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Ausgabe:

1985

Spalte:

357-359

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Burchard, Christoph

Titel/Untertitel:

Joseph und Aseneth 1985

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 5

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dem masoretischen Text schließlich zugunsten letzterem entscheidet.
Streiche man mit der LXX in V. 19 „ihr habt ihn (sie!) verlassen", so
zerstöre man den kolometrischen Textaufbau. den schon die LXX
verkannt, mit Weitschweifigkeit verwechselt und deshalb kürzend
übersetzt habe. Nach dieser Praxis verfahre die LXX häufig, und
gegen J. G. Janzen (und E. Tov) sei sie deshalb als eine redaktionell
verkürzende Übersetzung einzustufen. Im Nachhinein begründet
Althann schließlich noch seine Textabgrenzung, indem er auf die
konzentrisch den Text von Jer4,1-6,30 umspannenden Klammern
verweist. Eine Bibliographie (S. 312-329) und gut organisierte Indiccs
(S. 331-380). darunter eine Liste von 38 im Hebräischen und Ugariti-
schen vorkommenden Wortpaaren, erleichtern die Benutzung dieses
an Detailergebnissen reichen Buches.

Bei Althanns Monographie handelt es sich um eine nur geringfügig
für den Druck überarbeitete Fassung seiner 1979 bei der Universität
von Zimbabwe eingereichten Dissertation. Der Vf. Althann hat das
exegetische Handwerk bei M. Dahood in Rom gelernt, wofür seine
Untersuchung sowohl mit ihrer Themawahl als auch der angewandten
Methode ein beredtes Zeugnis ablegt. Das erklärt die zahlreichen
vom Nordwestsemitischen herkommenden Neuinterpretationen, die
sicherlich geeignet sind, die an manchen Stellen festgefahrene Exegese
des Jeremiabuches in Bewegung zu bringen. Kritisch möchte ich allerdings
anmerken, daß mir die Kolaeinteilung nicht immer einleuchtet.
Die Schwierigkeit zeigt sich an den beiden, jeweils acht Silben zählenden
Relativsätzen ..das ich gesprochen habe über euch bzw. sie", die
AIthann in Jer 19,15 auf zwei Kola verteilt (2+6). in Jer 35.17 aber
als ein Kolon (8) behandelt (S. 46). Letztendlich läuft diese kritische
Anfrage auf eine Verhältnisbestimmung zwischen Syntax und Metrik
hinaus; doch um mit Theodor Fontane zu sprechen, ist dies ein
»weites Feld", das sich sicherlich nicht im Rahmen einer Rezension
abhandeln läßt.

Heidelberg Helga Wcippcrt

Abrego. lose Maria: Jeremias y el final del reino. Lcctura sincrönica
de Jer 36-45. Valencia: Instituciön San Jcrönimo 1983. 220 S.
gr. 8" = Estudiosdel Antiguo Testamento, 3.

Mit der vorliegenden Arbeit hat Jose Maria Abrego im Jahre 1982
am Päpstlichen Bibclinstitut den Grad eines Doktors der Theologie
erworben. Angeregt und betreut wurde die Arbeit von Luis Alonso-
Schökel, S. J.. dem der Vf. auch methodisch in der Anwendung der
•stilistischen Analyse' folgt. Mit ihrer Hilfe gewinnt A. Argumente für
die Annahme eines einheitlichen Textes, den er auf den Propheten
selbst zurückführt. Im einzelnen wird versucht, diese Auflassung
durch eine Fülle von Beobachtungen - Abschnitt für Abschnitt - zu
erhärten. Ob A.s Untersuchungsergebnis der Kap. 36-45 allgemein
Zustimmung finden wird, ist sehr zu fragen. Doch muß man berücksichtigen
, daß seine Fragestellung nicht lilcrarkritisch ist, sondern sieh
auf eine Untersuchung der literarischen Qualität der vorliegenden
Endgestalt des hebräischen Textes richtet. Die redaktionsgeschichtliche
Analyse von W. Thiel (Die deutcronomische Redaktion von
Jeremia 26-45. Neukirchen-Vluyn 1981) wird zwar in der Bibliographie
erwähnt, doch ist sie offenbar zu spät in die Hand des Vf. gelangt,
um in die lebhaft geführte Auseinandersetzung mit einbezogen werden
zu können. Das ist schade. Hervorzuheben ist der Beitrag des
Bandes zur theologischen Exegese. Besonders zu verweisen ist in
dieser Hinsicht auf das lehrreiche letzte Kapitel über den Kontext von
Jer 36-45.

K.-H. B.

Judaica

Kümmel. Werner Georg [Hrsg.]: Jüdische Schriften aus hellenistisch-
römischer Zeit. hrsg. in Zusammenarb. m. Ch. Habicht, O. Kaiser,
O. Plögcr. J. Schreiner. II: Unterweisung in erzählender Form.
Lfg. 4. Christoph Burchard: Joseph und Asencth. Gütersloh:

Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1983. S. 577-735 gr. 8 Kart.
DM 94.-.

JosAs, eine Erzähfung aus der Zeit zwischen dem späteren
2. Jh. v. Chr. und 132-135 n. Chr. (614) über Bekehrung und Bewährung
(und Bewahrung) der Frau Josephs (Gen 41,45.50; 46,20), war
mehrfach Gegenstand der Bemühungen C. B.s, zunächst zumal nach
der Seite des Textes im Griechischen und in den Übersetzungen. Sie
ermöglichen ein behutsames Urteil in der Frage nach dem älteren
Text (s. nunmehr 580-589). Der Übersetzung in JSHRZ liegt C. B.s
von ihm mehrfach als vorläufige bezeichnete Edition in: Dielheimer
Blätter zum Alten Testament 14. Okt. 1979, zugrunde, die sich gegenüber
der von Batiffol (1889-1890), einer nach C. B. (585) „gräzisie-
renden Bearbeitung", vor allem sprachlich als älter erweist. M. Philo-
nenko (1968) bevorzugt eine im ganzen kürzere Fassung; dagegen
zeigt sich nach C. B. 587, daß „voller Text im Zweifel älter ist als
kurzer". Zum älteren Text zählt C. B. auch einige Zusätze gegenüber
Batiffol in c. I 1-21 (C. B. 618).

Die eingehende Einleitung (579-619; Lit. 619-628) äußert sich
über die üblicherweise zugehörigen Fragen', ausführlicher „Zum
Gehalt" (598-613), und d. h. zur Bedeutung von JosAs Tür das Verständnis
des Judentums Ägyptens, über den auch andere Abschnitte
informieren, etwa der „Zum literarischen Charakter" 589-594. JosAs
gehört nach C. B. keiner besonderen Gruppe des ägyptischen Judentums
(6141); gedacht ist die Schrift für jüdische Leser, vielleicht mit
besonderem Blick auf Neubekehrtc. Sie ist aber, wie betont wird,
keine Übertrittsagende (609-61 1), ebensowenig ein Mysterienroman
o. ä. M. E. liegt eine Erbauungsschrift im Gewand einer zweiteiligen
Erzählung vor.

Die jüdische Prägung von JosAs wird ebenso durch Sprache und Stil
belegt (5920; sie lassen an eine Tradition denken, „über geistliche,
zumal biblische Themen biblisicrend zu schreiben" (593). JosAs ist
auch der Sache nach voller biblischer Motive. Der Gott der Hebräer
(11,10), zu dem sich Ascneth wendet, wird im Lobpreis alttestament-
lich-jüdisch gekennzeichnet als der Schöpfergott (12,1-3). Anklänge
an pagane Elemente werden nicht überhört, sondern nachgewiesen,
erscheinen aber nicht als entscheidend. Die Annahme der jüdischen
Religion und ihrer Forderungen, durch die Aseneth zum Prototyp der
Proselytin wird, ist Voraussetzung für die Heirat mit einem Juden.
Maßgebend wird das alsbald sichtbar an den Reinheitsvorschriften,
die im entscheidenden Gegensatz zum Götzendienst stehen. Nach
dessen völliger Preisgabe durch Aseneth erfolgt die Aufnahme
Aseneths als Jüdin in einem wunderbaren Geschehen durch eine
Offenbarung des realiter anwesenden Anführers des Himmelsheeres.
Es bestimmt entscheidend den ersten Teil von JosAs. Dieser zeigt, was
die Bekehrung vom Heidentum zum Judentum überhaupt „gibt und
nützet, nämlich Leben aus dem Tod" (601). Das wird vor allem im
Mittelstück des ersten Teils ausgesprochen in Aseneths Gebet und
Bekenntnis. Ihre Lösung vom Heidentum wird dabei durch bestimmte
Handlungen vollzogen. Statt der Speise des heidnischen Opfers
empfängt sie die Engelnahrung des Honigs (den auch C. B. als Manna
interpretiert: der Honig stellt ..das Gesetz oder allgemein das Wort
(iottcs"dar[605]).

Trotz bestimmter Prädikate, die Joseph erhält, und trotz gewisser
Erscheinungsformen seines Auftretens (5.5) bleibt er eine menschliche
(iestalt. „Sohn Gottes" ist keine Bezeichnung als Erlöser, sondern ein
„Adelsprädikat für Joseph" als Träger von Schönheit. Weisheit.
Tugend in besonderem Maß (6071): „höchste Lebensqualität" solcher
Art besitzen Juden auf Erden überhaupt (606).

Der zweite Hauptteil JosAs22-29 ist durch breit geschilderte
Nachstellungen des Erstgeborenen des Pharao gegenüber Aseneth
bestimmt. Dessen Heeresaufgebot wird vernichtet, teils durch Brüder
Josephs, teils durch wunderbares Geschehen. In dem gesamten Teil ist
jedoch der Satz bestimmend: Der Gottesfürchtige vergilt nicht Böses
mit Bösem (23,9 u. ö.: er wehrt es nur ab). Levi ist in Teil II eine
prophetische Gestalt, kundig der Geheimnisse Gottes (22.13).