Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1984

Spalte:

659-661

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Rhetorik, ein internationales Jahrbuch 1-3 1984

Rezensent:

Otto, Gert

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

659

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 9

660

gruppen oder auch Vertreter der kirchlichen Institution fragen nach meiner
Kenntnis im Blick auf die Seelsorge-Arbeit kritisch immer wieder: Was meinen
die Seelsorgeberater eigentlich mit .Selbstverwirklichung".' Wieso ist das christlich
? Wir wissen es nicht! - Ich höre das in einer rigoristischen Variante, die
lautet: Das Gegenteil hat Jesus gelehrt - nämlich Selbstverleugnung. Also
lehren die Seelsorgeberater etwas, was in den .alten Äon' gehört und eigentlich
heidnisch ist." - Das vorstehende Referat will u. a. eine Antwort auf solche
Fragen geben.

2 Zur Freiheit eines Christenmenschen. Eine Erinnerung an Luthers Schrift.
München2198 LS. 105.

3 Anthropologie in theologischer Perspektive. Göttingen 1983, S. 227.

4 Heilung und Heil, Heilung und Erlösung. Eine Untersuchung der theolo-
gisch-soteriologischen Implikationen der Seelenheilkundc nach S. Freud und
C. G. Jung. Theol. Diss. (ev.), Münster 1980. S. 607.

4 Z. B. H.-M. Barth: Wie ein Segel sich entfalten. Selbstverwirklichung und
christliche Existenz. München 1979, oder H. Schröer im Handbuch der Praktischen
Theologie, Bd. 2, Gütersloh 1981, unter dem Abschnitt „Selbsterfahrung
", S. 278fT; vgl. auch die Beiträge von G. Eisele und D. Browning in
..Wege zum Menschen" 33. 1981, H. 10. - Unserer Auffassung kommt z. T.
auch der Artikel „Selbstverwirklichung" von H. Fleckenstein nahe, in: Praktisches
Wörterbuch der Pastoralanthropologie, Wien-Basel-Göttingen 1975.

* S. Mitteilungsblatt des Bundes der Ev. Kirchen, H. 1/2 v. 10.9. 1981,
S. 2-5. Dort wird ähnlich scharf geurteilt wie bei den eingangs zitierten Autoren
, z. B.: „Der Mensch, der sich selbst zu verwirklichen sucht, strebt im
Grunde danach, autonom zu sein, und das heißt: von Gott unabhängig und
Gott gleich zu sein. Selbstvcrwirklichung wird dann zur Selbstdarstellung und
Selbstbehauptung und ist dann nur im Trotz gegen Gott zu verwirklichen. Identität
in diesem selbst-mächtigen Sinne ist Ausdruck des Hochmutes und damit
der Gottesfeindschaft des Menschen." (S. 4) Wie konnte es zu solchen kurzschlüssigen
Unterstellungen kommen und wem nützen sie? - Fragen, denen
man einmal nachgehen müßte.

E.-R. Kiesow, Die Erfahrung der Rechtfertigung in der seelsorgerlichen
.Annahme', in: ZdZ33, 1979, H. II, S. 408-413. - M. Seils, Rechtfertigung
und Annahme, in: ZdZ35, 1981, H. 9, S. 331-339;- M. Haustein, Annahme
in der .therapeutischen Seelsorge' und biblisch-reformatorische Rechtfertigungslehre
, in: ZdZ 37,1983, H. 11, S. 277-284.

8 in: Klinische Psychologie. Theoretische und ideologische Probleme. Hrsg.
von J. Helm, H.-D. Rösler, H. Szewczyk, Berlin 1979, S. 153ff.

* Stichwort: Selbstverwirklichung. Ehrenrettung eines Modewortes. Stuttgart
-Berlin 1981,S. 67.

10 S. F. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin
"1957.

" Selbstverwirklichung. Zur Überlieferungsgeschichte des Begriffes. Theol.
Diss. Rostock 1984.- Im folgenden Absatz übernehme ich z. T. Ergebnisse von
M. Brückner; Näheres bei ihm.

K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohcntwurf)
1857-1858. Anhang: 1850-1859. Ausgabe Dietz-Verlag Berlin I953.S. 505.

" S. CG. Jung, Ges. Werke. 7. Bd.. Zürich und Stuttgart 1967, S. I89,inder
Schrift „Die Beziehungen zwischen dem Ich und dem Unbewußten", '1928.

14 A. D. Müller, Ethik, Berlin 1937, S. 191 f: „Die erste konkrete Aufgabe der
Verwirklichung, vor die der Mensch gestellt ist, ist die der Selbstvcrwirklichung.
Er muß etwas sein, um etwas leisten, er muß etwas haben, um etwas geben, er
muß Mensch sein, um sich als Mensch bewähren zu können. Nur wer an sich
gearbeitet hat, kann mit Aussicht auf Erfolg an der Welt arbeiten." - Bei
O. Haendlervgl. Die Predigt. 1941, Berlin 'i960, S. 57 „Das Selbst"; dort wird
an Jungs Begriff der Individuation = Selbstvcrwirklichung angeknüpft.

14 Vgl. Art. 19 der Verfassung der DDR vom 7. 10. 1974: „(3) Frei von Ausbeutung
, Unterdrückung und wirtschaftlicher Abhängigkeit hat jeder Bürger
gleiche Rechte und vielfältige Möglichkeiten, seine Fähigkeiten in vollem
Umfange zu entwickeln und seine Kräfte aus freiem Entschluß zum Wohle der
Gesellschaft und zu seinem eigenen Nutzen in der sozialistischen Gemeinschaft
ungehindert zu entfalten. So verwirklicht er Freiheit und Würde seiner Persönlichkeit
." Vgl. auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO
von 1948, Art. 22.

'" Vgl. meinen Artikel „Ich und Selbst" in: Die Christenlehre 37, 1984, H. 3,
S. 68-76.

17 Soziologie der Persönlichkeit, Berlin 1971. S. 47f.

'" Grundriß der Persönlichkeitspsychologie, Berlin 1982; zum Folgenden
vgl. ebd. S. 67-70.

14 Zitat aus „Psychologische Grundlagen der Persönlichkeitsentwicklung im
pädagogischen Prozeß" (Autorenkollektiv), Berlin 21980, S. 58.

20 Näheres habe ich in meiner ungedruckten Habil.-Schrift „Katholizismus
und Protestantismus bei Carl Gustav Jung", Theol. Fak. d. Humbolt-Univ.
Berlin 1962, im 6. Kapitel dargelegt.

21 Zit. aus: Psychologische Typen, Zürich 'i960 (=GW, 6. Bd.), S.477,
sowie: Von den Wurzeln des Bewußtseins, Ausg. Zürich 1954, S. 595.

22 S. M. Körner, Die Menschlichkeit Gottes. Eine Untersuchung zu ausgewählten
Abschnitten der Kirchlichen Dogmatik und zum Spätwerk Karl
Barths, Theol. Diss. Rostock 1984.

24 Mündliches Zitat Frankls nach U. Böschemeyer. Die Sinnfrage in Psychotherapie
und Theologie, Berlin 1977, S. 107.

24 Von einem Autorenkollektiv (U. Körner, K. Seidel, A. Thom). Jena 1981,
S. 235, in dem Beitrag „Die Betreuung zum Tode Krankerund Sterbender".

25 Gott als Geheimnis der Welt, Tübingen 21977, S. 464.

2,1 Es war wohl nicht zufällig, daß R. Bohren einen Aufsatz über „Die Pfarrfrau
auf der Suche nach Selbstverwirklichung" schrieb bzw. darüber reden
mußte, s. DtPfBl 79, 1979, H. 1, S. 5-9. - Man vgl. auch die Vielzahl der Stellen
, an denen H. Fritzsche in seinem Buch „Freiheit und Verantwortung in
Liebe und Ehe. Zur Theologie der Partnerbeziehungen", Berlin 1983, von
Selbstverwirklichung spricht.

Allgemeines, Festschriften

Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch. 1-3. Hrsg. von J. Dyck,
gemeinsam mit L. Fischer, W. Jens, K. Pawlowski, G. Ueding.
Stuttgart: Frommann 1980-83. 168 S.gr. 8*.

Ohne Einschränkung läßt sich feststellen: Das Programm, das die
Herausgeberam Anfang des ersten Bandes auf knappen zwei Buchseiten
vorlegen, wird in den drei ersten erschienenen Bänden überzeugend
realisiert.

Ziele des „Jahrbuchs" sind:

- „Aktualität, Lebendigkeit und Weite des .rhetorischen' Imperiums
" zu vermitteln;

- den Blick für die Geschichte der Rhetorik ebenso schärfen wie
deren „Bedeutung und Funktion in der modernen Gesellschaft zur
Debatte" stellen;

- die bisherige Trennung von Theorie und Praxis in der Rhetorikforschung
überwinden helfen;

- Diskussionsforum zu sein für die Erörterung „methodischer, terminologischer
und interdisziplinärer Probleme auch außerhalb speziell
literaturwissenschaftlich und linguistisch orientierter Fachkreise",
also z. B. für „Rechtswissenschaft und Theologie, Philosophie und

Theaterwissenschaft oder auch die Didaktik der Naturwissenschaften
" (Bd. 1,S. 8).

In der Verfolgung dieser Ziele, in ihrer Konkretisierung in Einzelbeiträgen
soll „die eigentliche Aufgabe der Rhetorik" befördert werden
, nämlich „Wissenschaft zu einem Gesellschaftsfaktor zu machen
und der Fachisolation wie dem Spezialistentum oder der imperativen
Dogmatik: also allem Inhuman-Ungeselligen, entgegenzuwirken"
(ebd.). Nicht nur hier klingen im Rhetorikverständnis Formulierungen
von Walter Jensdurch.

Es ist erstaunlich, in welchem Ausmaß und in welcher thematischen
Vielfalt bereits die ersten Bände dieses Programm einlösen.
Auch wenn hier eine Auflistung der Themen nicht sinnvoll erscheint
und die Auseinandersetzung mit einem Einzelbeitrag nicht möglich
ist, muß festgehalten werden: Jede der obengenannten Perspektiven
ist schon jetzt durch Einzclbeiträge konkretisiert. Dabei fällt auf, daß
die Spannweite der Themen in den ersten beiden Bänden weit ist und
sich kein Schwerpunkt abzeichnet. Band 3 ist dagegen insgesamt dem
Thema „Rhetorik im 18. Jahrhundert" gewidmet. Es bleibt abzuwarten
, wie die Anlage der Jahrbücher fortgeführt wird. Ein thematischer
Schwerpunkt für den einzelnen Band hat den Vorteil größerer Konzentration
, aber den Nachteil, daß für den einzelnen Leseraufgrund
seines eigenen Arbeitsschwerpunktes dann gegebenenfalls der ganze