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Ausgabe:

1985

Spalte:

593-597

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Von Ezechial bis Middot 1985

Rezensent:

Conrad, Joachim

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Theologische Literaturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 8

594

Altes Testament

Busink. Th. A.: Der Tempel von Jerusalem. Von Salomo bis Herodcs.
Eine archäologisch-historische Studie unter Berücksichtigung des
westsemitischen Tempelbaus. 2: Von Ezechiel bis Middot. Leiden:
Brill 1980. XXXI, S. 701-161 1 m. 155 Abb. i. Text, 19 Tat'. 4'. Lw.
hfl. 340.-.

Der erste Band dieses monumentalen Werkes wurde bereits in
ThLZ 97. 1972 Sp. 801 -810. besprochen. Der nun vorliegende zweite
Band schließt sich in Seiten- und Kapilelzühlung an den ersten an,
umfaßt jedoch einen weitaus größeren Zeitraum als dieser und ist deshalb
auch noch umfangreicher ausgefallen. Angesichts dessen ist es
gänzlich unmöglich, auch nur die wichtigsten Ergebnisse und Überlegungen
des Vf. einigermaßen vollständig darzubieten. Es muß
genügen, die Thematik der einzelnen Kapitel zu benennen und exemplarisch
einige Ergebnisse und Entscheidungen, die für die Arbeits-
Weise des Vf. aufschlußreich sind oder allgemeineres Interesse beanspruchen
können, hervorzuheben. Daß sich der Vf. dabei stets gründlieh
mit der einschlägigen, aber auch entlegenerer Literatur aus älterer
und jüngster Zeit auseinandersetzt, kann hier nur generell konstatiert
werden.

Das IX. Kapitel ist dem ezechielischen Tempelentwurf gewidmet
(701-775). Für dessen Verständnis ist vor allem in den neueren Kommentaren
zum Ezcchielbuch wesentliche Vorarbeit geleistet worden.
Auf folgende Ergebnisse und Schlußfolgerungen des Vf. sei hingewiesen
. In dem Entwurf sind zwei Höfe, ein Außen- und ein Innenhof.
vorgesehen. Beide sind jedoch hinsichtlich ihres Heiligkcitsgrades
nicht grundsätzlich unterschieden. Sic sind zwar durch Tore getrennt.
Diese jedoch sind offenbar nur durch eine niedrige Mauer verbunden.
Dagegen hat die Außenmauer des äußeren Hofes festungsähnlichen
Charakter und soll somit die gesamte Anlage als heiligen Bezirk fest
von der Außenwelt abschließen. Dem entspricht es. daß die Vorhallen
der Außentore nicht an deren Außen-, sondern Innenseite angebracht
sind. Es soll nicht ein Verbindungsglied von außen her die Abgeschlossenheit
des heiligen Bezirkes beeinträchtigen. Was das Tempcl-
gebäude selbst betrifft, so gibt es keine Abstufung hinsichtlich des Heiligkcitsgrades
vom Debir über den Hekal zum Ulam. Vielmehr sind
alle drei Teile architektonisch stark vereinheitlicht, so daß sie auch
hinsichtlich ihres Heiligkeitsgrades von gleicher Bedeutung sind. Für
die Ausgestaltung im einzelnen nimmt der Vf. verschiedentlich, wie
schon andere vor ihm. Einwirkung babylonischer Vorstellungen an.
So dürfte für die Trennung des Tempels von der Stadt Jerusalem das
außerhalb der Stadt Babylon gelegene Bit-Akitum Vorbild gewesen
sein.

Im X. Kapitel wird der Tempel Serubbabels und seine Vorgeschichte
behandelt (776-841). Hinsichtlich der Vorgeschichte betont
der Vf., daß der /erstörte Tempel während des Exils zwar eine heilige
Stätte blieb, jedoch nicht ein kultisches Zentrum. Der Jahwekult sei
vielmehr an Lokalheiligtümern betrieben worden. Der Anstoß zum
Neubau kam aus Kreisen der Exilierten. Die Schwierigkeiten, die sich
m der Folgezeit einstellten, seien jedoch nicht nur durch die wirtschaftliche
Misere des Landes zu erklären. Sie seien vielmehr einerseits
auf Kreise zurückzuführen, die ein nomadisches Ideal vertraten
und ein festes Tempelhaus ablehnten (vgl. 2 Sam 7,5-7). Auf diese sei
auch die priesterschriftlichc Vorstellung von einem Zeltheiligtum
(Ex25ff) zurückzuführen. Andererseits hätten nationalistische
Kreise einen Neubau im Auftrag der persischen Oberherrschaft abgelehnt
. Eine Wendung sei erst im Zusammenhang mit den Erwartungen
einer politischen Neugestaltung des Orients am Anfang der Regierung
des Darius und den damit verbundenen messianischen Hoffnungen
bezüglich der Person Serubbabels eingetreten. Das Datum des
Baubeginns legt der Vf. auf den 24. des 9. Monats, d. h. den
18./19. Dez. 520. fest. Für eine Rekonstruktion der Gestalt des zweiten
Tempels fehlt es freilich fast völlig an Quellcnmatcrial. Lediglich
dem Kyrosedikt (Esr 6.3-5) sind einige genauere Angaben zu entnehmen
. Der Vf. glaubt jedoch, viele Rückschlüsse aus der Gestalt des
herodianischen Tempels ziehen zu können, da vorauszusetzen sei,
daß Hcrodes es bei seinem Neubau nicht wagen konnte, wesentliche
Veränderungen am Grundplan vorzunehmen. So dürfte der Ulam
auch bei dem Tempel Serubbabels ein Breitraum nach babylonischem
Vorbild gewesen sein, der sich als solcher deutlich von Hekal und
Debir unterschied und dementsprechend einen geringeren Heiligkeitsgrad
als die beiden letzteren hatte. Die Zugänge zu den letzteren
waren wohl von Anfang an mit Vorhängen versehen. Der Umbau
hatte offenbar zunächst die gleiche Höhe wie das Tempelhaus. Erst
später, vielleicht unter dem Hohenpriester Simon (um 200). sind
Hekal und Debir mit einem Obergeschoß wie beim herodianischen
Tempel versehen worden. Als Fundament ist sicher das des salomonischen
Tempels wiederverwendet worden. Das Tempelgcbäude war
von einem Altarhof umgeben, ihm war ein Vorhof vorgelagert. Die
Mauer zwischen beiden wurde jedoch später offenbar beseitigt. Wohl
im 3. Jahrhundert kam ein großer Außenhof hinzu. Aufs ganze gesehen
war der Tempel Serubbabels ein durchaus beachtliches Bauwerk
, das freilich durch den Neubau des Herodes stark in den Schalten
gestellt wurde.

Im XI. Kapitel behandelt der Vf. den Zeitraum von Serubbabel bis
Herodes (842-903). Erbietet hiereinen Überblick über die geschichtliche
Entwicklung, bei der ja der Tempel als religiöses Zentrum von
besonderer Bedeutung war. Den breitesten Raum nehmen die Vorgänge
um Antiochus IV. ein. Dieser habe nicht sein Reich hellenisie-
ren wollen, sondern nur ..eine Unifikation der jüdischen und syrischen
Religion" beabsichtigt (880). Was den Baubestand des Tempels
betrifft, so habe er die Grenze zwischen dem Innen- und dem Außenhof
beseitigt und auf dem bisherigen Brandopferaltar einen neuen
Altarerrichtet.

Da der heutige Haram esch-Scharif wesentliche Bauelemente der
herodianischen Tempclanlage enthält, geht der Vf. im XII. Kapitel
zunächst auf dessen Geschichte und archäologische Erforschung ein
(904-1016). Er behandelt speziell dessen Mauer und Esplanade sowie
den Felsendom und die el-Aksa-Moschee. Aus den beiden letzteren
sind freilich keine Aufschlüsse für die herodianische Anlage zu gewinnen
, zumal es der Vf. für unwahrscheinlich hält, daß sich der Tempel
über dem heiligen Felsen erhob.' Dagegen entspricht seiner Meinung
nach der Verlauf der Harammaucr dem der herodianischen Außenmauer
, auch im Nordteil. D. h., die herodianische Gesamtanlage
hatte den gleichen Umfang wie der heutige Haram. Die Außenmauer
ist von Herodes nicht völlig neu aufgeführt worden. Ein Teil derOst-
maucr, von der senkrechten Fuge im Süden bis zum Goldenen Tor,
enthält vorherodianisches Mauerwerk. Andererseits ist der Nordteil
der Westmauer unter Herodes wohl nicht mehr fertiggestellt worden.
Ergeht also auf nachherodianisehc Bautätigkeit zurück.

Das XML Kapitel, das umfänglichste des Bandes, ist dem herodianischen
Tempel gewidmet (1017-1251). Der Vf. geht hier zunächst auf
die sonstige Bautätigkeit des Herodes ein und behandelt jeweils in
einem eigenen Abschnitt dessen Bauten in Jerusalem, Masada. Sama-
ria. Caesarea und Jericho sowie das Herodeion. Man vermißt ein
genaueres Eingehen auf den Haram von Hebron, den der Vf. än späterer
Stelle mehrfach zum Vergleich für die Jerusalemer Tempelanlagc
heranzieht. Das Hauptmotiv für die Bautätigkeit und insbesondere für
den Bau des Tempels ist nach Meinung des Vf. das Bewußtsein des
Herodes, ein dem David ebenbürtiger Herrscher zu sein, dem es jedoch
versagt blieb, ein eigenes Großreich zu gründen und der deshalb
auf diese Weise seiner Größe und seiner Sendung Ausdruck zu verleihen
suchte, wobei er zugleich dem Vorbild hellenistischer Herrscher
folgte. Anschließend wendet sich der Vf. dem eigentlichen Thema des
Kapitels, der Rekonstruktion der Jerusalemer Tempelanlagc, zu. Es
können an dieser Stelle nur einige methodische Gesichtspunkte hervorgehoben
werden. Die grundlegende Quelle ist Joscphus. Dessen
Angaben erweisen sich dem Vf. bei genauerer Überprüfung durchgängig
als zuverlässig. Dagegen sind die Angaben im Mischnatraktat Middot
, sofern sie davon abweichen, von wenigen Ausnahmen, wie z. B.