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Ausgabe:

1985

Spalte:

601-602

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Sanders, Jack T.

Titel/Untertitel:

Ben Sira and demotic wisdom 1985

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 8

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mühselige Arbeitslast getragen haben. Allein die Manuskriptherstellung
und das Lesen der Korrekturen muß kaum vorstellbare Mühe
bereitet haben. Zusammen mit Karl Heinrich Rengstorf haben Bernhard
Justus und Heinz Schreckenberg an allen Bänden mitgearbeitet
; Jürgen Schwark ist seit dem zweiten, James R. Royse seit dem
dritten Band in die Arbeit eingetreten; das Titelblatt dieses letzten
Bandes nennt Georgios Kontoulis als neuen Mitarbeiter, das Vorwort
weitere Helfer bei dem Lesen der Korrekturen (von denen Kurt
Czerny und Gabriele Richter schon in Band III erwähnt waren). Der
Band ist der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster gewidmet
; ihre Unterstützung hat das große Werk wesentlich befördert. Undenkbar
aber wäre es ohne die vorbildliche Arbeit des Verlages E. J.
Brill in Leiden, der mit dieser Publikation seine besondere Leistungsfähigkeit
wieder einmal unter Beweis gestellt hat.

Anlage und Ausführung der Konkordanz sind in allen Bänden
gleich. So gilt auch für diesen letzten unverändert das, was zu den vorangegangenen
in dieser Zeitschrift gesagt worden ist (99, 1974,
672-675; 103, 1978, 263f; 106, 1981, 8830 und nicht noch einmal
wiederholt zu werden braucht. Wie jedes gelungene Werk erweckt
auch dieses weitergehende Wünsche. Sie richten sich zunächst auf die
Vorlage eines Wörterbuches zu Josephus. Tür das die Konkordanz
bereits die wesentlichen Voraussetzungen bereitstellt, sodann aber
weitergreifend auf eine ähnliche, wenn auch wohl nicht so aufwendige
(und Philo vielleicht zunächst aussparende) Präsentation des Wort-
bestands der erhaltenen judengriechischen Literatur, wie sie A.-M.
Denis früher einmal ankündigte. Der Inhalt und die Möglichkeiten
der griechischen Sprache, die das Neue Testament weitgehend am
unmittelbarsten voraussetzt, würden dadurch leichter zu erfassen
«in. Josephus vermeidet, entsprechend seinem Bemühen um eine
literarische Sprache, einen Wortgebrauch, der vom Semitischen her
-gefüllt ist; das zeigt dieser Band z. B. bei w'<>;. yßip- Hier bieten
andere judengriechische Texte ein gänzlich verschiedenes Bild.

Rengstorf hat durch beharrlichen Einsatz von Kraft und Zeit ein
großartiges philologisches Arbeitsinstrument vorgelegt, das weit über
die Josephusforschung hinaus fundamentale Bedeutung hat. Die
intensive Beschäftigung mit Josephus. zu der es reizt und die es fördert
, könnte eine Vermittlung ermöglichen zwischen gegenwärtigen
neutestamentlichen Forschungsrichtungen, die entweder den pagan-
griechischen Bereich oder die pharisäisch-rabbinische Literatur stärker
beachten. Offenbar hält sich zumindest formal das Neue Testament
in größerer Distanz zur pagan-griechischen Literatur als etwa
Josephus. der freilich seinerseits religiös deutlich Jude bleibt.

Das jetzt abgeschlossene Werk wird Tür lange Zeit zur Standardlite-
ratur aller intensiven Arbeit am Frühjudentum und am Neuen Testament
gehören, darüber hinaus aber der klassischen Philologie insgesamt
ein unentbehrliches Hilfsmittel sein.

Halle (Saale) Traugott Holtz

Sanders, Jack T.: Ben Sira and Demotie Wisdom. Chico, CA: Scho-
lars Press 1983. X, 123 S. gr. 8" = SBL. Monograph Serics, 28. Kart.
$ 19.50; Lw.$ 29.50.

Die Kenntnis der Bibelwissenschaft von der Einbettung der israelitischen
bzw. jüdischen Weisheitsliteratur in die altorientalische Weisheit
, deren eines Zentrum je in Ägypten liegt, erfährt durch Jack T.
Sanders von der University of Oregon. Eugene, in seinem vorliegenden
Werk eine überraschende neue Konkretisierung. S. ist bei seinen
Arbeiten zur Ethik des hellenistischen Judentums und im Bemühen,
besondere Aspekte des Buches Jesus Sirach zu verstehen, auf die Spur
der demotischen Weisheit gestoßen -d. h. auf gelegentliche Hinweise
in der Literatur auf Beziehungen zwischen späten ägyptischen Weisheitstexten
in demotischer Schrift und der biblischen Weishcitslitcra-
tur- und hat sie konsequent verfolgt. Das Ergebnis ist erstaunlich: es
lautet: Das (in Wesen und Haltung nach wie vor als jüdisch einzustufende
) Buch Jesus Sirach ist - in noch erheblicherem Maße übrigens

als von Theognis - von einer ganz bestimmten demotischen Weisheitslehre
literarisch abhängig, nämlich von dem sogenannten
„Demotischen Weisheitsbuch" des Phibis, Sohn des Tachos-pa-
iana, dessen Hauptzeuge der Papyrus Insinger ist. "Ben Sira has read
Phibis, has been much impressed by it, and has taken over not only
individual proverbs from it, but much of its format as well and, in-
deed, its basic orientation toward life - namely, that one must be cau-
tious and shamefast in order to secure for oneself an everlasting good
namc" (S. 105). Daß solche Einsicht erst jetzt gewonnen wurde, hängt
übrigens wesentlich mit einer Korrektur der Datierung des Demotischen
Weisheitsbuches zusammen (früher l.Jh. n.Chr.: jetzt 3. Jh.
v. Chr.), überhaupt mit Fortschritten und Aktivitäten der Demotistik
in den letzten Jahrzehnten.

Was die Darlegungen S.s in seinem Buch anbelangt, so sind sie ganz
auf Argumentation angelegt; es geht dabei um Parallelen, um Vergleiche
und um Strukturen bzw. Profile von Ähnlichkeit. Dem Höhepunkt
im Kapitel 3 "Ben Sira's Relation to Egyptian Tradition"
(S. 61 -106) sind zwei die Basis bereitende und den Aufstieg sichernde
Kapitel vorgeschaltet: "Ben Sira's Relation to Judaic Tradition"
(S. 3-26) und "Ben Sira's Relation to Hellenic Tradition" (S. 27-59).
S. fragt und argumentiert außerordentlich vorsichtig und legt strengste
Maßstäbe an. Er weiß selbst um die Gefahr der, wie er mit Samuel
Sandmel sagt, ,.parallclomania" (S. I). Daß gerade im Bereich von
Weisheit und Paränese Ähnliches auch unabhängig voneinander
entstehen kann, etwaige Einflüsse weithin im Bereich der mündlichen
Tradition erfolgen und auch literarischer Einfluß nicht einfach auf
Abschreiben beruhen muß, wird vorausgesetzt oder genügend in
Rechnung gestellt. Gerade das läßt die Abhandlung so zuverlässig und
überzeugend wirken. Von den Parallelen, die im griechischen Bereich
für Sirach geltend gemacht worden sind, halten z. B. nur diejenigen
aus Theognis S.s Kritik stand.

S. stellt sich schließlich auch selbst die Frage, wie das offenbar
Wirkliche eigentlich möglich war und kommt so den Einwänden solcher
Kritiker zuvor, die sich vielleicht schwer vorstellen können, wie
der Jerusalemer Ben Sira auf das Demotische Weisheitsbuch stoßen
und seinen Inhalt kennenlernen konnte. Dabei gibt er freimütig zu,
daß es, wie er sagt, keine „externa! evidence" für einen solchen Kontakt
gibt (S. 100). Aber der Möglichkeiten gibt es viele! Und daß für
den Austausch von Geistesprodukten auch die Sprach- und Schriftgrenze
zwischen Palästina und (dem eigentlichen) Ägypten, d. h. zwischen
Hebräisch (oder Aramäisch) und dem Spätägyptischen (d. h.
dem Demotischen), nicht unüberwindbar war. hat gerade eine der
jüngsten Sensationen auf dem Felde der Demotistik deutlich werden
lassen: Richard C. Steiner von der Bernard Revel Graduate School of
Ycshiva University hat, wie die New York Times vom I I. Oktober
1982 (Section IL p. I) mitteilte, in einem bisher völlig unverständlichen
demotischen Papyrus der Pierpont Morgan Library, New York
City, die Wiedergabe von Teilen einer aramäischen Version des
20. Psalms in demotischer Transliteration erkannt, worauf S. sich in
einem Nachtrag(S. [100.] I06)ausdrücklich und mit Recht beruft.

Berlin Hans-Martin Schenke

Neues Testament

Louw, J. P. : Scmantics of New Testament Greek. Philadelphia. PA:
Fortress Press; Chico, CA: Scholars Press 1982. X, 166 S. 8* =
SemeiaStudies 1 I. Kart.S 12.95.

Dieses Arbeitsbuch ist eine Einführung. Sie will Studenten dazu anleiten
, „Bedeutung" im semantischen Sinne der Textlinguistik zu erlassen
und sich von der herkömmlichen isolierten Wortsemantik der
Lexika zu lösen. Über zwanzig Jahre nach dem Paukenschlag von
J. Barr (1961) ist es immer noch nicht überflüssig, die Trommel dafür
zu rühren. Louw arbeitet sein Konzept aus. das er 1973 (Discourse