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Ausgabe:

1984

Spalte:

748

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Sozomène, Histoire ecclésiastique

Titel/Untertitel:

Livres I-II 1984

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 10

748

durch den Katechismus? 288-301. Auch das Toleranzverständnis in
nichtchristlichen Religionen kommt in den Blick: allgemein religions-
phänomenologisch bei H.-J. Greschat, Toleranz in nichtchristlichen
Religionen, 302-311; speziell im Blick auf den Islam bei U.
Tworuschka, Toleranz als Problem des Religionsunterrichts - am
Beispiel Islam, 157-170; vgl: auch J. Lähnemann, Religiöse Erzie-
hung im Islam, 17 l-l 78.

Im ganzen erfährt der Leser eines derartigen Kongreßbandes reiche
Belehrung auf verschiedensten Feldern heutiger Theologie. Das
Thema „Toleranz", so zeigt sich, ist keineswegs ein Problem der Vergangenheit
- es fordert auch in der Gegenwart in vielfältiger Weise zu
einer Stellungnahme heraus. Als Schibolet der Aulklärung hat es tiefe
Spuren in der abendländischen Geistesgeschichte hinterlassen. Ohne
die Wirkungen der Aufklärung sähe die Welt heute anders aus. Andererseits
linden Begriff und Inhalt von Toleranz auch im Rahmen
christlichen Denkens und Lebens ihren Platz. Christliche Theologie
kann im Nachdenken über Toleranz, ihre Möglichkeiten und Grenzen
, durchaus zu vertiefter Erkenntnis ihrer eigenen Ziele kommen.

Bochum Henning Graf Reventlow

Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Theologische Schriften,

Hrsg. u. eingeleitet von K. Nowak. Berlin: Union Verlag 1983.
484 S. 8' = Texte zur Philosophie- und Religionsgeschichte. Lw.
M 38,-.

Der von dem Leipziger Dozenten für Kirchengeschichte Kurt
Nowak vorgelegte Band enthält den vollständigen Text der „Reden"
(in der Erstfässung von 1799), der „Weihnachtsfeier" (in der Erstfassung
von 1806) und der „Kurzen Darstellung des theologischen
Studiums" (in der Fassung der 2. Auflage von 1830). ferner die Leitsätze
beider Auflagen der Glaubenslehre (1821/22 und 1830/31),
schließlich - unter der Überschrift „Selbstzeugnisse zur Theologie" -
zwei wichtige Briefe Schleiermachers (an Friedrich Samuel Gottfried
Sack vom Juni 1801 und an Friedrich Heinrich Jacobi vom 30. März
1818) sowie Auszüge aus den beiden Sendschreiben Schleicrmachers
über seine Glaubenslehre an Lücke (1830). Die Texte sind nach den
Originaldrucken wiedergegeben. Da keine kritische Edition beabsichtigt
war, ist Schleiermachers Orthographie modernisiert, dabei der
Lautbestand jedoch erhalten worden. Die Seitenzahlen der Original-
druckc sind - mit Ausnahme der Leitsätze derGlaubenslehre, die man
nach den Paragraphenzahlen zu zitieren pflegt - am Rand angegeben;
der Seitenumbruch ist im Text markiert. Ein „Anhang" (451-464)
enthält Angaben zu den Druckvorlagen sowie zu anderen Drucken
und Editionen, daneben knappe „Sachanmerkungen", die insbesondere
Nachweise zu Zitaten und Anspielungen sowie Erläuterungen zu
Namen geben. Eigene Hervorhebung verdient die „Einleitung" des
Herausgebers (17-50), die in die einzelnen Schriften so einführt, daß
dabei sowohl der biographische und historische Kontext als auch die
Schleiermacher-Interpretation berücksichtigt werden.

Der Band besticht durch die gelungene Auswahl, durch die sorgfältige
Gestaltung, durch die konzise und kundige Kommentierung. Er
bietet eine solide Ausgabe derjenigen Schriften Schleiermachers, die
als die markanten Dokumente seines theologischen Weges, als die
wichtigsten Träger seiner theologischen Wirkung und als die dauerhaften
Bezugstexte der seinem theologischen Werk gewidmeten
Debatte anzusehen sind. Diese Auswahl ist daher auch als Studienausgabe
für den akademischen Unterricht vorzüglich geeignet. Von den
im Umfang vergleichbaren Auswahlausgaben, die in neuerer Zeit
Horst Beintker (Friedrich Schleiermacher. 3 Hefte, 1963) und Heinz
Bolli (Schleiermacher-Auswahl, 1968) besorgt haben, unterscheidet
sie sich dadurch, daß sie darauf verzichtet hat, durch Auszüge und
Beispiele das weite Spektrum der Wirksamkeit Schleiermachers zu
dokumentieren, daß sie vielmehr theologische Hauptschriften vollständig
darbietet. Sie wird damit hoffentlich zu ihrem Teil dazu beitragen
, dem durch das Kopierwesen begünstigten Übelstand entgegenzuwirken
, daß klassische Texte im Lehrbetrieb nicht nur der Schulen,
sondern auch der Universitäten vielfach nur noch in Auszügen zur
Kenntnis genommen werden. Bei derGlaubenslehre hat der Herausgeber
mit der Aufnahme der - nacheinander abgedruckten - Leitsätze
beider Auflagen eine glückliche und sachgemäße Lösung gefunden,
die zumindest thetisch und umrißweise das Ganze des dogmatischen
Lehrgebäudes, überdies in beiden Fassungen, vor Augen treten läßt.
Zu bedauern ist allerdings, daß die beiden Sendschreiben an Lücke
nicht vollständig aufgenommen, sondern „aus Raumgründen" (42)
um mehr als die Hälfte gekürzt worden sind. Die Auslassungen sind
jeweils kenntlich gemacht. Da der vollständige Abdruck den Umfang
des Bandes nur um etwa 30 Seiten vermehrt hätte, möchte man
hoffen, daß der Verlag im Falle einer Neuaullage diese Erweiterung
vorsehen und so die Vorzüge dieser Schlciermacher-Auswahl um
einen weiteren vermehren kann.

Kiel Hans-Joachim Birkner

Sozomene: Histoire ecclesiastique. Livres I—II. TexteGrec de fedition
J. Bidez. Introduction par B. Grillet et G. Sabbah. Traduction par
J.-A. Festugiere (t). Annotations par G. Sabbah. Paris: Cerf 1983.
389 S. 8* = SourcesChretiennes, 306. Kart. Ifr 390.-.

Die Einleitung beginnt mit 2 Kapiteln von Bernard Grillet: Er stellt
Leben und Werk des Sozomenos dar (9-31) und untersucht seine
Kirchengeschichte (32-58). Sie wurde zwischen 440 und 450 redigiert
und beruht auf persönlichen Untersuchungen des Sozomenos, der
dazu mehrere Reisen unternahm, möglicherweise auch nach Rom.
Guy Sabbah erörtert das Verhältnis von Sozomenos und Sokrates
(Kap. 3, S. 59-87). Man findet in der antiken Literatur nicht zwei
Werke, die sich zeitlich und inhaltlich so eng berühren, wie die Kirchengeschichten
von Sokrates und Sozomencs. Nach der üblichen
Meinung hat Sozomenos das Werk des Sokrates benutzt (59). Sabbah
betont jedoch die eigene Bedeutung des Sozomenos: Seine Kirchengeschichte
realisiert die Koexistenz eines zeitgenössischen Christen
mit der hellenistischen Tradition auf eine harmonischere und erfüll-
tere Art und Weise als das Werk des Sokrates (87). Der Text folgt der
Ausgabe, die die Reihe „Griechische christliche Schriftsteller" (Akademie
-Verlag Berlin) vorgelegt hatte; jener Text von Joseph Bidez war
i960 durch Günther Christian Hansen veröffentlicht worden. Die Seitenzahlen
der GCS-Ausgabe stehen fortlaufend am Rande der neuen
SC-Ausgabe. Die Bücher 1 und 2 enden beim Tode des Kaisers Konstantin
. Man darf gespannt sein, wann die Bücher 3-9 erscheinen
werden.

G. H.

Philosophie, Religionsphilosophie

Gadamer, Hans-Georg: Heideggers Wege. Studien zum Spätwerk.
Tübingen: Mohr 1983. 166 S.gr. 8*. Kart. DM 28,-.

Die hier vorgelegten Heidegger-Studien aus den Jahren 1964 bis
1981 - fast alle bereits einzeln veröffentlicht - haben laut Vorwort das
Ziel, „in das eigenwillige und von allen [!] bisherigen Denk- und
Sprachgewohnheiten abgekehrte Denken Heideggers einzuführen".
Sie kommen, so wird man hinzufügen dürfen, in dieser breitgefacher-
ten Zusammenstellung (Biographisches, Philosophiegeschichtliches.
Schwerpunkte Heideggerschen Denkens. Religiöse und theologische
Bezüge) zu einem Zeitpunkt, an dem weithin ein neues Interesse an
Heidegger zu beobachten ist.' Für die Theologie wird dieses (kritische)
Interesse unabhängig von Zeitschwankungen schon deswegen bestehen
, weil Heideggers Einfluß auf Rudolf Bultmann und die hermeneu-
tische Theologie (Gerhard Ebeling und Ernst Fuchs2) unbestreitbar
ist. Daraufnimmt vor allem der Beitrag „Die Marburger Theologie"