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Ausgabe:

1985

Spalte:

275-276

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dockx, Stanislas

Titel/Untertitel:

Le récit du paradis. Gen. II - III 1985

Rezensent:

Wallis, Gerhard

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Seite 1

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275

Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 4

276

fung zu unterziehen, wobei die Späteren den Forschungselan der Älteren
aus deren jeweiliger Situation und rein menschlicher Lage zu verstehen
lernen sollen. Dazu liefert dieser Band eine Kurzbiographie des
Autors L. Rost und als Introduction (S. xv-xli, Anmerkungen xli-1)
eine ausführliche Würdigung des Werkes durch E. Ball vom St. John's
College Nottingham. Hierbei werden aufmerksam die Vorgänger der
Arbeit von L. Rost, seine zeitgenössischen und jüngeren Kritiker und
seine Nachfolger sowie die Auswirkungen der Arbeit auf die gegenwärtige
wissenschaftliche Forschung am Alten Testament untersucht.
Dabei geht es zum Teil um die formgeschichtlich-literarische
Methode und den historiographischen Gehalt des Thronnachfolgeberichts
von 2Sam 9-20 und lKön 1-2. Beide Methoden, die litera-
risch-traditionsgeschichtlichc und geschichtsforschende, seien nach
E. Balls Ansicht nicht scharf genug unterschieden, was vielleicht auch
darin seinen Grund hat. daß E. Ball zwischen der formgeschichtlichen
und der überlicfcrungsgcschichtlichen Arbeitsweise nicht scharf
genug differenziert, so wie sie L. Rost im vorliegenden literarischen
Bereich und Umfang erstmalig in Anwendung bringt. - Immerhin eine
hervorragende Würdigung der Untersuchung des am 5. Dezember
1979 in Erlangen verstorbenen Autors Leonhard Rost, dem auch der
Rezensent als seinem Lehrer wesentliche Erfahrungen mit der alt-
testamentlichen Wissenschaft und so manche bereichernde menschliche
Begegnung dankt.

Der Leser begrüßt die Absicht von J. W. Rogerson und seiner Mitherausgeber
und erhofft sich von diesem Unternehmen noch manch
einen Gewinn, zumal ja nicht mehr alle Werke der vergangenen Generationen
noch zu erwerben sind, womit die Kontinuität der Forschung
bekanntlich Einbuße erleidet.

Halle(Saale) Gerhard Wallis

Dockx, S.. O. P.: Le Recit du Paradis. Gen. II-III. Paris-Gembloux:
Duculot 1981. 159 S.gr. 8'.

Die Quellenfrage des Pentateuch ist nach wie vor stark diskutiert,
ohne daß eine gewisse Aussicht vorhanden wäre, hier könnte jemals
eine umfassende und abschließende Klärung geschaffen werden, zumal
sich die Problemlage in den einzelnen Büchern des Pentateuch
und in deren Traditionskomplexen ganz unterschiedlich darstellt. Der
Vf. hat eine ganz besondere Perikope ausgewählt, die nicht zuletzt
durch den umfassenden Genesis-Kommentar von C. Westermann
(BKATI/I, I. Teilband 1974) erneut in die Auseinandersetzung
geraten ist.

D. baut seiner Untersuchung weit vor, indem er in einem Avantpropos
(S. 1-3) und in I. Introduction (S. 5-9) seinen Standpunkt
grundsätzlich vorzeichnet, um in II. Analyse litteraire (S. 11-68)
auch andere (priesterschriftliche) Stücke in seine Erwägungen einzu-
beziehen (Kain, 4,8-16; SchöpfungS- und Sinllutbericht nach P.
Bundesschluß Gottes mit Noah nach der Flut). Damit begründet
er ein Verständnis seines Erklärungsversuches. Dieser besteht darin
, daß ein «redacteur final» (R) die bereits zusammengehörigen
Berichte über die Schöpfung und Erschaffung des Paradieses von J
und P abschließend überarbeitet und durch wesentliche, nach D. stilistisch
selbständige und deutlich erkennbare, in sich einheitliche Zusätze
erweitert, die dem heute vorliegenden Text von J wie von P erst
ihr Gepräge verleihen (Zusammenstellung der Zusätze in «Sucharges
», S. 130-139). Dabei fällt ein wesentlicher Bestandteil der Überlieferung
diesem R zu, der auf diese Weise zu einem eigenständigen
Autor heranwächst (vgl. Texte actuel, S. 140-155). Man fragt sich,
woher D. die literarischen, stilistischen und inhaltliehen Maßstäbe gewinnt
, um R aus den Quellen J und P so sicher ausgrenzen zu können,
und welchen Quellen R wiederum seine durchaus charakteristischen
Züge der Darstellung entnommen hat, wenn er sie nicht selbst gestaltet
hat.

In III. Exegese critique (S. 69-105), geht D. aufdie inhaltliche Deutung
von Einzclzügen der Paradieserzählung ein, die er weithin in

Anlehnung an das altvorderorientalische Weltbild mythisch auffaßt.
Sicher sind Lage und Gestalt des Paradieses nicht in abendländische
geographische und strukturelle Vorstellungen zu fassen; dennoch
bleibt die Frage offen, ob nicht das Alte Testament von der altorientalischen
Mythik zu einer wesentlicheren Sachlichkeit und Geistigkeit
vorangeschritten ist. Man fühlt sich bei den scharfsinnigen, zum Teil
hintergründigen Ermittlungen von religionenumfasscnden Parallelen
in der Umwelt des Alten Testaments ein wenig an die „Patternistik"
vergangener Jahrzehnte erinnert, selbst wenn hier dem Versuch einer
rituellen Deutung widerstanden wird.

In IV. Considcrations theologiques (S. 107-1 15) wird noch kurz der
Versuch der Deutung der „Erbsünde" unternommen. Im Sinne von
„Wissen um Gut und Böse" sei gedacht an die menschliche Versuchung
, über zukünftige Vorgänge ethisch-moralisch oder pragmatisch
urteilen und entscheiden zu wollen. Dennoch bleibt Gott selbst
Richter über „Gut und Böse", will sagen ein gnädiger Richter (juge
misericordieux).

Eine hochinteressante, in ihrer Anlage durchaus konsequente, in
der Spczialliteratur gut gegründete Auseinandersetzung mit dem
Stoff, aus der man viel lernen kann. Wer sich jedoch D. anschließen
möchte, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich ihm völlig anzuschließen
.

Halle (Saale) Gerhard Wallis

Klein. Ralph W.: W ord Biblical (ommentary. 10; I Samuel. Waco.
Texas: Word Books 1983. XXXIII, 307 S. gr. 8'.

Die Einleitung (S. IX-XXXII) informiert über diese Reihe, deren
Mitarbeiter, aus verschiedenen kirchlichen Denominationen genommen
, ebenso Gelehrsamkeit wie Anerkennung der Schrift als göttlicher
Offenbarung (evangelical) garantieren. Ihr Ziel ist, dem Anfänger
wie dem Mann im Amt wie dem Fachgenossen beim wissenschaftlichen
Zugang zum theologischen Verständnis der Schrill zu helfen.
Dementsprechend gründet die Auslegung auf eigener Übersetzung des
Urtextes. Die ihr jeweils folgenden "Notes" informieren über ihre
textkritischen Voraussetzungen bei deutlicher Bevorzugung der LXX
und - mit McCarter- der Qumranlesarten (S. XXVI-XXVII1). Die
dem Ganzen (S. XXIII/IV) wie den Einzelabschnitten vorangestellte
Bibliographie und der jeweilige Absatz der Auslegung "Form/Struc-
ture/Sctting" veranschaulichen die Themen moderner Forschung.
Vorbereitend unterrichten S. XXV1II-XXXI1 der Einleitung grundsätzlich
über die literarischen (Quellen, Stränge, Abgrenzung von
Untereinheiten und Erzählungskomplexen) wie die redaktionskritischen
Probleme (deuteronomistisehc Bearbeitung und Geschichtswerk
). Vf. hält die vorliegende Form des I. Sam-buches für deutero-
nomistisch und sucht darum, jeden Abschnitt von daher zu verstehen
(S. XXX/XXXI). "Comment" legt dann den Text abschnittsweise
aus. Der theologisch gewichtige Absatz "Explanation" soll endlich
die einzelnen Pcrikopcn in den Gesamtzusammenhang des Buches
einordnen. Wiederholungen lassen sieh bei dieser Anlage freilieh
nicht vermeiden.

Für Vf. kann diese redaktionskritische Auslegung am besten das,
was das Werk damals sagen wollte, dem heutigen Leser/Hörer deutlich
machen, der sich nun fragen kann, wie diese Botschaft durch das
Heilsgeschchen des Neuen Testaments und den Weg theologischer
Reflexion verändert und bestätigt wird. Jedenfalls soll der Kommentargemäß
der Absicht der Reihe so angelegt sein, daß für jeden etwas
da ist. der die Auslegung zur Hand nimmt (S. XI).

Das I. Sam-buch stellt sich in drei Erzählungskomplexen dar, die
jeweils in sich aus dem Inhalt ergebende Abschnitte und Unterabteilungen
gegliedert sind. Und zwar: I.) Kap 1-7, ein Samuelkomplex
(S. 1-61); dabei die Abschnitte guter Sohn, böse Söhne 2.11-36
(S. 21-29); Samuel und das Wort Jahwes (3,1-21: 4.1a); weiter
(S. 36-62) verschiedene Episoden über Geschick und Weg der Lade
(4,1 b-7,1). Dazu wäre zu fragen, ob diese einseitige Ausrichtung auf