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Ausgabe:

1984

Spalte:

65-66

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Abraham, William J.

Titel/Untertitel:

Divine revelation and the limits of historical criticism 1984

Rezensent:

Schmithals, Walter

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Seite 1

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65

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1

66

Dieser letzte Abschnitt macht noch einmal den Horizont und damit
auch die Begrenztheit dieser Studie deutlich. Sie ist ein notwendiger
und hilfreicher Beitrag zum ökumenischen Gespräch über die Schrift
aus evangelikaler Sicht. Ob die Studie ihre eigentlichen Adressaten
wirklich erreicht und imstande ist, sie in dieses Gespräch hineinzunehmen
, ist eine andere Frage. Nicht nur ihre manchmal etwas ausufernde
und stark wiederholende Darstellungsweise, sondern vor
allem die offengebliebenen Punkte könnten dem entgegenstehen.
Wenn schon an der Lehre der Inspiration modifiziert festgehalten
wird, wüßte man gern mehr über ihre Bedeutung.

Kamenz Hans-Joachim Kühne

Abraham, William J.: Divine Revelation and the Limits of Historical
Criticism. Oxford: Oxford University Press 1982. 222 S. 8 Lw.
£ 13.50.

In seinem 1981 erschienenen Buch über 'Divine Inspiration of
Holy Scripture' (vgl. dessen vorstehende Besprechung) war Abraham,
Lehrer an der Seattle Pacific University, für die Unterscheidung von
göttlichem Offenbarungshandcln und Verbalinspiration eingetreten.
Sein vorliegendes Buch schließt sich an die dort begonnene Argumentation
an. In acht Kapiteln, zwischen einer Einleitung und einer
Conclusion' eingeschlossen und durch knappe Anmerkungen und
einen Index ergänzt, befaßt sich der Autor mit dem Thema 'Offenbarung
', und zwar derart, daß er in den ersten vier Kapiteln einen
Offenbarungsbcgriff verteidigt, der mit besonderen Akten göttlicher
Offenbarung in Gestalt von "divine intervention of a substantial sort"
rechnet, weil ohne dieselbe die christliche Tradition schwerlich haltbar
wäre, in den folgenden vier Kapiteln aber den Nachweis versucht,
daß die Annahme besonderer göttlicher Offenbarungsakte ohne die
Preisgabe naturwissenschaftlichen oder historisch-kritischen Denkens
•möglich ist. Seine ganze Argumentation hat das Ziel, zwischen Wissenschaft
und Glaube zu vermitteln und evangelikalen Theologen die
Furcht vor wissenschaftlicher Theologie zu nehmen.

'n Kap. 1 verteidigt der Autor den traditionellen Gedanken, daß
Gott sich nicht nur allgemein in Schöpfung und Geschichte, sondern
auch bestimmten Personen durch direkte Anrede offenbart, zumal
dieser Gedanke dem Gottesbegriff nicht widerspreche wie z. B. "the
'dea of God kickinga football orGod washingHissocks"(22).

In Kap. 2 verteidigt Abraham die Wunder insoweit, als sie zwar
keine sicheren Hinweise auf Gottes Offenbarung sind, sich wohl aber
s|nnvoll und hilfreich dem Offenbarungshandeln Gottes einfügen.

'n Kap. 3 fragt er, ob die Inkarnation ein für die christliche Offenbarung
notwendiges Geschehen sei. Er bejaht diese Frage. Mit der
realcn Inkarnation Bete eine wichtige Stütze des Bekenntnisses hin,
"»hat God lovesus"(63).

Ln Kap. 4 - "Divine Action and Mythology" - bleibt der Autor
beim Thema .Inkarnation'. Die biblischen Berichte von der
Schöpfung und vom Sündenfall sind Mythen, die allgemein einsich-
ll8e Aussagen über Gott und Mensch erzählend vortragen. Das gött-
llchc Erlösungsgeschchen ist dagegen keine allgemein einsichtige
Wahrheit und würde, als Mythos verstanden, seine Wahrheit verliefen
. Darum ist auch die Inkarnation kein Mythos, und Kierkegaards
nota bene' genügt dem Glauben nicht.

D'e in den ersten vier Kapiteln entfalteten Kriterien der göttlichen
0ffcnbarung halten, wie Abraham in Kap. 5 zeigt, den Ansprüchen
e'ner kritischen Geschichtswissenschaft stand, die freilich Kategorien
w>e Analogie - die Inkarnation kenne ihrem Wesen nach keine Analoge
- und Korrelation (Kausalität) nicht absolut setzen darf. Wenn
also der Historiker als solcher auch nicht von göttlichem Handeln
sprechen kann, so kann er ein solches doch auch nicht ausschließen.

°as gilt, so zeigt der Verfasser in Kap. 6 - 'Divine Intervention and
Historical Warrants' -, auch angesichts des modernen wissenschaft-
bchen Weltbildes. Dies herrsche keineswegs überall, und wunderbares
göttliches Handeln darf man nicht als Vergewaltigung der Naturgesetze
verstehen, sondern muß sie als eine besondere Weise göttlichen
Handelnsansehen.

In Kap. 7 kehrt der Autor noch einmal zu dem Verhältnis von
Theologie und Geschichtswissenschaft zurück. Der Historiker, der
seine Grenzen nicht überschreitet, muß dem Theologen ein eigenes
Recht hinsichtlich des .Historischen', soweit es sich um besondere
Offenbarungen Gottes in der Geschichte handelt, zubilligen. "To give
different labels to different professions will release them both to deve-
lop their skills with a senseof freedom and independece"(162).

In Kap. 8 macht Abraham das Problem der Auferstehung Jesu, das
bereits in den Kap. 6 und 7 begegnete, zur Leitfrage. Die Auferwek-
kung Jesu ist ein persönliches Handeln Gottes. Persönliches Handeln
aber unterliegt auch beim Menschen nicht den naturwissenschaftlichen
Gesetzen, und demzufolge fällt auch die Frage nach der Wirklichkeit
der Auferstehung Jesu nicht in die Kompetenz des Naturwissenschaftlers
. Überhaupt setze wissenschaftliches Denken nicht voraus
, daß es für alle Ereignisse auch eine wissenschaftliche Erklärung
gebe.

Der Autor entfaltet seine Gedanken im allgemeinen in Auseinandersetzung
mit älteren und neueren Forschern wie John Locke, J. B.
Mozley und Ernst Troeltsch sowie mit Gabriel Moran, Basil Mitchell,
Maurice Wills, John Hick, T. A. Roberts, H. H. Rowley, M. L. Diamond
und anderen, deren Ansichten er sorgfältig referiert und an
deren wirklichen und vermeintlichen Inkonsequenzen er seine eigene
Position profiliert.

Seine Methode nennt Abraham .philosophisch', und zwar im
Unterschied von der .historischen' Theologie, wie sie von den Exege-
ten entwickelt worden sei, die zwar viele Einzelfragen einleuchtend
beantworten, aber dabei die Frage nach der Wahrheit der Offenbarung
aus dem Auge verlieren. Indessen ist auch die von Abraham bevorzugte
.philosophische Theologie' schwerlich geeignet, die Wahrheitsfrage
zu entscheiden, und der Verfasser räumt ein, daß er für Christen
schreibt (7), und zwar für solche, die .Offenbarung' als "divine intervention
of a substantial sort" für eine Voraussetzung ihres Glaubens
erachten. Ihnen vermittelt er mit Geschick und Einfühlung und viel
kunstvoller Logik ein gutes Wissen hinsichtlich der Grundlagen ihres
Glaubens gegenüber dessen Infragestellung durch Geschichts- und
Naturwissenschaft, deren Lücken und Grenzen geschickt ausnutzend.
Ob jene Zeitgenossen, die auf .Analogie' und .Korrelation' als Kriterien
für verläßliche Wahrheit nicht verzichten wollen, sich damit von
der christlichen Wahrheit ausschließen, sagt der Autor nicht.

Der seelsorgcrlichc Elan seines Buches ist unverkennbar, dessen
wissenschaftlicher Rang angesichts des begrenzten Adressatenkreises
und wegen des Fehlens exegetischer, historischer, hermeneutischer
und religionsgeschichtlichcr Fragestellungen begrenzt.

Berlin (West) Walter Schmithals

Praktische Theologie: Allgemeines

Zusammenhang von Lehen, Glauben und Lernen. Empfehlungen zur
Gemeindepädagogik. Vorgelegt von der Kammer der Evangelischen
Kirche in Deutschland für Bildung und Erziehung. Hrsg. von
der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Gütersloh: Güterioher Verlagshaus Gerd Mohn 1982. 128 S. 8"
Kart. DM 7,80.

Was ist Gemeindepädagogik? Historisch gesehen ein junger Begriff
(vgl. E. Rosenboom: Gemeindepädagogik, in: Der evangelische Erzieher
1974, S. 25-40). Inhaltlich gesehen ist es ein Integralionsprogramm
. Es ist also wederein neues Arbeitsfeld in der Gemeinde noch
eine kurzatmige Modeerscheinung oder gar ein besonderes intensives
Arbeitsfeld von Spezialisten. Was soll integriert werden? Darauf sind
mehrere Antworten zu geben: Die Tendenz zur Verselbständigung
gemeindlicher Arbeitszweige ist in ein sinnvolles Miteinander umzu-