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Ausgabe:

1984

Spalte:

797-798

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

King, Martin Luther

Titel/Untertitel:

Die Kraft der Schwachen 1984

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1 1

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Aber ..trotz des vielen Geredes von der Teilung der Macht sind wir
heute durch die Rassengrenze weiter davon entfernt als 1910 bei der
Gründung der südafrikanischen Union." (S. 72)

In der Position eines gewählten Ministerpräsidenten ist der Spielraum
eines mutigen Politikers auch in Südafrika nicht gering.
Buthelezi setzt aber vor allem auch auf die Möglichkeiten, die ihm als
Angehörigen des alten Zulu-Königshauses durch das Vertrauen des
Volkes gegeben sind. Seine gewaltfreie, vor allem auf kulturelle Aufgaben
ausgerichtete ,,Befreiungsbewegung" INKATHA hat mit
300 000 Anhängern die Massen erreicht. In ihr sollen die Ziele eines
friedlichen gleichberechtigten Zusammenlebens von Schwarz und
Weiß angestrebt werden. Sie hilft, die politischen Ideen und Mittel
Buthelezis mit Nachdruck zu versehen. Die Verweigerung gegenüber
der Regierung in Pretoria zum Beispiel, wenn es dieser darum geht,
mit führenden Politikern der „homelands" die Apartheid zu befestigen
, oder die Schilderung der wirklichen Verhältnisse vor allem in
auswärtigen Massenmedien, wenn offizielle Darstellungen das Bild zu
sehr verzeichnen. Diese und andere Aktionen können mit Erfolg eingesetzt
werden. Wie wirksam sie sind, zeigt die Tatstiche, daß es
buthelezi gelungen ist, die Verleihung des Unabhängigkeits-Status an
KwaZulu bis heute zu verhindern. Für den Ministerpräsidenten steht
fest, daß unter den gegenwärtigen Bedingungen dieser neue Status den
2ulus mehr Unfreiheit geben würde als sie sie als vollwertige Staatsbürger
der Cicsamt-Republik haben. Außerdem liegt ihm daran, alle
stets daran zu erinnern, daß das ganze Südafrika gemeinsames Schicksal
von Schwarz und Weiß ist.

Wenn die Regierung Südafrikas durch weitreichende ökonomische
Abkommen mit den Nachbarstaaten erreicht, daß der politische Be-
Ireiungskampf erschwert und behindert wird, können Bewegungen,
Ideen und Aktionen wie die Gatsha Buthelezis an Bedeutung gewinnen
. Die Reden des vorliegenden Bändchens zeigen, daß die internationale
Solidarität, auch die sich in kirchlichen Hilfsaktionen ausrückende
, von der Option für die traditionellen Befreiungsbewegungen
, besonders für den ANC (African National Congrcss) bestimmt
sind, und schwer für Alternativen offen sind. Der Vf. macht darauf
aufmerksam, daß der Befreiungskampf viele Formen haben kann.
Die Themen der hier vorgelegten Vorträge umfassen das ganze Feld
der Politik: Bewußtseinsbildung, Demokratie, Freiheit, Nation,
gemeinsame Sicherheit, Arbeit. Außenpolitik und Geschichte. Sie
weisen den Redner als einen klugen, selbstbewußten und bedachten
Politiker aus. dessen Wirksamkeit sicher nicht zu unterschätzen ist.
Die Vorträge wurden zwischen 1980 und 1982 in Südafrika und in
Europa gehalten, vor eigenen Leuten, vor Politikern anderer Länder
und vor Kirchenlcutcn. Die Reisen Buthelezis (eines Vetters des
bekannten Bischofs Dr. Mauas Buthelezi) haben zu weltweiter ölTent-
l'cber Anerkennung seiner Person geführt.

Berlin ■> Johannes Althausen

"lug, Martin Luther sen.: Die Kraft der Schwachen. Geschichte der
Familie King. Hrsg. von C. Riley. Aus dem Amerik. von B. Weitbrecht
. Gütersloh: Gütersloher Vcrlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabe
der Deutschen Verlagsanstalt. Stuttgart) 1984. 263 S. m.
L4 Abb. 8" = GTB Siebenstern, 1082. Kart. DM 12,80.

~; Aufbruch in eine bessere Welt. Die Geschichte der Familie King.
Hrsg. von Clayton Riley. Aus dem Amerik. von B. Weitbrecht. Berlin
: Union (Lizenzausgabe der Deutschen Verlagsanstalt, Stuttgart)
1984. 271 S.8-. Lw. M 7.-.

In packender Weise schildert der Vater des 1968 ermordeten Fric-
üensnobelpreisträgcrs seinen Weg aus der Hütte eines armen Pächters
m Georgia durch körperliche und geistige Strapazen zum bekannten
baptistenprediger und Bürgerrechtler. Nach dem Tod von Martin
Luther King jun. verlor der Vater auch den anderen Sohn, und 1974
erschoß ein Geisteskranker im Gottesdienst seine Frau. Die Summe
dieses dramatischen Lebens, das den Autor aus tiefer Erniedrigung

durch den Rassismus bis zur Begegnung mit höchsten Repräsentanten
der USA führte, zieht er selber mit dem Satz: „Die Menschen können
alles vollbringen, was auf dieser Welt Gottes Wille ist; der Haß kann
es nicht" (S. 250). Ein Optimismus, der starke Frömmigkeit und
gesundes Selbstbewußtsein verbindet, zieht sich durch das Buch.
Andrew Young. ehemaliger Botschafter der USA bei den Vereinten
Nationen, nennt das Leben des Autors im Nachwort „eine Quelle der
Inspiration für alle, die sich brüderlich die Hand reichen, die sich
dabei zu Anstand, Hingabe und Mut bekennen und wie Daddy King
glauben, daß Gott alle seine Kinder zur Liebe füreinander geschaffen
hat".

E.W.

Altes Testament

Craven, Toni: Artistry and Faitb in the Book of Judith. Chico. CA:
Scholars Press 1983. IX, 139 S. 8- = SBL. Dissertation Series, 70.
$ 1 1,25.

Nach dieser phil. Diss. der Vanderbilt University 1980 (Adviser:
Walter Harrelson) ist unser Juditbuch nicht aus dem Hebräischen
übersetzt1, sondern in einem hebraisierten Griechisch geschrieben (5).
Zugrunde legt T. C. den Text von Rahlfs2. Mit Fragen der Abfassungszeit
oder der Literaturgattung, in die Jdt gehört, hält sie sich nicht auf:
sie bezeichnet Jdt (mit Recht) schlicht als Erzählung. Ihre besondere
Aufmerksamkeit gehört deren Struktur. Sie ist in der Weise einer klassischen
hebräischen Erzählung gebaut, mit dem Kunstmittel der
Wiederholungen1 (bzw. Entsprechungen [20]) als corner-stone der
Komposition (6). Es spielt in Kap. 11-1V eine entscheidende Rolle.
Darauf führt die Methodological Information in II hin. die besonders
die Arbeitsweise der Alttestamentler Robert Lowth (1 710-1787) und
James Muilenburg darlegt, zumal im Bereich des parallelismus mem-
brorum4, und deren Einflüsse auf T. C. selbst bezeichnet. Kap. II
endet mit der Nennung der „Spielregeln" (44-46) für III—IV. den
Block der Untersuchung (47-112).

III-IV sind dem Aufbau von Jdt in den großen Linien und im einzelnen
gewidmet, der compositional analysis (21.44.45). Entsprechungen
in Einzclzügen begründen vielfach die Abgrenzung größerer
Einheiten. Mit dem Aufzeigen der inneren Zusammenhänge der Szenen
verbindet sich weithin eine Wiedergabe des Geschehnisablaufs,
z. T. mit relativ ausführlichen Zitaten für T. C. bedeutsamerer Sätze
bzw. Wendungen (die des öfteren nach Interpretation u. a. von früheren
jüdischen Texten her riefen). Nicht alle Hinweise aufbeabsichtigte
Querverbindungen zwischen getrennten Passagen, z. B. durch das
Vokabular, sind in gleichem Maß eindrücklich.

T. C. geht davon aus, daß das Erfassen des Aufbaus der Erzählung
zum klareren Verstehen auch der theologischen Aussage hilft (46).
Der Zusammenhang zwischen composition und meaning wird denn
auch von ihr mannigfach aufgezeigt. So würde ohne Jdt 1-7 der besondere
Gehalt der entscheidenden Aussagen von 8-16 nicht voll erkennbar5
. Von 1-7 her wird der Gegensatz zwischen dem Machtanspruch
eines irdischen Herrschers und der schlcchthinnigen Souveränität
Gottes in aller Schärfe sichtbar6. Ebenso hebt sich von dem völligen
Versagen der Betulier in Teil I das bedingungslose Festhalten des
Glaubens an den Gott Israels durch Judit um so machtvoller ab.

Der Gegensatz spielt wieder im Schlußkap., Faith and Literarv
Artistry in the Book of Judith (1 13-123), eine Rolle7. Judits kompromißloser
Glaube (2) wartet auf das. was Gott von sich aus tun wird
(89). Er macht ihm nicht Vorschriften, wie die Betulier (7,200. sondern
überläßt ihm die Entscheidung, wie und wann er handeln wird
(8.15-17). in echter Gottesfurcht. So geht Judit* auch ins Lager des
Holofcrnes einen Weg ins Ungewisse (I 18). Gott läßt sich nicht zwingen
(89), nicht manipulieren (109.114). Bei aller Betonung praktizierter
Frömmigkeit, bis in die kultisch-rituellen (950 Bestimmungen
hinein (I 1,13f usw.). bei aller Treue zur Tora (117) und zur Tradition