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Ausgabe:

1985

Spalte:

458

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Das Lehenbuch des Fürstbischofs Albrecht von Hohenlohe 1985

Rezensent:

Blaschke, Karlheinz

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 6

458

und z. T. nur in Abschriften vorhandenen Urkunden zur mittelalterlichen
Geschichte zu edieren, um sie in gedruckter Form der Allgemeinheit
leicht zugänglich zu machen. Landschaftlich begrenzte
Urkundcnbücher dienen dieser Absicht ebenso wie solche, in denen
die Urkunden eines Ausstellers (König, Papst) oder eines Empfängers
(Kloster, Stadt) vereinigt sind. Neben den Kaiser- und Königsurkunden
werden die von den Päpsten ausgestellten Stücke wegen ihres
Wertes besonders hoch geschätzt.

Im Gegensatz zum vollen Textabdruck, wie er in den aufwendigen
Urkundenbüchem namentlich des 19. Jahrhunderts üblich war, hat
sich mehr und mehr die Veröffentlichung von Regesten werken durchgesetzt
, in denen der oft weitschweifige Urkundentext auf eine kurze,
das Wesentliche zusammenfassende Inhaltsangabe reduziert ist. Mit
Hilfe dieser rationellen Arbeitsmethode ist die Forschung auch unter
den heutigen ungünstigen personellen und finanziellen Bedingungen
in der Lage, den Schatz an mittelalterlichen Urkunden weiter zu bearbeiten
.

Nach vorangegangenen Initiativen von Ph. Jaffe (Rcgesta Ponti-
ficum Romanorum, Berlin 1851) und P. F. Kehr (1896) ist mit dem
..Censimento Bartolini" (1953) ein neuer Anstoß gegeben worden, der
zuerst in der Schweiz durch A. Largiadere (1863-1970) zu greifbaren
Ergebnissen geführt hat. Der Vf., der bereits 1966 einen ersten Teil
der im Staatsarchiv Magdeburg aufbewahrten Papsturkunden veröffentlicht
hat (Wiss. Beitr. d. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
1966. 13 C 3) legt nunmehr den zweiten Teil vor, der die Provenienzen
außerhalb des Erzstifts Magdeburg betrifft. Magdeburg
besitzt mit insgesamt 239 Originalen und 309 Abschriften eine
erstaunlich große Zahl von Papsturkunden, immerhin etwas mehrals
die Hälfte wie die gesamte Schweiz mit ihrer wesentlich dichteren
Mittclaltcrübcrlieferung.

Die Editionsmethode entspricht den vom Censimento aufgestellten
Grundsätzen und befolgt die im internationalen Wissenschaftsbetrieb
üblichen Regeln. Sie umfaßt 445 Stücke aus den Jahren 1198 bis
1415. die zumeist durch Säkularisierung in den Besitz des preußischen
Staates gelangt sind und nunmehr im Staatsarchiv Magdeburg aufbewahrt
werden, das für die Archivbestände aus der ehemaligen preußischen
Provinz Sachsen zuständig ist. Unter den Ausstellern treten
am häufigsten die Päpste Alexander IV. (1254-1261) mit 96, Innozenz
IV. (1243-1254) mit 71 und Bonifaz IX. (1389-1404) mit
50 Stücken auf. Die Urkunden stammen aus 70 verschiedenen Provenienzen
, wobei das Dominikanerkloster in Halberstadt mit 73, das
Bistum Halberstadt mit 57 und das Weltliche Stift Quedlinburg mit
39 Exemplaren an erster Stelle stehen. Neben den vorherrschenden
geistlichen Stiftern, Klöstern und Kommenden erscheinen auch zehn
Städte und die Grafen von Regenstein in der Liste der Provenienzen
.

Die Regesten sind in dem üblichen Schema abgefaßt. Auf das aufgelöste
und das in Klammern abgekürzt angeführte Originaldatum mit
Aufstellungsort folgt die Inhaltsangabe, danach in originaler Schreibweise
die dem Empfänger gewidmete Anrede, der Beginn und das
Ende des eigentlichen Urkundentextes (ineipit und explicit). Angaben
über den Lagerungsort und die Archivsignatur, über besondere Merkmale
des Einzelstückes, ältere Drucke und Literatur stehen am
Schluß. Besondere Sorgfalt wurde auf die vierzehn Register gelegt, in
denen inhaltliche und formale Bestandteile der Urkunden erschlossen
werden. Die Incipit-Formeln und die im Explicit stehenden Wörter
werden einzeln nachgewiesen, die Eigennamen und die Sachen aufgeführt
. Vermerke der Schreiber, der Prokuratoren, der Taxbeamten.
Kanzleivermerke und Registratureinträge erschließen mit Devisen,
Bildzeichen und Adresscn-Übcrwcisungsvermcrken die ganze Fülle
der formalen Elemente, die für eine wissenschaftliche Beschäftigung
mit den Papsturkunden unerläßlich sind.

In ihrem Inhalt spiegeln die Urkunden den Ausbau der hoch- und
spätmittelalterlichcn Papstkirche mit ihrer starken zentralistischen
T endenz wider. Die neuen Orden des 13. Jahrhunderts, besonders die
Dominikaner, treten häufig auf. sie werden von örtlichen Gewallen

eximiert und als Werkzeuge kurialer Politik innerlich gestrafft. Angehörige
der Bettclorden wurden als päpstliche Kommissare eingesetzt,
der Widerstand des Weltklerus gegen die neuen Orden wurde von
Rom her zurückgedrängt, der Adel mit seiner Begehrlichkeit auf Stifter
und Klöster in die Schranken gewiesen. Die Sicherung des Besitz-
und Einkommensstandes, organisatorische Fragen wie Pfründenhäu-
fungen, die Residenzpflicht, die Exemtionen und Inkorporationen
schlagen sich in den Urkunden ebenso nieder wie das autblühende
Ablaßwesen, die Erhöhung der Einkünfte, der Ausbau der geistlichen
Jurisdiktion, die strengere geistliche Aufsicht und überhaupt die
Sicherung der päpstlichen Machtpolitik im landschaftlichen Bereich.
- Der Regestenband erleichtert in Zukunft die Arbeit an der Kirchengeschichte
ebenso wie an der Landesgeschichte des betroffenen
Raumes.

Friedewald b. Dresden Karlheinz Blaschke

Hoffmann, Hermann [Bearb.]: Das Lchenbuch des Fürstbisehofs
Albrecht von Hohenlohe 1345-1372, 1. u. 2. Teilbd. Würzburg:
Schöningh 1982. XXXIV, 539 S. 8° = QueIlen und Forschungen zur
Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg.

Im Zuge der spätmittelalterlichen Entwicklung der deutschen Territorien
nahm im frühen 14. Jahrhundert das Geschäftsschriftgut der
landesherrlichen Kanzleien nach Umfang und Art in spürbarem
Maße zu. In diesem Zusammenhang wurden auch die Lehnbücher
eingeführt, um den Zentralverwaltungen der sich festigenden Territorien
einen Überblick über ihren Machtbereich zu ermöglichen, so weit
dieser durch die Lehnsmannen ihres Landesherrn verkörpert wurde.
Der Zweck dieser Maßnahmen war es, die landesherrliche Gewalt zu
straffen. Die anzuzeigende Edition gibt den Text eines solchen Lehnbuches
des Hochstifts Würzburg wieder, bezieht sich also lediglich auf
weltlich-politische Angelegenheiten, wie sie in jedem Territorium
ohne Rücksicht auf die geistliche oder weltliche Qualität seines Landesherrn
anfielen. Es werden 2263 Belehnungen notiert. Die einleitenden
Bemerkungen beschränken sich auf formal-editorische Hinweise
, in einem kurzen Abschnitt über den Wert des Lehnbuchs wird
sein Urheber Albrecht von Hohenlohe als ein an der Verwaltung und
dem Lehnswesen besonders interessierter Mann vorgestellt, ohne daß
dabei über seine Bedeutung als Bischof etwas bemerkt würde. Auch
der edierte Text bezieht sich nicht auf kirchengeschichtlich bedeutsame
Tatsachen. Ein Orts- und Personenregister und ein Glossar
erschließen den landes-, orts- und personengesehichtlichen Inhalt des
Lehnbuchs.

Friedewald b. Dresden Karlheinz Blaschke

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Laube, Adolf: Flugschriften der frühen Reformationsbewegunf;
(1518-1524), unter Mitwirk, von A. Schneider u. S. Looß. Erläuterungen
zur Druckgeschichle von H. Claus. Hrsg. von der Akademie
der Wissenschaften der DDR. Zcntralinstitut für Geschichte, Zentralinstitut
für Literaturgeschichte. Bd. I u. 2. Berlin: Akademie-
Verlag; zugleich Vaduz: Topos 1983. VIII. VIII, 1367 S., XVIII* S.
gr. 8 zus. Lw. M 120,-.

Schon mit dem Band ,,Flugschriften der Bauernkriegszeit" von
1975, der 47 Drucke aus der Zeit von 1524 bis I 526 enthält, wurde
der vierbändigen Flugschriftenausgabe von Otto Clcmen aus den Jahren
1907-191 1 mit ihren ebenfalls 47 Drucken ein glcichgcwichtigcs
Qucllcnwcrk an die Seite gestellt. Die beiden vorliegenden Bände mit
ihren fast 90 Neudrucken gehen noch weit darüber hinaus. Der wissenschaftlichen
Forschung waren bislang Schriften der frühen Refor-