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Ausgabe:

1984

Spalte:

39-40

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Apokalyptik 1984

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1

40

nicht symbolische Bedeutung haben? Die von Jesus berufenen Jünger
handeln - anders als bei den Synoptikern - sofort als „Menschenfischer
" (Joh 1,40-45), obwohl dieser wichtige BerufungsbegrilTdort
fehlt; vielleicht steht eben der Name „Bethsaida" = „Ort des (Fisch)-
Fangs" an dessen Stelle. Ferner soll ausgerechnet Joh 1,42 die korrekte
Übersetzung „Kepha' = Petros" bieten (S. 29). Petros bedeutet
aber wie Kepha' vornehmlich „Stein", wie neuerdings P. Lampe
nachgewiesen hat; das Wortspiel Kepha' = petra in Mt 16,18 sei ungewöhnlich
und darum für Jesus unwahrscheinlich (NTS25, 1978/79).
Pesch meint, Jesus habe bei der Schaffung des Zwölferkreises dem
Simon den Namen Kepha' gegeben, um ihn dadurch als bedeutende
Person, als „edlen Stein" in dieser Gemeinschalt auszuzeichnen
(S. 31). Mt 16,17-19 sei wesentlich später, vielleicht als Rest einer
Epiphanie des Menschensohnes von einer aramäisch sprechenden
Gemeinde (Jerusalem?) für griechische Christen (in Antiochien?) gestaltet
worden (S. 99t). Gegen dieses Urteil habe ich erhebliche Bedenken
. Das „Spiel mit dem Petrusnamen" darf nämlich nicht nur philologisch
durchleuchtet werden, wie das bei Lampe geschieht. Ebenso
wichtig für Mt 16,18f ist der traditionsgeschichtliche Hintergrund;
vor allem sind es die Qumranstellen vom heiligen Bau der Endzeitgemeinde
1 QS8,6f (9,3.6) und besonders I QH 6,25f. Diese Vorstufen
von Mt 16,18 zeigen, daß in ihnen das Röm9,33; 10,11;
1 Petr 2,4-6 zitierte Orakel Jes 28,16f frei benützt wird, das auch für
Mt 16,18 in Frage kommt (vgl. S. 31). Dabei wird der köstliche Eckstein
(I QS 8,6f) in 1 QH 6,25f durch einen Felsen (sälä) ergänzt, auf
den Gott das Fundament legt (vgl. auch das Haus auf dem Felsen
Lk 6,48); auch in 1 Petr 2,6-8 wird im Anschluß an diese Jesajastelle
neben den Stein der Fels gesetzt. Denn für alle diese Aussagen mag der
Tempelfels auf dem Zion vorbildlich gewesen sein. Da für ein hebräisches
sälä das aramäische kepha die richtige Übersetzung darstellt,
wird im Wortspiel Mt 16,18 der Beiname des Simon richtig gedeutet:
Petrus ist der Fels der Kirche, nicht ein köstlicher Stein. Es besteht
darum auch kein zwingender Grund dafür, diese Deutung von der
Namensgebung durch Jesus zeitlich und sachlich zu trennen; beide
passen zum Messiasbekenntnis Mt 16,17 (vgl. 2Sam 7,12-14 und
Mk 14,58-62), das sonst ohne sachgemäße Antwort bliebe.

Tübingen Otto Betz

Koch, Klaus, u. Johann Michael Schmidt [Hrsg.]: Apokalyptik. Darmstadt
-Wissenschaftliche Buchgeselischaft 1982. VII, 500 S. 8- =
Wege der Forschung, CCCLXV. Lw. DM 94,-.

Die Sammlung vereinigt Beiträge zum literarisch-religionsgeschichtlichen
Phänomen der Apokalyptik seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts. Eine Einleitung von Kl. Koch (S. 1-29) skizziert die
Linie der Forschung und deutet die weithin ungelöste Problematik der
Gesamterscheinung „Apokalyptik" an. Mit der Hervorhebung der
Datierung von Teilen der Henoch-Literatur schon in das 3. oder gar 4.
vorchristliche Jahrhundert wird eine neue Fragestellung angedeutet,
die die folgenden Texte (noch) nicht reflektieren. Über die Auswahl,
die z. T. auch kurze Auszüge aus Büchern bietet, kann man natürlich
rechten. In jedem Falle zu bedauern ist, daß die einschlägigen Beiträge
in J. Maier/J. Schreiner, Literatur und Religion des Frühjudentums,
1973, und in TRE III (insbesondere die von K.Müller) überhaupt
nicht erscheinen; sie sind nicht einmal in der Bibliographie aufgeführt
, das erstgenannte Werk nur pauschal angegeben, aber mit grobem
Fehler (Schreiber statt Schreiner). Die Bibliographie ist auch
sonst lückenhaft (selbst der S. 25 A. 50 genannte J. Baumgarten erscheint
nicht). Stellen-, Sach- und Namensregister schließen den Band
ab.

Folgende Texte werden geboten: E. Reuss, Johanneische Apokalypse
(1843), S. 31—40. - A. Hilgenfeld, Jüdische Apokalyptik als Vorgeschichte
des Christentums (1857), 41-54. - J. Weiss, Die Predigt Jesu vom Reiche
Gottes (1892), 55-57.'- J. Wel 1 hausen, Zur apokalyptischen Literatur
(1899), 58-66. - H.Gunkel, Aus Wellhausen's neuesten apokalyptischen
Forschungen. Einige principielle Erörterungen (1899). 67-90. - A.Sabatier,

Die jüdische Apokalyptik und die Geschichtsphilosophie (1900), 91-113. -
A.Schweitzer, Reich Gottes und Ethik bei Jesus (1901), 114-119. -
O. Pfleiderer, Verkündigung der Nähe der Gottesherrschart und jüdische
Apokalyptik (1902), 120-131. - W. Bousset, Die religionsgeschichtliche
Herkunft der jüdischen Apokalyptik (1903), 132-145. - F. C. Burkitt, Jüdische
und christliche Apokalypsen (1914), 146-172. - R. H. Charles, Prophe-
tie und Apokalyptik (1914), 173-192. - F. J. F. Jackson u. K.Lake, Apokalyptisches
Denken und Schrifttum (1920), 193-203. - G.Hölscher, Die
Weisheit der Mystiker (1922), 204-213. -L. Ginzberg, Einige Beobachtungen
zur Haltung der Synagoge gegenüber den apokalyptisch-eschatologischen
Schriften (1922), 214-222. -G. Kittel, Methodische Fragen zum Verhältnis
von Spätjudentum und Christentum (1926), 223-227. - J. Klatzkin u.
J.Kaufmann, Apokalyptik (1928), 228-248. - P. Volz, Merkmale jüdischer
Apokalyptik (1934), 249-257. - E. Lohmeyer, Die Offenbarung des
Johannes (1934/35), 258-264. - U. W i 1 c ke n s, Die Bekehrung des Paulus als
religionsgeschichtliches Problem (1959), 265-275. - Kl. Koch, Spätisraelitisches
Geschichtsdenken am Beispiel des Buches Daniel (1961), 276-310. -
D. S. Russell, Apokalyptik - Prophetie - Pseudonymität (1962), 31 1-326. -
(i. Scholen!, Zum Verständnis der messianischen Idee im Judentum (1963),
327-369. - R. Bultmann, Ist die Apokalyptik die Mutter der christlichen
Theologie? Eine Auseinandersetzung mit Ernst Käsemann (1964), 370-376. -
W.R. Murdock, Geschichte und Offenbarung in der jüdischen Apokalyptik
(1967), 377^402. - Ph. Vielhauer, Apokalypsen und Verwandtes (1971),
403-439. - P.D. Hanson, Alttestamentliche Apokalyptik in neuer Sicht
(1971), 440-470.

T. H.

Berg, Werner: Die Rezeption alttestamentlicher Motive im Neuen
Testament - dargestellt an den Seewandelerzählungen. Frei-
burg/Br.: Hochschul-Verlag 1979. XIII, 374 S. 8* = Hochschul-
sammlung Theologie Exegese, I. Kart. DM 55,-.

Das Buch, das ein neutestamentliches Thema mit dem Ziel behandelt
, eine neutestamentliche Überlieferung zu verstehen, ist die (leicht
gekürzte) Veröffentlichung einer alttestamentlichen Habilitationsschrift
, die 1978 dem Fachbereich Katholische Theologie der Universität
München vorlag. Die Untersuchung deckt den religionsgeschichtlichen
Hintergrund des Zentrums der drei Seewandelperiko-
pen (Mt 14,25-27; Mk 6,48b-50; Joh 6,19b-20) im Alten Testament
auf, bezieht aber auch den pagan-antiken Bereich sowie das Frühjudentum
in die Untersuchung ein. Minutiös werden die alttestamentlichen
Texte zu den Motiven Wandel auf dem Meer, Vorübergehen,
Gespensterfurcht und Mutzuspruch, „Ich bin es", „Ich bin . . . Fürchtet
euch nicht" durchgegangen einschließlich ihrer Form in LXX und
Targum; hier spricht der Alttestamentler. Nicht ganz zureichend
geklärt dürfte das sachliche Verhältnis von Altem Testament - Frühjudentum
- Neuem Testament sein; das Frühjudentum ist in seiner-
theologisch bedingten - Bedeutung unterschätzt. Stets bleibt der Bezug
zum Neuen Testament im Auge, ein Schlußkapitel wertet die Ergebnisse
für die Theologie der neutestamentlichen Seewandelerzählungen
aus.

Auch wenn für den, der am Neuen Testament interessiert ist, die
Behandlung der alttestamentlichen Texte reichlich breit ist, und für
den, der am Alten Testament interessiert ist, die Auswahl der behandelten
Texte fremdbestimmt, erschließt das Buch zentrale Aspekte
einer wichtigen neutestamentlichen Überlieferung.

T. H.

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Mandouze, Andre: Prosopographie de l'Afrique chretienne
(303-533), d'apres la documentation elaboree par Anne-Marie La
Bonnardiere avec Ia collaboration de Claude-Helene Lacroix, Serge
Lancel, JHenri Irenee Marrou, Charles Munier, Elisabeth Paoli-
Lafaye, Stan-Michel Pellistrandi, Charles Pietri, Francoise Pontuer.
Paris: Editions du Centre National de la Recherche Scientifique
1982. 1 320 S. gr. 8' = Prosopographie chretienne du Bas-Empire,
l.Lw. FF 580,-.