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Ausgabe:

1984

Spalte:

620-621

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Albrecht, Christoph

Titel/Untertitel:

Interpretationsfragen 1984

Rezensent:

Blankenburg, Walter

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Theologische Literaturzeilung 109. Jahrgang 1984 Nr. 8

620

Einlluß Oer Theologie auf das geographische Denken /u Beginn des
18. Jahrhundert*, 113-130; U. Krolzik, Johann Fabricius
(1668-1736), 131-146; F. Krallt, Die Stellung des Menschen im
Universum. Ein Kapitel aus der Geschichte der abendlandischen
Kosmologie, 147-181 - Nachdruck eines Privatdruckes von 1979; M.
Büttner, Protestantische Theologie und Klimatologie im 18. Jahrhundert
, 18.3-21 7 - Nachdruck aus N/S I h 6. 1964.

U.C.

' Vgl.ThLZ 106, 1981 Sp. 259-261; 107,1982 Sp. 217.

Christliche Kunst und Literatur

Terra*, Victor; A Karamazov Companion. C'ommentary on the Genc-
sis, Language and Style of Dostoevsky's Novel. Madison: The Uni-
versity of Wisconsin Press 1981. XIV, 482 S. 8° $12.45; Lw.
$37.50.

Das Buch von Terras über Dostoevskij's Roman „Die Brüder Kara-
mazov" besteht aus zwei Teilen: „Introduction" (S. .3-120) und
„Commentary" (S. 123-144). Eine wohl erschöpfende Bibliographie
zum Roman und ein hilfreicher, sinnreich-analytischer Sach- und
Personen-,.Index*' (S. 447-482) schließen das Werk ab, dem ein
lesenswertes „Preface", eine Transliterationstafel sowie Abkürzungen
und Kurztitel vorangestellt sind (S. IX-XIV). „Introduction" hat drei
Abschnitte: I. "Genesis and background" (S. 3—40), II. "Ideas in The
Brothers Karamazov" (S. 41-83) und III. "Narrative lechnique"
(S. 84-120). Mit gedanklicher Konzentralion und prägnanten Formulierungen
versteht es T.. nicht selten komplizierte Zusammenhänge
mitsamt der Sekundärliteratur und ihrer kritischen Auseinandersetzung
auf relativ engem Raum zur Darstellung zu bringen. Zu diesem
Zweck sind die drei Abschnitte in jeweils zehn, sechs und fünf Kapitel
unterteilt. Die Behandlung der Probleme ist verständlich. Selbst
der dritte Abschnitt über die poetische Technik, der ein gew isses Maß
von Spezialwissen voraussetzt, verliert sich nicht in unverständliche
Abstraktionen einer „Metasprache". Es würde zu weit führen, die einzelnen
Kapitel mit ihrem außerordentlichen Aspektreichtum des letzten
großen Romans Dostoevskij's aufzuführen. Auf einzelne ausgewählte
Punkte werden wir sogleich zu sprechen kommen. Der umfangreiche
Kommentar basiert einerseits auf dem Text der sog.
..Leningrader Akademieausgabe" mit ihren Textvarianten und Kommentaren
(= PSS, Bd. Mund 15,Leningrad 1976). andererseits auf der
englischen Übersetzung von C. Garnett und R. E. Matlaw. New York
1976. Die Kommentierungen der 12 Bücher des Romans werden für
jedes Buch durchnumeriert, wobei an erster Stelle die englischsprachige
, an zweiter die Leningrader Ausgabe angegeben ist. Eine
Fülle von Querverweisen sowohl innerhalb des Kommentars, wie zur
Einführung und umgekehrt erschließen eine immense Informationsbreite
. T. vermerkt in seinem Vorwort, daß es ihm nicht so sehr auf
historische, philologische und biographische Einzelheiten ankam, als
vielmehr im Hinblick auf den Leser "to help him understand the
novel as the expression of a philosophy of life and as a work ofart"
(S. Xil). Erwähnenswert bleibt noch, daß T. im Kommentar eine
große Zahl von russischen Begriffen und, für Dostocvskij bezeichnend
, von Eigennamen bringt, die er ins Englische übersetzt. Es ist
schade, gerade angesichts der wissenschaftlichen Qualität des Buches,
daß sie nicht in einem eigenen Index aufgelührt sind, um die semio-
tische Seite der für Dostoevskij signifikanten Lexik aufzuschlüsseln. -
Es sei erlaubt, einige Anfragen und Bemerkungen anzuschließen. T.
erwähnt in seinem Literaturverzeichnis S. 456 einen Aufsatz von
V. E. Vetlovskaja in „Mif-Fol'klor-Literatura", Leningrad 1978. Es
fehlt aber ein Hinweis auf Frau Vetlovskaja's materialreiche Charakterisierung
Ivan Karamazov's als Großmeister der Freimaurer, die

etwa S. 5 III'hätte eingebracht werden können. Auch im Index fehlt
ein Hinweis auf "freemason" (masonstvo). - Für die bedeutungsvolle
Christusmetaphorik im Werke Dostoevskij's spielt die künstlerische
Verarbeitung des „Narren um Christi willen" eine wichtige Rolle (vgl.
K.Onasch in Dostoevsky Studies I, 1980, 111-121). Unter dem
Stichwort "God's fools (iurodivye)" hat T. im Index das Material für
die „Karamazovs" notiert. Was mir sowohl hier als auch in der Einführung
fehlt, ist ein Hinweis darauf, daß der Jurodivyj Alesa im
Gegensat/ zu Mvskin die neue Indiv iduationsstufc eines Typus darstellt
, mit dem eine optimale Annäherung an das Ideal Christi erreicht
wurde, wie sie Dostoevskij bereits im Notizenkomplex des Jahres
1864 vorsehwebte. Auf die Bedeutung dieser Notizen ist jetzt endlich
ausführlich eingegangen L. M. Rozenbljum, TvorCeskic dnevniki
Dostoevskogo. Moskau 1981 (Die Werktagebücher D.s). - Selbstverständlich
widmet T. "to the great rcligious themes" große Aufmerksamkeit
(Introduction, I, 4b: "Sacred sourees of The Brothers Karamazov
"; II. 2: "The Brothers Karamazov as a Theodicy": II. 4e:
'"The Church"; II. 5: "Moral and rcligious philosophy in I he
Brothers Karamazov"; III, Id: "Aliosha as an echo of Father
Zosima"; III, 2b: "The rcligious context as subtext": III, 5:
"Symbolism": Index: z. B. Christ. Christianity. Church. Faith, God,
Godmanhood, God and evil, Love, Monastic life and monkdom,
Mysticism, Orthodoxe. Religion. Symbolism, Theodicy. Dazu gehören
zentrale Figuren und ihr poetisches Umfeld wie "The Grand
Inquisitor". Grand Inquisitor, Zosima usw. Es ist interessant, daß der
letztere im Index eine ganze Spalte erhallen hat. während Alesa nicht
erscheint. Es kommt deshalb sowohl in der Einführung wie im
Kommentar deutlich zum /Ausdruck, daß der letztere als Echo
aufZosima von T. verstanden wird. An ihm demonstriert Vf. auf der
religiös-weltanschaulichen und auf der erzähltechnischen Ebene, wie
Dostoevskij die Fragen der Zeit in einer Figurenfiktion konzentrierte
und darzustellen verstand. Gerade für Zosima gilt, was für den letzten
Roman Dostoevskij's überhaupt gesagt werden kann: "Dostoevsky's
arlistic tact and respect Cor realism, temper the fervor of his rcligious
message" (S. 78). Deshalb werden auch "heretieal views" bei Zosima
herausgearbeitet, jene eigenartige Form des Nonkonformismus, die
die Dostoevskij-Forsehung in jüngster Zeit besonders interessiert.
Seine auf allen Bereichen sehr differenziert arbeitende Methode bewahrt
T. vor der Gefahr, religiöse Aussagen des Dichters statisch zu
fixieren. Es gelingt ihm vielmehr das dem Leser zu vermitteln, was
Louis Allain kürzlich auf die Formel gebracht hat: «L'univers de
Dostoievsky est par excellence celui des hypostases et des reflets»
(Dostoi'cvskv et le Dieu. La morsurc du divin. Lille 1981. S. 10.7). -
Jeder, der sich mit religiösen und theologischen Fragen bei Dostoevskij
beschäftigt, aber wohl auch über diesen Personenkreis hinaus,
wird T. lür das zweispaltige Stichwort "Biblical quotations and refe-
rences" im Index zu danken haben.

Terras hat mit der Zweiteilung v on "Introduction" und "Commentary
" einen zweifellos produktiven Typus in der Dostoevskij-Forsehung
geschaffen. Es bleibt zu hoffen, daß T. oder andere in dieser
Weise auch die Hauptwerke des russischen Dichters zur Darstellung
bringen werden, um nicht nur den Spezialisten, sondern auch einer
breiten Leserschaft ein gediegenes Wissen über ihn zu v ermitteln.

Hallc(Saale) Konrad Onaseh

Albrecht. Christoph: Interpretationsfragen. Probleme der kirchenmusikalischen
AufTührungspraxis von Johann Walter bis Max
Reger (1524-1916). Berlin: Evang. Verlagsanstalt; zugleich Göttingen
: Vandcnhoeck & Ruprecht 1981.283 S.gr. 8 .

Jeder Kirchenmusiker hat es mit Musik aus mindestens fünf Jahrhunderten
zu tun; somit steht er ständig vor der Frage: wie soll dieses,
wie jenes wiedergegeben werden? Ist es für ihn doch selbstverständlich
oder sollte es dies wenigstens sein, nach der Intention des jeweiligen
Komponisten zu fragen, um nicht nur dem Kunstwerk, sondern - im
Bereich der Kirchenmusik - v or allem auch seiner spezifischen gottes-