibeon und über
ihn hinweg alle vor-Jerusalcmer Heiligtümer korrespondieren, wie
denn auch dem Gibeon-Opfer (v. 4) das Jerusalem-Opfer (v. 15) entspricht
. Von einer „Tempel-Ära" wird eine „Vor-Tempel-Ära" abgehoben
. Der Wandel hin zur „Tempel-Ära" vollzog sich im Traum als
dem äußeren Rahmen für den Dialog, geschah also gleichsam auf
Geheiß Jahwes. Weitere Bindeglieder sieht Helen Kenik in der Lade-
Erzählung und in 2Sam 21 -24. Im Unterschied zu I Kön 3 aber wurden
diese beiden Texte vom Dtr aus literarischen Quellen gestaltet.
Auch hierbei liegt das Interesse des Dtr auf Jerusalem und der Lade,
die schließlich im Tempel von Jerusalem durch Dtr zum Gesetzes-
tafelbehälter wurde.

Diese Ergebnisse sind weithin gut begründet und leuchten ein. Daß
der Dtr verschiedenartiges literarisches Material aufgrifT und zusammenband
, erklärt überzeugend den Textbestand von I Kön 3 und
weist zugleich auf, warum die bisherigen literar- und formkritischen
Analysen derartiger „Schlüsseltexte" zu keinen tragfahigen Ergebnissen
führten. Das bedeutet indes keinesfalls eine Zustimmung zu allen
Einzelheiten dieser Arbeit. Daß z. B. die Wendung „Gnade erweisen"