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Ausgabe:

1984

Spalte:

173-180

Autor/Hrsg.:

Hinz, Christoph

Titel/Untertitel:

Kommentare zu den Lima-Erklärungen 1984

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173

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 3

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Kommentare zu den Lima-Erklärungen*

Von Christoph Hinz, Magdeburg

A. 1. Schon in Lima, Januar 1982, kündigte W. Lazareth, Direktor
des Faith and Order-Sekretariats, einen Band mit theologischen Fachaufsätzen
und Interpretationen der Konvergenzerklärungen an. Seit
Sommer 83 liegt er vor, englisch und deutsch. Die Autoren, überwiegend
Mitglieder der Faith and Order-Commission, an der Erarbeitung
der Limatexte selber beteiligt, kommen aus den verschiedenen Konfessionen
. Zu den drei Limakapiteln gibt es je doppelte Kommentierungen
:

Günter Wagner (Baptist, Theol. Sem. Ruschlikon) schreibt über
„Taufe. Von Accra nach Lima" (engl. S. 12-32, dtsch. 43-63)

und Lewis S. Mudge: (reform.. Mc.Cormick Theol. Seminary,
Chicago) zur „Konvergenz über die Taufe" (engl. 33-45; dtsch.
30-42).

Max Thurian (Taize) erschließt spirituell eindringlich „Das Eucha-
ristische Gedächtnis: Lob und Bittopfer" (engl. 90-103; dtsch.
110-123)

und J. M. R. Tillard (röm.-kath., Dominican College, Ottawa) zeigt
„Die theologischen Grundlinien der Konvergenzerklärung über die
Eucharistie" auf (engl. 104-118;dtsch. 124-137).

E. Lannc (röm.-kath. OSB, Chevetogne, Belgien) vermerkt „Das
ordinierte Amt: Ökumenische Konvergenz" (engl. 119-128, dtsch.
138-146)

und Geoffry Wainwright (Brit. Method.) sucht protestantische
Möglichkeiten einer „Versöhnung im Amt" (engl. 129-139; dtsch.
147-157).

Zwei weitere Beiträge beziehen sich auf die im Taufkapitel
offengebliebene Kontroverse über Initiation, Eingliederung in die Gemeinde
, Geistempfang, Konfirmation: Cyrill Argenti (orth.) „Die
Chrismation'VSalbung (engl. 46-64; dtsch. 64-86) und David
R. Holeton (anglik., Trinity College, Toronto), „Konfirmation in den
achtziger Jahren" (engl. 68-89; dtsch. 87-109). Der Hauptteil schließt
mit zwei Aufsätzen zu der Rc/eptionsaufgabe. die den Kirchen mit
den Texten gestellt ist. Anton Houtcpen (röm.-kath.) „Rezeption,
Tradition, Kommunion" (dtsch. 158-178) und Ulrich Kühn (ev.-
luth.. Leipzig-Wien) „Rezeption als Erfordernis und als Chance"
(S. !79-189 = ZdZ36, 1982,261-265).

„Katechetische Implikationen" der Aneignung in den Gemeinden
bedenkt Ulrich Becker (ORK; S. 190-200) und spürt .ökumenische
Lernsituationen' auf.

2. Das Titelstichwort "Ecumcnical perspectives" kennzeichnet die
Blickrichtung der Beiträge präzis.

Die Einleitung von Max Thurian (Taize), seit 1979 Vorsitzender
des Revisionsausschusses, und W. Lazareth (luth.) erinnert daran, daß
man nach Bristol 1967 das Nebeneinanderstellen und Vergleichen der
Lehrdifierenzen nicht fortsetzen wollte (engl. S. XIV; dtsch. S. 14). Es
sollte der Versuch gemacht werden, aus den Punkten theologischer
Übereinstimmung, die in den ökumenischen Texten seit Lausanne
1927 erschienen, gemeinsame mögliche Aussagen zu bilden. Nach
Bristol entstand so 1967 der erste Entwurf (draft) über die Eucharistie,
der erste über die Taufe in Genf 1970. der erste über das Amt 1972 in
Marseille. - Der vielfache Überarbeitungsvorgang im Gespräch mit
den Kirchen seit Accra 1974 ist bekannt. Als am weitesten entwickelt

Thurian, Max [Ed.]: Etumenical perspectives on haptism. eucharisl and
ministry. Gent: World Council ofChurches 1983. XVIII. 246 S. 8' = Faith and
Order Paper, 116. Kart, sfr 22.50.

Thurian, Max [Hrsg.]: Ökumenische Perspektiven von laufe. Eucharistie
und Amt. Übers, v R. Stolze. Paderborn: Bonifatius-Druckerei: Frankfurt/M.:
Lembeck 1983.235 S. 8'. Kart. DM 22,^.

Kommentar zu den Lima-Erklärungen Uber laufe, Eucharistie und mt.
Hrsg. vom Konfessionskundlichen Institut. Göttingen: Vandcnhocck & Ruprecht
1983. 163 S.8' = Bensheimcr Hefte, 59.

gilt der Text „Eucharistie" (engl. S. XV; dtsch. S. 15). Daß die englische
Ausgabe, Genf, diese ersten Entwürfe mit dokumentiert
(S. 197-224), ist ihr zu danken. Das gibt Einblick in die Herkunftsgeschichte
.

Die Konvergenzerklärungen blicken zugleich nach vorn. Sie sind
ein Schritt „Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ausdruck des apostolischen
Glaubens heute", wie die jetzt weitergehende Studienarbeit
und Aufgabe von Faith and Order lautet (Nissiotis, Vorwort dtsch.
S. 8).

„Die konvergierenden Linien der verschiedenen Konfessionen .. .,
wie sie von den Verfassern dargestellt werden", haben etwas Verpflichtendes
(they are of imperative Character), sagt N. Nissiotis, der
langjährige Moderator von Faith and Order, im Vorwort (engl. S. IX;
dtsch. S. 9). In die Perspektive dieser Aufgaben ordnet auch Lukas
Vischers Aufsatz „Einheit im Glauben" die Limatexte ein (engl.
S. 1-11; dtsch. S. 19-29). Zwischen der Herkunftsgeschichte und den
Perspektiven der Zukunftsaufgaben ist der Limatext eine Station
unterwegs.

Nissiotis' Schlußbemerkung ernüchtert, will aber um Reaktionen
aus ökumenischer Umkehr und Erneuerung werben. „Niemand wird
befriedigt sein, wenn er diesen Text allein unter seinem eigenen konfessionellen
Blickwinkel betrachtet. Gefordert ist vielmehr eine
Bekehrung von Herzen und Geist, damit die eigenen konfessionellen
Wurzeln neu und zusammen mit den anderen Konfessionen in der
einen Kirche und biblischen Tradition bekräftigt werden." (engl.
S. XII; dtsch. S. 12) „Folglich sollte man nicht meinen, in diesem Text
den eigenen, konfessionell geprägten Glauben über Taufe, Eucharistie
und Amt voll niedergelegt oder erklärt zu finden .. ."(ebd.)

Das klingt wie die Kehrseite der Fragen von Lazareth aus dem Vorwort
der Limatexte, ob die Kirchen imstande sind, in den Limatexten
den Glauben der Kirche durch die Jahrhunderte, den apostolischen
Glauben wiederzuerkennen, - auch wenn sie aus ihrer Tradition ihn
anders formulieren würden.

3. Es ist ausgeschlossen, alle Beiträge, die zum Teil inhaltreich und
dicht sind wie eine zum Aufsatz zusammengedrängte kleine Monographie
(z. B. Holeton. Houtepen, Argenti), vorzustellen. Ich notiere
nur Splitter:

Lewis S. Mudge fragt, was die Konsequenz einer gegenseitigen Anerkennung
der Taufe sei. „Logischerweise bedeutet die gegenseitige
Anerkennung der Taufe auch die gegenseitige Anerkennung von Mitgliedern
; und die gegenseitige Anerkennung von Mitgliedern ist letztendlich
kaum von der vollen Gemeinschaft zu unterscheiden. Offenkundig
sind die Kirchen noch nicht bereit, so weit zu gehen. Und
wenn dem so ist, was bedeutet dann .gegenseitige /Anerkennung der
Taufe'?"(engl. S. 39; dtsch. S. 36)

„Nicht bloß die römisch-katholische, sondern alle Kirchen haben
mit der Ungereimtheit zu kämpfen . . . Die Taufe, die eigentlich Mitgliedschaft
in der Kirche als solcher bewirken sollte, tut dies somit nur
in Verbindung mit der Erfüllung von Forderungen, die eine bestimmte
Kirche festlegt." (S. 40)

„Wenn die Übereinstimmung in der Lehre über die Taufe zur
.gegenseitigen Anerkennung der Mitgliedschaft' lühren soll, dann
werden Schritte notwendig sein, die jenseits der Reichweite der jetzt
vorliegenden Konvergenzerklärungen liegen." (S. 41)

Max Thurian schreibt über „Das Eucharistischc Gedächtnis: Lob-
und Bittopfer" (S. 110-122). Er kommentiert dabei den Eucharistie-
Text von Lima nicht analytisch, sondern indem er spirituell eindringlich
den Vorgang von memorial/anamnesis erschließt. Sein ganzer
Beitrag liest sich wie eine Auslegung des Limasatzes: „Im Licht der
biblischen Vorstellung des Gedächtnisses (Memorial) könnten alle
Kirchen die historischen Kontroversen über das .Opfer' neu überdenken
. . ." (Lima Eucharistie [E.] Nr. 8, Kommentar 3. Satz).