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Ausgabe:

1984

Spalte:

795-797

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Buthelezi, Gatsha

Titel/Untertitel:

Für Freiheit und Versöhnung 1984

Rezensent:

Althausen, Johannes

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Theologische Litcraturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1 1

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(can. 1055/CIC 1983 gegenüber can. 1013 § 1/CIC 1917). Immerhin
läßt sich aus Lüdickes subtiler Untersuchung erkennen, welche große
Bedeutung den durch kirchliche Rechtsprechung, diözesane Ausführungsbestimmungen
und pastorale Praxis noch zu erwartenden Folgerungen
aus dem neuen Recht zukommen wird.

Ein weiteres, gerade auf diesem Felde ebenso häufiges wie schmerzliches
Problem behandelt schließlich Matthäus Kaiser, Geschieden
und wieder verheiratet. Beurteilung der Elten von Geschiedenen, die
wieder heiraten". Der Verfasser referiert, daß auch das neue Rechtsbuch
mit der bloßen Beseitigung der bisherigen Strafdrohung für
erneut heiratende Geschiedene deren Lage nicht entscheidend geändert
hat (S. 9). Auch wenn aber das kirchlich gesetzwidrige Verhalten
einer neuen standesamtlichen Eheschließung des geschiedenen
Katholiken zu keiner kirchlich gültigen Ehe führt, kann es doch
gemäß dem von Kaiser angebotenen Lösungsversuch jedenfalls von
dem Vorwurf schwerer sittlicher Schuld frei sein (S. 76). Die neue,
ungültige Ehe ist im Unterschied zur Nichtehe doch eine Ehe, auch
wenn ihr objektive Mängel anhaften, und eine rechtliche wie auch
personale Wirklichkeit (S. 97). Aus ihr können sich sittliche Pflichten
ergeben, welche die Fortsetzung der neuen Ehe als sittlich gerechtfertigt
erscheinen lassen, etwa wenn aus der neuen Ehe entstammende
Kinder zu erziehen sind oder der neue Partner in besonderer Weise
hilfsbedürftig ist (S. 84). Bei redlicher subjektiver Überzeugung des
Geschiedenen sollte daher seine Zulassung zu den Sakramenten nicht
erst von einer Bewährung über einen längeren Zeitraum hin abhängig
gemacht werden (S. I 10).

Für den evangelischen Leser etwas überraschend, aber vom katholischen
Standpunkt aus nur folgerichtig, ist dabei das Argument, auch
in der Ehe mit einem Nichtkatholiken handele der Katholik ohne
sittliche Schuld, wenn ihm in der konkreten Situation dieser Ehe trotz
ernsthaften Bemühens die katholische Erziehung seiner Kinder nicht
möglich ist (S. 77). Überzeugender erscheint das später gebrachte
Beispiel des Gatten eines Verschollenen, der erst während einer neuen
und mit Kindern gesegneten Ehe die Irrigkeit der Todeserklärung des
ersten Gatten erkennt (S. 90). In dem oben besprochenen Sammelwerk
von Listl u. a. allerdings hält Kaiser den vorgeschlagenen
Lösungsweg über die Putativehe nur nach einer Rechtsänderung Für
rechtlich gangbar (a. a. O. S. 743). Vielleicht wird sich ein Teil der
bisher mit dem Scheidungsverbot verbundenen Härten dadurch
lindern lassen, daß das neue Rechtsbuch nunmehr als einen zur Ehenichtigkeit
führenden Konsensmangel ausdrücklich die psychische
Eheführungsunfä'higkeit nennt; wer seiner psychischen Beschaffenheit
wegen die wesentlichen Verpflichtungen der Ehe nicht zu über-

Allgemeines

Buthelezi, Gatsha: Für Freiheit und Versöhnung, hrsg. v. Horst-Klaus
Hofmann. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1982.
124 S. 8° = GTB/Siebenstern, 1056. DM 6,80.

Manchmal kommen wichtige Denkanstöße von den sogenannten
theologischen Laien. Chief Dr. Mangosuthu Gatsha Buthelezi (56) ist
Jurist und erster gewählter Ministerpräsident des „homeland"
KwaZulu in Südafrika. Seine Reden, von denen in dem Taschenbuch
zum ersten Mal eine kleine Sammlung in deutscher Sprache vorgelegt
worden ist (herausgegeben von Horst-Klaus Hofmann), weisen ihn als
einen sehr engagierten Christen aus, der im Kontext der südafrikanischen
Apartheidspolitik eine vom Evangelium her verantwortete
Politik zu betreiben bemüht ist. Kampf gegen die Rassentrennung und
Befreiung von der Unterdrückung der schwarzen afrikanischen Bevölkerung
seines Landes muß damit rechnen, daß Südafrika das gemeinsame
Schicksal von Schwarz und Weiß ist. Nur wenn eine Möglichkeit
friedlichen Zusammenlebens der Rassen vorbereitet und geschaffen
wird, kann Gleichberechtigung durchgesetzt werden. Darum fallt
die Entscheidung im Befreiungskampf in Südafrika selbst und sicher
nicht außerhalb. Von dieser Analyse Buthelezis aus wäre es sicher

nehmen imstande ist, kann nach der Konstruktion des Rechtsbuches
auch nicht den daraufgerichteten Willensakt setzen (can. 1095 §3).
Bei den Auslegern werden als Beispiele dafür die entwicklungsbedingte
Störung und seelische Unreife, sexuelle Abartigkeiten. Unfähigkeit
zum Halten der ehelichen Treue (Beispiele von Bruno
Primctshofer bei Listl a.a.O. S. 7780, unheilbare Homosexualität
oder Neigung zum Inzest sowie starke transsexuale Veranlagung (Beispiele
bei Heimerl a.a.O. S. 2191) oder Nymphomanie (Seebott
a.a.O. S. 105) angeführt. Angesichts solcher, pastoral sicherlich
gut gemeinter Lösungsversuche erinnert sich der evangelische Leser
dann dankbar daran, daß das Recht des ohne Schuld Geschiedenen
auf neue Ehe schon im Konkordienbuch als Monitum an das päpstliche
Recht festgehalten wurde (Tractatus 78. BSLK S. 495, 371).

' Codex Iuris Canonici - Codex des kanonischen Rechts. Lateinisch-
deutsche Ausgabe. Auctoritatc loannis Pauli PP. II. promulgatus. Hrsg. im
Auftrag der Deutschen und der Berliner Bischofskonferenz, der österreichischen
Bischofskonferenz, der Schweizer Bischofskonferenz sowie der Bischöfe von
Bozen-Brixcn, von Luxemburg, von Lüttich, von Metz und von Straüburg. Die
deutsche Übersetzung besorgte im Auftrag der Deutsehen Bischofskonferenz eine
von ihr berufene Übersetzergruppe unter dem Vorsitz von Prof. Dr. W. Aymans.
Kevelaer; Butzonü Bcrcker 1983. LX1II, 799 S. 8 Lw. DM 26.-.

Ruf. Norbert: Das Recht der katholischen Kirche nach dem neuen Codex
Iuris Canonici für die Praxis erläutert. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1983.
448 S. 8'. geb. DM 38.-.

' Schwendenwein, Hugo. Das neue Kirchenrecht. Gesamtdarstellung.
Graz-Wien-Köln: Styria 1983.638 S.gr. 8 . Kldr.ÖS 1 000,-; DM 150.-.

4 Walf, Knut: Einführung in das neue katholische Kirchenrecht. Zürich-
Einsiedeln-Köln: Benziger 1984. 270 S. 8" = Arbeits- und Studienbücher Theologie
. Kart. DM 38,-.

Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Hrsg. von J. Listl. H. Müller.
H. Schmitz. Regensburg: Pustet 1983. XLIII, 1 211 S.gr. 8*. Lw. DM 98,-.

'' Heimerl, Hans, u. Helmuth Pree: Kirchenrecht. Allgemeine Normen und
Eherecht. Wien-New York: Springer-Verlag 1983. XVIII, 301 S. gr. 8- =
Springers Kurzlehrbücherdcr Rechtswissenschaft. Kart. ÖS 398.-.

Sebott. Reinhold: Das neue kirchliche Eherecht. Frankfurt/M.: Knecht
1983.232 S. 8". Kart. DM 36,-.

* Heimerl, Hans. Das neue Eherecht der Kirche. Graz: 1983. 38 S.

' l.üdicke. Klaus: Eamilienplanung und Ehewille. Der Ausschluß der Nachkommenschaft
im nachkonziliaren kanonischen Eherecht. Münster/W.:
Aschendorff 1983. XI, 385 S. gr. 8' = Münsterische Beitrage zur Theologie,
50. Kart. DM 53.-.

"' Kaiser. Matthäus: Geschieden und wieder verheiratet. Beurteilung der
Ehen von Geschiedenen, die wieder heiraten. Regensburg: Pustel 1983. I 14 S.
8". Kart. DM 12,80.

nicht klug, alle Kräfte des Befreiungskampfes auf die gewaltsame Auseinandersetzung
zu konzentrieren. In einem solchen Krieg müßten
die Afrikaner unterliegen und ausbluten. Das sei nicht zu verantworten
.

Die geistliche Ansprache, die Buthelezi am 16. 4. 1982 vor Parlamentariern
von KwaZulu anläßlieh eines Gebetsfrühstücks gehalten
hat (S. 64-73), trägt die Überschrift „Wann werden die Schwerter zu
Pflugscharen?" In ihr wird erkennbar, wo die theologischen Orientierungen
für das politische Denken des Vf. liegen. „Als Christen sind
wir aufgerufen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit sich in
der Regierung das Bild des Gottesreiches widerspiegelt, zu dem wir
gehören." (S. 69) Das heißt viererlei: 1. Gott steht seinem Wesen nach
auf der Seite aller, ebenso wie er auch der Richter aller ist. Darum ist
es nicht erlaubt, „den Namen und die Macht des Reiches Gottes (zu)
benutzen, um unsere eigenen politischen, kulturellen oder religiösen
Ziele zu verwirklichen." (S. 69) 2. „Wir leben in einer Gesellschaft,
die mit dem Tode spielt . . ." (a. a. O.). Wir haben Angst. Aber wir
dürfen darauf hoffen, daß Gott die Angst überwindet. 3. „Unser Land
wird geheilt werden, wenn wir uns die Mühe machen, das Angesicht
Gottes zu suchen." (S. 70) Das heißt, „im Gesicht des anderen das
Ebenbild Gottes zu erkennen ungeachtet seiner Rasse. Hautfarbe oder
seines Glaubens." (S. 71) 4. Wir müssen lernen, die Macht zu teilen.