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Ausgabe:

1985

Spalte:

517

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Quaderni di SMSR 1985

Rezensent:

Holtz, Traugott

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517

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 7

518

hätte. Der hier benutzte implizite ReligionsbegrifF erfordert sowohl
Diskussion wie Ergänzung, da das historische Werden der Religionssysteme
als sozio-kulturelle Bildungen gar nicht von anderen Ausdrucksformen
der Religion unterschieden wird. Manche Literaturangabe
kann hier vielleicht weiterhelfen, doch leider sind nicht alle
Hinweise auf dem letzten wissenschaftlichen Stand.

Leeds Ursula King

Studi e Materiali di Storia delle Religioni. Vol. 7 (49), 1983. Fase. 1.
Dedicato a Raffaele Pettazzoni. Pubblicati daala Scuola di Studi
storico-religiosi dell'Universitä di Roma. L'Aquila: Japadre
Editore 1983.235 S., 1 Porträt gr. 8°.

Dieses Heft der italienischen religionswissenschaftlichen Zeitschrift
, die wieder uneingeschränkt zu dem Namen zurückgekehrt ist,
den Raffaele Pettazzoni ihr 1925 gab, ist dem Gedenken an die
100. Wiederkehr des Geburtstages ihres Gründers, des großen italienischen
Religionswissenschaftlers, gewidmet. Die drei einführenden
Beiträge sind Ehrungen Pettazzonis, die zu verschiedenen Zeiten und
Gelegenheiten von seinen Schülern A. Breiich, D. Sabbatucci und
U. Bianchi vorgetragen worden sind. Die folgenden Abhandlungen
beschäftigen sich in unterschiedlich enger Anknüpfung an Anregungen
Pettazonis mit speziellen Fachproblemen. Den Abschluß des
leider nur mäßig ausgestatteten Heftes bilden der Abdruck der Einleitung
und des Inhaltsverzeichnisses der Gedenkschrift für A. Breiich
(Religioni e Civiltä, Bari 1982) und Nachrichten über die Arbeit religionswissenschaftlicher
Gesellschaften.

Folgende Fachbeiträge werden geboten: G. Widengren, Pettazonis Untersuchungen
zum Problem des Hochgottglaubens. Erinnerungen und Betrachtungen
, 29-53. - R. J. Zwi Werblowsky, 1s there a "Phenomenology of
religion" in the study of religions?, 55-60. - J. M. Kitagawa, Stages of the
Japanese "religious universe", 61-73. - B. Lineoln, Concezione del tempoe
dimensione politica del mito, 75-86. - G. Mazzoleni, Testimonianze e
considerazioni occidentali sulla religione dei Sami, 87-101. - M. Guar-
ducci. Aspetti religiosi pagani nella necropoli sotto la basilica vaticana,
103-I22.-G. Casadio. Per un'indagine storico-religiosa sui culti di Dioniso
in relazione alla fenomenologia dei misteri. 123-149. - A. Alvino,
Amnponawi to; (Paus. II 11,1), 151-153. - F. Pirovano, Santi „dubiae
fidei" in Brianza, 155-159. - G. A. Samonä, Lo seudo, la cetra e l'arco:
l'aedo „METIETA" nascosto nell'lliade e la „MOIRA" di Aehille, 161 -182. -
A. Santiemma, Analisi di una conccttualizzazione occidentale contempo-
ranea dell'indianitä. 183-212. - M. Marconi. II fuoco di Prometeo,
213-216.

T. H.

Altes Testament

Worschech, Udo: Abraham. Eine sozialgeschichtliche Studie. Frankfurt
am Main-Bern-NewYork: Lang 1983. XIII, 241 S., 8 Ktn. 8- =
Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII: Theologie, 225.
Kart, sfr 59.-.

Diese Arbeit, die Publikation einer im Sommersemester 1981/82
in Frankfurt am Main angenommenen Dissertation, will in die verfahrene
Erzväter-Forschung mit einem neuen, nämlich sozialgeschichtlichen
Ansatz eingreifen. Als Arbeitsgrundlage wird die begrenzte
Te.xtbasis der Abraham-Überlieferung gewählt, ohne jedoch die anderen
Patriarchentraditionen aus den Augen zu verlieren. Die Zielformulierung
des Vf.: „Die vorliegende Arbeit versucht - mit nur geringer
Berücksichtigung der literarkritischen und form- und traditionsgeschichtlichen
Methode - das sozio-ökonomische Milieu der Abrahamsippe
in seiner Wechselbeziehung zwischen Lebensraum und
Lebensform im 2. Jtsd. v. Chr. erstehen zu lassen" (7) zeigt vorweg
auch die Grenze der Untersuchung: die nur marginale Vermittlung
der sozialgeschichtlichen Fragestellung mit den anderen Methoden.

Vier große Themenkreise sind Gegenstand der Untersuchung:
Lebensraum und Lebensform, Transmigration, Religion, Rechtsbrauchtum
. Der Vf. zieht dafür ausgiebig altorientalisches Quellenmaterial
heran, allem voran die Texte aus Mari, aber auch Informationen
über die Beduinen der Neuzeit.

Der Lebensraum der Abrahamsippe liegt zwischen den Isohyeten
von 200-250 mm und damit in einem typischen Bereich halbnomadischer
Wanderhirten des Alten Vorderen Orients. Das relativ kleine
Wandergebiet zwischen Hebron und dem Negev deutet auf stärkere
Ortsgebundenheit und geringere Mobilität der Sippe. Das Bild pastoraler
Ruhe in der Abraham-Überlieferung verweist auf eine Epoche
des Landesfriedens und damit auf die Situation vor der Amamazeit,
also vor 1400 v. Chr. Die Spezifika der Lebensweise Abrahams bzw.
seiner Sippe (beides scheint W. gleichbedeutend zu gebrauchen) erklären
sich aus einer engen, symbiotischen Gemeinschaft mit den Seßhaften
(Transhumanz, Handel, friedliche Konfliktlösung, Verträge').
Die unterschiedlichen gegenseitigen Ansprüche und die veränderlichen
Umstände in dieser „dimorphen Gesellschaft" (mit
M. B. Rowton u. a.) bedingen auch die erkennbare Flexibilität der
Lebensweise. Schließlich bestimmt W. die Erzväter als „Teilnomaden
", genauer als „Transhumanten" und definiert: „Der Trans-
humant-Typus betreibt zum Teil Ackerbau und unternimmt - bisweilen
nur die Hirten - jahreszeitlich bedingte Wanderungen." (77)

Die Überlieferung von der Wanderung Abrahams (bes.
Gen 11,27-12,9) verweist nach W. auf eine großräumige Transmigration
der Abrahamsippe von Nordmesopotamien nach Palästina. Sie
„ist sicherlich nicht... im Rahmen einer einheitlichen nordwestsemitischen
Völkerbewegung zu deuten, sondern ist sozialgeschichtlich
mit jenen schicksalshaften Ereignissen im Leben der Halbnomaden
zu verknüpfen, die Anlaß für ihre Transmigration gewesen sind."
(118) Als solche Anlässe kann man aktuelle Notlagen oder einfach die
Vermehrung von Menschen und Besitz vermuten. Aus Gen 12,1 erschließt
W. (Mit V. Maag, z. T. auch mit C. Westermann) eine überlieferte
Transmigrationsweisung des mitziehenden Sippengottes, aus
dem Itinerar 12,6-9 den ersten Landbesitz der Abrahamsippe im
Sichemtal nach Abschluß der Transmigration. Wie sich dies mit dem
Lebensraum der Abrahamiten in Südpalästina vereinbart, wird nicht
ersichtlich.

Bei der Untersuchung der „Religion des Patriarchen Abraham"
übernimmt W. die Ergebnisse von C. Westermann und R. Albertz,2
vor allem die Bestimmung der Vätergott-Verehrung als Familienreligion
und Ausdruck der persönlichen Frömmigkeit. Der sozio-ökono-
mischen Situation des Halbnomadentums angemessen war besonders
die helfende und schützende Qualität des Vatergottes. Bei den vielfältigen
Kontakten mit den Seßhaften wurden freilich El-Epitheta auf
ihn übertragen, womit aber im wesentlichen seine Schutzfunktion
qualifiziert werden sollte. Wenig damit vermittelt erscheint die Vermutung
, daß der zur Transmigration weisende „Gott Abrahams"
überhaupt kein Vatergott, sondern El Schaddaj („der El der Steppe")
gewesen sei.

Die zu den „Rechtsbräuchen in der Abrahamtradition" beigebrachten
Parallelen aus Nuzi weist W. mit Recht als unsachgemäß
zurück,3 da sie jeweils aus verschiedenen Sozialsystemen stammen -
was aber auch auf W.s eigenen, beachtlichen Interpretationsversuch
zu 15,2-4 zutrifft, hier sei der ägyptische Brauch reflektiert, daß derjenige
den Verstorbenen beerbt, der ihn bestattet. Ob man in Gen 15
überhaupt mit nomadischen Traditionen rechnen kann, bleibt überdies
zweifelhaft. Schließlich arbeitet W. die Rechtsbräuche „im
Kontext des gentilen Rechtskreises" heraus und akzentuiert dabei die
Rolle des Vaters und Sippenführers als Rechtsautorität. Wahrer des
Sippenethos und des Besitzes und Schützer der Familie sowie die enge
Verbindung dieser Sitten mit dem Vätergottglauben.

Die Darstellung bringt viele wichtige Gesichtspunkte zur Lebensweise
der Erzvätersippen bei und bekräftigt entschieden deren nicht
unangefochtene Einordnung in das Halbnomadentum.4 Das besondere
Verdienst des Buches besteht wohl in dem Versuch, die Abra-