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1984

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

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Neuerscheinungen

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Theologische Literalurzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 9

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sehung insgesamt Ibrdern dürfte. Die neubeginnende Schriftenreihe
wird finanziell unterstützt durch die Johan-Borgman-Stiflung, die einen
ihrer Arbeitssehwerpunkte in der Förderung von Kultur und Religion
im Dienst des Evangeliums Jesu C hristi sieht.

Die theologische Bibliothek Bachs hat durch H. PreuB (1928) und
Th. Wilhelmi (1979) bereits Bearbeiter gefunden, die sieh vor allem
um die bibliographische Sieherstellung der Titel bemüht haben. Darüber
hinaus gehl es Leaver um eine kritische Aufarbeitung dieser Ergebnisse
(einschließlieh einer Reihe von theologischen Schriften, die
den titelmäßig erfaßten traditionell beigegeben wurden - nicht nur angebunden
!), um die biographische Identifizierung der Autoren, um die
Identität jedes einzelnen Werkes (was mit Hilfe von Faksimileübertragung
der Titelseiten ein hohes Maß an bibliographischer Sicherheit
vermittelt)1 und die Bestimmung der Ausgabe, die mutmaßlich in
Bachs Bibliothek gestanden hat; weitergeht es Leaver um Mitteilung
der Hauptausgaben eines jeden Werkes (möglichst derjenigen Formate
, wie sie sich in Bachs Bibliothek befanden), um Angabe von
bibliographischen Quellen mit Auskünften über die genannten
Werke, um Mitteilungen über den zeitgenössischen Gebrauch der
Titel, um weiterführende Literatur (einschließlieh der Literatur der
Bach forsch ung) und um die Auflistung der Bibliotheken, in denen
sich Parallelexemplare der Titel befinden (was bei stark verbreiteten
Werken nicht durchgehalten wird); Leaver hat 94 Bibliotheken in
7 Ländern erfaßt!

Im Vorwort (VII) kennzeichnet Leaver die Absicht dieser Bibliographie
. Es soll ein Arbeitsinstrument sein, um die Suche nach weiteren
Originalexemplarcn aus Bachs Bibliothek fortsetzen zu können (nach
Kenntnis der dreibändigen Calov-Bibel aus dem Besitz Bachs); und es
soll vor allem durch die Kenntnis seiner Bibliothek der theologische
Standort Bachs präziser bestimmbar werden. Dem Vorwort schließen
sich die Verzeichnisse der Literatur, der Abkürzungen und Bibliotheken
und eine dreiteilige Einleitung an: I. Die Hinterlassenschaft
Bachs (von Christoph Trautmann), 2. Die Taxierung der Bibliothek,
3. Bachs Bücher. Hier wird insgesamt der Versuch unternommen, die
Wertrelationen der Hinterlassenschaft Bachs im allgemeinen und der
Bücher im besonderen zu ermitteln. Die Bemühung um die Bewertung
der Bücher dient vor allem dem Ziel, über die stark abgekürzten,
oft fehlerhaften, bibliographischen Angaben der „Specificatio der
Verlaßenschafft des am 28. Julij 1750 seel. verstorbenen Herrn Johann
Sebastian Bachs, weyl. Cantoris an der Schule zu St. Thomae in
Leipzig" hinaus diejenigen Ausgaben bzw. Auflagen zu ermitteln, die
Bach besessen haben mag. So interessant und diskussionswürdig freilich
diese Form der Ermittlung ist, so sehr liefert sie sich auch Spekulationen
aus. Mit Hilfe eines logischen Ausschlußverfahrens kommt
man (wie die Arbeit vielerorts selbst zeigt) näher und sicherer an das
Ziel. Dennoch ist deutlich, daß durch Berechnungen aufgrund von
Auktionslisten und entsprechenden zeitgenössischen Hilfsmitteln
(Th. Georgi, Allg. Europ. Bücher-Lexicon, Leipzig 1742) Präzisierungen
erfolgen. Wenn es richtig zu sein scheint, „daß die Bibliothek
unterbewertet worden ist" (gegenüber Georgis Preisen von 1742), so
ist dabei zweierlei zu berücksichtigen: Wert und Geltung der späten
altprotestantischen Orthodoxie nehmen in Leipzig im Lauf des letzten
Lebensjahrzehnts Bachs enorm ab, so daß auch der Wert ihrer literarischen
Produkte 1750 bereits ein entscheidend anderer war als 1742
(ganz zu schweigen von den zur Bestätigung herangezogenen Preisen
von 1696 und 1707)." Zum anderen: Die allein zugängliche Abschrift
der „Specificatio" läßt keinen Schluß zu, ob für die Taxierung der Bücher
ein wohlmeinender oder geschäftstüchtiger Fachmann oder ein
kenntnisloser Taxator am Werke war. - Nach der Einleitung folgt ein
Teil 2 „Dokumente" (Faksimile und Neudruck des Kap. 12 der
Specificatio, Neudruck der Erbteilung, Faksimile und Neudruck der
Quittung über die deutsche Lutherausgabe vom September 1742 sowie
eine Reihe faksimilierter Unterschriftsproben Bachs).

Sodann wird als Teil 3 die eigentliche Bibliographie mit den bereits
erwähnten faksimilierten Buchtitelseiten ausgebreitet (45-190).
Leaver richtet sich nach der inzwischen allgemein angewandten Zählung
von Preuß. Mehrbändige Werke sowie traditionell mitveröllent-
lichte und eingebundene Schriften werden unter der Ziffer des Haupttitels
nach alphabetischer Zählung aufgeführt. Die Calov-Bibel (I]
wird mit allen Titelblättern angegeben, auch das in dem Bachschen
Exemplar (Concordia Seminary Library, St. Louis, Mo., USA) fehlende
sog. Halbtitelblatt wird im Wortlaut mitgeteilt: „Die Deütschc
Bichel/D. Martini Lutheri . . .", während das Haupttitelblatt mit der
Jahreszahl 1681 anders beginnt: „Die Heilige Bibel nach S.Herrn
D. Martini Lutheri Deutscher Dolmetschung und Erklärung". Bibliographische
Angaben stifteten daher an dieser Stelle wegen fehlender
Eindeutigkeit Verwirrung. Schade nur, daß die Faksimiles der Titelblätter
I und 3 den Namcns/ug Bachs auf diesem einzigen aus Bachs
Bibliothek wiederaufgefundenen Werk nicht mit wiedergeben. Unter
[2] ist die Altenburger Lutherausgabe (1661-1664) aufgeführt, die
Bach 1742 in einer Auktion erstanden hat. In der bereits erwähnten
erhaltenen Quittung über diesen Kauf bringt Bach diese Ausgabe
(wahrscheinlich aufgrund von Exlibris-Einträgen) mit derCalov-Bibcl
in Verbindung und formuliert seine Hochschätzung zweier Theologen
: Abraham Calov und Johann Friedrich Mayer. Zu [10] „Scheub-
leri Gold-Grube" ist zu bemerken, daß es in Leipzig am 9. 6. 1728
eine Anweisung gab, daß dieses Werk von Kirchen und von Schulen
gekauft werden müsse. Insofern ist die Annahme der Ausgabe von
1727 naheliegend. Nr. [12] ist, neben der Calov-Bibel, eine weitere Bibel
in Bachs Besitz, (zuzüglich die Bibel der Anna Magdalena, Eisleben
1736). Nr. [19] enthält im Anhang die Passionspredigten H. Müllers,
aufgrund deren ein ganzer Teil der Arien und Rezitative der Matthäus
-Passion durch Picander gedichtet worden sind (vgl. E. Ax-
maeher. Aus Liebe will mein Heyland sterben, Stuttgart 1984, Beiträge
zur theol. Bachforschung, 2). Nr. [33] ist vom Verfasser Hcu-
nisch mit eigenhändiger Widmung dem Superintendenten der Ohrdrufer
Bachzeit, Melchior Kromayer, übereignet worden, der auch
sehr deutlich in diesem Werk gearbeitet hat. - Es wäre noch manches
nachzutragen, was aber in diesem Zusammenhang verzichtbar ist. Die
Bibliographie ist erstaunlich fehlerfrei gesetzt. Nur zwei sind mir aufgefallen
: Hägglund (75), Haupt-Schlüssel (135). Das ist eine Leistung
bei solch irregulärem Text.

Insgesamt muß diese Edition als Maßstab gewürdigt werden lür die
Grundlage eines bestimmten Zweiges theologischer Bachforschung.
Darüber hinaus vermag sie auch den Standard für ähnliche Unternehmungen
anzugeben. Der Umgang mit der Materie erweist sich, ebenso
wie der Umgang mit den Inhalten, als ein filigranes Geschäft, dem
nichts mehr widerstrebt als die genugsam bekannte Pauschalität. mit
der die späte altprotestantische Orthodoxie bisher oft bedacht wird.
Daß der Vf. mehr als 12 Jahre daran gearbeitet hat, spürt der Benutzer
; und er wird ihm dafür auch dankbar sein. Es ist wegweisend,
daß die Schriftenreihe der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für
theologische Bachforschung gerade mit dieser Publikation einsetzt.1

Leipzig Martin Petzoldt

1 Leider sind einige Faksimiles in schlechter Qualität, was allerdings auch
durch schlechte Vorlagen bedingt sein mag.

" Dem Rez. liegen zum Vergleich Nachlaßverzeichnisse Leipziger bürgerlicher
Bibliotheken vor (aus den Jahren 17350), die die niedrigen Preise des
Bachschen Nachlasses durchaus schon bestätigen.

Das Namenverzeichnis (192) hätte nicht nur Autoren der Bücher aus Bachs
Bibliothek erfassen dürfen.

Alonso. Joaquin Maria, C. M. F.; Erasmi Corpus Mariologicum. [/II. Day-
ton, Ohio: University of Dayton 1979/80. 541 S. gr. 8" = Marian Library Stu-
dies. A New Series. II 12.

Betz. Johannes: Die Eucharistie als Gottes Milch in frühchristlicher Sicht.
1. TeiKZKTh 106. 1984, S. 1-26).

Bierma. Lyle D.: Federal Theology in the Sixteenth Century: Two Tra-
ditions?(WThJ45, 1983 S. 304-321).

Casalis, Georges: Schlciermacher et la reforme des ctudes de theologie
(ETR 59,1984 S. 167-180).