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Ausgabe:

1985

Spalte:

352-353

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hunter, Austin V.

Titel/Untertitel:

Seek the Lord 1985

Rezensent:

Thiel, Winfried

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351

Theologische Literaturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 5

352

Altes Testament

Hunter, A. Vanlier: Seek the Lord! A Study ofthe Meaning and Function
of the Exhortations in Arnos, Hosea, Isaiah, Micah and Zepha-
niah. Baltimore, Maryland: St. Mary's Seminary & University
1982. XIX, 324 S. gr. 8° = Theol. Diss. Universität Basel. Kart.
$7.-.

Ziel dieser 1981 angenommenen und von E. Jenni betreuten Basler
Dissertation ist es, das in der gegenwärtigen Prophetenfbrschung umstrittene
Problem, ob die Gerichtsankündigungen der vorexilischen
Schriftpropheten die Unmöglichkeit einer Umkehr voraussetzen (so
u. a. W. H. Schmidt) oder als Aufforderung zur Umkehr in letzter
Minute zu verstehen sind (so u. a. G. Fohrer), einer Lösung näher zu
bringen. Zu diesem Zweck unterzieht der Vf. alle bei den klassischen
Propheten vor der deuteronomisch/deutcronomistischen Periode,
d. h. bei Arnos, Hosea, Jesaja, Micha und Zefanja auftretenden sog.
„Mahnworte" einer eingehenden Untersuchung. Das Ergebnis ist, daß
diese Propheten nicht als Bußprediger, sondern als Verkünder von
Jahwes unabänderlichem Gericht zu verstehen sind; denn . . . "the
serious exhortations . . . do not have the funetion of softening the force
of judgment prophecy or of setting up the conditions for a last
minute way of staving off the announced judgment", sondern dienen
"in some way to substantiate and justify Yahweh's decision to bring
judgment" (S. 277).

Die Untersuchung ist so angelegt, daß sie nach einer Einleitung
zunächst in zwei Kapiteln einen Überblick über die bisherigen Untersuchungen
zu den prophetischen Mahnworten bietet sowie die dtr.
Interpretation der Prophetie überprüft, ehe sie in jeweils einem Kapitel
die Mahnworte bei Arnos (5,4-6.14-15; 5,21-24; 4,12), Hosea
(2,4-5; 4,15; 5,15-6,6; 10,12; 12,7; 14,2-4), Jesaja (1,16-17;
1,18-20; 6,9-10; 7,3-9; 28,1 1-12; 30,15; 28,16) sowie Micha und
Zefanja (Mi 6,8; Zef2,l-3) behandelt. Jedem einzelnen Kapitel ist
eine Zusammenfassung mit Schlußfolgerungen angeschlossen; in gleicher
Weise werden die Ergebnisse der ganzen Studie schließlich noch
einmal zusammengefaßt. Die Publikation wird abgeschlossen von
einer umfangreichen Bibliographie sowie einem Index der Bibelstellen
und einem Autorenindex.

Die Untersuchung ist sorgfältig gearbeitet und zeichnet sich durch
eine umfassende Berücksichtigung gerade auch der einschlägigen englischsprachigen
Literatur neben der des deutschen Sprachraumes aus.
Das Ergebnis der Arbeit, die der konservativen Richtung in der Prophetenforschung
verbunden ist und die zugrundcgelegten Texte
durchweg als originäre Worte der betreffenden Propheten versteht, ist
überzeugend herausgearbeitet worden. Daneben erbringt diese Studie
aber auch noch in Weiterführung der Arbeit von G. Warmuth, Das
Mahnwort (BET 1), Frankfurt/M. 1976, eine genauere Klassifizierung
der Mahnworte der vordeuteronomischen Propheten; der Vf.
unterscheidet hier 6 Gruppen: 1. Das unechte Mahnwort (Am 4,12),
2. Das mit einem Drohwort verbundene Mahnwort mit Schlußfolgerung
in Form einer Anklage (Hos 2,4-5; 4,15; 10,12; 12,7;
Jesl,19-20a; 28,12.16; 30,15), 3. Das Mahnwort mit konkreter
Schlußfolgerung (Am 5,4-6.14-15; Jes 7,3-9), 4. Das Mahnwort
ohne Schlußfolgerung (Am 5,24; Hos 6,6; Jes 1,16-17; Mi 6,8), 5.
Das Mahnwort mit konkreter Schlußfolgerung, die nur an Gläubige
gerichtet ist (Zef 2,3), 6. Das Mahn wort als Einladung zur Teilhabe an
Jahwes Güte, d. h.dem Heil (Hos 14,2-4).

Die einzelnen Mahnworte sind jeweils übersetzt, mit kritischen Anmerkungen
zum masoretischen Text versehen und ausführlich ex-
egesiert worden. In diesem Zusammenhang erscheint freilich die vom
Vf. bei Zef2,l-3 gegebene Erklärung für die Anführung von zwei
gegensätzlichen Hörergruppen (v. 1: das Volk; v. 3: die Demütigen
des Landes) wenig überzeugend; so gewiß Zef2,l-3 eine literarische
Einheit bilden dürfte, so unwahrscheinlich ist doch die Annahme, daß
sich dieses Wort deshalb gleichzeitig an zwei verschiedene Gruppen
von Hörern gewendet habe (S. 267.270). Hier dürfte es doch - gerade

auch unter Beachtung des Metrums und der Struktur des Spruches -
besser sein, die Passage „alle Demütigen des Landes, die ihr sein Recht
übt" für eine sekundäre Einfügung, durch Zef 3,12 sowie Am 5,15
veranlaßt, zu halten.

Rostock Klaus-Dietrich Schurick

Lang. Bernhard: Monotheism and the Prophetie Minority. An Essay
in Biblical History and Sociology. Sheffield: Almond Press 1983.
191 S. 8° = The Social World of Biblical Antiquity, 1. Kart. £ 5.95;
Lw. 14.95.

Das anhaltende Interesse an sozialgeschichtlicher Untersuchung
der Bibel zeigt sich einmal mehr an der Etablierung dieser neuen
Reihe. Ihr erster Titel ist ein Sammelband mit Arbeiten des sozialgeschichtlich
interessierten Mainzer katholischen Alttestamentlcrs,
von denen nur eine bisher nicht veröffentlicht ist. Die übrigen, hier
"revised and updated" dargebotenen Studien sind - mit einer Ausnahme
- bereits in Deutsch in anderen Zusammenhängen erschienen
und in der ThLZ mehr oder weniger knapp besprochen worden. Ihr
thematischer Zusammenhang ist lose: Die inhaltlichen Schw erpunkte
sind in den Beiträgen, die freilich als Kapitel durchgezählt sind,
jeweils unterschiedlich.

Das erste Kapitel "The Yahwch-Alone Movement and the Making
of Jewish Monotheism"1 sucht das Werden der Allcinverehrung Jahwes
in Israel nachzuzeichnen. Denn diese war nicht von Anfang an
vorhanden. Das frühe Israel war - wie ein neu hinzugekommener
Exkurs "How Exclusive was the Worship of Yahweh in Tribal
Israel?" bestätigt - vielmehr „polytheistisch" und verehrte Jahwe als
Hauptgott eines Pantheons. Die Opposition gegen den Baalkult im
Nordreich des 9. Jh. v. Chr. war primär politisch bedingt. Eine
„Jahwc-allcin-Bewegung" entwickelte sich zu Beginn des 8. Jh..
schlug sich im Hoseabuch nieder, wurde nach Juda verpflanzt, kam
hier in den Reformen Hiskijas und Joschijas zum Zuge und gelangte in
der Exilszeit zu ihrem Ziel, dem Monotheismus. Eine glatte und plausible
Entwicklung, die nur den Nachteil hat, daß wirkliche Geschichte
nicht so einlinig zu verlaufen pflegt! Ohne ein gewichtiges argumentum
e silentio (Unterdrückung der gesamten „polytheistischen" Literatur
Israels) kommt der Vf. ohnehin nicht aus.

"What is a Prophet?"2 rekurriert zunächst auf die politische Wirkung
und die gesellschaftliche Rolle des Propheten und arbeitet dann
seine Funktion als Bote Jahwes, den Inhalt seiner Verkündigung, das
darin enthaltene Traditions- und Bildungsgut und die Formen der
Botschaftsübcrbringung heraus. Auch hierzu gibt es einen Anhang
("Prophecy, Symbolic Acts and Politics"), dereinen Literaturbericht
über das genannte Thema bietet.

Die Linie einer allgemeinverständlichen Einführung in das Prophe-
tentum setzt "The Making of Prophets in Israel"4 fort. Das Kapitel
verweist auf die wahrscheinliche Existenz von Prophetenschulen und
auf ihre Bedeutung für Gruppen-, Tempel- und Einzclpropheten und
macht die Rollcnpsychologic (nach Hjalmar Sunden) für die Erklärung
der prophetischen Phänomene fruchtbar.

Den Hintergründen der prophetischen Sozialkritik widmet sich das
Kapitel "The Social Organization of Pcasant Poverty in Biblical
Israel".5 Der Vf. geht von der sozialanthropologischen Forschung aus
und macht sich das (mindestens vom Begriff her unglückliche) Modell
H. Bobeks vom „Rentenkapitalismus" zu eigen. Die einzelnen Elemente
der Konzeption werden an den relevanten Texten des Amos-
buches vorgeführt.

Sehr knapp wird anschließend "The Making of Messianism"'' von
der vorexilischen Königsideologie („präsentischer Mcssianismus")
über die nachexilische Heilshoffnung („restaurativer Mcssianismus")
zur apokalyptischen Naherwartung (besonders in den Oumrantextcn)
und deren dogmatischer Erstarrung in Kirche und Synagoge („dogmatischer
Mcssianismus") nachgezeichnet.