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Ausgabe:

1985

Spalte:

587-589

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Rogge, Joachim

Titel/Untertitel:

u. Gottfried Schille [Hrsg.]: Theologische Versuche, XIV 1985

Rezensent:

Haufe, Günter

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 8

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26 N. Luhmann, Funktion der Religion, Frankfurt/M. 1977, bes. 126fFund
182-224. Kritisch zu einer „Wahrnehmung des Glaubens als Kontingenzbewältigung
" äußert sich G. Sauter, „Sinn" und „Wahrheit", in: Religion als Problem
der Aufklärung, hrsg. von T. Rendtorff, Göttingen 1980,69-106,78 ff, der
auf der Unterscheidung von Gott und Welt besteht. In demselben Band ebenfalls
kritisch: W. Pannenberg, Macht der Mensch die Religion oder macht die
Religion den Menschen?, 151-157. Zustimmend dagegen: H. Lübbe, Religion
nach der Aufklärung, in: Religion als Problem der Aufklärung, a. a. O.,
165-184, der Kontingenz als „Begriff dessen, was eine Handlung handlungssinnwidrig
betrifft" definiert (177). Gewöhnlich werde Kontingenz „durch Integration
in Handlungssinn" bewältigt. Religion bewältige Kontingenz jedoch
nicht durch Eingliederung in Handlungssinn, sondern gerade „durch Anerkennung
handlungssinntranszendenter Kontingenz, d. h. durch Anerkennung dessen
, was uns in handlungssinntranszendenter Weise schlechthin abhängig sein
läßt" (179).

27 Noch immer: R.Otto, Das Heilige, Breslau 1917. Aufgenommen von
J. Wach, Religionssoziologie, Tübingen 1951, 15; G. Mensching, Die Religion,
Stuttgart 1959, 17ff; P. L. Berger, Soziologische Betrachtungen über die
Zukunft der Religion, a. a. O., 52. Die weitgehend unbeachtet gebliebene Kritik
kam vor allem von religionsgeschichtlicher Seite: W. Baetke, Das Heilige im
Germanischen, Tübingen 1942; G. Widengren, Religionsphänomenologie.
Berlin 1969, 30IT. Zur neueren Diskussion: J. Splett, Die Rede vom Heiligen.
Freiburg 1971; C. Colpe (Hrsg.), Diskussion um das „Heilige", Darmstadt
l977;Ch. Kannengiesser(Hrsg.), Le retour du sacre, Paris 1977.

28 Freilich gibt es zwischen Konflikt- bzw. Krisenbewältigung und Kontingenzbewältigung
für beide Seiten unbequeme Interferenzen. Nur durch Präzisierung
der Frage, was bewältigt werden soll, läßt sich der spezifische Ort von
Religion in der Gesellschaft angeben.

Allgemeines, Festschriften

Rogge, Joachim, u. Gottfried Schille [Hrsg.]: Theologische Versuche,
XIV. Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1985. 195 S. gr. 8'. Kart.
M 14,80; Ausland 19,-.

Den vorliegenden Band eröffnen wichtige Aufsätze zu Grundproblemen
der alttestamentlichen Wissenschaft und beschließen nicht
minder wichtige Arbeiten zum Thema Ordination und Bekenntnis.
Dazwischen stehen lehrreiche Beiträge zu Spezialthemen der neueren
Theologie- und Kirchengeschichte sowie der Hymnologie und der
Abendmahlspraxis.

W. Thiel erörtert „Geschichtliche und soziale Probleme der Erzväter
-Überlieferungen in der Genesis" (11-27). Nach einem Rückblick
auf die ältere Forschungsgeschichte prüft er kritisch das von
Gordon und Albright vertretene Neuverständnis der Erzväter als
Handelsfürsten bzw. Karawanenführer sowie den Versuch, in den
Väter-Erzählungen Spuren spezifisch hurritischer Rechtstradition
nachzuweisen und damit die Herkunft der Väter aus dem Bereich von
Haran am Beginn des 2. Jahrtausends wahrscheinlich zu machen. Im
Ergebnis bleibt T. dabei, daß man in den Erzvätern halbnomadische
Kleinviehzüchter am Rande des palästinischen Kulturlandes (Spätbronzezeit
) zu sehen hat. - H.-J. Zobel greift in den bekannten Streit
um M. Noth's Amphiktyonie-Hypothese mit dem Nachweis ein, daß
man mit einer Vielzahl von „Zusammenschlüssen israelitischer Stämme
in vorstaatlicher Zeit" zu rechnen hat (29-37). Diese lokalen Zusammenschlüsse
waren verwandtschaftlich, geographisch, politisch
bedingt und in der Regel mit dem JHWH-Kultus verbunden. Das
jeweils gemeinsame Handeln beruhte auf dem Bewußtsein eines alle
Stämme umfassenden und in der JHWH-Verehrung wurzelnden Ge-
samt-Israel. - M. Köckert verfolgt die moderne Forschung „Aufder
Suche nach dem Jahwisten" (39-64). Anhand ausgewählter Literatur
zeigt er, wie weit die Antworten auf die Fragen nach Erzählfaden,
Kompositionswillen, theologischer Intention und historischen Ort
von J auseinanderliegen, so daß von „Aporien in der Begründung
einer Grundthese alttestamentlicher Exegese" gesprochen werden
muß. Methodisch plädiert er für sorgsame Unterscheidung von Lite-
rarkritik und Quellentheorie und läßt keinen Zweifel, daß er selbst
dem redaktionsgeschichtlichen Ansatz von J. v. Seters zuneigt. -
K. Nowak befaßt sich mit „Heinrich Böhmer als politischer Publizist
" (65-74). Unter Bezugnahme auf weniger beachtete Aufsätze des
bekannten Leipziger Kirchenhistorikers weist N. nach, wie unverkennbar
dieser auf Grund seiner nationalkonservativen Einstellung
„eine aversive Haltung gegen Sozialismus und politischen Liberalismus
", aber ebenso gegen völkisch-neokonservatives Ideengut (George
-Kreis) einnahm. Die Verdrängung des Analytischen durch narra-
tive Elemente kam dieser Haltung entgegen. - W. Pfüller bemüht
sich unter dem Titel „Disziplinierte Theologie" um einen Zugang
„zum theologisch-wissenschaftstheoretischen Konzept Gerhard
Sauters" (75-92). Erzeichnet dessen Argumente fürdie Verweigerung

einer Ortsbestimmung der Theologie im Kosmos der Wissenschaften
sowie die für sein Konzept wichtigen Aporien und Grundprobleme
der Theologie nach. Kritische Anfragen gelten dem Begründungsdefizit
hinsichtlich Grundlagen und Leistungsfähigkeit theologischer
Erkenntnis, der Theologizität „erwartungsvollen Redens" sowie dem
Mangel an begründeten Kriterien für theologisches Reden. - H.-J.
Kandier berichtet auf Grund sorgfältiger Quellenstudien wohltuend
differenziert über „Kirche und Juden während des deutsch-christlichen
Kirchenregiments in Sachsen 1933-1945" (93-103). Im einzelnen
behandelt er „Maßnahmen zur Befreiung" vom .jüdischen
Geist", die Anwendung des Arierparagraphen sowie Maßnahmen
gegen Judenchristen und Juden. Wichtig ist der Hinweis, daß es selbst
in der deutsch-christlichen Kirchenleitung einflußreiche Männer gab.
die etwas für die gefährdeten Pfarrer zu tun versuchten. -C. H. Bun-
ners untersucht Philipp Jakob Speners Beziehungen zu Johann
Crügers Gesangbuchwerk „Praxis Pietatis Melica" von- 1647
(105-130). Indem er Speners entscheidenden Einfluß auf die Frankfurter
Vorrede von 1668 herausarbeitet, gewinnt er ein frühes Zeugnis
für dessen Liedästhetik, die das Liedersingen primär als Folge der
Wiedergeburt begreift. Speners Vorrede von 1702 entfaltet sogar eine
Geschichte des geistlichen Singens von Adam bis zur Gegenwart und
zeigt erneut, daß es zwischen Orthodoxie, Frühpietismus und Pietismus
enge hymnologische Zusammenhänge gab. - K.-H. Bieritz
reflektiert über „Aufgaben einer Ökumenischen Hymnologie".
(131-147). Als ihre „Arbeitsfelder" betrachtet er das Singen als Vollzug
von Praxis pietatis, das Sirfgen als Medium christlicher Botschaft
und das Singen als Vollzugsform der gottesdienstlichen Versammlung
. Eigenes Gewicht haben die auf verschiedenen Ebenen stattfindenden
„Grenzüberschreitungen". B. deutet die Fülle der sich jeweils
aufdrängenden Einzelfragen an. -G. Sch i 1 le erwägt mit guten Gründen
, daß zwischen dem Hosanna- und dem Kyrie-Ruf der Liturgie
„ein Sprachgrenzen überschreitender Zusammenhang" vorliegt
(149-152). Das Mk 11 vorauszusetzende Huldigungsmotiv zog den
Hosanna-Ruf nach sich, sowie umgekehrt der Kyrie-Ruf vermutlich
in der hellenistischen Einzugshuldigung üblich war, so daß von daher
seine Stellung zu Beginn des Gottesdienstes sinnvoll erscheint. - K.-H.
Kandier stellt liturgiegeschichtliehe und dogmatische Überlegungen
zu der heute vielfach Sitte gewordenen „Handkommunion" (statt
Mundkommunion) beim Abendmahl an (153-160). Grundsätzlich
sei die Art der Austeilung zwar ein Adiaphoron, doch entspreche die
Mundkommunion deutlicher dem Empfangscharakter des Abendmahles
und sei jedenfalls vorzuziehen, wenn die Handkommunion
theologisch fragwürdig („progressiv") begründet wird. -H.Lahr referiert
über „Bekenntnisbindung in der Ordination" (161-180). Er stcl 1t
zunächst die Behandlung des Themas in der Berlin-Brandenburger
Kirche dar, geht dann auf Kontexte aus dem Umkreis der Bundessynode
ein, bringt persönliche Beispiele für den Umgang mit den
Bekenntnisschriften, beleuchtet die gesamtkirchliche Situation nach
,Leuenberg' und schließt mit einigen Programmpunkten im Bezugsfeld
des ordinierenden Handelns. - H.-O. Furian äußert sich zu