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Ausgabe:

1985

Spalte:

657-659

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lingen, Anton van der

Titel/Untertitel:

David en Saul in I Samuel 16 - II Samuel 5 1985

Rezensent:

Stoebe, Hans Joachim

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Theologische Litcraturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 9

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und gute Manieren und persönliche Vorteile (S. 255), während die
sozialen Bezüge im Pentateuch völlig dominieren. Die Begründungen
in Prov und Koh passen oft ganz genau zu den Lebensregeln, die sie
begründen, und sind deshalb ursprünglich. Dagegen sind die Begründungen
im Pentateuch von Geistesströmungen oder „Schulen" geprägt
, die hinter den verschiedenen Sammlungen stehen, in die die
Lebensregeln aufgenommen wurden. M. will von einem absoluten
Unterschied zwischen ..Weisheitsermahnung" und „Gesetz" nichts
wissen (S. 257). Der allumfassende Gebrauch des Gesetzesbegriffs
über jede Vorschrift des Pentateuch hat zu unangemessenen Vergleichen
zwischen israelitischen Lcbensrcgeln und altoricntalischen
Gesetzessammlungen geführt. Die israelitische Lcbensregcl hat zwei
..Sitze" im Leben der atl. Literatur: I. Prov und Koh wollen einen
Vorrat von Kernworten der Nachwelt erhalten. 2. Im Pentateuch hat
die Aufnahme von Lebensregeln dagegen einen religiös-erbaulichen
Zweck. Sie werden alle unter die Autorität Jahwes gestellt.

Am Ende des Buches finden sich eine Literaturübersicht sowie ein
Namen- und Stellenregister.

M.s Darstellung ist klar und übersichtlich: er bringt gute Argumente
, wenn er die frühere Forschung kritisiert. Vielleicht wäre eine
andere Gliederung des Stoffes natürlicher gewesen, bei der die forschungsgeschichtliche
Übersicht unmittelbar nach der einleitenden
Bestimmung des Problems, um das es in der Untersuchung geht,
gefolgt wäre. Weiter wäre es für die Auffassung M.s von „Weisheitsermahnung
" und „Gesetz" (vgl. zu S. 257) erhellend gewesen, wenn er
uns angegeben hätte, wie wir uns ihre Handhabung vorzustellen
haben. Von einigen gilt vermutlich, daß sie geradezu als Gesetzesprogramme
aufzufassen sind. In diesem Falle brauchen sie nicht Sanktionen
nach sich gezogen zu haben und sind in diesem Punkte mit den
Weisheitsermahnungen in Prov verwandt. Es liegt aber auf der Hand,
daß es Gesetze gegeben hat. die man im alten Israel nicht ungestraft
übertreten konnte. Doch ist einzuräumen, daß es ungeheuer schwer
ist, zwischen diesen beiden Kategorien von Gesetzen zu unterscheiden
.

M.s Buch wird sicher der Diskussion über Gesetze und Lebens-
"Cgeln neue Impulse geben. Man sieht erwartungsvoll anderen Beiträgen
des Vf. entgegen.

Arhus Erling Hammershaimb

»an der Längen, Anton: David en Saul in I Samuel 16-11 Samuel 5

verhalen in politiek en religie. s'Gravenhage: Boekencentrum 1983.
XI, 270S.gr. 8". hfl 35.35.

In seinem Buch „King David" (1981) versicherte Fokkelman, es sei
eine Illusion, einen Text aus dem Kontext seiner Zeit zu verstehen.
Ich habe dagegen gestellt, daß verschiedene, u. U. einander widersprechende
Darstellungen sehr wohl das Bild eines oft komplexen Zeitgeschehens
und einer sich daran anschließenden Entwicklung geben
könnten (ThLZ 109, 1984 Sp. 1080. weiter daraufhingewiesen, daß
auch jede historisch kritische Methode sich in der Anwendung auf
einen Text entwickeln und verfeinern müsse.

Solche Gedanken bestimmen wohl auch A. van der Lingen in seiner
■"edaktionsgeschichtlichen Studie über ISam 16 bis 2Sam 5. Darum
kann sie vor jeder Kritik im einzelnen eines erheblichen Interesses
gewiß sein.

Die Seiten 1-8/9-11 schildern zunächst die wissenschaftliche
Arbeit an diesem Komplex seit Wcllhausen. Eißfeldt bis Langlamct.
Veijola. dem Vf. sich besonders verpflichtet weiß. Aus den unterschiedlichen
Ergebnissen dieser Arbeiten ergeben sich neue Wege für
die Anwendung der Methoden zur Frage nach Existenz. Entwicklung
und Umfang der Erzählungen.

Die Darstellung selbst gliedert sich in zwei Teile. Teil I. die Erzäh-
'ungen (S. 12-125: 126-144 Anm.) beginnt bei Davids vierfacher
Vorstellung Kap. 16 und 17, wobei verständlie-hcrweise Kap. 17 den
Einstieg bildet. Dabei stellt Vf. zwei zunächst voneinander unabhängige
Erzählungen fest: eine Philistergeschichte A (Autor A), in der es
um David und seine Heldentaten geht, und Saul nur am Rande steht,
und, davon zu unterscheiden, eine Philistergeschichte B (Autor B). die
Saul stärker betont. Vielleicht war sie einmal selbständig (?) und
wurde erst durch die Verbindung mit der Davidgestalt zu einer Saul-
David-Geschichte erweitert. In beiden Berichten bildet ein Gesprächsgang
den Höhepunkt (25-30/32-36a. 37bn), was für ihre
ursprüngliche Selbständigkeit spricht. Diese Strukturen sind in
Phase II durch einen Redaktor (R II) zu einer knappen, darum nicht
immer verständlichen Form zusammengebracht. A und B verteilen
sich in Kap. 17 folgendermaßen (S. 22): A 12-15.17-23a.24.25-30.
39aa.40a)?.48aab.49.51aba.5Ib/?-53. B: 1-3.4-9.1 l.32-36a.37b«.
38.39b.40aa.40b/?.43-44.48a/?.49.51 aba.51 bß-53. Diese atomisie-
rende Aufteilung. Tür die das Verhältnis Saul - David kein ausreichendes
Kriterium zu sein scheint, erweckt freilich etwas Unbehagen.
Phase II fand noch einmal durch einen Redaktor (R III) eine Überarbeitung
(Phase III). Diese ist stark religiös gefärbt; sie liegt vor v 10.
26b/j.37ab/f.45-47). Während A und B, noch in Phase II erkennbar,
im wesentlichen profan, den Sieg über Feinde als Folge menschlich
strategischen Planens darstellen, werden Phase III die Siege Davids zu
Zeichen von Jahwes Macht und seinem Engagement an diesem. Darauf
sollen das häufige Vorkommen des Jahwenamens und die Terminologie
aus der Vorstellungswelt des Jahwekrieges weisen (Schlachtreihen
des lebendigen Gottes. Jahwes ist der Kampf, u. a.; s. S. 22).

Diese Richtlinien werden im folgenden weiter angewendet. In
Kap. 16 gehören v 1-14 zu R III (Geist Jahwes, der den Propheten
direkt mit der Salbung beauftragt), während die Kap. I 7 einleitenden
Verse 16,15-23 (David-Saul) B zuzuweisen sind. Kap. 18 sind die
Verse A zuzuschreiben, in denen David als Einzelperson der Hilfe
anderer bedarf (2.9.17al9.20.22-27.28b.29b: wohl auch 19.11-18
und, mit Überarbeitungen. 19,1-7). B. durch RH noch gesteigert,
schildert Sauls Neid, Eifersucht und Angst. Phase III führt alles
Geschehen darauf zurück, daß Jahwe mit David war
(12b.l4b.l7a/?.28). Das Prinzip ist klar; nach ihm sind etwa 21,2-10;
22.6-23; auch Kap. 28 und 31 zu B; 22,1-5: Kap. 30 zu A zu stellen.
Ich kann hier abbrechen; die Seiten 122IT bieten eine ausführliche
Zusammenfassung.

Die Absicht von Autor A ist es demnach, die Legitimität des durch
seine Qualitäten ausgewiesenen und immer schuldlosen David zu
erweisen. Autor B schildert den durch Gottes Geist bewirkten Niedergang
Sauls, der als Charismatiker begann, und dessen Verlust an
Würde das Gegenüber von Jonathan und David deutlich macht. Die
Darstellung ist aber nicht negativ, sondern ofTen für die Tragödie dieses
im Guten wie im Bösen emotionellen Königs (S. 101). Ein anti-
saulidisches Tendenzstück wird sie erst durch R II. R III endlich ist
mehr an Jahwes großen Taten mit David als an diesem selbst interessiert
. Er beabsichtigt keine Historiographie, sondern ein theologisches
Heldenepos, dessen Thema in die Periode prophetischen Denkens
und theologischer Reflexion weist. Von daher bestimmen sich die
zeitlichen Ansätze. Der terminus a quo für B ist der Tod Sauls. der ad
quem eine noch nicht antisaulidisch denkende Zeit. In der Epoche
von A müssen Davids Ansprüche gegen noch lebende Anhänger Sauls
verteidigt werden. R II könnte im Blick auf die Rcichtrennung zeigen
sollen, daß diese Aktion Hybriswarund endlich mißlingen muß.

Teil 2 untersucht eine Reihe von theologischen Begriffen, um zu
zeigen, wie in einer sich wandelnden Welt auch die Gottesanschauungen
sich ändern. Dazu behandelt 2,1 die Gottesbezeichnungen:
Jahwe, Elohim. die Genitivverbindungen, die Jahwekriegsterminologie
werden von Autor A und B. auch noch R II meist formelhaft
gebraucht: erst in Phase III kann man von einer entwickelten religiösen
Gedankenwelt sprechen. 2,2: Die Aussagen von Gottes Wirken
(auch der Menschen über ihn) gehören meist zu R III. der mit Ausdrücken
wie „Gott gibt Macht", „Gott rettet", „Gott segnet" eine
geschlossene Darstellung von Jahwes Interesse an David gibt: 2.3
arbeitet die Erfahrungen mit Gott, mit seiner Anwesenheit heraus,
analysiert dabei besonders den Begriff Geist (guter, böser, propheti-