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Ausgabe:

1984

Spalte:

99-100

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Platvoet, Johannes Gerhardus

Titel/Untertitel:

Comparing religions 1984

Rezensent:

MacKenzie, Peter R.

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99

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 2

100

Platvoet, J. G.: Comparing Religions: A Limitative Approach. An
Analysis of Akan, Para-Creole, and IFO-Sananda Rites and
Prayers. The Hague-Paris-New York: Mouton 1982. XV,~350S.
8° = Religion and Reason. Method and Theory in the Study and
Interpretation of Religion, 24. Lw. DM 98,-.

Das vorliegende Werk, das sich vorwiegend mit traditionellen Religionen
beschäftigt, liefert seinen Beitrag nicht so sehr durch das vom
Autor zusammengetragene Material, als in seiner radikalen Kritik der
bisherigen Religionsphänomenologie, sowie auch in seinem Versuch,
die geläufigen Methodologien durch eine neue Richtung zu ersetzen.
Das vergleichende Element will er beibehalten: Drei räumlich und
zeitlich voneinander getrennte Religionsriten und -gebete sind in der
Tat eingehend miteinander verglichen. Nur sollen die Vergleiche
nicht auf unbegrenzte Weise geschehen, wie es bisher bei Otto, Wach,
Eliade und Heilerder Fall gewesen sei. Denn diese und andere setzen
voraus, daß es so etwas wie einen hämo religiosus gibt, aufgrund
dessen ihre „unbegrenzten" Vergleiche aufgebaut seien. Außerdem
sei es nicht mehr vertretbar, die sozialwissenschaftlichen quantitativen
Methoden außer acht zu lassen, selbst wenn diese in der Gefahr
stünden, das religiöse Phänomen auf allzu formale Einheiten zu reduzieren
. Platvoet glaubt, die Gefahr des Subjektivismus einerseits und
die des Reduktionismus andererseits vermieden zu haben durch eine
weitgehende Begrenzung der vergleichenden Religionswissenschaft,
also „limitative approach to comparing religions". Subjektivistische
Elemente versucht er rigoros aufzudecken. Die persönlichen Lebensgeschichten
der Religionsforscher, einschließlich des Autors selbst,
werden dem Leser vorgelegt. Hinzu kommt der Versuch, alle Werturteile
„permanent" auszuklammern (epoche). Freilich erhebt sich
die Frage an den Autor, warum er gerade jene von ihm selbst nicht erforschten
Riten aufgegriffen hat. Zu erwähnen wäre auch die Vorliebe
des Autors für die Kommunikationstheorie, die sich in der holländischen
Religionsanthropologie entwickelt hat. Von daher ist sein neo-
Tylor'scher Religionsbegriff zu verstehen. Religion sei im Grunde ein
Mitteilungsvorgang, nämlich ein Austausch von Botschaften zwischen
einem oder mehreren Menschen einerseits und andererseits
einem oder mehreren „meta-empirischen" Wesen, an deren Existenz
und Beeinflussung ihres Lebens die Menschen glauben (S. 30). Religionswissenschaft
sei also dementsprechend die Analyse dieses Mitteilungsvorganges
, der sich auf einem „Feld" oder innerhalb eines
„Netzes" durch „Positionen" und „Rollen" abspielt, und sich
letztlich in einem größeren soziopolitischen Rahmen befindet.

Soweit die Theorie. Es folgt eine eingehende „Prozeßanalyse" der
drei Riten. Der erste Ritus heißt Nkyi-Dwo und wurde im Jahre 1921
von dem englischen Kolonialbeamten und Anthropologen R. S. Rattray
an der damaligen Goldküste Westafrikas miterlebt. Nkyi-Dwo,
ein Jahresfest der Akan-Asante, findet im Walde in der Nähe von
Asumegya statt. Der zweite Ritus ist ein Reinigungsritus der Para-
Creolen in Surinam, Südamerika, der 1969-1970 von C. J. Wooding,
selbst ein Para-Creole, beobachtet und aufgeschrieben wurde. Für
diese beiden heiligen Handlungen sind darüber hinaus zum Teil in
genauem Wortlaut Gebete vorhanden. Der dritte Ritus sondert sich
von den anderen insofern ab, als er keine traditionelle religiöse Handlung
darstellt, sondern eine Abendversammlung einer modernen
Kultgruppe in Nordamerika. Keine ausführlichen Gebete sind überliefert
, und die Handlungen waren auf ein Minimum beschränkt. Die
Gruppe wird mit dem Namen „IFO-Sananda" bezeichnet. IFO
bedeutet "Inter-planetary Flying Objects", „Sananda" heißt der
„Astral", ein von Gott gesandtes Wesen, welches der Welt ihr nahestehendes
Ende zu verkündigen habe. Diese Gruppe wurde von religionspsychologischen
Forschern, die sich als Anhänger des Kultes
ausgaben, beobachtet und wohl auch beeinflußt.

Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, wenn wir die
Einzelheiten der kommunikationstheoretischen Ergebnisse verfolgen
würden, die der Autor zur Prüfung anderen Religionswissenschaftlern
vorlegt. Einige Schlußbemerkungen kritischer Natur sind jedoch erforderlich
. Positiv zu bewerten wäre erstens die gründliche und ausführliche
- von öfteren Wiederholungen abgesehen - Prozeßanalyse
der drei Riten. Die eingehende Befragung der Riten und ihre Einordnung
nach formalen Gesichtspunkten geschieht auf eindrucksvolle
Weise und könnte dazu beitragen, die phänomenologischen Kategorien
: heilige Handlung und heiliges Wort zu Gott und von Gott
(Gebet) neu zu durchdenken. Zweitens: der Autor weckt Verständnis
für einen stärkeren Zusammenhang von religiösen Riten und sozialer
und geschichtlicher Umwelt, als es zum Beispiel in Heilers umfassenderer
Religionsphänomenologie (1961) der Fall ist. Zu begrüßen ist
drittens der ausführliche Hinweis auf die mannigfache Art der Subjektivität
und der Vorurteile des Religionswissenschaftlers. Nicht nur
Religionsphänomenologien, sondern auch manche Religionsgeschichte
können hierfür eklatante Beispiele liefern. Letztlich befürworten
wir es, daß ein Werk der vergleichenden Religionsforschung
sich nicht davor scheut, Riten traditioneller Religionen und eine
exemplarische, aus der modernen Welt stammende Kultform auf
einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Etwas bedenklicher für einen,
der sich besonders für traditionelle Religion interessiert, wäre folgendes
zu beurteilen: Die enge Anlehnung an Kommunikationstheorie
und sich daraus ergebende Prozeßanalyse klammert nicht nur die
Subjektivität, sondern auch die rcligionsgeschichtlichen Zusammenhänge
aus. Was m. E. zu kurz kommt, ist ein Gesamtbild der jeweiligen
religiösen Tradition, aus welcher der betreffende Ritus stammt.
Zwar wird auf vielerlei Tatsachen hingewiesen. Diese erscheinen jedoch
in keinem kontinuierlichen Zusammenhang. Die Ansammlung
des Stoffes läßt sich schwerlich unter den drei Riten einordnen. Öfters
müssen wichtige Tatsachen in schwer zugänglichen Anmerkungen
untergebracht werden. Am Ende wird man klüger hinsichtlich vieler
Unterschiede innerhalb der Kategorien heilige Handlung oder Gebet,
hat aber keinen Überblick über die traditionelle Religion der Akan
bzw. Para-Creolen geschweige denn über die sogenannte "invisiblc
religion" Amerikas. Gewiß erfahrt man viel über die drei Riten. Man
läuft jedoch Gefahr, durch das Vielerlei des Stoffes ins Endlose zu
geraten. Durch die ausschließliche Anwendung der Methode der
„Verengung" verlieren die Religionsgeschichte als auch die umfassendere
Religionsphänomenologie an lebensnahem Bezug und Substanz
.

Leicester Peter R. McKenzie

Funke, Meinrad Aloys: Geschäfte mit dem Seelenheil. Zwielichtige Jugendsekten
und ihre Opfer. Berlin: Union Verlag 1983.88 S. 8 M 5,50.

Kuhn, Rolf: L'inspiration religicuse et philosophique en Grcce ä partir des
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Bibelwissenschaften

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Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land. Bd. 2: Der
Süden. Zürich-Einsiedeln-Köln: Benziger: Göttingen: Vandcn-
hoeck & Ruprecht 1982. XXII, 997 S. m. 645 Abb. 8". Lw.
DM 98,-.

Die vorliegende Publikation ist Teil eines dreibändigen Werkes.
Behandelt werden folgende Landschaften Palästinas: Küstenebene,
Negev, Westufer des Toten Meeres, das untere Jordantal (ohne Ost-