Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1985

Spalte:

395-397

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Eisenbach, Franziskus

Titel/Untertitel:

Die Gegenwart Jesu Christi im Gottesdienst 1985

Rezensent:

Wainwright, Geoffrey

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

395

Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 5

396

der Sachgehalte gewinnen oder auch nicht gewinnen läßt. Hier liegen
für mich Grenzen der Didaktik, auch im Blick auf ihre Vorordnung
vor fachwissenschaftliche Inhalte.

Darmstadt Karl Dienst

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Eisenbach, Franziskus: Die Gegenwart Jesu Christi im Gottesdienst.

Systematische Studien zur Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen
Konzils. Mainz: Grünewald 1982. XII, 847 S. 8". Kart.
DM 88,-.

Thema und Text dieses umfangreichen, wohl allzu ausgedehnten
Buchs betreffen die liturgische Gegenwart Christi, wie sie in der ersten
Konstitution des II. Vatikanums, „Sacrosanctum Concilium" (SC),
gelehrt wird. Trotz seines Untertitels ist das Werk eher historisch
angelegt, was dann vielfach zu systematischen Wiederholungen
führt.

Der Vf. fängt schon mit mehreren im späten Mittelalter einsetzenden
, später zu korrigierenden Einseitigkeiten der katholischen Liturgie
an. Die Korrektur war hauptsächlich eine Arbeit des 20. Jahrhunderts
, und zwar der Liturgischen Bewegung in einem breiten Sinn. Die
entfernte und nähere Entstehungsgeschichte des diese Bewegung autoritativ
bestätigenden konziliaren Textes wird ausführlich geschildert.
Die Vorbereitung zählte pastorale, lehramtliche, kirchenrechtliche,
sowie theologische Aspekte. Theologisch war wohl Odo Casel der
Ahnherr des SC, obgleich das konziliare Dokument darauf verzichtet,
in die den großen Mysterientheologen noch immer umkreisenden
Kontroversen einzugreifen. Es galt, die sakramentale, ekklesiale Sicht
der eigentlichen Liturgischen Bewegung mit den kultisch und klerikal
orientierten Enzykliken Pius XII., „Mystici Corporis" und „Mediator
Dei", zu vermitteln. Unter den Liturgietheologen der Generation des
II. Vatikanum haben vielleicht E. J. Lengeling und A. Verheul durch
ihre Klärung der ab- und aufsteigenden Linien des Gottesdienstes,
dessen soterischer wie latreutischer Ziele sowie dessen dialogischen
Charakters die Arbeit des Konzils am besten vorbereitet und reflektiert
. Von systematischer Bedeutung war auch die von C. Vagaggini
und A. G. Martimort erarbeitete, von K. Rahner vertiefte Zeichen-
haftigkeit der liturgischen Feier, die durchgehend als „Realsymbol"
zu betrachten ist.

Kernstück der Liturgiekonstitution, worauf sich auch die Diskussion
in diesem Buch konzentriert, ist der siebte Artikel, genauer noch
dessen erster Absatz: „Um dieses große (Heils)werk voll zu verwirklichen
, ist Christus seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in
den liturgischen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe
sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht -
denn .derselbe bringt das Opfer jetzt dar durch den Dienst der Priester,
der sich einst am Kreuz selbst dargebracht hat' - wie vor allem unter
den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in
den Sakramenten, so daß, wenn immer einer tauft, Christus selber
tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selber spricht, wenn die
heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er
schließlich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat:
,Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich
mitten unter ihnen'."

Gemäß der Anordnung einer früheren Fassung wird die der gottesdienstlichen
Versammlung nach Mt 18,20 versprochene als die
grundlegende Gegenwart Christi gedeutet. Die Liturgie ist der Ort
einer aktiven Gegenwart, einer aktuellen Handlung Christi. Da
kommen die Christen mit dem Christus-Mysterium in Berührung
(attingunt), ohne daß es gänzlich klar wird, ob das im Mysterium
paschale gipfelnde geschichtliche Heilswerk „objektiv" (in diese
Richtung neigt sich Eisenbach) oder aber bloß „virtuell" (nur
wirkungsmäßig) da ist. Alle Gläubigen werden dadurch ins Mysterium
einbezogen. Die soterischc Bewegung der Liturgie von Gott her
ist heilsgeschichtlich und aktuell primär; ihr Ziel bleibt aber der
latreutische Aufstieg der Gläubigen zu Gott. Zwischen Heiligung der
Menschen und Verehrung Gottes besteht kein Konflikt. Tätige Teilnahme
aller Gläubigen gehört theologisch zum Wesen des Gottesdienstes
. In einer gegliederten Gemeinschaft, worin der Amtspriester
nicht den abwesenden Herrn vertritt, sondern den gegenwärtigen
darstellt, kommt aber zum Ausdruck, daß Christus der Gemeinde
auch gegenübersteht. Als Leib und Braut Christi kommt der Kirche
bei dauernder Abhängigkeit eine relativ eigenständige Rolle zu: Als
erster Träger der Liturgie gesellt sich Christus im Vollzug seines
priesterlichen Dienstes die Kirche zu. Das ist eine „Aktuierung des
Neuen Bundes" (Lengeling). Hier klingt auch die in der Kirchenkonstitution
weiter entfaltete Idee der Kirche als Sakrament an, d. h.
als Zeichen und Werkzeug des Heils Tür die Welt. „All das aber
geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes" sagt SC 6 in einem nachträglich
hinzugefügten, von Eisenbach vielleicht überinterpretierten,
jedenfalls im Dokument selbst nicht weiter entwickelten pneumatolo-
gischen Schlußsatz.

Ein Verbesserungsantrag von Bischof D. E. Hurley (Durban/Südafrika
), nach dem Christus nicht nur beim Lesen der Schrift, sondern
auch bei ihrer Erklärung gegenwärtig sei, wurde letztlich abgelehnt
(die eindrucksvolle Wiederentdeckung einer Wortgottestheologie im
Katholizismus wird S. 502-555 dokumentiert). Die Eucharistie wird
als höchster Spezialfall eines allgemeinen Liturgiebegriffs betrachtet,
so daß die übrigen liturgischen Feiern als analoge Weisen der Verwirklichung
der Liturgie gedeutet werden dürfen (359-361). Gemäß
der Transsubstantiationslehre läßt Eisenbach den Vorrang
(„maxime") der Gegenwart des Herrn unter den verwandelten
eucharistischen Gaben davon abhängen, „daß er selbst absolut, nicht
in einem anderen Selbstsein, da ist" (446). In SC werden die verschiedenen
Gegenwartsweisen Christi in ihrer ontischen Besonderheit
kaum deutlich einander zugeordnet; die ziemlich karge Rekonstruktion
Eisenbachs wird S. 580 zusammengefaßt: „Der in den eucharistischen
Gestalten wesenhaft und leibhaft gegenwärtige erhöhte Herr
spricht seinem Volk in der liturgischen Verkündigung der Meßfeier
und eigener Wortgottesdienste das Heil zu; er vollzieht dieses Heil an
seinem Volk in der sakramentalen Feier der Eucharistie und der
übrigen Sakramente; er dankt zusammen mit der das Heil empfangenden
Kirche und durch sie Gott, dem Vater, im eucharistischen Dankgebet
und in der liturgischen Feier des kirchlichen Stundengebets."

Im letzten Kapitel dieser Studie wird die spätere Wirkung von SC
nachgewiesen - ganz positiv bei den übrigen Dokumenten des Konzils
(besonders in Fragen des Verhältnisses Christi zur Kirche), enttäuschend
gering bei der päpstlichen Enzyklika „Mysterium Fidei"
(1965), schon besser und weiterführend bei der Instruktion des
Consiliums für die Liturgiereform „Eucharisticum Mysterium"
(1967), praktisch angewandt bei der „Allgemeinen Einführung in das
Römische Meßbuch" (1969/1970; leider kam 1970 auch ein rückwärtsgewandtes
Vorwort hinzu). Bedauerlicherweise werden die
neuen Riten selber von Eisenbach kaum in Betracht genommen -
außer einem Hinweis auf den „Durchstoß zum Thema .Heiliger
Geist'" (B. Fischer) in den eucharistischen Hochgebeten. Unter den
theologischen Untersuchungen zur konziliaren Lehre über die
liturgische Gegenwart Christi werden diejenigen von B. Langemeyer
und K. Rahner besonders hervorgehoben.

Zum Schluß legt Eisenbach eine vorzügliche, knappe Skizze vor, in
der eine systematische Aufarbeitung seines Themas andeutungsweise
aufgezeichnet wird. Eine eigene systematische Arbeit hätte den folgenden
theologischen, anthropologischen und pneumatologischen Bedingungen
zu entsprechen: „Um die Integration von Heilsgabe und
Heilsempfang in der gegenseitigen Gegenwart Jesu Christi und der
Gläubigen theologisch zu erhellen, müßte die .Mysteriengegenwart'
des Herrn und seiner Heilstat in der Liturgie so dargestellt werden, daß
das Gegenüber seiner Gegenwart, nämlich die Gläubigen in ihrer den
Herrn und sein Heil empfangenden Tätigkeit, als inneres Moment