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Ausgabe:

1985

Spalte:

29

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel nach Petrus Sabatier. Bd. 25: Einleitung, Epistulae ad Thessalonicenses

Titel/Untertitel:

Timotheum 1985

Rezensent:

Haendler, Gert

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29

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. I

30

^ t'tus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel nach Pelms Sabatier Alt6S Testament

neu gesammelt und hrsg. von der Er/ablei Beuron. I I /1: Sapienlia

Salornonis, hrsg. von W.Thiele. 6. Llg.: Sap 8.8-13.1. Wolff, Hans Walter: Prophetische Alternative. Entdeckungen des

S. 401-480. Neuen im Alten Testament. München: Kaiser 1982. 86 S. 8° =

Kaiser Traktale, 70. DM 10.-.

: '5: Epistulae ad Thessaloniccnses. Timotheum. Titum. Philemo- _. ,„ .. .. , , , „ .. ,.

nem. Hebraeos. (Pars 11). Hrsg. von H J. Frede. I. Llg.: Tt 1.1-3.5. Funl Vorlrage" d,e dcr bckannlc HelJl--lb"8" Alttestamentler vor

S. 841-920. 2. Llg.: Tt3,5 bis Schluß. Phlm mit Vorbemerkung. Studierenden, Planern und anderen interessierten Hörern gehalten

S. 921-996. Freiburg Br ■ Herder 1983 4" nal- s'n<^ m diesem Helt zusammengefaßt und einer größeren Öffentlichkeit
zuganglich gemacht. Ihre Thematik ist den großen Fragcstel-

Ubcr den Stand der alttestamentlichen Arbeit im Rahmen der lungen der alttestamentlichen Schriftpropheten entnommen, mit

»etus l.atina berichtete zuletzt ThLZ 107. 1982 Sp. 483f. Die neu denen sich der Autor über mehrere Jahrzehnte seines Gelehrtenlebens

vorgelegte 6. Lieferung führt kontinuierlich weiter; Lieferung 7 wird beschäftigt und zu deren Verständnis er mehrere Kommentarbände

angekündigt und soll das Buch Weisheil Salomos abschließen. In der beigesteuert hat. die inzwischen zum Handwerkszeug des Alttesta-

"eutestamentlichen Reihe wurde der Titusbrief abgeschlossen und der mentlers gehören. Jeder Vortrag ist in sich geschlossen und könnte an

Philcmonbrief begonnen. In einer Vorbemerkung werden einige beliebiger Stelle des Büchleins stehen. W. stellt ein Arnos-Thema

Probleme des Philemonbriefes aufgewiesen. Im Vergleich zu anderen voran (er folgt damit der zeitlichen Ansctzung der Propheten): ..Das

Paulusbriefen w ird der Philcmonbrief seltener von Kirchenvätern unwiderstehliche Wort. Arnos und das verschuldete Ende" (S. 9-23).

zitiert; er gehört nicht zum allsyrischen Corpus. Der auf Cyprian Der Leser wird mit Hilfe charakteristischer Amostexte mit dem

beruhende Typus K und der auf Tertuliian aulbauende Text X Propheten und seiner Botschaft vertraut gemacht, wobei die Verkün-

mussen entfallen. Hilfreich ist vor allem der Ambrosiaster: Seine digung des Propheten auf zwei Aussageabsichten zurückgeführt wird:

Eigenart wird „meist zu wenig beachtet und jedenfalls nicht hinrei- die Schuld der Gegenwart ist unabweisbar, und das Gericht der

chend gewürdigt.. . Allerdings ist der Exegct des Kommentars nicht Zukunft ist unausweichlich. Gerade darin kann W. die Brücke zum

dor Gestalter des zugrundeliegenden Paulustextes. Ambrosiaster ist Neuen Textament erkennen, weil das Neue Testament diese Sätze

der griechischen Sprache unkundig und kommt schon deshalb als voraussetzt. Ohne sie wäre nicht zu verstehen, „daß Jesus die unab-

Schöpfer eines lateinischen Textes nicht in Frage, der ungewöhnlich weisbare Schuld und das unausweichliche Gericht auf sich nahm"

^nfühlsam seine Vorlage nachzeichnet" (957). Ein Jahrzehnt früher (S. 21). - Es folgt ein Beitrag zu Hosea: „Das wirksame Wort. Hosea

finden sich bei Marius Victorinus schon ähnliche Lesarien. Der Text- und die Heilung des Unverbesserlichen" (S. 24-39). Auch hiervermag

1>P I wird spätestens bei Novatian erkennbar, er „zeichnet sich durch W. enge Zusammenhänge mit dem Neuen Testament zu sehen. In der

eine ungewöhnliche Variationsbreite aus" (957). Frede bedauert es, Wiedergewinnung der Ehebrecherin (Hos 3,1) und an dem Urteil über

daß der gute Text des Ambrosiaster keine Nachwirkungen hatte, den unverbesserlichen störrischen Sohn (I 1.80 darf erkannt werden.

Schon Augustin hat diesen Text offenbar nicht gekannt, die Vulgata daß bei diesem von Hosea verkündigten Gott geschieht, was nach dem

konnte sich verhältnismäßig leicht durchsetzen (958). Gesetz unmöglich war. Hosea weist damit in die Richtung paulini-

Die speziellen Fragen zum Philcmonbrief führen weiter zu Grund- scher Erkenntnisse, wie sie in Rom 8,3 formuliert sind (S. 38). - Auch

sa fragen dieser Editionsarbeit überhaupt. Unter der Überschrift Michas Sprüche kann W. nicht anders denn als einen ganz aktuellen

••Texttyp oder genealogisches Stcmma?" erinnert Fr. an Formulie- Anruf Gottes an heule lebende Christen lesen, wenn er zusehen muß.

rungen on Bonifatius Fischer: Tcxtlypen sind „Abstraktionen, die wie der Prophet seinen Zuhörern die Maske frommer Selbstgerechtig-

n>e alle konkreten Einzelheitendecken können, die aber andererseits keit vom Gesicht reißt („Das demaskierende Wort. Micha und die

absolut notwendig sind, um die geschichtlichen Vorgänge einiger- frommen Führungskreise", S. 40-54). Neutcstamentlichc Vcrgleichs-

maßen zu beschreiben und zu verstehen" (960). Das Beispiel von stelle ist hier Matth 7,21 (S. 53). - Über Jer 31,31-34 lädt W. seine

Handschriften der Vulgata-Evangclicn in Tours aus dem 9. Jahr- (Hörer) Leser zu einem jüdisch-christlichen Dialog unter dem Thema

ndert hatte gezeigt, daß man selbst innerhalb eines einzigen Über- „Was ist das Neue im neuen Bund?" ein (S. 55-69). Die Antwort lau-

' crungszwciges der Vulgata zu keinem gülligen Stemma gelangen tet: Das von Gott selber in das Herz geschriebene Gesetz, dem bis

mite. Man kann „aus der Textentwicklung und -analysc nicht den jetzt dereine Mann aus Israel. Jesus von Nazareth, voll entsprach und

•Ablaut der Textgeschichte erschließen" (961). In Auseinanderset- dadurch das Neue des neuen Bundes schon verwirklichte, ja mit

^ung mit neuerer Literatur kommt Fr. zu äußerst vorsichtigen Urtei- seinem Blut besiegelte (S. 631). Der neue Bund erhält seine Funda-

Ln im Hinblick auf die Möglichkeit, die immer vielfältiger werdenden mentierung durch die zugesagte aller menschlichen Leistung und

cn zu ordnen: Die Ursache Für Unregelmäßigkeiten ist „nicht allem absehbaren Versagen zuvorkommende Sündenvergebung

a"e'n 'n einer gewissen Oberflächlichkeit des Redaktors oder in Miß- (S. 67). Über dieses Stück Altes Testament lohne es für Juden wk

^rständnissen des Schreibers zu suchen. Es tritt noch etwas anderes Christen ohne Rechthaberei und Besserwisserei gemeinsam nachzu-

zu, das für uns oft nicht plausibel ist. Der Redaktor, der sich nicht denken. - Einer schwierigen Thematik ist der letzte (Vortrag) Aufsalz

J'On der für viele maßgebenden Beurteilung richtig/falsch leiten läßt. verpflichtet: „Wie wird der falsche Prophet erkannt?, zu den Schwic-

scme Ciründe. hier und da den Text seiner ersten Vorlage vorzu- rigkeiten, die Geister zu unterscheiden" (S. 70-83). W. ist zuversicht-

*'cncn und Abweichungen der zweiten nicht zu berücksichtigen, ohne lieh. Kriterien für die Unterscheidung an die Hand geben zu können.

Wir seine Motive nachvollziehen könnten" (965). Fr. spricht von Er gewinnt sie u. a. aus Jcremia-Textcn. besonders aus dem Bericht

sc'n. aul die er immer wieder stößt: „Warum neben der einen über die Auseinandersetzung zwischen Jeremia und Hananja

n,enl auch die andere Lesart des verglichenen Textes übernommen (Jer 271). Wahre Propheten verschweigen nach W. Schuldaufweis und

^lrd. warum hier und da ganze .Nester" des Vergleichstextes cinge- Gerichtskonsequenz nicht: sie beschwichtigen und beschönigen nicht:

arbeitet oder des ursprünglichen Textes stehen bleiben, läßt sich nicht sie buhlen nicht um das Wohlwollen ihrer Hörer: sie prüfen die

"-antworten" (966). Grundsätzlich will Fr. jedoch an der bisherigen eigenen Wünsche, Sehnsüchte, Erwartungen und Träume und suchen

r"eitsweise mit „Tcxttypcn" festhalten: Sie „sind zwar Konstruktio- bescheiden das Wort Gottes; schließlich stellen sie sieh dem ethischen

ncn' arJer sie allein werden dem Befund in der Überlieferung gerecht Kriterium (Jer 23.14) und kapitulieren nicht vor dem Wort, das dem

Und nur mit ihrer Hilfe läßt ersieh deuten" (9660- eigenen Willen widerspricht (S. 77-79). Für den Christen heißt das

Rostock GertHaendle nacn ^" derjenige wahrer Prophet ist. der Jesus Christus, sein

Reden und Tun am deutlichsten zu machen versteht (S. 80). Echtes
Prophetenwort erreicht dann sein echtes Ziel, wenn es den Menschen
zum 1 lören und zur Umkehr bringt und darin reiten kann (S. 82).