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Ausgabe:

1985

Spalte:

535-536

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Brandt, Hans-Jürgen

Titel/Untertitel:

Die Bischöfe und Erzbischöfe von Paderborn 1985

Rezensent:

Haendler, Gert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 7

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das höchste kirchliche Amt in Gottorf' (35), dem Hinrich Muhlius
(t 1733) folgte, ein tüchtiger Theologe mit pietistischen Neigungen.
Das Kapitel „Die Orthodoxie in Schleswig-Holstein" schildert den
Generalsuperintendenten Johannes Reinboth, der 1645 in einen
Lehrstreit um die Synkretismusfrage verwickelt wurde (40). Die
Kieler Professoren haben „zwar keine großen ... Entwürfe geliefert,
aber kontinuierlich die methodischen und begrifflichen Traditionen
kultiviert" (64).

Erich Hoffmann beschreibt „Das landesherrliche Kirchenregiment
im königlichen Anteil der Herzogtümer Schleswig und Holstein
1544-1721 (unter Einschluß des Haderslebener Anteils Hans' des
Älteren, 1544-1581)". Auch im königlichen Anteil nahm das Bildungswesen
einen Aufschwung (84). 1636-1668 amtierte als Generalsuperintendent
Stephan Klotz, ein orthodoxer Lutheraner und „Befürworter
der absoluten königlichen bzw. herzoglichen Regierungsgewalt
" (97). Er verpflichtete die neuen Pastoren auf die Konkordien-
formel. Die dänischen Könige ließen es zu, daß Klotz die Konkor-
dienformel „als eine der maßgeblichen Bekenntnisschriften in den
königlichen Ämtern und Städten einführte" (105). Josua Schwartz
(t 1709) polemisierte als königlicher Generalsuperintendent „gegen
seine herzoglichen Amtskollegen Sandhagen und Muhlius, die er
eines ,abweichlerischen' Sektierertums im Sinne des Pietismus beschuldigte
" (115). Ein Abschnitt über die Kirchenzucht gibt Einblicke
in interessante praktische Einzelfragen (120-133).

Walter Göbel 1 informiert über „Universitätsgründung und Theologische
Fakultät". Er bietet Ausschnitte aus der Kieler Eröffnungspredigt
von Reinboth 1665 aus einer schriftlich ausgeweiteten Form
(140-148) sowie aus einer Dankpredigt des Pastors Friedrich Jessen
(148-153). Ausführlicher werden noch Christian Kortholt (153-157)
und Heinrich Muhlius (160-161) dargestellt. Lorenz Hein stellt
Außenseiter vor: Weigelianer, schwenkfeldianische Frömmigkeit,
Antoinette Bourignon als „Prophetin im Widerspruch", Labadie und
Dippel in Altona spielen eine Rolle. Friedrich Breckling und Peter
Otto Lorentzen wurden als Kirchen- und Sozialkritiker um 1700 in
den Separatismus gedrängt (197-207). Die Bordelumer Rotte wird als
„Hauskreis auf Abwegen" erfaßt. E. Frey tag überschreibt sein Kapitel
: „Nichtlutherische Religionsgemeinschaften unter dem landesherrlichen
Kirchenregiment" (233-267). Es sind römische Katholiken
und Jansenisten, Reformierte und Arminianer, Mennoniten und
Davidjoriten, dazu noch ganz kurz Quäker, Waldenser, Mährische
Brüder, Unitarier sowie jüdische Gemeinden. Das abschließende
Kapitel „Der Pietismus" von Manfred Jakubowski-Tiessen und
Hartmut Lehmann (269-334) zeigt auch für Schleswig-Holstein,
wie aufgespalten diese Bewegung war und wie differenziert ein Urteil
sein muß.

Der Band erfaßt den Stoff von verschiedenen Gesichtspunkten aus.
Wiederholungen sind kaum zu vermeiden; sie hätten sich vermindern
lassen, wenn ein energischer Herausgeber dazu Vollmacht gehabt
hätte. Aber die Vielfalt der Gesichtspunkte soll auch positiv gewertet
werden, zumal sie auch vom Register her gut genutzt werden kann.

Rostock Gert Haendler

Brandt, Hans Jürgen, u. Karl Hengst: Die Bischöfe und Erzbischöfe
von Paderborn. Paderborn: Bonifatius-Druckerei 1984. 389 S. mit
214 z. T. färb. Abb. 4' Geb. DM 58,-.

Das Buch führt 65 Bischöfe vor Augen, die meisten stammen aus
adligen Familien. Der Band übernimmt die Meinung, daß beim Besuch
des Papstes Leo III. 799 bei Karl d. Gr. „das Sachsenbistum
Paderborn rechtskräftig gegründet" worden sei (32). Erster Bischof
wurde 806 Hathumar, von dem die 888 geschriebene Translatio
Liborii berichtet (40). Die um 1165 verfaßte Vita Meinwerci ist die
erste „ausführliche Lebensbeschreibung eines Paderborner Bischofs"
(68). Bauten des Bischofs Meinwerk (t 1036) sind durch Grabungen
bestätigt worden. Im Investiturstreit war der Paderborner Bischof
„von einem gebannten Kaiser belehnt, von einem Gegenpapst bestätigt
und von einem schismatischen Erzbischof geweiht" worden (95).
Im 13. Jahrhundert entwickelte sich das Bistum Paderborn zu einem
Fürstbistum: „Marschalle, Truchsesse, Mundschenke und Kammerherren
sind neue Titel in den bischöflichen Urkunden seit dieser Zeit"
(112). 1414-1436 war der Kölner Erzbischof Dietrich von Mörs
Administrator des Bistums Paderborn; er „war mehr Fürst als
Bischof (179). Bei Papst Martin V. erreichte er 1429 die Einverleibung
des Bistums Paderborn in das Erzbistum Köln; 1431 hob Papst
Eugen IV. diesen Beschluß wieder auf. In der Reformationszeit war
der Kölner Erzbischof Hermann von Wied zugleich Bischof von
Paderborn. Versuche zu einer Reformation stießen „in Paderborn auf
einmütigen Widerstand" (198). Fürstbischof Dietrich IV. von Fürstenberg
setzte die Beschlüsse des Konzils von Trient durch (224).
Dazu schöpfte er „auch als Landesherr seine Rechte voll aus". Sein
„Kampf um Paderborn" endete 1604 „mit der Hinrichtung des damaligen
protestantischen Bürgermeisters" (226). Ferdinand von Bayern
(1618-1650) war „gleichzeitig Erzbischof von Köln und Administrator
der Bistümer Lüttich, Hildesheim, Münster und Paderborn sowie
Abt von Stablo-Malmedy und Fürstpropst von Berchtesgaden, um
nur die herausragenden geistlichen Würden zu nennen" (230). Eine
drohende Auflösung des Bistums 1648 wurde abgewendet. Bischof
Ferdinand II. von Fürstenberg förderte Kunst und Wissenschaft; seine
„Monumenta Paderbomensia" von 1669 sind eine bedeutende Geschichtsquelle
(252). Zu seinen Ratgebern zählte auch der dänische
Konvertit Nils Stensen (254).

Die Säkularisation 1803 nahm der letzte Fürstbischof Franz Egon
von Fürstenberg „gelassen hin ... offenbar von der zeitgemäßen Notwendigkeit
der Trennung des Bischofs- vom Fürstenamt überzeugt"
(288). Er erlebte 1821 noch die Neugliederung der Bistümer in Preußen
, die Paderborn weite Grenzen brachte. Bei der Bischofswahl 1825
erklärte ein preußischer Wahlkommissar, „daß der König nur den
Freiherrn von Ledebur gewählt wissen wolle" (292). 1856 wurde der
Bonner Theologieprofessor Konrad Martin gewählt, der für das Unfehlbarkeitsdogma
eintrat. Im Kulturkampf wurde er 1874 verhaftet:
„Sein Abtransport zum Bahnhof glich einem Triumphzug. Über die
mit frischem Grün bestreuten Gefängnistreppen schritt der Bekennerbischof
segnend durch das nach Tausenden zählende Spalier
Tücher schwenkender, ihm zujubelnder Kinder, Frauen und Männer
" (308). Bischof Kaspar Klein empfing 1927 den päpstlichen Nuntius
Pacelli (später Papst Pius XII.) in Westfalen: „In der Kampfbahn
Rote Erde konnte der Bischof dem Nuntius in einer evangelisch und
sozialistisch geprägten Stadt überzeugend vor Augen führen, daß seine
Kirche die Arbeiterschaft nicht verloren hatte. Über 120 000 Katholiken
füllten das Stadion, in dem Bischof Kaspar den Beginn der Festpredigt
hinauszögern mußte, weil immer neue Kolonnen, angeführt
von Verbandsfahnen und Wimpeln, hinzustießen" (336). Kurz
danach wurde Paderborn zum Erzbistum erhoben. Erzbischof Lorenz
Jäger wurde 1965 Kardinal, vorher wurde 1958 das Bistum Essen
gegründet. Magdeburg wurde verselbständigt (346). Seit 1974 amtiert
Erzbischof Johannes Degenhardt (350-352).

Das Buch ist informativ und beruht auf Quellen; Literatur wird
reichlich genannt. Die Bilder sind von bester Qualität. Mitunter
erscheint das Buch gar zu prächtig, z. B. 50 farbige Wappen auf Goldgrund
! Manche Einzelheit, so etwa die Grabdenkmäler mit ihren
rühmenden Inschriften, können zu kritischer Betrachtung anleiten.
Die Freude der Verfasser ist jedoch verständlich.

Rostock Gert Haendler

Creutz, Ursula: Bibliographie der ehemaligen Klöster und Stifte im
Bereich des Bistums Berlin, des Bischöflichen Amtes Schwerin und
angrenzender Gebiete, zusammengestellt u. bearb. Leipzig:
St. Benno 1983.478 S. Beilage: 1 Taf. 8" = Studien zur katholischen
Bistums- und Klostergeschichte, 26. Kart. M 29,50.

Bibliographien sind riskante Veröffentlichungen, und zwar nicht
nur im Blick auf die sicher nie erreichbare Vollständigkeit, sondern