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Ausgabe:

1984

Spalte:

103-104

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Stroemberg Krantz, Eva

Titel/Untertitel:

Des Schiffes Weg mitten im Meer 1984

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Seite 1

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103

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 2

104

, Altes Testament

Strömberg Krantz, Eva: Des Schiffes Weg mitten im Meer. Beiträge
zur Erforschung der nautischen Terminologie des Alten Testaments
. Lund: CWK Gleerup 1982. 225 S. gr. 8° = Coniectanea
Biblica:01d Testament Series, 19.

Der reiche Inhalt des Bandes wird durch den Untertitel nur unvollkommen
wiedergegeben. Eva Strömberg Krantz bietet nicht nur eine
Begriffsuntersuchung, sondern zugleich Einblicke in ein interessantes
und wichtiges Kapitel altvorderasiatischer und vor allem ägyptischer
Kulturgeschichte. Die Studie fallt deshalb ebenso in das Arbeitsgebiet
des Technik- und Wirtschaftshistorikers wie des Alttestamentiers.
Eine gründliche Auswertung erfährt das umfangreiche und Weit verstreut
publizierte archäologische Material, insbesondere auch der Unterwasserarchäologie
. Dabei werden Quellen und Befunde aus dem
Zeitalter der griechisch-römischen Antike in großer Zahl herangezogen
.1 Der Veranschaulichung dienen 15 Abbildungen. Eine Fundgrube
ist das auch entlegene und ältere Publikationen aufführende
Literaturverzeichnis (204-218).2

Zunächst werden einführende Bemerkungen zur Seefahrt in Altisrael
sowie zu den Kontakten mit seefahrenden Völkern geboten
(11-23). Es schließt sich an eine Erörterung über Wert und Bedeutung
von Hes27,der Hauptquelle für die nautische Terminologie im Alten
Testament (24-31). Ausgegliedert werden die ,Handelsliste' und die
auf Tyros als Stadt - ohne Verwendung der Schiffsmetapher - bezogenen
Verse des Kapitels, also 9b, 11—25a, 27, 33,34b.

Auf die einleitenden Bemerkungen folgt die Erörterung der einzelnen
Begriffe in sachlicher Gliederung: Schiffsbezeichnungen, Schiffsteile
, Schiffbauholz und Schiffbau. Schiffsmannschaft (32-198). Ausdrücklich
ausgenommen bleiben „Termini für beispielsweise Häfen,
Winde und Wellen" (10). Soweit dies zur Erklärung der Schiffsbezeichnungen
dienlich ist, wird aber auf Ladung und Schiffahrtsrouten
eingegangen, wobei auch die Tarsis-Problematik Berücksichtigung
findet (48-51).3

Im Vordergrund der Studie steht die Diskussion der jeweiligen exegetischen
und lexikalischen Tradition und der modernen Erwägungen
zur Präzisierung der Begriffe. Die Vfn. ist dabei trotz sich lebhaft
äußernden Engagements um ein vorsichtiges, abgewogenes und meist
mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehendes Urteil bemüht. Diese
Methode zeigt gelegentlich auch ihre Nachteile, insbesondere bei den
Erörterungen über die Schilfsbezeichnungen in Jes 18,1 f (51 ff, 61 ff).
Hier wird der Leser zwischen verschiedenen, jeweils warm
empfohlenen Deutungen - darunter auch der sachlich problematischen
Hypothese von den ,sehr schnellen Papyrusflößen' - hin- und
hergetrieben, um schließlich zu erfahren, daß alles im/Ungewissen
bleiben muß. Einen ähnlichen Eindruck gewinnt man bei der Lektüre
der Erörterung über das Schiffbauholz (152fT), wo die Vfn. die verbreitete
Neigung nicht zu überwinden vermag, die betreffenden Bauhölzer
von Bäumen herzuleiten, die gerade nicht in der von den Texten
angegebenen Region vorkommen (Abies cilicica) oder für den
jeweils genannten Zweck ungeeignet sind (Juniperus excelsa, Pinus
halepensis).4 Jedenfalls wären hier und in anderen Fragen bestimmtere
Aussagen möglich gewesen. Damit soll aber nicht das Verdienst
der Vfn. geschmälert werden, durch ausführliche Diskussion der Forschungsergebnisse
unter Hinzufügung von eigenen weiterführenden
Beobachtungen und Schlußfolgerungen einen ansehnlichen, unser
Wissen bereichernden Beitrag geleistet zu haben.

Berlin Karl-Heinz Bernhardt

' Mit Ausnahme eines Beispiels aus der Umgegend von Lachisch (8) werden
die nicht allzu seltenen einschlägigen Graffiti in palästinischen Gräbern der hellenistisch
-römischen Zeit (u. a. Bet Sche'arim, Bet Dschibrin) merkwürdigerweise
nicht erörtert oder erwähnt, auch nicht die ganz interessante und aufschlußreiche
Darstellung aus dem Jasongrab bei Jerusalem. Nicht genügend berücksichtigt
werden auch Schiffsbildcr auf Rollsiegeln und Münzen (vgl. A. L.
Ben Eli.Shipsand Parts ofShipson AncientCoins, 1976).

Einiges an wichtigeren Publikationen vermißt man freilich, wie J. Meirat,
Marines antiques de la Mediterranee, 1964; J. S. Morrison, R. T. Williams,
Greek Oared Ships, 900-322 B.C., 1968, oder A. Göttlicher/W. Werner,
Schiffsmodelle im Alten Ägypten, 1971. Die etwas unbefriedigenden Angaben
zu Abmessungen und Tragfähigkeit altvorderasiatischer und antiker Schilfe
(191) hätten angereichert werden können durch Heranziehung der Veröffentlichungen
von G. Kapitän, Schilfsfrachten antiker Baugesteine und Architekturteile
vor den Küsten Ostsiziliens, KLIO 39, 1961, 276-318, und W. Krebs,
Einige Transportproblcmc der antiken Schiffahrt, Das Altertum II, 1965,
86-101.

' Allerdings ist es keineswegs „sicher", daß der Spruch über Tyros,
Jes 23,1-14 wegen der Erwähnung von Tarsis als Zufluchtsort „in die vorexi-
lische Zeit gehört" (50). Die für diese Ansetzung angeführte Begründung - „In
nachexilischer Zeit war Tarsis nämlich eine griechische Kolonie" - wird sich
nicht halten lassen. Nach der Schlacht bei Alalia (535 v. Chr.) blieb Spanien der
griechischen Kolonisation verschlossen.

4 Ausführliche Erwägungen werden auch zur Identifizierung des gophaer-
Holzes angestellt, aus dem nach Gen 6,14 die Arche gezimmert wurde. Die Vfn.
betont, daß sie „keinen der traditionellen Übersetzungsvorschläge akzeptieren"
könne (163). Nun, so sehr weit entfernt ist ihr eigener Vorschlag („Kiefer") von
der seit Gesenius weithin akzeptierten Deutung des gophaer-Holzcs als .harzreiches
Nadelholz' nicht. Auch der von Frau St. entwickelte Zusammenhang
von gophaer und kophaer (= die Materie, die nach Gen 6,14b zum Verpichen
der Arche diente) ergänzt nur, was man z. B. in den Kommentaren von F. Delitzsch
und A. Dillmann bereits nachschlagen kann. Dieser Zusammenhang
führt die Vfn. zur Übersetzung von gophaer mit „Holzteerpech" als dem charakteristischen
Produkt des gophaer-Baumes (wobei allerdings keinesfalls nur
an die Kiefer zu denken wäre). Die weiteren Ausführungen erwecken zunächst
ganz den Eindruck, als sei beabsichtigt, gophaer/Holzteerpech mit dem Dichtungsmittel
kophaer zu identifizieren (165), wie auch schon A. Seidensticker,
Waldgeschichte des Altertums, 1886,1, 325, Noah die Arche mit Pech abdichten
ließ. Der sprachliche Zusammenhang mit dem akkadischen kupru führt
dann die Vfn. aber doch dazu, der traditionellen Auffassung zu folgen und
kophaer mit Asphall wiederzugeben (172. 175). Im Endeffekt ist es also nur eine
ziemlich kleine Maus, die dem Berg der Argumente entschlüpf).

Schweizer, Harald: Metaphorische Grammatik. Wege zur Integration
von Grammatik und Textinterpretation in der Exegese. St. Ottilien:
EOS Verlag 1981. XIII, 346 S. 8* = Arbeiten zu Text und Sprache
im Alten Testament, 15. Kart. DM 38,-.

Haupt- und Untertitel dieses Buches rufen sogleich Neugier und
Fragen hervor. Was ist das - eine „metaphorische Grammatik"? Ist
nicht die „Integration von Grammatik und Tcxtinlcrpretation"
eine Selbstverständlichkeit in der exegetischen Methodik oder sollte
es doch sein? Ist der Vf. etwa unzufrieden mit den bisher eingeschlagenen
Wegen der Exegese und versucht, neue aufzutun? Das ist tatsächlich
der Fall und wird schon im Vorwort spürbar, wenn der Vf.
seinen Haupttitel erklärt (V): „.Metaphorisch' soll einerseits stehen
für experimentelles Suchen, für das Bearbeiten alter Probleme mit
neuem Zugang." Andererseits soll „metaphorisch" auch im Sinn von
„übertragen" gemeint sein: „der traditionelle Bereich einer Grammatik
wird übertragen auf zwei Gebiete (Ausdruckssyntax, Semantik
), und zusätzlich wird ihre Zuständigkeit vom Satz auf den Kontext
hin erweitert, sprachlich wie auch hinsichtlich des Situationskontextes
(Pragmatik)." Mit diesem Dreischritt „Syntax - Semantik - Pragmatik
" ist im wesentlichen auch der Aufbau des Buches beschrieben
und damit sein Anliegen, das es zu einem traditionelle Grammatik
und exegetische Methodik übergreifenden Entwurf werden läßt: Vom
konkreten Einzeltext ausgehend, soll schließlich eine Rekonstruktion
des gesamten Kommunikationsgeschehens erreicht werden.

Daraus wird schon klar, daß der Vf., der in der konsequenten Aufarbeitung
der modernen Sprach- und Literaturwissenschaft ganz
Schüler W. Richters ist, doch eine andere Intention verfolgt als dessen
„Grundlagen einer althebräischen Grammatik" (vgl. ThLZ 105,
1980 Sp. 585f; 107, 1982 Sp. 990- Er sucht seinen eigenen Weg in
Aufnahme und Ablehnung der Anregungen Richters.1 Bescheiden