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Ausgabe:

1984

Spalte:

691-694

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Schieffer, Elisabeth

Titel/Untertitel:

Von Schauenburg nach Leuenberg 1984

Rezensent:

Lahr, Horst

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theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 9

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Frön Buch wird auch in dei gegenwärtigen religionspädagogisehen
Situation als Einführung, Orientierungshilfe und Impuls zu weiterführendem
Literaturstudiuni Bedeutung haben. Zeigt es doch einen
Verfasser, der sieh zu den katechetischen Traditionen seiner lutherischen
Kirche bekennt und dennoch am Ende seines Wirkens die Krall
besitzt, wesentliche didaktische Neuansätze der letzten Jahre aufzunehmen
und (stark vereinfacht) verständlich zu machen. Daß Fror
..Religionspädagogik" - wie bereits der I itel verrät - bewußt in das
..Umfeld der modernen Erziehungswissenschaft" zu stellen versucht,
ist angesichts der katechetischen Tradition durchaus nicht selbstverständlich
.

Blaufuß hat Frörs Literaturangebot von 155 I nein um etwa
50 neuere Titel erweitert und sie in die Kapitelverweise einbezogen.
Das Literaturverzeichnis versteht sieh dabei nicht als umfassende
Auflistung einschlägiger Titel, sondern als ein Auswahlangebot, das
dem Leser die nötige Differenzierung und schöpferische Auseinandersetzung
ermöglichen will. Im Unterschied zur eisten Aullage begegnen
dabei auch Titel, die auf vergleichbare Handlungsfelder der
DDR-Kirchen verweisen. Dieses weiterführende Angebot durch
Spezialliteratur sollte vier Leser, der es bei frörs Grundriß mit einer
abgewogenen Einfuhrung ZU tun hat, unbedingt annehmen.

Dresden Roland Degen

Ökumenik: Allgemeines

Schiefler, Elisabeth: Von Sehauenburg nach Leuenberg. Entstehung
und Bedeutung der Leuenberger Konkordie reformatorischer
Kirchen in Europa. Paderborn: Bonifatius-Druckerei. 1983. XXI.
687 S. Anhang 223 S. gr. 8' = Konlessionskundliehe und kontro-
verstheologisehe Studien. XLVIII. Lvv. DM 42-

Es handelt sich um ein erstaunliches Buch. Erstaunlich ist schon
dies, daß der Leuenberger Konkordie überhaupt eine so umfangreiche
Untersuchung gewidmet wurde. Im allgemeinen begegnet man viel
eher der Auflassung, eine intensive Beschäftigung mit der Konkordie
lohne sieh nicht, weil es in ihr um eigentlich längst überholte Fragen
gehe und sie zum heutigen Zeugnis-Geben fast gar keine Hilfen biete.
Erstaunlieh ist an dem Buch weiterhin, daß trotz seiner Länge die
Lektüre nicht ermüdend wird. Denn es entsteht bei ihr nach und nach
ein Bild neuzeitlicher Theologie- und Kirchengeschichte in der-
Spanne eines Vierteljahrhunderts (1955-1981) und von europäischer
Weite. Zwar stets auf die Konkordie bezogen, kommen doch Themen
und Entw icklungen v on umfassender Bedeutung zur Darstellung. Die
Tagungsplanungen und -ablaufe, die Referate und die Diskussionen
sowie ihre jeweiligen Ergebnisse werden wiedergegeben: ebenso die
Stellungnahmen der Kirchen, kirchlicher Gruppen und Einzelner zu
den thematischen Berichten. Thesen und Vorenlwürfen. Möglieh
wurde das durch ein wiederum erstaunliches Maß an Quellenstudium
. Vfn. hat insbesondere das Archivmaterial der Kommission
des ORK für Glauben und Kirehenverlässung herangezogen. Dabei
kam es (im Anhang des Buches) auch zur Erstveröffentlichung von
Texten, die neue Vergleichsmöglichkeiten erschlossen hat. Das Verhältnis
von Hauptteil und Dokumentationen im Anhang sowie auch
schon die Gliederung des Haupttcils sind so klar, daß man hier -
erstmals - die Fülle des Materials bestens geordnet zur Hand hat. Das
Erstaunlichste an dem Buch aber ist. daß es nicht etwa, wie man hätte
meinen können, in einer der Konkordienkirehen entstanden ist.
sondern von einer Katholikin erarbeitet und von einer katholischen
Fakultät (Freiburg i. Br.) als Promotionssehrift entgegengenommen
wurde. Über die Motivation zu der Arbeit sagt Vfn. im Vorwort
(p. XIX): „Am Anfang... stand das Interesse für den BegrilT der
.Kirchengemeinschaft', der mich unmittelbar zur .Leuenberger Konkordie
' führte als einem Dokument aus jüngster Zeit, das zu einer
inhaltlichen Füllung und Präzisierung verhelfen konnte." Dieses

Interesse habe auf die Entstehungsgeschichte der Konkordie zurückverwiesen
, und so sei „die nun vorgelegte Darstellung eigentlich die
Vorarbeit. . .. um eine erste Einordnung von Leuenberg in die ökumenischen
Bemühungen der reformatorischen Kirchen - und darüber
hinaus- zu wagen".

Diese „Vorarbeit" geschieht entsprechend dem Ablauf der Ereignisse
in fünf Kapiteln. Das erste berichtet über die Gruppe lutherischer
und reformierter Theologen, die auf Anregung der Kommission
für Glauben und Kirehenverlässung nach einem Planungsgespräeh
1955 m Davos in den Jahren 1956-1960 in Arnoldshain und schließlich
auf dem Liebfrauenberg über „Die Autorität der Heiligen Schrift
für die Verkündigung der Kirche" sowie über „Die Gegenwart
Christi" und in diesem Zusammenhang über die l aufe und über das
Abendmahl gearbeitet hat. Allerdings stellt Vfn. diese Verhandlungen
nui verhältnismäßig kurz dar; sie hatten auch nur „inoffiziellen Charakter
" (S. 9) Anders das zweite Kapitel: es ist sogar das ausführlichste
. Sein Gegenstand sind die 1964-1967 nun auch in Mitverantwortung
des Lutherischen und des Reformierten Weltbundes in Bad
Schauenburg geführten Gespräche. In ihnen entstanden einerseits der
Bericht „Lutherische und Reformierte Kirchen in Europa auf dem
Wege zueinander" und andererseits die Thesenreihe „über das Wort
Gottes und die (iegenwart Gottes", „über das (iesetz" und „über (.las
Bekenntnis". Das dritte Kapitel schildert die Leuenberger Gespräche
1969 und 1970. Zu ihnen wurden die Teilnehmer nunmehr von ihren
Kirchen delegiert, und dazu gehörten jetzt auch linierte. Thematisch
ging es in dieser Etappe neutestamentlieh. kirchengeschichtlich und
systematisch-theologisch um die Fakten und Fragen, die dann in dem
Berieht „Kirchengemeinschaft und Kirchentrennung" dargelegt wurden
. Im vierten, wieder besonders umfangreichen Kapitel wird zunächst
die Entwicklung des Textes der Konkordie entsprechend seiner
Vorzeichnung durch den Berieht von 1970 und von ersten Vorlagen
bis hin zu dem in Leuenberg 1971 beschlossenen Entwurf wiedergegeben
. Alsdann legt Vfn.. dem Text Abschnitt für Abschnitt folgend, die
Stellungnahmen zu diesem Entwurf ausführlieh dai Das fünfte Kapitel
behandelt zunächst die Leuenberg-Versammlung 197.3 mit der
dortigen Verabschiedung des Textes in nochmals überarbeiteter Fassung
sowie deren Beurteilung in den Stellungnahmen. Es folgen dann
noch eine schwerpunktmäßige Aufarbeitung der Diskussion (s. u.)
und schließlich eine kurze Darlegung der weiteren Entwicklung über
die Konferenz von Sigluna 1976 bis zu der von Driebergen 1981.

Diesen fünf Kapiteln entsprechen im Anhang die Dokumentation
der „Thesen und Berichte" (mit den Arnoldshainer Thesen über die
Taufe beginnend): die Wiedergabe der „Konkordienenlwürle" (mit
einer Synopse des Entwurfs von 1971 und des endgültigen Textes von
197.7 schließend) und eine „Sammlung der Stellungnahmen" zu den
Texten von 1971 und 197.3. Daran sehließen sieh noch an ein
Verzeichnis der Kirchen, die der Leuenberger Konkordie zugestimmt
haben (bis zum Sommer 1982 waren es nach dieser Liste 76): eine
Zeittafel (von Davos 1955 bis Driebergen 1981); ein (sehr umfangreiches
) Literaturverzeichnis und mehrere Register (darunter auch ein
Stellenregister zu den Ziffern der Konkordie).

Den Dokumentationen im Anhang entsprechen im Hauptteil des
Buches zahlreiche Anmerkungen mit Zitaten aus Stellungnahmen.
Vfn. läßt auf diese Weise auch und insbesondere kritische Stimmen zu
Worte kommen. Das gehört zur Objektivität der Gesamtdarstellung.
Zugleich aber ist es Niederschlag der persönlichen Verarbeitung des
Stoffes durch die Vfn. Unmittelbar deutlieh wird die persönliche
Federführung I. durch eigene kritische /Äußerungen im laufenden
Text der Darstellung, 2. durch „Einordnungsversuche" nach größeren
oder kleineren Berichtscinheitcn und .7. durch Zusammenfassungen
bzw. Sehwcrpunkterhebungen nach längeren Abhandlungen.

Zu I ein die Endlässung des Konkordientexles betreffendes Beispiel
: In Ziffern I 1 (Dienst des Christen in der Welt) wurde (vgl.

A 140) der Entwurfstext.....nach vernünftigen, sachlichen Kriterien

suchen" geändert in „nach vernünftigen, sachgemäßen . .." Dazu
Vfn. (S. 564): .....die eigentliche Fragestellung.... ob in diesem