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Ausgabe:

1984

Spalte:

743-744

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Nouveau Testament (XLVI - L) et Hymnes de circonstance (LI - LVI) 1984

Rezensent:

Schille, Gottfried

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 19X4 Nr. 10

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liegen zu haben. Viele werden wahrscheinlich erst dadurch Kenntnis
von den einzelnen Stücken nehmen und sich damit womöglich auch
dem Thema neu stellen. Das Buch ist somit nicht nur Hilfe zum
Arbeiten und dann zum Verstehen, sondern unmittelbar Anregung,
Impuls. Zum anderen aber liefert es mit seinen einleitenden Beiträgen
auch bereits die ersten Schritte lür die weitere Bewältigung der anstehenden
Probleme. Olfen und durchaus auch kritisch werden notwendige
Klarstellungen nicht vermieden, Versäumnisse eingestanden und
die Schwachstellen auch der beiden besonders herausgehobenen
Dokumente aufgewiesen. Es regt damit zu weiterem Nachdenken an,
und hoffentlich nicht nur die unmittelbaren Adressaten. Es wäre zu
wünschen, wenn nicht nur von diesem oder jenem Dokument, sondern
von dem Ganzen gesagt werden könnte, womit der Herausgeber
seinen Beitrag schließt: „. .. daß damit neue Voraussetzungen zu
einer Weiterentwicklung des Dialogs gegeben sind." (S. 24)

Schöneiche Hubert Kirchner

tisch die Frage der Authentizität. Von den drei überlieferten Pro-
ömien hält er nur das erste für echt. Obgleich die Rhythmik gleich ist,
können inhaltliche Gesichtspunkte gegen die Echtheit der übrigen
zwei Proömien geltend gemacht werden: das zweite Proömium
spricht, anders als der Hymnus, von der göttlichen Ökonomie als
Cirund des Unglaubens des Thomas; das dritte Proömium behandelt
Thomas' Reue als öffentlich, während der Hymnus nur von innerlicher
Reue weiß. Abschließend vergleicht der Herausgeber die Einzelhymne
mit anderen Kontakien des Romanos. Der Textausgabe hat
er erläuternde Noten beigelügt.

Wenn auch durch den vorliegenden Band (soweit ich sehe, sind die
Romanos-Ausgaben bisher in dieser Zeitschrill nicht rezensiert
worden) die Textherausgabe noch nicht ganz abgeschlossen ist. so
kann die Romanos-Forschung doch nun auf breiterer und gesicherter
Grundlage betrieben werden. Dalür wird man dem Herausgeber und
dem Verlag danken.

Borsdorfb. Leipzig Gottfried Schälle

Dogmen- u. Theologiegeschichte

Romanos le Melode: Hymnes. Introduction, Texte critique, Traduc-
tion et Notes par J. Grosdidierde Matons. V.: Nouveau Testament
(XLVI-L) et Hymnes de Circonstance (LI-LVI). Paris: Ed. du Cerf
1981. 543 S. 8' = SourcesChretiennes, 283.

Die predigtartigen Dichtungen (Kontakien) des aus dem 6. Jh.
stammenden Syrers Romanos (man setzt ihn heute meist um 491-518
bis etwa 560 an und leitet ihn von Konstantinopel ab) waren gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts allmählich der Öffentlichkeit zugänglich
geworden. Man kennt heute von den sprichwörtlich „tausend
Hymnen" des Dichters etwa 85 handschriftlich, da eine Reihe Kontakien
verlorengegangen sein dürften, teilweise zeitgeschichtlicher
(ihre Länge?), teilweise theologischer Rivalitäten wegen. Romanos
besaß zu seiner Zeit Berühmtheit. Er gilt als der größte Kontakien-
dichter der altgriechischen Kirche. Man ahmte ihn daher auch nach
und überlieferte unter seinem Namen. Folglich muß die Kritik mit
Zugaben rechnen. Heute gelten etwa 60 der überlieferten Hymnen als
echt. Kritische Gesamtausgaben aus jüngerer Zeit sind die griechische
Textausgabe in vier Bänden (Athen 1952-1960) besorgt von N. B.
Tomadakis; ein englischer Band: Cantica genuina, ed. P. Maas-C. A.
Trypanis, Oxford 1963, und die französische Ausgabe in den Sources
Chretiennes (No. 99: Tome I, 1964; No. 110: Tome II, 1965;
No. 114: Tome III, 1965; No. 128: Tome IV, 1967). Nach einer längeren
Pause legt der Herausgeber nunmehr in Tome V (1981) jene
Dichtungen vor, die sich mit neutestamentlichen Themen: ungläubiger
Thomas, Sendung der Apostel, Himmelfahrt, Pfingsten, Jüngstes
Gericht, oder Sonderfallen (Circonstance heißt eigentlich „Gelegenheit
") befassen: zehn Jungfrauen, Neugetaufte, Mönche und Asketen
, Erdbeben und Brand, Bußgebet, Gebet in Stichen. Aus der Aufzählung
wird erkenntlich, daß der Begriff „Kasualien" nicht zutrifft.
Es handelt sich um eine Art Oratorien-Dichtungen für sehr bestimmte
Gottesdienste und Feste, eine Art dichterische Zugabe, deren musikalische
Aulführungsart nicht mehr bekannt ist. Romanos' Dichtungen
sind nicht mehr antiken Rhythmen verpflichtet, sondern folgen einem
klaren Strophenaufbau (Kontakien); die Metrik steht an der Wende
vom griechischen zum italienischen Rhythmus. Beispielhaft sei auf
den Hinweis des Herausgebers zum Thomas-Hymnus verwiesen, daß
die italienischen Versionen Thomas auf der ersten Silbe betonen, statt
griechisch die zweite Silbe hervorzuheben.

Der Textausgabe stellt der Herausgeber, für jedes Kontakion gesondert
, da jeder Hymnus eine selbständige Überlieferung hatte, eine Einführung
voran. Beispielsweise handelt er beim Thomas-Kontakion
zunächst über die verwendeten Motive, Stil, Rhythmus und Stropheneinteilung
, ehe er, hier besonders zu der unterschiedlich überlieferten
Strophe 16, auf die Kollationsfrage eingeht. Zuletzt bedenkt er kri-

Mikrun, Marten: Ken wacrachtigh verhaal der t'zamensprckinghcn
tusschen Menno Simons ende Martinas Mikron van der Mensch-
werdinghe Jesu Christi (1556). Opnieuw uitgegeven en van een
inleiding en aantckeningen voorzien door W. F. Dankbaar. Leiden:
Brill 1981. LV, 194 S. gr. 8"= Documenta Anabaptistica Neerlan-
dica,3.Lw. hfl 76.-.

Im Dezember 1553 trafen ca. 50 reformierte Niederländer, die aus
London von Maria der Katholischen vertrieben worden waren, in
Wismar ein. Dort begegnete ihnen eine Gruppe flandrischer Täufer,
die den Landsleuten eingedenk ihres eigenen Vertriebenenschicksals
ihre Hilfe anboten. Aber das gute Einvernehmen der beiden Flüchtlingsgruppen
währte nicht lange. Nach kurzer Zeit drangen die Reformierten
auf Klärung der theologischen Differenzen, die zwischen
ihnen und ihren Helfern bestanden, zumal sie entdeckten, daß auch
Menno Simons in der Stadt weilte, den sie für den kompetentesten
Wortführer des Täufertums hielten. Um ihm gewachsen zu sein,
holten sie ihren ehemaligen Londoner Prediger Marten Mikron aus
Emden herbei. Die erste Debatte mit Menno Simons und Marten
Mikron als Protagonisten fand am 6. Februar 1554 im Hause eines
Täufers statt und dauerte ununterbrochen elf Stunden. Die zweite
Disputation folgte am 15. Februar 1554 und endete mit dem endgültigen
Bruch. Die Mennoniten befahlen den Reformierten, den
Raum zu verlassen, und als diese zögerten, der Aufforderung zu
folgen, wurden sie unter Anwendung von Brachialgewalt aus dem
Haus geworfen. Wenige Tage später mußten beide Gruppen auf
Druck der lutherischen Geistlichkeit Wismar wieder verlassen. - Ein
trostloses Kapitel also in der Geschichte der christlichen Intoleranz,
die es verständlich macht, weshalb Melanchthon bei der Bilanz seines
Lebens den Tod begrüßte mit den Worten: „Du wirst von der Sünde
erlöst, von den Sorgen und von der Wut der Theologen."

Um seine reformierten Glaubensgenossen vor den Täufern zu warnen
, hat Marten Mikron 1556 ein Protokoll des Gespräches, das auf
Aufzeichnungen beruht, die während der Debatte gemacht worden
waren, in Emden als Buch herausgegeben. Davon erschienen noch
drei weitere Ausgaben (o. O. 1564, Antwerpen 1582 und Dordrecht
1603), so daß man annehmen darf, daß dieses Streitgespräch für die
Reformierten für lange Zeit ein denkwürdiges Ereignis geblieben ist.
Trotz der Einwände, die Menno Simons gegen dieses Protokoll
erhoben hat, macht der Herausgeber Dankbaar plausibel, daß es sich
zwar nicht um eine völlig unparteiische, aber doch im großen und
ganzen zuverlässige Wiedergabe dös Gesprächsverlaufs handelt. Von
den vorgeschlagenen Themen Inkarnationslehre, Obrigkeit, Ehescheidung
, Taufe und Abendmahl sowie Besuch fremder Gottesdienste
wurde nur das erste ausführlich diskutiert. Mikron vertrat die
orthodoxe Zwei-Naturen-Lehre in der Christologie, die Menno
Simons in der Nachfolge Melchior Hoffmans ablehnte, weil seiner