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Ausgabe:

1985

Spalte:

633-634

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Trauernden predigen 1985

Rezensent:

Winter, Friedrich

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeilung 110. Jahrgang 1985 Nr. 8

634

Rolle. Es gab sodann Äußerungen zu theologischen Positionen, bei
denen der Realitätsbezug ungenügend erschien. Auch die Überlegungen
zur interdisziplinaren Zusammenarbeit, die eigentliche Tagungsthematik
, wurden erneut aufgenommen. Aber auch Vorbehalte
gegenüber einer solchen Kooperation wurden laut. Es gab Hinweise,
die die Probleme und Hindernisse aufzeigen wollten.

In einem Nachwort wird nochmals kurz auf die Vorträge der acht
Referenten eingegangen. Hier fällt auch das Wort „Machtkämpfe"
(S. 222). die sich möglicherweise im Gesprächsverlauf gezeigt hätten,
und zwar nicht nur interdisziplinär, sondern durchaus auch disziplinar
. Dennoch wird das Symposion von den Veranstaltern und wohl
auch von den Teilnehmern als gelungen bezeichnet, zumal offensichtlich
auch in der BRD eine solche Begegnung zwischen Theologen und
Sozialwissenschaftlcrn nicht allzu häufig stattfindet.

Es ist den Herausgebern zu danken, daß sie diese gründliche Dokumentation
zusammengestellt haben, um so eine größere Gruppe von
Sachinteressenten ansprechen zu können.

Leipzig Gottfried Krctzschmar

Praktische Theologie: Homiletik

Lindner, Reinhold, u. Horst Nitschke [Hrsg.]: Trauernden predigen.

Beispiele und Anleitungen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1984. 160 S. 8" = Gottesdienstpraxis. Serie B: Arbeits-
hiltcn für die Gottesdienste zu den Festzeiten und für Kasualien.
Kart. DM 19,80.

Praxis und Theorie haben sich miteinander und aneinander zu
bewähren. Diese enge Zusammengehörigkeit findet ihren methodischen
Ausdruck in den vorliegenden Arbeitshilfen. Sechsunddreißig
Trauerpredigten, denen die Herausgeber charakteristische Überschriften
gegeben haben, werden unter vier Aspekten geordnet: Probleme
des Predigers (10). Was ist der Mensch? (29). Mit den Trauernden
trauern (60). Was kommt?(105). Fast jede Bestattungsrede ist vorweg
vom Autor mit einer Beschreibung des Casus versehen. Dabei
kommt nicht selten seine eigene Ratlosigkeit und Betroffenheit mit zu
Wort. R. Lindner hat jeweils einen sehr einfühlsamen Kommentar
verfaßt, der nur indirekt kritische Hinweise bietet. Dadurch werden
die auffallenden Probleme der Reden ins Licht gerückt; daß z. B. dem
Prediger nichts einfällt (10). der Verstorbene aus der Kirche ausgetreten
war (21) oder Schuldgefühle der Angehörigen kerygmatischer
Behandlung bedürfen (97). Eingestreut sind zwei Zwischenbemerkungen
: Was heißt Auferstehung? (57) und: Leben nach dem Tode
(116).

..Was heißt Auferstehung? Sie ereignete sich im Leben dieser Menschen
und gab ihnen ihre Identität" (57). Erst dann, aber doch auch
darf Auferstehung begriffen werden in der großen Hoffnung auf die
Vollendung. ..Der Prediger braucht dann nicht mehr die Auferstehungsbotschaft
zu verschweigen oder abstrakt und vielen unverständlich
, vielleicht als homiletische Pflichterfüllung zu predigen, sondern
wird mit dem Auferstandenen auf dem Wege sein." (58) - Deutlich
wird ein Gedicht von M. L. Kaschnitz zur Interpretation des Lebens
nach dem Tode herangezogen: Der Glaube daran ist immer größer als
unser Vorstellungsvermögcn. Mit einer vielleicht notwendigen Kritik
an traditionellen Vorstellungen vom Himmel darf sich die liebende
Hoffnung verbinden, daß es „eine Wiedervereinigung mit den geliebten
Menschen geben wird wie mit Jesus" (117).

Ein zweiter Teil (122-152) enthält wichtige homiletische und seelsorgerliche
Hinweise, ebenfalls von R. Lindner. Sie sind bisher nur
zum Teil in dieser Zusammenstellung bedacht worden. Trennungs-
v'erluste und Zusammenbruch des bisherigen Lcbensgefüges führen
die Angehörigen auf den „Weg der Trauer" (122). Der Pfarrer als Seelsorger
und Repräsentant der Kirche ist dann ein wichtiger Helfer.
-Die Nachfrage nach einem solchen kirchlichen Dienst steigt" (123).
Es geschieht alles, wenn die Trauernden merken, daß der Auferstandene
mit ihnen auf ihrem Wege ist: Der Prediger, ganz bei den
Trauernden, wird sich „ganz auf die Situation der Menschen konzentrieren
" (125). Nicht der Tod ist sein Thema, sondern die Trauer des
Menschen, wie er sie begreift bzw. wie sie ihn ergriffen hat. Dabei ist es
nebensächlich, ob der Trauernde im übrigen ein religiöser Mensch
oder nicht, kirchenfremd oder -nahe ist. Der Prediger hat in der
Stunde der Beerdigung das Vertrauen der Angehörigen; ob hinterher,
ist ebenfalls sekundär. Dann wird der Weg der Begleitung der
Trauernden mit seinen einzelnen Handlungen abgeschritten: erste
Fühlungnahme in Besuchen lange vor der Beerdigung, wenn Angehörige
oder derjenige, der einmal beerdigt werden soll, indirekt den
Prediger kennenlernen wollen; Krankenbesuch; Trauergespräch mit
den Angehörigen; Vorbereitung der Predigt; Beerdigungsablauf:
Nachfeier; Besuch nach der Beerdigung; Gottesdienst am Totensonntag
(wozu auch eine Predigt von R. L. beigesteuert wird. 1 18). Auffallend
ist, daß Vf. sich mit nüchternen Gründen auf die traditionelle
Rolle des Pastors als Seelsorgehelfer und -redner aus Anlaß der Beerdigung
konzentriert. Eine Ausweitung der Begleitung von Sterbenden
und Trauernden in ihrem gesamten Trauerprozeß ist nicht zu erwarten
. „Er darf das Bewußtsein haben, daß für den Trauerprozeß die
Beerdigung die Hauptstation ist. Es ist wie bei einer schwierigen
Operation. Wenn der Operateur hier gut arbeitet, ist das Wichtigste
getan." (138)- Abschließend reflektiert L. grundsätzlich noch einmal
über „die Beerdigung im gesellschaftlichen Kontext". Entgegen der
kerngemeindlichen Sicht, die die Bestattung ebensowenig wertschätzt
wie eine Beurteilung aus gesellschaftskritischen Motiven, ist festzuhalten
, daß die Kirche das Monopol für die Beerdigung besitzt. Der in
diesem Zusammenhang gegebene Hinweis auf die staatlich organisierten
Beerdigungen mit einem weltlichen Redner in der DDR ist so
nicht richtig formuliert (143).

Psalmen für Trauernde von B. von Issendorff. die unterschiedlich
gelungen wirken (153), ein Registernach „casus und Themen" (159)
und Angaben zu Bibeltexten, die die Dominanz von Psalmen und
johanneischen Texten deutlich machen, schließen das empfehlenswerte
und lehrreiche Studienbuch für angefochtene Prediger, aber
auch für Lehrer der Bestattung in Vikariat, Predigerseminar oder an
der Hochschule.

Berlin Friedrich Winter

Praktische Theologie:
Seelsorge/Psychologie

Ludwig, Heiner, u. Franz Segbers [Hrsg.]: Handbuch der Arbeiter-
pastoral. Mainz: Grünewald 1984. 184 S. 8' = Arbeiterbewegung
und Kirche, Sonderbd.

Die Idee zu diesem Buch ist bei der Vorbereitung, Durchführung
und Nachbesprechung von Veranstaltungen entstanden, die katholische
Theologen und Sozialwissenschaftler zusammengeführt hat.
Die Massenarbeitslosigkeit und die Frage nach der Gerechtigkeit
der gesellschaftlichen Ordnung in der BRD bilden dabei den Hintergrund
zu diesem Unternehmen. „Das Handbuch enthält daher Erfahrungsberichte
aus der Praxis und Methoden, Reflexionen und Anregungen
für Wege in die Praxis. Für die Arbeiter ist genug geredet
worden, wir wollen helfen, mit ihnen zu handeln, mit ihnen zu
reden, mit ihnen zu beten und zu feiern: mit ihnen Kirche zu
sein." (S. 7)

Es ist Tür einen ev. Rcz., der Bürger der DDR ist, nicht ganz leicht,
diese katholische Publikation aus dem anderen deutschen Staat zu
beurteilen. Ließe sich die Konfessionsspezifik noch bewältigen, zumal
ev. Arbeiter sicherlich ähnliche Probleme haben wie katholische, so
stehen sich doch hinsichtlich der unterschiedlichen Staatsbürgerschaft
zugleich antagonistische Gesellschaftsordnungen gegenüber. Dieses
Handbuch konnte deshalb so nur auf dem Hintergrund eines kapitalistischen
Wirtschaftssystems geschrieben werden. Das wird bis in die