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Ausgabe:

1984

Spalte:

763-768

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Praxisfeld: Gemeinden 1984

Rezensent:

Jenssen, Hans-Hinrich

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763

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 10

764

(S. 95-100) - Quflqut'jfu. Bernhard: Ethische Autonomie und Gottesfrage
(S. 101-107) - Eid, Volker: Die sozialethische Relevanz des Autonomiekon-
zepts (S. 108-114) - Rejon, Francisco Moreno: Auf der Suche nach dem Reich
und seiner Gerechtigkeit. Die Entwicklung einer Ethik der Befreiung
(S. 115-120) - Moser, Antonio: Die Vorstellung Gottes in der Ethik der
Befreiung (S. 121-126) - Mifsud, Tony: Die Entwicklung einer Ethik der
Befreiung in den kirchlichen Dokumenten seit dem Zweiten Vaticanum
(S. 127-132) - Dussel. Enrique: Befreiungsethik. Grundlegende Hypothesen
(S. 133-141) -Schotlroff, Luise. Belreiungserlahrungen. F reiheit und Befreiung
nach dem Zeugnis der Bibel (S. 142-147) - Stein, Dominique: Ist das Erlebnis
einer Psychoanalyse eine Erfahrung der Autonomie'.1 (S. 148-153) - Vidal,
Marciano. Laßt sich die Autonomie als Moralgrundlage mit der Befreiungsethik
vereinbaren? (S. 154-159)- Mieth, Dietmar: Autonomie oder Befreiung-
zwei Paradigmen christlicher Ethik? (S. 160-166)- Bondolfi, Alberto: „Autonomie
" und „autonome Moral". Untersuchungen zu einem Schlüsselbegriff
(S. 167-173) - Morkovsky, Mary Christine: Bibliographie für eine Befreiungs-
ethik(S. 173-176).

Frey, Christopher: Sozialethik aus dem Bekenntnis zum dreieinigen Gott
(Diakonie Sondernummer 8, 1984 S. 6-16).

Liencmann, Wolfgang: Neue ökumenische Friedensethik (ÖR 33, 1984

S. 240-256).

Marhold, Wolfgang: Strukturen der Ethik bei W.-D. Marsch (PTh 73, 1984
S. 106-122).

Mildenberger, Friedrich: Sachzwänge, Sachlichkeit. Sachkompetenz - und
das erste Gebot (Diakonie Sondernummer 8, I984S. 24-36).

Ulrich, Hans G.: Begründung sozialer Verhaltcnsnormen (Diakonie Sondernummer
8, 1984S. 17-23).

Praktische Theologie: Allgemeines

Handbuch der Praktischen Theologie, Hrsg. von P. C. Bloth,
K.-F. Daiber, J. Kleemann, C.-J. Rocpke, H. Schröer, T. Stählin,
K. Wegenast. Bd. 3: Praxisfeld: Gemeinden. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn 1983,648 S.gr. 8'. Pp. DM 118,-.

Obwohl Dietrich Stollberg sich in seiner Besprechung des zuerst
erschienenen Bandes 2: Praxisfeld: Der einzelne/Die Gruppe
(ThLZ107, 1982 Sp. 390-392) bereits zur sogenannten Matrix
geäußert hat, scheinen mir noch weitere kritische Anmerkungen zu
Anlage und Gliederung des Gesamtwerkes an Hand des vorliegenden
Bandes 3 unerläßlich. Den Beitrag von H.-J. Thilo „Das Gespräch
unter vier Augen" (C) erwartet man eigentlich in Band 2, ebenso wie
Gruppenseelsorge (C) eigentlich zur Gruppendynamik (2,C) gehörte.
Weder Matrix noch Inhaltsverzeichnis lassen erkennen, daß der Beitrag
„Das Gespräch unter vier Augen" drei Schwerpunkte hat, von
denen der erste „Das seelsorgerliche Gespräch anläßlich einer Kasual-
handlung" erörtert, also aufs engste zur Thematik Kasualien (A)
gehört.

Die Zuordnung der Thematik „Die Kasualpraxis" zum „Handlungsziel
" A: „Verkündigung und Kommunikation" erweckt die
Erwartung, daß der Kasualpredigt also eine gewisse Priorität bei der
Behandlung zukommen soll; dies ist aber in keinem der fünf Beiträge
der Fall. Eher stehen Fragen der Motive, die hinter dem Kasual-
begehren stehen, die Erörterung der Bedeutung und Wertigkeit des
rituellen Charakters der Kasualien und nicht zuletzt seelsorgerliche
Aspekte im engeren und weiteren Sinne im Vordergrund, so daß eine
Zuordnung zu den Handlungszielen C: Seelsorge und Diakonie oder
evtl. auch B: Bildung und Sozialisation durchaus in Frage käme.

Ebenso ist zu fragen, ob es sehr sinnvoll ist, beispielsweise die Frage
der „Perikopenordnungen" in Band 4 : „Praxisfeld Gesellschaft und
Öffentlichkeit" zu verweisen - offensichtlich weil die Perikopenord-
nung von der Gesamtkirche erarbeitet und festgelegt ist - während
über Gottesdienst und Predigt ansonsten in Band 3 gesprochen wird.
M. E. gehörte dann aber auch die Frage der Perikopenordnung ganz
organisch in diesen Band 3 hinein, denn zu Recht werden ja schon seit

längcrem bei der Behandlung dieser Frage die Motive, Möglichkeiten,
sowie Sinn und Bedeutung der Bindung an und der Freiheit von den
Perikopen - kurz der sinnvolle Umgang des Gemeindeplarrers mit
den Perikopen - intensiver besproehen als die gewiß auch notwendigen
Informationen über historische Entwicklung und Struktur der
Perikopen. Ähnliches gilt - wenn auch nicht so stark - von den
Ehernen „Gesangbücher" und „Agenden" (beide Band 4), denn praktisch
bedeutsam ist ja vor allem wieder die Art und Weise, in der in
den Gemeinden mit ihnen umgegangen wird. Eine Besprechung
dessen erwarten ja wohl auch Pfarrer, kirchliche Mitarbeiter und
Gemeindeglieder vor allem, von denen ja höchst selten einmal einer in
einem liturgischen Ausschuß sitzt, der in etwa alle 30 Jahre oder seltener
über ein neues Gesangbuch oder eine neue Agende zu befinden
hat.

Und ist es sinnvoll, über „Psychisch Kranke" im Band „Gesellschaft
und Öffentlichkeit" zu handeln, aber in Band 3 über „das
Gespräch mit psychisch labilen Besuchern", wobei diese Thematik
aber weder durch Matrix noch Inhaltsverzeichnis ausgewiesen ist,
sondern sieh nur dem erschließt, der den Beitrag „Das Gespräch unter
vier Augen" wirklich liest?

Das sind m. E. recht gravierende Mängel, die den sinnvollen und
effektiven Gebrauch des Handbuchs beeinträchtigen, Mängel, die nur
eines wieder gutmachen kann: ein sorglältig gearbeitetes Registerheft,
das gesondert zu kaufen sein müßte, da aueh nicht zu erwarten ist, daß
sich die Mehrheit der Benutzer gleich alle vier Bände zulegen wird.
(Zur Frage der potentiellen Leser vgl. die gerade an diesem Punkte zu
Recht recht kritische Besprechung von Band 2 durch Stollberg.) Denn
um beim Beispiel Kasualien zu bleiben: Es ist ja nicht nur so, daß der
Abschnitt „Kasualpraxis" und der völlig verborgene Abschnitt über
das Kasualgespräch auseinandergerissen sind, sondern die Thematik
Kasualien, Kasualkirche, lebenszyklische Begleitung usw. spielt auch
noch in einer Reihe weiterer Beiträge dieses Bandes eine durchaus
wesentliche Rolle und wird vermutlich auch noch, ohne daß dies in
der Matrix erkennbar wäre, in anderen Bänden eine Rolle spielen.

Und wenn man sich schon entschließt, Zusammengehöriges zu
trennen, dann war man andererseits nicht konsequent genug, denn
z. B. die Predigt hat doch nicht nur „Verkündigung und Kommunikation
" zum Ziel, sondern will doch ganz bestimmt auch „Seelsorge
und Diakonie" leisten, besitzt eine Dimension von „Bildung und
Sozialisation" und ist bisweilen auch ein wichtiges Instrument der
Gemeinde- und Kirchenleitung.

Kurz und gut, mich persönlich jedenfalls hat die „Matrix" dieses
Unternehmens in keiner Weise überzeugt. Eine etwas herkömmlichere
Gliederung, die das Aulfinden dadurch erleichtert, daß sie an
die Tradition des Faches stärker anknüpft und sachlich-inhaltlich
Zusammengehöriges möglichst wenig auseinanderreißt, wäre m. E.
gerade deshalb angebracht gewesen, weil bei einem immerhin vierbändigen
Unternehmen, bei dem der Einzelband, wie jedenfalls im
Falle von Band 3, nicht nur die beachtliche Stärke von 648 Seiten aufweist
, sondern auch in über 50 Einzelbeiträge von über 50 Autoren
aufgegliedert ist, der verständlichen, eingängigen Orientierungsmöglichkeit
in der Frage, wo finde ich das, was ich wissen möchte und
brauche, eine überragende Rolle zukommt.

Mehr am Rande sei erwähnt, daß ich die Bezeichnung der Handlungsziele
als „Obligationen" als ausgesprochen unglücklich
empfinde. In einer Zeit, in der die Praktische Theologie zu Recht den
traditionellen, an sich gut eingeführten Begriff der „Kybernetik" aufgegeben
hat, weil ihm die neue Bedeutung dieses Begriffes den Rang
abgelaufen hat und zu Mißverständnissen führt, ist es wohl kaum
angebracht, den finanztechnisch so fest eingebürgerten Begriff der
„Obligation" mit einer neuen Sinngebung (vgl. S. 7) in die Theologie
transponieren zu wollen. Möglich, aber auch nicht gerade optimal
scheint mir die Übersetzung des Begriffes „Handlungsbereiche", der
für die drei „Praxisfelder" „Der Einzelne und die Gruppe", „Gemeinden
" und „Gesellschaft und Öffentlichkeit" steht, mit dem Fremdwort
„Dimensionen" zu sein. Warum überhaupt Fremdwörter?