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Ausgabe:

1985

Spalte:

183-185

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Tobin, Thomas H.

Titel/Untertitel:

The creation of man: philo and the history of interpretation 1985

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 3

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the Dramatist. JJST 34. 1983, 21-29. Daß Ez trag hier an den Thron Gottes
gedacht hat, ist mir nicht glaubhaft, s. zumal Z. 85.

' Tragicorum Graecorum Fragmenta I, Göttingen 1971.288-301.

4 Ebenfalls durch Alexander Polyhistor.
Th. ist gleichwohl kein Samaritancrf 157-161), vgl. u.
N. Walter. Der Thoraauslcgcr Aristobulos. Untersuchungen zu seinen
Fragmenten und zu pseudepigraphischen Resten der jüdisch-hellenistischen
Literatur. TU 86,Berlin 1964, 103-115. 150-261.

7 Die Bezeichnung denkt an eine späte Umkehr des Orpheus, vgl.
u. A. 15.

* Die jüngste. D, gehört ins 5. Jh. W. nimmt zudem zwischen A und B eine
Bearbeitung X an (2231.238).

'' B fuhrt sie zurück auf Abraham, den Beobachter des Himmelsgewölbes
(Gen 15.5); dazu W. 2241'.

10 Zu ihnen W., Thoraausleger 150-171.75-81; Ders. JSHRZ1II 2,
277-279.

" Ebenso zu den Epikern: 1371'.

• Ein Exkurs handelt über „Orpheus im hellenistischen Judentum"
(230-232).

" Ps-Orph Z. 27 ist munogenes m. E. wie i. a. sonst mit,.einzig*' zu übertragen
. Ps-Phok 61 ist Iryphedocb wohl „Schwelgerei".

14 Über die Grundsätze der Wiedergabc s. W. 138.181.

, Der Humor fehlt nicht: Orpheus war vor der Hinwendung zum Glauben
an den einen Gott der „Ober-Lehrer" (prölos didaskalos) der Vielgötterei. Ps-
Justincohort 15. Zur Bekehrung des Sängers s. W. 231.

Tobin, Thomas H., S. J.: The Creation of Man: Philo and the History

of Interpretation. Washington: The Catholic Biblical Association of
America 1983. VIII, 199 S. gr. 8" = The Catholic Biblical Quarterly
Monograph Series, 14. Kart. $ 6,-

In dem Band, einer überarbeiteten Diss. (Harvard 1980; Betreuer:
John Slrugnell), geht es um die Geschichte der Deutung eines Ausschnittes
biblischer Aussagen im alexandrin ischen Judentum. T.
erhebt sie aus den Schriften Philons. Ansätze für die Unterscheidung
verschiedener Etappen der Auslegungsgeschichte geben zunächst
solche Texte, in denen Philon ausdrücklich von den Interpretationen
anderer seine eigenen abhebt. Vor allem aber arbeitet T. seinerseits
verschiedene Deutestufen speziell für Gen 1,27(260 und 2,7 aus den
Ausführungen Philons heraus. Ermöglicht wird das nicht zuletzt
dadurch, daß die jüdischen Excgeten Alexandriens, zumal Philon,
vielfach überkommene Auslegungen neben ihre eigenen setzen, ohne
sie als übernommen zu bezeichnen; sie fühlen sich für die Weitergabc
des Überlieferten weithin verantwortlich (177.133f. usw.). Das Werk
der Vorgänger hat, jedenfalls für Philon, als göttlich inspiriert
(157.I61f.166f.1711) eine gewisse .kanonische' Bedeutung (32.1281).
So können für Philon mehrere Interpretationen des gleichen Textes
nebeneinander gültig sein (161).

Über Philo's Use ofPrevious Interpretations handelt T. ad hoc 162-172. über
Transmission and Institution 172-176. Er nimmt an. daß überliefertes Philon
weithin bereits schriftlich vorlag, und daß die Synagoge den Rahmen bildete
auch für die Weitergabe exegetischer Traditionen, die unter dem Einfluß der
Philosophie der Zeit standen (1750.

Nach einer Einführung (Kap. 1: Philo the Interpreter and Tradition)
in Forschungslage (1-6, vgl. 103-107.167-171), Aufgabenstellung,
philosophische Umwelt in Alexandria (9-19) gibt T. in Kap. II eine
vorbereitende Skizze der Stagc of Interpretation (20-35). Die erste
erkennbare Stufe bilden die Anti-anthropomorphic Interpretations
(Kap. III). Die Ebcnbildlichkeit des Menschen bezieht sich nicht auf
den Körper, sondern auf den nus (37). Der Plural in Gen 1.26 besagt
nicht, daß Gott der Helfer bedurfte; er redet von Gottes dynameis
(38-40.47). Die Namengebung durch Adam (2.190 setzte keine Unsicherheit
Gottes bezüglich ihrer voraus (41). Diese Ausführungen
treten isoliert auf. nicht in größeren exegetischen Zusammenhängen
(430- Die Deutungen, die sich gegen anthropomorphische Mißverständnisse
wenden, weisen methodisch zunächst auf die Stoa, dann
(54t) auf den mittleren Piatonismus zurück, innerhalb des Judentums
auf Aristobul (2. Jh. v. Chr.).!

Kap IV behandelt the Single Creation of Man nach Gen 1,27 und
2.7, die bei Philon in größerem Rahmen begegnet. In die Auslegung
von Gen 1,27 wird auf dieser Stufe der Logos eingeführt: Der Mensch
ist das Abbild des Logos, der seinerseits Bild Gottes ist (57L96). Am
Tag „einer" (Kardinalzahl, Gen 1,5) schuf Gott die gedachte (noeton)
Well, an den folgenden (in LXX mit Ordinalzahlen bezeichneten)
durch den Logos' die sichtbare (opif 15 f. usw.), an jenem mithin vorerst
die Idee des Menschen. Nach dem ebenfalls durch Philon übernommenen
Verständnis sagt Gen 2,7 die Begabung des nus des
Menschen mit göttlichem Geist aus (all 1,36-40 [94-96]). Die den
Logos einbeziehende Deutung ist besonders vom mittleren Platonis-
mus beeinflußt (65), die zuletzt genannte ältere von stoischem Denken
(96). Beide werden bereits vor Philon verbunden. Er überarbeitet z. T.
die Kombination seinerseits zugunsten des platonisicrenden Elements
(Gen 1.27 [99fJ).

Die dritte Deutestufe kennzeichnet T. durch die Überschrift The
Double Creation of Man (Kap. V), d. h.: Gen 1,27 redet von der
Schöpfung eines himmlischen, 2,7 von der eines irdischen Menschen;
der erste gehört der unkörperlichen, der zweite der mit den Sinnen
wahrnehmbaren Welt an.4 Auch der erste ist a real llgurc (I 180-

Erst in VI kommt T. zu einer speziell Philon zugehörigen Aussagengruppe
: Philo and the Allegory of the Soul (135-176). Bezogen sich
beide früheren Deuteslufen zu Gen I f auf Gestalten der external
world, der himmlischen oder der irdischen, so tritt in Philons Auslegung
an die Stelle des irdischen Menschen nunmehr in symbolischer
Interpretation der irdische nus des Menschen (137.139.145), der nach
der Tugend strebt (139). In der Seele stehen (der von Gott gegebene)
nus, sinnliches Wahrnehmen (Eva) und Lust (Schlange) in Streit
(146.! 48 f. 178). Die Gestalt des himmlischen Menschen dagegen wird
bei Philon der des Logos (alias der Weisheit) angeglichen (1401), durch
den Gott die Seele erleuchtet (146). Auch die Allegorie der Seele will
Philon nicht an die Stelle, sondern an die Seite der früheren Deutung
setzen (162).

Nach T. haben hoch entwickelte exegetische Traditionen, z. T. um
Generationen ältere. Philon bereits schriftlich vorgelegen (1720- Die
Arbeit der Ausleger geschieht im Konnex mit der Synagoge: sie gibt
den Rahmen ab für die Wirksamkeit der Excgeten (1731). In diesen
Zusammenhang kann auch die Bindung Philons an die Tradition eingeordnet
werden (1720- Freilich könnte man m. E. fragen, ob das
Nebeneinander verschiedener Interpretationen (s. o.) bei ihm nicht
auch damit zusammenhängen mag, daß er nur in Grenzen systematisch
denkt. Daß Philon nicht auf ein System ausgeht, sondern zuallererst
Bibelausleger ist. sagt auch T. (2), wie er z. T. seinerseits Inkongruenzen
bei Philon feststellt.

Schließt T. mit Hinweisen auf limitations seiner Untersuchung
(1791). so behandelt er sein Thema gleichwohl in einem weiten
Rahmen innerhalb der Philosophie seit Piaton. bei den paganen Alle-
gorikem, im hellenistischen Judentum und bei Philon selbst: Für die
Sonderung und das Verständnis der verschiedenen Inlerprctationsstu-
fen ist die z. T. eingehende Analyse bestimmter Texte bei Philon
maßgebend; sie konnte hier nicht einmal in Beispielen skizziert werden
. Es gehört zu den Verdiensten der Arbeit, daß T. sein Thema
nicht als das schlechthinnigc Hauptthema Philons behandelt, so sichtbar
die Rolle der Allegorie der Seele im Werk Philons und die seiner
Ausführungen über die Schöpfung des Menschen überhaupt - dieser
auch im Blick auf die Geschichte der jüdisch-alexandrinischcn Exegese
- wird.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Dochs. 160.

2 50-52. Zu ihm vgl. Nikolaus Waller. Der Thoraausleger Aristobulos.
Berlin 1964; Dens , JSHRZ IM 2.261-279.

1 60.971.65. Vgl. Gen 1.311": „Gott sprach . . .. und es entstand" u.a. Die
Beziehung der Vokabel hgos auf das Wort bleibt sichtbar.