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Ausgabe:

1984

Spalte:

607-608

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Rhyne, Clyde Thomas

Titel/Untertitel:

Faith establishes the law 1984

Rezensent:

Reinmuth, Eckart

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Seite 1

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607

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 8

608

reden konnte, wie es in Rom 13,1-7 der Fall ist. Zur Beantwortung
dieser Frage wäre zu prüfen, wieweit Paulus als christlicher Apostel
der pharisäischen Theologie verhaftet geblieben ist. Immerhin gibt es
zu denken, daß „die Thora ... für Paulus keine zufällige oder doch
prinzipiell ablösbare, geschichtlich bedingte oder bewährte Ordnung"
ist (T. Holtz, in: ThLZ 106, 1981 Sp. 394). Die Beibehaltung dieser
jüdisch-pharisäischen Sicht müßte ja wohl auch lür Rom 13,1-7 in
Rechnung gestellt werden. Ob dann aber nicht F. C. Grant (Roman
Hellenism and the New Testament, 1962, 136) mit seiner These recht
haben könnte: "Paul remained a Pharisee to hisdyingday"?

Berlin Günther Baumbach

Rhyne, C. Thomas: Faith Kstablishes the Law. Chico, CA: Scholars
Press 1981. X, 193 S. 8" = Society of Biblical Literature. Dissertation
Series, 55.$ 13.50.

Die Studie wurde unter der Betreuung von Paul J. Achtcmcicr am
Union Theological Seminary in Richmond (Virginia) erarbeitet und
lag 1979 als theologische Dissertation vor. Sic geht von der Frage aus,
wie sich das Verhältnis zwischen Judentum und Christentum an der
paulinischen Bewertung des Gesetzes darstellt. In einem Überblick
über die wissenschaftliche Diskussion dieses Problemfeldes erfolgt
eine Gliederung unter den Stichworten discontinuity, continuity.
mediating positions. denen die einzelnen Beiträge zugeordnet werden.
Um zu einem eigenen Ergebnis angesichts der widersprüchlichen
Lösungen zu kommen, wird Rom 3,31 zum Ausgangspunkt gewählt.
Der Exegese dieses Verses in seinem Kontext sind die Kapitel II und
III gewidmet. Einen Hinweis auf die besondere Funktion von
Rom 3.31 als Bindeglied zwischen 3.21-30 und 4,1-25 findet Rhyne
in der Formulierung 3,31b, mit der die rhetorische Frage des ersten
Versteils verneint wird. Nach einer Untersuchung des Gebrauchs rhetorischer
Fragen mit einer solchen Verneinung bei Paulus und Epiktel
kommt der Vf. zu dem Ergebnis, daß mit v31 die vorhergehenden
Ausführungen (vv21-30) auf ein mögliches Mißverständnis hin
beleuchtet werden und damit gleichzeitig die nachfolgende Erläuterung
begründet und eingeleitet wird. Rom 4,1-25 dient folglich der
Bewahrheitung der These 3,31c. Damit ist gleichzeitig ein entscheidendes
Argument für die These gefunden, daß das Gesetz (= der Penta-
teuch, s. S. 73) als Zeugnis für die Gerechtigkeit Gottes durch die pau-
linische Predigt der Rechtfertigung aus Glauben in Geltung gesetzt
wird (s. u.). Dieses Ergebnis wird im abschließenden IV. Kapitel mit
der Exegese von Rom 10,4 verglichen. Ihr Ergebnis lautet: In Christus
kommt das Gesetz als Verheißung der Gerechtigkeit so zum Ziel, daß
jeder Glaubende Gottes Gerechtigkeit erlangen kann (vgl. 118). Der
theologische Zusammenhang zwischen Rom 3,31 und 10,4 wird an
vier beobachteten Gemeinsamkeiten beider Verse in ihrem jeweiligen
Kontext hervorgehoben: Das Gesetz ist Zeugnis für die Gerechtigkeit
aus Glauben (Rom 3,21b—22; 9,31; 10,6-8). Einschlägige Zitate aus
dem Gesetz werden zu diesem Zweck interpretiert (Gen 15,6 in
Röm4; Dtn 30,12-14 in Rom 10,6-8). Die unterschiedliche Funktion
des Gesetzes unter der Perspektive von Glaube oder Werken wird
dargestellt (Rom 3,27; 9,32). Die vom Gesetz verheißene bzw. bezeugte
Gerechtigkeit Gottes wurde als Gerechtigkeit aus Glauben in
Christus Wirklichkeit (Rom 3,24-26; 4,25; 10,4.6-13). Rhyne stellt
fest, daß das eschatologische Ereignis des Glaubens dem Gesetz als
Zeugnis und Verheißung der Gerechtigkeit aus Glauben Gültigkeit
post Christum verschafft. Folglich ist von einer Kontinuität zwischen
Judentum und Christentum deshalb zu sprechen, weil Christus die
Gerechtigkeit Gottes verwirklichte, die das vom Gesetz selbst verheißene
und bezeugte Ziel des Gesetzes ist. Rhyne ist sich bewußt, mit
diesen Überlegungen heilsgeschichtliche Fragen zu berühren
(vgl. 120: "If Christ'* work hadhadartyolheroutcome, ii wouldhave
meanta break in the continuity ofGod's plan ofsahalion tu ii is revea-
led in the law. "). Er regt in Auswertung seiner Studie an. die Frage

nach dem paulinischen Gesetzesverständnis insgesamt neu zu stellen,
um einen ausgewogenen Überblick über die Bedeutung des Gesetzes
post Christum zu erhalten. Dabei sei wiederum von Rom 3,31 auszugehen
(121). Hier zeigt sich freilich auch die Begrenztheit der dieser
Untersuchung zugrundegelegten Textbasis. Das Gesetz als heilsgeschichtlicher
Zeuge der Gottesgerechtigkeit ist ja nur eine der F unktionen
, die ihm nach paulinischem Verständnis in der Kirche zukommen
, und es bleibt fraglich, ob sich von Rom 3,31 aus wirklich ein
umfassendes Bild des paulinischen Gcsctzbcgriffs erschließen läßt.
Die Gesamtfrage nach dem Stellenwert des Gesetzes (etwa auch nach
einer ethisch-normierenden Bedeutung) dürfte nur von verschiedenen
Ausgangspunkten innerhalb des Corpus Paulinum anzugehen sein,
wobei die jeweilige Bedeutung und Tragweite einzelner Aussagen Für
das Gesamtbild kritisch zu prüfen ist.

Bützow Eckart Kcinmuth

Kirchengeschichte: Allgemeines

Zadnikar. Marijan [Hrsg.]: Die Kartäuser. Der Orden der schweigenden
Mönche. In Verb. m. Adam Wienand hrsg. Köln: Wienand
1983. 393 S. m. zahlr. Abb. gr. 8".

Die Kartäuser stellen eine Synthese von Eremilentum und Kloster-
gcmeinschalt dar. über die es im deutschen Sprachraum bisher keine
zusammenlässende Darstellung gab. Der Kartäuserpater H. M.
Blüm schreibt „Über die Entwicklung des Kartäuscrordens seit seinen
ersten Anfängen bis zur Gegenwart". Es gibt heute noch 16 Kartäusern
in Europa und eine in den USA, dazu drei Nonnenkartauscn in
Italien, zwei in Frankreich und eine in Spanien (14). Blüm gibt auch
eine Einführung in die Spiritualität der Kartäuser (15-20), einen
Überblick „Wie lebt der Kartäuser?" (29-50) sowie sehr nützliche
lexikalische Übersichten (288-373). W. Baier geht näher ein aufdie
1487 erschienene „Vita Christi" des Straßburger Kartäusers Ludoll
von Sachsen (21-24). A. Wienand berichtet über die Marienverehrung
der Kartäuser (25-29). über Einzelheiten von Drucken
(224-237) sowie bedeutende Gestalten aus der Geschichte dieses
Ordens (203-214; 243-287): M.Zadnikar gibt einen Einblick in die
frühe Baukunst der Kartäuser. Leider schweigen die Quellen des
I 1 -14. Jahrhunderts; es findet sich „erst seit dem 15. Jh. hier und da
ein Hinweis oder eine Anmerkung" (58). Zadnikar betont den Unterschied
zur Bauweise der gleichzeitigen Zisterzienser. Die Kartäuser
passen sich immer, ähnlich wie mittelalterliche Burgen, dem gegebenen
Gelände an", durch verschiedene Lösungen und Formen, völlig
frei in „malerisch komponierten Grundrissen" (71). H. Rüthing
bietet 2 Beiträge: „Zur Geschichte der Kartausen in der Ordensprovinz
Alemannia inferior von 1320-1400" sowie „Zur Geschichte der
Visitationen im Kartäuserorden" (139-184). Im 1 5. Jh. gab es jährlich
fast 100 Visitationsprotokolle.

Von ganz, besonderem Interesse ist der Aufsatz des Erfurter Kirchenhistorikers
E. Kleineidam „Die Spiritualität der Kartäuser im
Spiegel der Erfurter Kartäuserbibliothek" (185-202). Grundlage ist
ein mehr als 350 Seiten langer Katalog, den Paul Lehmann 1928 in
stark gekürzter Form ediert hatte. Der Kurzedition war es nur um die
bibliothekarischen Mitteilungen gegangen. Klcineidam arbeitet nun
die theologische Bedeutung dieses Kataloges heraus. Das Dokument
stammt aus den Jahren vor 1480. Ziel des Kataloges war „nicht die
theologische Wissenschaft, sondern das geistliche Leben" (187). Die
Bücher der Bibliothek waren so angeordnet, „daß man den vierfachen
Schriftsinn der Heiligen Schrift begreift, gewissermaßen als ein geistliches
Haus Für den menschlichen Geist gebaut, in dem er. solange er
fern von Gott auf Pilgerschaft ist, wohnt, wandelt und wächst" (189).
Im Katalog findet sich ein Abschnitt, der den Unterschied zwischen
mystischer und scholastischer Theologie bedenkt in enger Anlehnung