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Ausgabe:

1984

Spalte:

856-857

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Siegert, Folker

Titel/Untertitel:

Argumentation bei Paulus, gezeigt an Röm 9 - 11 1984

Rezensent:

Siegert, Folker

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. I I

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Entwicklungen in der DDR). Bemerkenswert hier: die Überlegungen zur Kinder
- und Erwachsenentaufe (235f, 2450. zur Taufe im Hauptgottesdienst
(2430. zum Verständnis der Konfirmation (2520. Im Blick auf die 1965 noch
selbstverständliche Kongruenz von christlichem und allgemeingesellschaft-
lichem Eheverständnis wird jetzt von einer „verschärften"' Problemstellung
gesprochen (284). Energisch wird daran festgehalten, daß beim Begräbnis auch
am Verstorbenen gehandelt wird (296). Kap. 16 („Die Ordinations-, Einseg-
nungs- und Einfijhrungshandlungen", 309-322) nimmt ökumenische Aussagen
zum Amtsverständnis (Aecra 1974; 310) und die inzwischen erfolgte Revision
des Ordinationsformulars von 1951 auf (nicht jedoch das inzwischen von allen
evangelischen Landeskirchen in der DDR rezipierte neue Ordinalionsfor-
mular). Kap. 17 („Die Einweihungshandlungen". 323-328) wurde gekürzt. Ein
als Anhang beigegebencs kleines liturgisches Wörterbuch sowie Literalurhinweise
runden das Buch ab.

Der Grundriß erhebt nicht den Anspruch, eine „eigenständige liturgiewissenschaftliche
Untersuchung" zu sein (5) und will auch keinesfalls
an die Stelle liturgiewissenschaftlicher Standardwerke treten.
Dennoch wäre eine stärkere Berücksichtigung neuerer liturgicwisscn-
schaftlicher Fragestellungen und Forschungsergebnisse durchaus
wünschenswert gewesen; sie hätte dazu beitragen können, manche
Lücken, auch Ungenauigkeiten in den historischen Passagen abzubauen
, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann.
Als umfassende Einführung in das lutherische Agendenwerk und die
liturgische Praxis der lutherischen Kirchen ist der neuaufgclegtc
Grundriß jedoch in seiner Art einmalig und verdient von denen in
Anspruch genommen zu werden, für die er gedacht ist: Er „will eine
pädagogische Hilfe sein für Studenten der Theologie und Kirchenmusik
, für Pfarrer und Kantoren im praktischen Amt, fürGemeinde-
glicdcr, die liturgische Entscheidungen zu fallen oder gottesdienstliche
Aufgaben zu übernehmen haben" (5).

Leipzig Karl-Heinrich Bicritz

sungen sowie ausgewählte Literaturhinweise runden das Bild und
maehen die Sammlung zu einem unentbchrliehen Instrumentarium
künftiger liturgicwissenschaftlichcr Arbeit.

Die Konstitution „Sacrosanctum Concilium" vom 4. 12. 1963
eröffnet die Sammlung; mit Ausnahme des Motuproprio „Pastorale
munus", das bereits vom 30. I I. 1963 datiert ist, sind alle folgenden
Dokumente in chronologischer Reihenfolge angeordnet. Aus Texten
von umfassenderer Bedeutung, die nicht ausschließlich liturgische
F ragestellungen behandeln (z. B. aus verschiedenen Konzilsdokumenten
), werden nurdie liturgisch bedeutsamen Passagen geboten. Im
Anhang finden zwei Dokumente aus den Jahren 1965 und 1969 Aufnahme
, die zwar veröffentlicht wurden, aber keine Rechtskraft erlangten
.

„Wenn die liturgische Erneuerung auch nie als beendet angesehen
werden kann und daher weiter liturgisch relevante Dokumente
erscheinen werden, ist doch damit zu rechnen, daß innerhalb von
zwanzig Jahren nach Verabschiedung der Konstitution über die heilige
Liturgie im Jahre 1963 die größte Zahl der Reformdokumente
veröffentlicht sein wird", sehreibt H. Rennings im Vorwort (8). In der
Tat: Der Zeitpunkt seheint gekommen, um den Versuch einer zusammenlässenden
Darstellung und Würdigung dieser auf ihre Weise einzigartigen
.Liturgicreform von oben' zu wagen. Für eine solche noch
zu schreibende „genetische Erklärung" der erneuerten römischen
Liturgie leistet die vorliegende Dokumentensammlung eine wiehlige
Vorarbeit.

Leipzig Karl-Heinrich Bicritz

Referate über theologische
Dissertationen in Maschinenschrift

Dokumente zur Erneuerung der Liturgie. Hrsg. von Heinrich
Rennings und Martin Klöckener. Bd. 1: Dokumente des Apostolischen
Stuhls 1963-1973. Hrsg. von Heinrieh Rennings unter Mitarbeit
von Martin Klöckener. Kevelaer: Butzon & Bercker 1983.
1384 S. 8°. Geb. DM 93,-.

Am 4.12.1963 wurde die Liturgickonstitution des II. Vatikanischen
Konzils promulgiert. Die Fülle der Dokumente, die in den
beiden Jahrzehnten seither im Zuge der nachkonziliaren Liturgiereform
vom Heiligen Stuhl und teilkirchlichen Autoritäten veröffentlicht
wurden, ist selbst lürdenjenigen verwirrend, derdie Entwicklung
aufmerksam verfolgt hat. Um so dankbarer darf man Für diese Publikation
sein, mit derdie Herausgeber versuchen, die in Frage kommenden
römischen Dokumente in einer möglichst authentischen deutschen
Textfassung im Rahmen einer geschlossenen, auf Vollständigkeit
bedachten Sammlung darzubieten. Der jetzt vorliegende Band
enthält die Dokumente der Jahre 1963 bis 1973; ein zweiter Band lür
die Jahre 1974 bis 1983 ist geplant. Dieser soll auch das Gesamtregister
für beide Bände enthalten.

Mit ihrem Unternehmen können sich die Herausgeber an das 1976
von Reiner Kaczynski publizierte „Enchiridion Documentorum
Instaurationis Liturgicae" anschließen, das die einschlägigen lateinischen
(bzw. sonst originalsprachigen) Texte enthält. Sie übernehmen
die dort eingeführte fortlaufende Numerierung der Dokumente und
ihrer einzelnen Abschnitte und ermöglichen so einen sich wechselseitig
ergänzenden, aufeinander bezogenen Gebrauch beider Sammlungen
in Forschung und Lehre. Über das „Enchiridion" hinaus bietet die
vorliegende Sammlung eine Reihe von Texten, die dort keine Aufnahme
fanden. Bemerkenswert ist weiter die Tatsache, daß etwa ein
Drittel der hier zusammengestellten Texte bisher noch nicht oder nur
auszugsweise in deutscher Übersetzung vorlag: von den Herausgebern
war also auch eine erhebliche Übersetzungsarbeit zu leisten. Angaben
zu den Fundorten der jeweiligen lateinischen und deutschen Tcxtfas-

Siegert, Folker: Argumentation bei Paulus, gezeigt an Röm9-IL

Diss. theol. Tübingen 1984. 354 S.

Sinnfragen sind etwas anderes als Herkunftsfragen. Der oft emplün-,
denen Schwierigkeit des Verständnisses paulinischer Erörterungen
wird hier begegnet mit einer Analyse nicht der Textentslchung, sondern
der Textstruktur und der Prozesse zwischen Text und intendierten
Lesern. Abschnitt I dellniert .Argumentation' als sprachliches
Problemlösungsverhalten unter Prämissen der Zwanglosigkeit. Seine
Regeln sind eingebunden in soziale Konventionen der betr. Sprachgemeinschaft
und insofern auch Gegenstand historischer Forschung-
Die teils noch antike, teils modern erweiterte Terminologie der
Analyse (Ch. Perelman) wird zunächst an einem dem Paulus sicher
bekannten Texteorpus. der Scptuaginta, exemplifiziert. Abschnitt -
repetiert ergänzend Grundbegriffe der Linguistik und der Semiotik.

So ausgerüstet, analysiert Abschnitt 3 im Detail, wie Paulus in
Rom 9-1 1 das Problem der Ablehnung des Evangeliums durch die
Mehrheit der Juden nach Analogie alttestamentlieher Vorgänge als
Wirken Gottes erklärt: Vom Evangelium in ihrem religiösen Besitzstand
(„Werke") provoziert („verstockt"), verwerfen gerade fromme
Juden den Plan Gottes und fördern ihn damit. Der Segen Abrahams
breitet sich aus zu den Heiden; doch auch die endliche Wiedergewinnung
des gesamten jüdischen Volkes durch Christus ist für Paulus
sieher aufgrund des Bundes Gottes mit den Erzvätern und aufgrund
seiner eigenen Erfahrung, wie Gott durchs Evangelium berufend
wirkt. Die Lehren von einer „Schuld der Juden", einer gemina prae-
destinatio, einem servum arbitrium und v. a. die Forderung eines
satrificium intelleclus werden als Mißverständnisse zumindest des
Römerbriefes zurückgewiesen.

Abschnitt 4 charakterisiert aufgrund des Befundes in Rom 9-1 '
und in allen echten Paulusbriefcn die paulmische Argumentation im
allgemeinen. Paulus benützt. abgesehen von notwendigen Vorausscl-