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Ausgabe:

1984

Spalte:

106-110

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

King David (II Sam. 9 - 20 & I Kings 1 - 2) 1984

Rezensent:

Stoebe, Hans Joachim

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Theologische Litcraturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 2

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nennt er seinen Entwurf nur eine „erste Vision", ein „Fragment", ja stellt er nicht (82). Ob diese auf dem Pflaster der Sprach- und Litera-
eine für einen einzelnen nicht zu leistende „Torheit" und ruft zu kol- turwissenschaft gebahnten neuen Wege zur Textinterpretation sich als
legialem Austausch und zur Zusammenarbeit auf. In einer begrenzten wirkliche Neuzugänge oder als Umwege, Abwege oder Holzwege erAnzeige
kann diesem Anliegen wohl nicht entsprochen werden. Doch weisen, mag die Zukunft lehren, ein wenig vielleicht auch das Echo,
sollte der Appell nicht ungehört bleiben. Das, was an Werken dieses das die Arbeit finden wird. Bequeme, breite Boulevards werden es
Metiers oft stört und sie zur Insider-Lektüre zu verurteilen droht, eine aber nicht sein. Denn das erscheint als nahezu sicher: Der ungeheure
extrem unanschauliche Fachsprache, die ÜberFülle von linguistischen Aufwand an linguistischem Vorlauf, den der Vf. investiert hat und den
Termini und Abkürzungen, das hohe Abstraktionsniveau der Über- er wohl auch vom Rezipienten erwartet, kann nur vom Spezialisten
legungen, scheint bei diesem Buch in erträglichen Grenzen gehal- geleistet werden, schwerlich noch vom Exegeten schlechthin. Vom
'en zu sein Vor allem aber- Der Vf. führt seine Darlegungen immer Prediger wird er nicht einmal mehr nachvollzogen werden können,
wieder auf ihren Gegenstand, die hebräische Sprache und die alttesta- Angesichts einer immer stärkeren Kompilierung der exegetischen
mentlichen Texte, zurück, und illustriert sie an Textbeispielen. Methodik sollte aber an dem Grundsatz festgehalten werden, daß die
Unter „Syntax" versteht Schweizer, abweichend von der konven- Auslegung biblischer Texte nicht die Domäne einiger Spezialisten
tionellen Grammatik, die Untersuchung der „Zusammenordnung, werden darf, sondern auch für den Prediger im Amt, und zwar ohne
Syn-tax, der Zeichenformen", genauer „das Erfassen all der Daten, die das Vehikel von Meditationen und Predigthilfen, nachprüfbar und
die Ausdrucksseite einer sprachlichen Äußerung (Morphem. Wort- nachvollziehbar bleiben muß. Ob sich die von H. Schweizer ange-
gruppe. Satz, Text) beobachtbar bietet" (40). In den bisherigen Gram- strebte Methodologie in dieser Weise gestalten lassen wird, das aller-
matiken, auch der W. Richters, vermißt Schw. diese Beschränkung dings ist zu bezweifeln.

auf die Ausdrucksphänomenc und das konsequente Fortlassen der Be- Marburg (Lahn) Winfried Thiel

dcutungen/Funktioncn, vielmehr diagnostiziert er ein häufiges, unre- -_

flektiertes Hercinspielcn von semantischen Funktionen (Bedeutungs- , Vg). die Auseinandersetzung mit W. Richter(44fT).

^Ite) in die morphologische Ebene. Es selbst untersucht die Position 2 Prediger und Gemeinde kommen in diesem Buch nicht vor. ist es Zufall,

"nd Distribution wichtiger Wörter in Jes42,l-4 sowie Formeln und üaßder Vf. unter den Text-Rezipienten zwar den heutigen Forscher (268), nicht

geprägte Wendungen. Vielleicht ist der Einsatz mit dem ersten Gottes- aber Prediger und Gemeinde nennt, die in mehroder weniger abgeleiteter Weise

knechtslied, einer poetischen Einheit also, nicht allzu günstig. Das Er- doch wohl auch als Rezipienten des biblischen Textes in Frage kommen?
gebnis dieser Analyse: Der Text zeigt nicht-formelhafte Redeweise
and läßt Kreativität erkennen, er bietet Redundanz statt Neuinforma-
"on; er hat überwiegend aufmerksamkeitserregende Funktion, wozu

ln V. 2-4 die Funktion des Betonen«, Unterstreichens, Gliederns tritt j,-okke|man< j p.; Narrativc Art and Poetry inthe Books of Samuel.

('80 und wirkt nach dem hohen Aufwand - gelinde gesagt - etwas ry| Interpretation based on stylistic and structural analyses. I: King

mager. Das Neue daran ist wohl, daß dieses Fazit nicht durch mehr David (II Sam.9-20& I Kings 1-2). Assen: vanGorcum 1981. XII,

^er minder intuitive Textbetrachtung, sondern durch detaillierte 517 s. gr. 8- = Studia Scmitica Ncerlandica, 20. Lw. hfl 97.50.

syn-taktische Analyse zustandekommt. , , „., . . „

'm Abschnitt „Semantik" wendet sich der Vf. der Inhaltsseite zu. Der Verfasser ist bereits durch sein Werk Narrative Art in Gene-

d- h. dem „Verständnis dessen, was durch die Ausdrücke inhaltlich sis" bekannt. Das Buch hier ist der erste von vier Banden, die die

■gesagt- sein soll" (80) Und zwar geschieht das möglichst ohne Kon- Samuclisbücher untersuchen sollen. Es beginnt gleichsam mit deren

'extbezug, auf die einzelne Äußerungseinheit konzentriert. Dieses Schluß, den Kapiteln 2Sam 9-20: IReg 1+2 (die Bezeichnung als

"mrangreiche Kapitel behandelt, angereichert durch zahlreiche Über- Thronfolgeüberlieferung lehnt Vf. mit Recht S. 10 ab), weil diese

si<mten und einige Diagramme: Komponenten einer Äußerung: lllo- „Perle biblischer Prosa" (S. 1) allgemein als von vornherein schriftlich

xution: Prädikation: Wertigkeiten, Aktanten: semantische Wort- verfaßtes, in sich geschlossenes Literaturwerk gi L Nicht umsonst wird

a"en: Determination, Quantoren: Adjunktionen sowie die seman- G. von Rad (Anfänge der Geschichtsschreibung) häufiger zitiert, der ja

Serien Codes Epistemologie, Imagination, Initiative, Ermöglichung, von einem gleichsam aus dem Nichts emportauchenden Meisterwerk

Axiologie und Stadium/Aspekte. Für die Einzelheiten der kompli- hebräischer Geschichtsschreibung sprach. Dazu wird man freilich fra-

^ierten Überlegungen und Definitionen muß auf den Text selbst gen müssen, ob das nicht schon ein zu modernes, dem Gegenstand

^wiesen werden. nicht ganz adäquates Urteil ist.

Den Sehr,,, von der einzelnen Äußerungseinheit zum kontex- Eine solche Frage würde die Aufstellungen des Vf. nicht wesentlich

'"eilen Zusammenhang vollzieh, die „Pragmatik". Hier kommt die tangieren. S.417 sag, er in einer auf die Arbeit zurücksenden

^age nach der Gesamtheit des Kommunikationsgeschehens in den Schlußbetrachtung in bezug auf ein dem Ganzen vorangestelltes

»fck, d. h. nach der Redesituation, nach dem Mitteilungsgehalt und Plato-Zitat: Ich habe in meiner Interpretation darzuste len versuch,,

"ach der Wirkabsicht. Diese Fragestellung (Intention. Situation. ",o see the natural unity and mulfphcty of hings and to enjoy tech-

Hörerschaft. Institution, kurz.: Sitz im Leben) gehört in der klas- niques of spliting and conjoining to this end . Uber diese Techniken

schien Methodik zur Gattungsbestimmung. So erscheint es nur als berichtet das einleitende Kapitel. ,(nran, . . n

konsequent, wenn Schw. auf die Formkntik ganz verzichten zu kön- Es geht um die Anwendung der stil- un

"C" meint: sie is, offenbar in die Pragmatik hinein „aufgehoben". Methode der modernen Literaturwissenschaft auf die ^Bücher

Vilich wird das an den Darlegungen dieses Kapitels nicht so recht Die Arbeiten von RidouL Conroy. Gun geben k c *

sP"rbar. Sehe ich rech,, steh, der Vf. hier überhaupt mehr als sonst in von Zusammenhang und Thema^ Auch Bar-Ephrat laßt Fr gen oftem

seiner Arbeit aufden Schultern seiner linguistischen Gewährsmänner. ^^^^^^ l^^l^J^ur^

An Problembereichen werden diskutiert: Wortarten - pragmatisch: engere Definition gebrauch,, die nicht ^^f^^^"^

direkte IHokutio«; übertragener Sprachgebrauch: chronologisches schließt, sondern m,t der „texture verbunden ^ d ^ ?e^

Astern: Unlogisches System: Rede- und Gesprächsformen („kom- von Lauten, Silben, Worten usw. (S. [6"^^f^^

"?"nikatives Handlungsspiel"): semantische Relationen zwischen .icher Text is, so gewebt, daß 'JV^^.t^X^SZL

A"ßerungseinhci,en- Tnema - Rhema: Isotopie: Präsupposition. sich hinaus auf eine zu erfahrende Wirklichkeit weist). Diese niedere

Ausführliche Verzeichnisse und Register schließen das Buch ab. Ebene wird durch eine höhere ergänzt: beide

Was der Vf. hier vorleg,, is, der Versuch. Modelle zu erstellen, bilden die Struktur (Sentenzen, Strophen, Szenen Akte). Die Grenzen

Weisen zu schlagen, um dem vom Text „Gemeinten" näherzu- sind fließend, Übergänge erfolgen immer wieder. Im Prinzip kann der

kommen. Den Anspruch dem Textinhalt voll gerecht zu werden, Begriff Struktur auf verschiedenen Ebenen, vom phonetischen Chias-