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Ausgabe:

1984

Spalte:

879-881

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Werner, Fritz

Titel/Untertitel:

Die Wortbildung der hebraeischen Adjektiva 1984

Rezensent:

Jenni, Ernst

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 12

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zurückhaltende Anerkennung von der Selbständigkeit der Reichsstädte
. In dem Sinne scheint also Luthers Stellungnahme zu den jeweiligen
Ständen sowohl von seinem begrenzten Ausblick als auch von
fehlendem Verständnis der sozialen Struktur mitbestimmt gewesen zu
sein. Das ist zwar keine Überraschung, aber die erwähnten Aufsätze
geben neue Anregungen, um über diese Dinge weiter nachzudenken
.

Die zunehmende Enttäuschung Luthers war, wie bekannt, mit einer
verstärkten Wut gegen die Feinde des Evangeliums verbunden. Auch
seine Stellung zu den Erzfeinden muß natürlich in diesem Werk
analysiert werden. Das geschieht in drei Beiträgen über „Luther und
das Papsttum" (H. Kirchner), über seine Stellung zu den Juden
(H. Oberman) und zu den Türken (R. Mau). Kirchner liefert eine gute
Darstellung der Polemik Luthers gegen den Papst, besonders seit dem
Jahre 1530, und schließt, was wohl in diesem Fall auch naheliegend
ist, mit einigen Bemerkungen über die Papstfrage im heutigen ökumenischen
Gespräch. Oberman unterscheidet zwischen Luthers „Judenschau
", die in ihrem Zusammenhang mit seiner Gcschichtsschau konstant
geblieben sei, und seiner taktisch-politischen Haltung zu den
Juden, die sich je nach der Lage verändert habe. Die Steigerung seiner
Angriffe gegen die Türken und den Papst in den späteren Jahren entspricht
der zunehmenden Hervorhebung der Juden als Partner im diabolischen
Bund der Endzeit. Nur in diesem Kontext werde Luthers
Stellung verständlich, während sie ohne die theologische Grundstruktur
bei ihm zum neuzeitlichen Antisemitismus werden könne. „Das
ist geschehen", schließt Oberman (S. 530). Viel weniger behandelt in
der neueren Literatur sind Luthers Türkenschriften. Rudolf Mau gibt
eine differenzierte Analyse von Luthers Haltung durch die Jahre.
Auch er hebt das eschatologische Gepräge von Luthers Predigt gegen
die Türken hervor. Die Gleichzeitigkeit von Türkenkrieg (nicht
Kreuzzug!) und geistlichem Kampf, in der Besinnung der Buße, wird
betont.

Drei weitere Beiträge müssen noch erwähnt werden: Über „Luthers
Beziehungen zu Kunst und Künstlern" schreibt Elfriede Starke, deren
große Bedeutung für die Neugestaltung der Luthcrhalle in Wittenberg
ja bekannt ist. Die Aufnahme dieses Themas ist durchaus zu
begrüßen, macht es vielleicht aber noch erstaunlicher, daß „Luther
und die Musik" keine selbständige Behandlung gefunden hat. Frau
Starke berichtet aus ihrer reichen Sachkenntnis über Luthers Stellung
zu den Bildern in den Kirchen, über Anknüpfungspunkte zwischen
Luther und Dürer und Cranach d. Ä., über die Illustrationen in
Luthers Büchern und über die Verwendung der bildenden Kunst zur

Darstellung reformatorischer Gedanken oder im Dienst der Polemik.
„Luthers Verhältnis zur theologischen und philosophischen Überlieferung
" ist ein großes Thema, aber es gelingt W. Mosten erstaunlich
gut, auf knappem Raum (22 Seiten) die zentralen Themen zu
charakterisieren. Hier, wie in vielen anderen Beiträgen, muß mit
einem Rückblick auf die Zeit bis 1525 angefangen werden. Als entscheidendes
Kriterium für Luthers Verständnis und Beurteilung der
Tradition wird mit Recht seine Deutung der Inkarnation genannt. Mit
einem kurzen Überblick über „Quellen und Hilfsmittel zum Lutherstudium
" (H.-U. Delius) wird diese lange Reihe von Aufsätzen abgeschlossen
.

Es ist mir klar, daß dieser kurze Überblick über den Inhalt des großen
Werkes bei weitem nicht zureicht. Eine Präsentation ganz anderer
Art ließe sich durchaus denken, z. B. indem der Rezensent einfach die
nach seiner Auffassung wirklich weiterführenden Aspekte hervorgehoben
und alles andere unberücksichtigt gelassen hätte. Da die Verfasser
aber an die ihnen gestellten Aufgaben gebunden waren, wäre
eine solche Verhaltensweise vielleicht nicht ganz billig gewesen. Es
schien mir darum sinnvoller, einfach kurz über sämtliche Beiträge zu
berichten, wobei es hoffentlich geglückt ist, die Stellen hervorzuheben
, die der Lutherforschung in besonderem Maße neue Anregungen
geben können. Auch viele von den Beiträgen, die vielleicht beim
ersten Blick dem Lutherforscher nicht besonders ergiebig vorkommen
, werden sich möglicherweise durch ihren ausführlichen Anmerkungsapparat
doch als sehr nützlich zeigen. Dazu kommt, daß dieses
Werk wohl nicht nur für die Lutherforschung berechnet ist. Die von
Delius ausgearbeiteten Hinweise auf Quellen und Hilfsmittel zum
Lutherstudium zeigen, daß man einen viel größeren Kreis im Auge
hatte.

Viel Mühe muß es gekostet haben, um dieses stattliche Werk zu
schaffen. Gewiß sind nicht alle Lücken geschlossen, aber es ist schon
so viel geleistet worden, daß man dem Theologischen Arbeitskreis für
Reformationsgcschichtliche Forschung und dem Herausgeber gratulieren
kann. Daß kein einheitliches Lutherbild in diesem Werk geboten
wird, ist wohl nicht so traurig, denn wie ließe sich ein solches Bild
zeichnen? Wohl nur auf Kosten der Horizontbegrenzung des einzelnen
Forschers. Auch unter diesen Bedingungen muß man sich zwar
immer noch nicht nur eine, sondern mehrere Biographien wünschen,
die also von diesem Werk nicht ersetzt werden können. Hier wird
dagegen gerade durch die Mannigfaltigkeit die nie zu Ende kommende
Diskussion weitergeführt.

Altes Testament

Werner. Fritz: Die Wortbildung der hebräischen Adjektiva. Wiesbaden
: Harrassowitz 1983. 593 S.gr. 8*. Kart. DM 98,-.

Die umläng- und informationsreiche Arbeit zur hebräischen Wortbildungslehre
ist von Ch. Rabin in Jerusalem angeregt und betreut
worden. „Hebräisch" bezieht sich dabei nicht etwa nur auf das Bibelhebräische
, sondern auch auf die rabbinische, mittelalterliche und
moderne israelische Sprache. Unter „Adjektiv" werden ohne längere
sprachtheoretische Auslührungen die in den neueren Wörterbüchern
(vor allem demjenigen von A. Even-Schoschan) als Adjektiva gekennzeichneten
Stichwörter verstanden, insgesamt etwas über 8000 lexikalische
Einheiten. Nach Abzug der neueren Fremdwort-Adjektiva
und der übrigen aus einem (unveränderlichen) Basiselement + Deriva-
tionssuffix gebildeten modernhebräischen Adjektiva verbleiben 5689
Einheiten, die als Bildungen aus einer Wurzel (Konsonantengerüst) +
Schema (Vokale. Vor- und Nachsilben) interpretiert werden können.
Sie verteilen sich auf 109 Schemata, traditionell Mischqalim genannt,
von denen 15 speziell Partizipien bilden. In der Gesamtzahl der

Adjektiva sind die nach einem Partizipialschema gebildeten Adjektiva
mit etwa zwei Dritteln sehr stark vertreten.

Während in den umfangreichen Nachschlageteilen des Buches
(S. 215-320: Die Ordnung der hebräischen Adjektiva nach morphologischen
Gruppen; S. 473-590: Alphabetisches Register der hebräischen
Adjektiva) das Material vollständig und nach Sprachperioden
indexiert dargeboten wird, kann die genauere Diskussion der sprachlichen
Fakten angesichts der Fülle der Daten nur partiell erfolgen. So
werden von den 109 Schemata nur die ersten 21 (darunter die produktiven
Bildungen qatul. gattäl, qSßl, qalil, qalol, qütcl) mit insgesamt
803 Adjektiven behandelt. Bei den Inhaltsklassen sind es nur drei
typische Gruppen, bei denen eine vollständige Untersuchung angestrebt
wird, nämlich die Farbadjektiva, die Adjektiva, die einen möglichen
Vollzug der Handlung ausdrücken, und die Krankheits- und
Gcbrechensadjektiva. In allen Fällen wird darauf geachtet, ob die
Form- bzw. Inhaltsklasscn produktiv sind und inwieweit die neugebildeten
Vokabeln nach dem Urteil von kompetenten Sprechern
heute noch akzeptabel erscheinen.

Im folgenden seien speziell die Tür die Bibelwissenschaft relevanten
Ausführungen hervorgehoben. Die Arbeit beginnt nach einem aus-