Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1985

Spalte:

619

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Calvinus ecclesiae Genevensis custos 1985

Rezensent:

Haendler, Gert

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

619

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 8

620

Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]: Calvinus ecclesiae Genevensis custos.

Die Referate des Internationalen Kongresses für Calvinforschung
vom 6. bis 9. September 1982 in Genf. Frankfurt/Main-Bern-New
York-Nancy: Lang 1984. 303 S. 8°. Kart. sfr. 57.-.

Im Vorwort teilt W. H. Neuser mit, daß eine Neuausgabe der
Werke Calvins, „also eine Editio secunda nach den Opera Calvini im
Corpus Reformatorum" vorgesehen sei (11). Auch die begonnene
Konkordanz soll fortgesetzt werden. In einem Grußwort stellt
J. Rogge fest, daß „die großen Kongresse, die dem Lebenswerk der Re-
, formatoren Luther und Calvin gewidmet sind, einander immer profilierter
zur Kenntnis nehmen". Weitergehend klingt sein Satz: „Noch
arbeiten die Internationalen Kongresse für Calvin- und Lutherforschung
thematisch und organisatorisch nebeneinander." (20) Der vorliegende
Band zeigt freilich, daß ein näheres Zusammenrücken vorerst
nicht in Sicht ist. Die Referate des Calvin-Kongresses nehmen wenig
auf Luther Bezug. Bei der Untersuchung der Kirchenväter in Calvins
Exegetica taucht der Name Luther auf (163). Die Frage „Hat Calvin
einen Ordo salutis gelehrt?" nennt einleitend auch das Luthertum
(221) und Luther (222). Bei der Erörterung des Verhältnisses Calvins
zum Augsburger Bekenntnis kommt beiläufig Luther vor (246). Vermutlich
wird der Berichtsband über den Erfurter Kongreß für Lutherforschung
von 1983 demnächst ein ähnliches Bild zeigen und auf Calvin
nur selten eingehen.

Nachstehend seien die Beiträge des Calvin-Kongresses aufgeführt: R. Peter,
Geneve dans la predication de Calvin (23-48); R. M. Kingdon, Calvin and
theGovernment of Geneva (49-68); P. Den i s, Calvin et leseglisesd'Etrangers
au XVIe siede: Comment un ministre intervient dans une eglise autre que la
sienne (69-92); E. Saxer, Hauptprobleme der Calvinforschung-Forschungsbericht
1974-1982 (93-112); B.G. Armstrong, Geneva and the Theology
and Politics of French Calvinism: The Embarassement of the 1588 Edition of
the Bible of the Pastors and Professors of Geneva (113-134); E. A. Dowey,
The Structure of Calvin's Thought as Influenced by the Twofold Knowledge of
God (135-148); P. Fraenkel, Trois passages de l'Institution de 1543 et leur
rapports avec les colloques interconfessionels de 1540-1541 (149-158); P. D.
Nicole/Chr. Rapin, De l'exegese ä l'homiletique. Evolution entre le com-
mentaire de 1551, les sermons de 1558 et le commentaire de 1559 sur le
prophete Esaie (159-162); F. Büsser, Die Rolle der Kirchenväter in Calvins
Exegetica (163-164); F. M. Higman, The Questions of Nicodemism
(165-170); L. F. Schulze, Calvin's Reply to Pighius - a micro and macro
view (171-186); A. Demura, Calvin's and Oecolampadius' Concept of
Church Discipline (187-190); U. Plath, Calvin und Castellio und die Frage
der Religionsfreiheit (191-196); G.Vincent, Discours et Doctrine: Modalites
de 1'afTirmation calvinienne de la providence (197-2Ö8); A. Ganoczy, Hermeneutische
Korrelationen bei Calvin (209-212); F. G. M. Broeyer, Der
Einfluß Calvins auf Whitaker und den englischen Puritanismus (213-220);
C. Graafland, Hat Calvin einen Ordo salutis gelehrt? (221-244); D.'Fischer
, Calvin et la Confession d'Augsbourg (245-272); J. Raitt, Calvin's
Usc of Persona (273-288); D. W i 11 i s, Calvin's Use of Substantia (289-301).

GH.

Dogmen- und Theologiegeschichte

Rodriguez, Pedro, u. Raul Lanzetti: El Catecismo Romano. Fuentes e
historia del texto y de la redaccion. Bases cn'ticas para el estudio tco-
lögico del catecismo del concilio de Trento (1566). - Publicaciones
de la Facultad de teologia de la Univ. de Navarra. Pamplona:
EdicionesUniv. deNavarra 1982.498 S. gr. 8° = Teolögica, 35.

Die beiden Vff. bieten in ihrem umfangreichen, detaillierten Werk.
Auswirkung mehrjähriger Bemühungen um Ekklesiologie und Sakra-
menten-Theologie des Catechismus Romanus an der Univ. Navarra,
in 3 Teilen die Geschichte seiner Erarbeitung, den Aufweis möglicher
Quellen und die Geschichte des gedruckten Textes in den lat. Ausgaben
bis zu Centis Edition in Siena 1981. Ihre Forschungen waren
mühsam und führten in manchen Bereichen nur zu spärlichen Ergebnissen
, sie packen aber eine lange vernachlässigte Aufgabe beherzt
und umsichtig an, wobei im 3. Teil völliges Neuland betreten wird.

Dafür gebührt den Vff. aufgrund der Wichtigkeit des Cat. Rom. unser
herzlicher Dank. Die wichtigsten Ergebnisse sind etwa folgende: Der
Cat. Rom. kann nicht eigentlich als Werk des Trienter Konzils gelten,
doch erteilte dieses den Auftrag. In den ersten beiden Konzilsphasen
in Trient und Bologna (1545-48) wurde die Ausarbeitung noch nicht
direkt in Angriff genommen. Auch die Übernahme eines bereits vorhandenen
Kat. oder die Übertragung der Aufgabe an eine Theol. Fak.
wurde erwogen. Ab 1563 ging man, nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen
des Augustiner-Generals Seripando, dann aber in 2 Kommissionen
ans Werk, gedrängt durch Ferdinand I„ verantwortlich primär
dem Kollegium der bischöflichen Legaten. Foscarari, Marini und
Foreiro leisteten hier besonders Wichtiges. Der so erstellte Text wurde
durch 2 Kommissionen, verantwortlich Pius IV. und Pius V„ aufs
neue geprüft und verändert, wobei in der Schlußphase Sirleto, Vittori,
Manrique und nicht zuletzt der Humanist Pogiani von herausragender
Bedeutung waren. Die vorhandenen Katechismen - etwa von
Erasmus, Gropper, Nausea und Hosio-dienten nicht unmittelbar als
Vorbild. Nur 2 direkte literarische Einflüsse sind nachweisbar: von
Carranzas Kat.-kommentaren, die aber Gropper und Nausea auswerten
, und vom IV. Sentenzenbuch de Sotos. Vff. unterstreichen die
Rolle des biblischen und patristischen Materials (der letzte in die
Zitierung aufgenommene „Kirchenvater" war Bernhard) und des echten
Thomas. In der Geschichte des gedruckten Textes unterscheiden
sie 2 Grundtraditionen, die aber weithin in Mischungen auftreten,
und plädieren für eine kritische Edition, die indes schwierig sei, da die
Vorlage für die 1. Edition des Paulo Manucio bisher nicht aufgefunden
wurde. Die Einteilung in Quästionen sei pastoral fruchtbar, aber
theologisch fragwürdig, da sie den Gedankenfluß ständig unterbreche.
Überschriften und Summarien am Rand könnten nicht als original
gelten.

Rostock Gert Wendclbom

Gericke, Wolfgang: Das Buch „De Tribus Impostoribus". Berlin:
Evang. Verlagsanstalt 1982. 124 S. 8° = Quellen. Ausgewählte Texte
aus der Geschichte der christlichen Kirche, N. F. 2. Kart. M 8,-;
Ausland 10,80.

Es war E. Barnikol, der bedeutende Hallenser Theologe, der seine
Aufmerksamkeit eigengeprägten Nebenerscheinungen der Kirchengeschichte
zugewandt und deren Erforschung wegweisend beeinflußt
hatte. In seiner Schule wurden diese Anregungen aufgenommen. Ein
letztes Zeugnis solchen Interesses legt nunmehr G. vor. Das Buch ist
eine Frucht langjähriger Bemühung des Verfassers um den Gegenstand
; einer Beschäftigung, bei der seine Urteile im einzelnen Wandlungen
ausgesetzt waren (vgl. S. 45).

Der Vf. hat fünf Handschriften aufgespürt, vor allem aber einen
Druck aus dem 17. Jahrhundert, der Zeit um 1645 (S. 42), der älter ist
als alle vorhandenen Handschriften. Er fand sich ausgerechnet in der
Bibliothek des Predigerseminars zu Wittenberg. Die Kenntnis dieses
Drucks im 17. Jh. konnte von dem unermüdlichen Vf. nachgewiesen
(S. 40ff), ja die Existenz eines (oder zweier) früherer Drucke wahrscheinlich
gemacht werden. Als denjenigen, der diese Ausgabe veranstaltet
hat, sieht G. (mit anderen) Barnaud an (dies ist freilich nicht
mehr als eine Vermutung), in dem er gleichzeitig den Bearbeiter (S. 48
stellt er zusammen, was von ihm herrührt) einer Urfassung erblickt,
die um 1562 zum Druck kam. Als Verfasser der letzteren sieht er,
ältere Thesen aufnehmend und schärfer fassend, Gruet an. Viel
spricht dafür, daß er damit recht hat. G. geht weiter und erklärt das
Büchlein als eine Streitschrift gegen Calvins Unterricht in der christlichen
Religion (S. 87ff). Das ist möglich, da Gruet wie Calvin in Genf
lebte und dort schließlich zu Tode gebracht wurde. Wenn es so ist,
dann war es sicherlich keine eingehende Auseinandersetzung, wie ja
überhaupt der Traktat alles andere als eine herausragende geistige
Leistung ist. Er steht viel mehr in der Tradition der leichtgeschürzten,
amüsierenden Tischrede als derjenigen ernsthafter, eindringender
Überlegung. Was ihm seinen Ruf verschafft hat, ist die Überschrift,