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Ausgabe:

1984

Spalte:

908-910

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Köster, Heinrich Maria

Titel/Untertitel:

Urstand, Fall und Erbsuende in der katholischen Theologie unseres Jahrhunderts 1984

Rezensent:

Peters, Albrecht

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 12

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kategorien bezeichnet, in denen sieh die folgende Untersuchung
bewegt: ..Leben" und ..Erfahrung".

Ein zweites Moment gibt dem Buch eine weitere besondere Note: Es
kann nur bedingt für sich genommen werden. Es ist vielmehr faktisch
der zweite Teil eines Entwurfs, der in mehreren Bänden entfaltet werden
soll. Der erste liegt bereits vor: "Man the Symbolizer" (Rom
1981), eine philosophische Grundlegung. Und auf dieser soll nun
fundamentnltheologisch weitergebaut werden, aber das geschieht so,
dal.) - zumal im ersten Teil des vorliegenden Bandes - in größter Ausführlichkeit
- (teilweise seitenlang) aus dem früheren zitiert wird. Auf
diese Weise wird der Anschluß gewahrt, zugleich aber auch eine
gewisse Unabhängigkeit des vorliegenden gewonnen. Und weitere
Bücher über Gott und die Sakramente sollen folgen.

Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist der Begriff des Symbolischen
. ..Symbol" wird dabei zunächst im weitesten Sinne des Wortes
verstanden als "a human work in whieh the sensuous is somehow
meaningful", oder schon ein wenig gelullter: "a sensuous imagc
which terminates a human intcntional Operation, represenls the
imaged reality, and may affect the human world with a manifold
elTicacy" (S. 12. noch einmal wiederholt S. 331). Von da aus erfolgen
dann die weiteren Schritte: Zuerst in Richtung auf die Erkenntnis
einer allgemeinen Offenbarung Gottes ("Man docs not find the trans-
cendent. or God, by leaving his world, but by seeking to understand
more of its mystcry." S. 43). worauf die der speziellen Gottesoffenbarung
folgt: "God revealed himself in word and in deed, and most of
all in the füll reality of his Incarnate Son, Jesus Christ: not only in his
words. as für as they have becn preserves for us, but also in the füll
reality of his being and action as the God-man." (S. 73) Doch nun
erhebt sich die Frage: "Can we say really that God symbolizes, or is
there rather a question of a vast variety of human symbolizing in
which men have projected images of their intimations of God?"
(S. 76) Die Antwort lautet: "Both. God and man symbolize, and they
do so differently, at diflferent stages in the whole process of God's self-
manifestation, and with different rcsults." Etwas genauer wird dann
unterschieden: "In such symbolizing, God takes the initiative, 'appea-
ring' in modes which we can only conjecturc, acting in human history,
and especially 'speaking'. Whatevcr be the mode of such 'speech', the
spoken word or the coneept directly communicated to a man or a
woman is an adaption of human modes of symbolizing. . . . God uses
and adapts human Symbols." (S. 77) Dann aber gilt auch das andere:
"Yct man too has a role in the whole course of God's special rcvela-
tion.... Actual formulation of the revealed truth is the work of the
human symbolizer who first recounts direet experience of reeeiving
the revclation, or who in the long process of passing on the revealed
truth. employs his own human resources. linguistic and other, to
express the truth." (S. 78)

Entsprechend diesem Ansatz ist der ganze erste Teil des Buches
überschrieben "The total process of God's self-manifestation"-
(S. 1 1-220) mit den ersten raumgewinnenden Schritten "Human
symbolizing and Symbols", "Divine symbolizing and symbols" und
"Revclation" ("God does symbolize ... in ways which are analogous
to human symbolizing." S. 60) und seinem Ziel (dem umfangreichsten
Kapitel in diesem Teile) "Living in the Church" (S. 156-220). in dem
der Gesichtspunkt der „Gabe" (gift) eine zentrale Rolle spielt, sowohl
als Erfahrung persönlicher Begabungen (Charismen) wie auch als
Anteilnahme am sakramentalen Leben der Kirche.

Der zweite Teil (S. 221-378) ist überschrieben "Theology". Hier
wird nun gleichsam auf einer höheren Ebene der Weg noch einmal
wiederholt, angefangen bei der "matrix" "Theology as an activity is
symbolizing" über "Symbolizing and symbols in theology", das Verhältnis
von Exegese. Dogma und Theologie bis hin zur abschließenden
Überlegung "Theology in the life of a theologian" ("because
theologizing is a way of living in the Church. a way of symbolizing. a
way of communicating both onc's understanding of the Mystcry and
something of one's total response." S. 364). Und damit wird im
(irunde der Bogen geschlossen. Denn was der Autor hier abschließend

mitzuteilen hat. ist sehr persönlich bestimmt und gibt so eigentlich
erst die rechte Antwort auf die Eingangsfragc: Was ist das. Theologie?
- Ein wirklich interessanter Versuch, der gewiß seine katholischen
Wurzeln nicht verleugnet, aber sich doch auf einer Ebene bewegt, auf
der gemeinsame Erfahrungen und wohl auch ein gemeinsames Leben
und Bezeugen des Glaubens möglich scheinen.

Schöneiche hei Berlin Hubert Kirchner

Systematische Theologie: Dogmatik

Köster, Heinrich L: Urständ, Fall und Erbsünde in der katholischen
Ideologie unseres Jahrhunderts. Regensburg: Pustet 1983. 284 S.
gr. 8" = Eichstättcr Studien, N. F. XVI.

Diese Studie belegt und entfaltet die knappe Skizze zur „neueren
Diskussion" (§ 16) des Faszikels 3c des II. Bandes im Handbuch der
Dogmengeschichte. Wie die beiden von demselben Verfasser erarbeiteten
Faszikel zu „Urständ, Fall und Erbsünde. In der Scholastik"
sowie „Von der Reformation bis zur Gegenwart" (vgl. auch die
Besprechung von W. Andersen. ThLZ 105, 1980 Sp. 691 f. zum erstgenannten
Band), ist auch diese Ergänzung äußerst materialreich und
informativ. Unter dem Stichwort: „Die Herausforderung" (Kap. I.
S. I 1-57) setzt sie mit neuzeitlichen „außerkatholischen Konzepten"
ein. Zwei Anglikancr, der Rcligionsphilosoph Frederik Robert
Tcnnant (1866-1957) und der Theologe Norman Powel Williams
(1883-1943), sollen belegen, wie man die liberale Sicht der Ursünde
lilcrarkritisch, ethnologisch und traditionsgcschichtlich expliziert
und zugleich systematisch mit der Evolutionstheorie zu verknüpfen
sucht. Darauf wird Tillichs Rückgriff auf Schelling und Hegel vorgeführt
. Barths Gegenbild zum Sohnesgehorsam Jesu Christi nachgezeichnet
, Emil Brunners pcrsonal-cxistentiale Rezeption angedeutet
und Althaus' Aufnahme des „Reiches der Sünde" skizziert. - In einem
zweiten Ansatz zeigt der Verfasser auf. wie die Kernthesen der Aufklärung
, wenn natürlich recht behutsam und unter intensivem Ringen,
auch in der katholischen Theologie rezipiert wurden: das Mitspracherecht
von Vernunft und Humanwissenschaften im Blick auf den
Ursprung unseres Geschlechts; die literarische Eigenprägung von
Gen 2 und 3; die Vereinbarkeit nicht nur des Monogenismus
(Abstammung von einem einzigen Menschenpaar), sondern auch des
Monophylctismus (Durchbruch in einem Phylum) oder gar eines
Polyphyletismus (in mehreren Phylen) mit dem biblischen Zeugnis:
Forderung nach einer radikalen Neufassung des tradierten Lchr-
komplcxcs. Diesergleicht gegenwärtig „einer Bauhütte, aufder fieberhaft
gearbeitet wird" (S. 57).

Ein zweites Kapitel expliziert die sich herauskristallisierende „neue
Sicht der heilsgeschichtlichcn Anlange" (S. 63-115). „Auf dem Prüfstand
der Bibel Wissenschaft" wird deutlich, daß sich die Erzählung des
Jahwistcn von menschlicher Verfehlung und göttlicher Strafe
(Gen 2-3) in Israels Heilsgeschichtc als Vorbau einfügt und „Adam"
gemäß altorientalischen Clan-Denkens eine korporative Person bildet
: mythische Symbole sind schon weithin transponiert. Nicht ganz
erkannt ist. daß die ersten Kapitel der Bibel in Grundtexten von
Stammesreligoncn wurzeln, die noch hinter die Hochkulturen
zurückreichen. Über ihren hohen humanen, religiösen und literarischen
Rang hinaus, hält man katholischerscits fest am „Wort eines
inspirierten Autors" (S. 75). Zugleich werden die in der kirchlichen
Überlieferung einseitig herausgestrichenen Kapitel ins Gcsamlzcug-
nis des Alten Testamentes integriert, hierbei tritt unser unausweichliches
Verstricktscin und die Generationen übergreifende Solidarität in
der Ursünde heraus. Die zwischcntcstamentliche Sicht ordnet die sog.
Engclehen (Gen. 6,1-4) dem Fall der Menschen voran und rückt hierbei
den Verlust paradiesischer Herrlichkeit in apokalyptische Düsternis
. Paulus und Johannes polen dies christozentrisch um: schon die
synoptische Versuchung Jesu wird zum Antityp des Unfalls ausgestaltet
. Danach wird der Streit der Ausleger um Rom 5,12-21 knapp resü-