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Ausgabe:

1985

Spalte:

364-366

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Brown, Raymond Edward

Titel/Untertitel:

The epistles of John 1985

Rezensent:

Vogler, Werner

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Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 5

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nernd und begründend, als theologische Motive für das ihn bewegende
existentielle Anliegen" (102)." Gleichwohl birgt 2,1 1 -3,21 „das Herzstück
der Theologie des Verf., einer aus der Christologie entwickelten
Ekklesiologie, die das ganze Schreiben theologisch durchdringt"
(102). Die „Blickweise des Eph hat eine eminent theologische Bedeutung
, insofern die Kirche als objektive Größe den je einzelnen Gläubigen
vorgegeben ist" (205; vgl. 302). Der besondere Rang des Kirchenverständnisses
in Eph insgesamt wird in der Auslegung durch S.
mannigfach sichtbar. Auch die theologischen Aussagen über die
Amtsträger der Kirche sind pragmatisch, von der Situation her, begründet
(194 f).

Die Ausfuhrungen dazu haben eine kurze ..Anmerkung des evangelischen
Partners" E. Schweizer veranlaßt (1950. dessen Einwände vor allem in Form
von Fragen vorgehracht werden. Faktisch steht hinter der Differenz schon ein
verschiedenes Verständnis der Kirche. Tatsächlich sind nach Sehn, zugleich
..ticler sitzende Unterschiede", wie sie „im Verständnis von Sakrament und
Gnade" sich anzeigen, „auch heute noch nicht üherwunden" (348; zu
5,21-33).

Die Bearbeitung der Textabschnitte8 ist aufgebaut nach dem bereits
bewährten Schema in EKK: Analyse (einschließlich der der „besonderen
Diktion" des Autors9), versweise Erklärung, Zusammenfassung.
Vorangeschickt ist ggf. eine Hinführung zu dem Stück, in jedem Fall
ein spezielles Literaturverzeichnis10, eine Übersetzung. Die Analyse
macht bereits vom Formalen her die thcologische(n) Linic(n) sichtbar;
es zeigt sich m. E„ daß die Struktur vor allem vom Inhalt her bestimmt
ist. Die Anordnung des Textes weist schon durch den Druck in
z. T. weitgehend gegliederten Sinnzeilen auf den Aufbau der Abschnitte
. Übrigens erkennt S. abgesehen von dem „Liedfragment"
(232) 5,14 keine Verwendung hymnischer Vorlagen in Eph (m. E. mit
Recht). Der Philologie (einschließlich der Textkritik), insbesondere
auch der Semantik, wird vollauf der angemessene Raum gewährt,
ebenso der Debatte mit den Auslegern. 1 Sonst ist neben den Hinweisen
im Text in vielen der 970 Anm., ohne sie zu überfrachten, reiches
sprachliches und sachliches Material zum Verständnis beigebracht
(Literaturangaben führen weiter). Fremdsprachliche Zitate im Text
werden übrigens übersetzt und sprachliche Erläuterungen, wenn möglich
, so formuliert, daß Kenntnis des Griechischen nicht unbedingt
nötig ist (für Hapaxlegomenon: „Einmalwort").

Der einzige Exkurs bietet am Schluß des Kommentars eine gestraffte
, klare Überschau zu Problemen, Deutungsgeschichte und
Ergebnissen des Kommentars zum Thema Kirche in Eph (299-319,
Petit). Nochmals spielt hier die Abgrenzung eine Rolle, besonders
gegenüber der Gnosis.

In der „Wirkungsgeschichtc" (321-355), die für EKK sozusagen
obligatorisch ist, können nur einige bedeutsamere Linien der Geschichte
der Auslegung des Eph skizziert werden, so zu Prädestination
, All und Christus, Kirche (zu Kirche und Judentum 332-336),
Ethik. In einem „Ausblick" fragt S. nach der Bedeutung des Eph „für
unsere Zeit" (357-359) - das ist schon im Kommentar zu mancher
Aussage geschehen, zuletzt am Ende des Exkurses (318 0-'2

Es wäre reizvoll, neuere Kommentare zu Eph nach Anlage und
Interpretation mit dem S.s zu vergleichen (er nennt häufig zumal
Schlier 1971, Gnilka 1977, M. Barth 1974, auch Conzelmann 1976).
Auf ein nach Methode und Ausführung besonders eindrückliches
Merkmal des Bandes wurde schon eingangs hingedeutet. In der
Geschlossenheit des Verständnisses (die sich u. a. auch in Querverweisen
zwischen Einzelzügen formaler und inhaltlicher Art geltend
macht) verbindet sieh beides: sorgfaltiges Achthaben auf das Detail
und der zugleich aufdas Ganze gerichtete Blick (auf das Ganze auch
des Neuen Testaments, mit seinen Spannungen), in bedachtsamem
Abwägen und klarem Urteilen des bewährten Würzburger Kommentators
."

Halle(Saale) Gerhard Delling

1 Vgl. etwa 249 u. zu 5,21-33.-Der Autor ist nicht Paulus (29 o.).

Zur „mythischen" (bzw. „metaphorischen") Sprache in Aussagen über
die widergöttlichen Gewalten s. 90f zu 2,2; 211 f zu 4,27; 278-281 zu 6.111
' Auch für'5,14 (2330 oder für die Rede vom Pleroma (82.315).

4 S. bemerkt gern Beziehungen zur Taufparaklcse.

5 Gelegentlich deutet sich auch sonst eine theologische Kritik an Aussagen
des „Eph-Autors" (wie S. gern sagt) an. etwa 269 zu 6.5 Ende: „ein nicht unbedenkliches
Motiv".

* Kerygma und Paraklese sind „nur wie die zwei Seiten der gleichen
Münze" (170).

7 Vf. des Kommentars zu Kol EK K XII, 21980.

" Die „Einleitung" (17-34) soll „mehr auf den Kommentar hinführen" als
die unter dem Stichwort üblicherweise behandelten Probleme erörtern (17).

* 146. skizziert ebd.; zur assoziativen Gedankenführung in Eph vgl. 198.
10 Zahlreiche Literatur wird weiter in Anm. genannt.

" Hauptsächlich in Anm. - Auch mit S. selbst: 177(0 A. 410.

Das Sachregister dürfte reichhaltiger sein (361 0- - Die m. W. wenigen Errata
sind leicht zu berichtigen, mit Ausnahme von 310 Z. 10: .....gab.

indem . . ."(?).

" S. u. a. E. Haenchen, ThLZ93, 1968 Sp. 427-429 zu S„ Das Johannes-
Evangelium f, HThK 4, 1965 usf.

Brown, Raymond E., S. S.: The Epistles of John. Translated with
Introduction, Notes, and Commentary. New York: Doubleday
1982. XXVIII, 812 S. gr. 8° = The Anchor Bible, 30. Lw. $18.-.

Nach der Kommentierung des JohEv in "The Anchor Bible"
(Vol. 29. 1966 und Vol. 29a, 1970) hat Raymond E. Brown, Professor
am Union Theological Seminary in New York City, nunmehr die Bearbeitung
der JohBriefe vorgelegt. Mit seinen 812 Seiten (für zwölf
Seiten Nestle-Text!) überbietet der Band an Umfang alle bisher
erschienenen Auslegungen dieser drei Schreiben. Dementsprechend
breit ist dessen Anlage. In der Einleitung (S. 3-146), die durch fünf
Appendizes (S. 755-795) ergänzt wird, informiert der katholische
Bibclwissenschaftler ausführlich über alle die JohBriefe betreffenden
Probleme. Das geschieht unter eingehender Berücksichtigung der
internationalen Fachliteratur. Im Kommentarteil (S. 149-751) bietet
er eine gründliche Erklärung dieser drei Schriften dar. Bei all dem
zeichnet sich sein Buch durch eine große innere Geschlossenheit aus
Da sich diese auch auf das JohEv erstreckt, haben die drei von B.
erstellten Kommentarbändc fraglos den Charakter einer Tri logie.

Die den hier zu besprechenden Band kennzeichnende Geschlossenheit
deutet sich bereits darin an, daß dessen Vf. die sog. Einlcitungsfra-
gen nicht - wie allgemein üblich - für jeden der drei JohBriefe gesondert
, sondern gemeinsam erörtert. Das geschieht in sechs Kapiteln, an
die sich eine "General Bibliography for the Johannine Epistles" anschließt
. Für dieses Vorgehen lassen sich zwei Gründe erkennen: I.
Alle drei - um 100 entstandenen - JohBriefe haben nach B. denselben
Autor. Diese Annahme begründet er damit, daß 70% der wichtigsten
Wörter von 3Joh und 86 % der entscheidenden BegrilTc von 2 Joh sich
im I Joh oder im JohEv finden. Den Bestreitern dieser Auffassung hält
er dagegen vor, daß allein im Verhältnis von 1 Joh 4,1-6 und 5,4b-8
sowie dem Rest von I Joh mehr terminologische Unterschiede bestehen
als zwischen I. und 2Joh. Auf die Frage, warum der Autor der
JohBriefe sich dann aber nur im 2. und 3Joh als Presbyter zu erkennen
gegeben habe, gibt B. zur Antwort: 2. und 3Joh sind wirkliche Briefe,
in denen ihr Schreiber sich mit seinem gewohnheitsmäßigen Titel bezeichnet
. Im I Joh dagegen trägt dieser vorsätzlich "the mantle of the
evangelist" (S. 91), um auf diese Weise - genauso wie der (zur selben
Zeit lebende) Redaktor des JohEv-dessen Werk authentisch zu interpretieren
. 2. Alle drei JohBriefe dienen demselben Ziel: der Wahrung
der (durch das 4. Evangelium bekannten) joh. Tradition gegenüber
deren Verfälschern. Die Voraussetzung für diese - im Ansatz nicht
neue - Auffassung bildet folgende (auf den S. 69-71 dargelegte)
"theory": In der Zeit von 90-100 hat sich der joh.Kreis - in dessen
Zentrum, das vermutlich Ephesus war - in zwei Gruppen gespalten:
Der eine (kleinere) Teil bestand aus Anhängern, der andere (größere)
Teil dagegen aus Kontrahenten des Presbyters. Beide Gruppierungen
verstanden sich als Sachwalter der joh. Überlieferung, interpretierten