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Ausgabe:

1985

Spalte:

234-236

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Ökumene-Lexikon 1985

Rezensent:

Obst, Helmut

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233

Theologische Literatur/.eitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 3

234

Schilson von einer ..Christologie im Zeichen der Anthropologie" zu
den Dimensionen der Ekklcsiologie und der Pneumatotogie („Kirche
und Pncuma als Lebensraum der Sakramente"). Casel, der Theologie
als „Handlungswissenschaft" (S. 316) bestimmte, „zieht einen klaren
Trennungsstrich zu dem eher spekulativ-theoretisch orientierten
Theologicverständnis der Scholastik" (ebd.).

Er ist einer der wenigen Theologen, die die religionsgeschichtliche
Arbeit konsequent theologisch aufgenommen und damit einen
...anthropologischen' Zugang zur Wirklichkeit der christlichen Sakramente
" (S. 3161) gesucht haben. C asel eröffnet in konkreter Handlung
antiker Vor-Bildcr ein „möglichst umfassendes .allgemeines'
Vcrstehensmustcr aus der menschlichen Wirklichkeit bzw. Geschichte
" (S. 317). Der Vf. verweist mit Recht auf die ökumenische
Bedeutung Casels. in dessen Sakramententheologie Ekklcsiologie und
Pneumatologic verbunden sind (vgl. S. 322).

Das Verdienst Schilsons liegt darin, daß Dogmalik und Liturgie-
Wissenschaft neu ins Gespräch kommen, daß aus diesem Gesprach die
gesamte Praktische Theologie nicht bloß Legitimationshilfen, sondern
Handlungsinipulse erhält, daß schließlich die Liturgicwissen-
ächafl /u prüfen hat. was religiöses Verstehen und religiöse Rezeption
leisten und was sie nicht leisten.

Schilson schreibt einen Exkurs: „Der Kontext der liturgischen Bewegung
" (S. 58-96): es fehlen die „Vorgänger", die Casel nicht
unmittelbar beeinflußt haben, z. B. Abt. Prosper Gueranger von
Solesmes und Papst Pius X.;fürdas größere liturgische Umfeld Casels
ist weiterhin unentbehrlich Ferdinand Kolbe: „Die liturgische Bewegung
", Aschaffenburg 1964. Eine Monographie über die Zeit vor
Ildefons Herwegen und Romano Guardini fehlt.

Auffällig für den evangelischer!' Liturgicwissenschaftlcr ist Casels
Nähe zu Schleicrmachcr; hier könnte eine genaue Untersuchung
ertragreich sein, die vor allem Schleicrmachers „Reden" und seine
Praktische Theologie nicht nur im vordergründigen Vergleich von Begriffen
untersucht. Auch die Beziehung Casels zur Dialektischen
Theologie zu prüfen, kann eine lohnende Aufgabe sein.

Schilsons Arbeit ist keine abschließende Untersuchung; sie fordert
neue liturgiewissenschaftliche Forschung. Sic ist frei von Verdikten
und Lobeshymnen; sie stellt Aufgaben.

Ein sinnentstellender Druckfehler: S. 93. Z. I muß „Romanik"
statt „Romantik" gelesen werden.

Münster Karl-Fr. Wiggermann

HäufSling. Angelus Albert: Das Miaute deutsch. Materialien zur Re-
/cptionsgcschichtc der lateinischen Meßliturgie im deutschen
Sprachgebiet bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Teil I:
Bibliographie der Übersetzungen in Handschriften und Drucken.
Münster/W.: AschendorlT 1984. XIV, 213 S. gr. 8* = Liturgie-
wissenschaftl. Quellen u. Forschungen, 66. Kart. DM 58,-.

Für den Liturgicwissenschaftlcr ist die Herausgabe dieser Bibliographie
eine Fundgrube. In ihr werden nahezu lückenlos alle Übersetzungen
der lateinischen liturgischen Bücher zur Messe in die
deutsche Sprache aufgeführt, und zwar von den ersten althochdeutschen
Übersetzungsfragmenten am Anläng unseres Jahrtausends über
Vollmissalien. Teilübersetzungen, mit Proprientexten angereicherten
Plenarien bis zu Übersetzungen des Ordo missae innerhalb von
Meßerklärungen in den Handschriften vor Einführung der Druckkunst
. Den Hauptteil bildet die Bibliographie gedruckter Übersetzungen
des Missale und seiner wichtigsten Teile von 1471 bis zur Gegenwart
. Ein letzter Teil befaßt sich mit den gedruckten Übersetzungen
der Liturgie der Kartagc. Insgesamt sind I 853 Titel erläßt. In einem
zweiten Teil sollen Sachbeschreibungen und eine Skiz.zicrung der vier
Perioden der Übcrsetzungsgeschichte. ferner Aussagen über die
Motive der Übersetzer. Dokumente der Übcrsetzungsgeschichte, eine
Bibliographie der Sekundärliteratur und nicht zuletzt ein Register
zum Gesamtwerk veröffentlicht werden.

Es zeigt sich also, daß trotz der offiziellen lateinischen Kirchensprache
bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils
eine immense Arbeit investiert worden ist in die Aufgabe, daß Meßgeschehen
in der Landessprache verständlich zu machen und den
Zugang zu ihm zu erleichtern. Die deutschsprachige katholische
Kirche wird durch die grundlegende Entscheidung des Konzils. Liturgie
jetzt in der Landessprache zu feiern, noch auf lange Zeit an der
Sprachgestalt der Eucharistie zu arbeiten haben. Dazu bietet das verdienstvolle
Werk des Abtes von Maria Laach eine unentbehrliche
Hilfe.

Wien Hans-Christoph Schmidt-Lauber

Ökumenik: Allgemeines

Ökumene-Lexikon. Kirchen - Religionen - Bewegungen. Hrsg. in
Verb. m. A. Basdekis. G. Gaßmann, K. Lewinghausen, P. Löfflcr.
H. Meyer, H. Schütte. O. Schulz, Ch. Springe. H. Uhl u. L. Vischcr
von H. Krüger, W. Löser u. W. Müllcr-Römhcld. Frankfurt/M.:
Lembeck; Frankfurt/M.: Knecht 1983. IX. 1326 Sp. gr. 8- Lw.
DM 125,-.

Die Publikation will kein herkömmliches Lexikon, gleichsam auf
den aktuellsten Stand gebracht, sein. Sie versteht sich als „völlig neu
konzipiertes Nachschlagewerk" (Klappentext). Fast 300 Autoren -
unter denen auch kirchliche bzw. ökumenische Praktiker zahlreich
vertreten sind - bearbeiten insgesamt 683 Stichwörter in 1295 Spalten
. Sach- und Personenregister erleichtern die Orientierung,
Grafiken und Bilder, meist von ökumenisch bedeutenden Persönlichkeiten
und herausragenden Ereignissen, erhöhen den Informationswert
und machen das Buch auch optisch sehr ansprechend. Die Ausrichtung
ist bewußt gegenwartsbezogen. Dies ist unbedingt zu
begrüßen, auch wenn es dabei gelegentlich zu historischen Defiziten
kommt.

Das Lexikon will in gebotener Kürze „umfassend und zuverlässig"
informieren „über Kirchen, regionale und konfessionelle kirchliche
Zusammenschlüsse. Konfessionen und zwischcnkirchlichc Strukturen
; Religionen, interreligiösen Dialog...; Bewegungen kirchlicher
oder transkonfessioneller Eigenart, in denen Christen ihre Gemeinsamkeit
bezeugen und bewähren wollen" (Klappentext). Außerdem
finden selbstverständlich die Geschichte der ökumenischen Bewegung
, der Wcltrat der Kirchen und seine vielfältigen Aktivitäten, die
Entwicklung in der römisch-katholischen Kirche seit dem II. Vatikanischen
Konzil neben anderen - fast schon klassisch zu nennenden -
Stichwörtern gebührende Berücksichtigung. Zentrale Begriffe der
ökumenischen Theologie werden, wo dies erhellend wirken kann, von
evangelischen und römisch-katholischen Autoren, oft auch aus
orthodoxer Sicht, parallel behandelt. Wie wichtig das ist. zeigt u. a.
das Stichwort „Papstamt" (Sp. 924-929), zu dem sich R. Frieling aus
„nicht-röm.-kath. Sicht" und H. J. Pottmeyer aus katholischer Sicht
äußern.

Die einzelnen Beiträge spiegeln das Bemühen der Herausgeber
wider, „der Vielfalt des ökumenischen Spektrums" Rechung zu
tragen und nicht „irgendein vorgegebenes Grundmustcr ökumenischer
Sach- und Geschichtsdeutung" vorauszusetzen (Vorwort).
Selbstdarstcllungen aus der Sicht von Konfessionen, Kirchen und
Gruppen wird der Leser als solche einordnen und sich neben den
bekannten Vorzügen auch der notwendigen kritischen Distanz beim
Umgang mit ihnen bewußt sein. Gelegentliche Überschneidungen
kommen vor, erweisen sich aber auf dem Hintergrund verschiedener
Positionen der Vf. eher als Bereicherung statt als Ballast.

Bei einigen Begriffen wäre eine Darstellung aus freikirchlicher Sicht
dem Gcsamtanliegcn des Lexikons förderlich gewesen. Am augenfälligsten
ist das bei der Taufe, obwohl G. Wagner in seinem sehr
instruktiven Beitrag „Taufe I, evang. Sicht" (Sp. 1140-1 142) auf die
baptistische Position mit eingeht. Generell verdienten Freikirchen