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Ausgabe:

1984

Spalte:

602-603

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Guevara, Hernando

Titel/Untertitel:

La resistencia judia contra Roma en la epoca de Jesus 1984

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 8

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Dieser als Typoskript gedruckte Band will Einblick geben in die sehen" und des „Evangelischen" nicht mehr als Gegensatzbegriffe
unter Theologen der DDR sehr intensiv geführte Debatte über ein verstehen, sondern sie „aus ihrem konfessionellen Gegenüber in eine
ökumenisches Grundlagenproblem. ekklesiologische Einheitlichkeit hinein transformieren, wie das der
Die einzelnen Beiträge versuchen - von je verschiedenen theologi- derzeitigen ökumenischen Gesprächssituation entspricht" (93). Es
sehen Positionen aus-, in die Diskussionslage um den Frühkatholizis- erscheint ihm zwar grundsätzlich legitim, unter dem Leitbegriff des
mus im Neuen Testament einzugreifen, die durch E. Käsemann und F. nach abwegigen „Katholizismen" und einem falschen „katholi-
S. Schulz entstanden ist. Ist es historisch und theologisch legitim, von sehen Prinzip" zu suchen, gleichzeitig müsse jedoch gefragt werden,
• .Frühkatholizismus" im Neuen Testament zu sprechen? Wenn ja, ob es nicht in den Anfangen der Kirche auch „legitime Gestaltwand-
wie sind seine Merkmale zu bestimmen? Und wie verhält er sich zum lungen in der Evangeliumsverkündigung gegeben hat. die . .. legitim
ältesten christlich en Kcrygma? Das sind die hier anstehenden Fragen. dann auch zu einem Gestaltwandel der Kirche führen mußten" (72).
Ff.-F. Weiß nähert sich ihnen in seinem Beitrag „.Frühkatholizis- Kriterium solcher Legitimität kann nur die Evangeliumsgemäßheit
mus" im Neuen Testament? Probleme und Aspekte" relativ pragma- sein, die Schürmann wiederum im Sinne von Schriftgemäßheit belisch
. An der Legitimität des Begriffs meldet er keine Zweifel an; stimmen möchte. Von da aus gelangt er zu dem programmatischen
dieser umschreibt seiner Meinung nach sachgemäß einen Komplex Spitzensatz: ...Katholisch' ist. .. .das Schriftgemäße', insofern das
typischer Erscheinungen der zweiten christlichen Generation: die Katholische auf dem Prinzip der .Sola scriptum (traditione interpre-
Neigung zur Pseudonymität, die Vorordnung der Fides quae vor die tata)' beruht, d. h. dem Verstehen der Schrift von der in ihr verkündendes
qua creditur, das Zurücktreten eigener theologischer Reflexion ten .Sache' her, die traditionell und lebendig-gegenwärtig aus der viva
hinter das Geltcndmachen der Lehre der Apostel und - vor allem-die vox evangelii immer schon vorverstanden, aber auch immer wieder
Tendenz der Institutionalisierung (S. 15). Die hinter diesen Erschci- neu und tiefer verstanden wird." (90)

nungen stehende Intention sei die bewußte Bindung an die normative Leider wird die Wirkung des Bandes durch die recht nachlässige

Lehre der Anfangszeit und damit an Jesus Christus selbst als Grund äußere Präsentation beeinträchtigt. Dem Leser, der sich ein Bild vom

und Ursprung des Glaubens. Verhält es sich aber so, dann ist uns ein Ablauf der Gespräche des Ökumenisch-Theologischen Arbeitskreises

Kriterium zur Beurteilung frühkatholischer Phänomene an die Hand zum Thema Frühkatholizismus machen möchte, wird dies nicht

gegeben; es gilt zu fragen, inwieweit diese Rückbindung an das älteste gerade leicht gemacht. So geht aus dem Vorwort zwar hervor, daß die

Kerygma tatsächlich geleistet wird, und zwar ohne Vergesetzlichung, ersten drei Vorträge (von H.-F. Weiß, J. Rohde und W. Wiefel) auf

Uniformierung und Erstarrung. Als Beispiel Für die Anwendung die- einer Arbeitstagung in Wittenberg 1979 gehalten worden waren, man

ses Kriteriums dient die Gegenüberstellung der Ämterkonzeptionen erfahrt jedoch nichts über Datum und Ort der zweiten Arbeitstagung,

des lukanischen Geschichtswerks und der Pastoralbriefe. Während in deren Rahmen die Referate von W. Trilling und H. Schürmann

Weiß in den letzteren gesetzliche Erstarrung konstatiert, lindet er bei vorgetragen worden sind (erst eine versteckte Anmerkung auf S. 91

Lukas eine Theologie des Wortes, die das zur Geltung bringt, was gibt wenigstens teilweise die gewünschte Auskunft). Ebenso fehlen

-den bleibenden Grund der Kirche ausmacht" (S. 21). Angaben über die (zwei?) noch folgenden Arbeitstagungen zum

Auf einen weithin übersehenen Aspekt macht W. Wiefel in sei- Thema, obwohl von deren einer in Form von Resumes über die dort

nem Beitrag „Frühkatholizismus und synagogales Erbe" aufmerk- gehaltenen Referate (Ferd. Hahn, „Die nachapostolische Zeit als öku-

sam: Die frühkatholische Kirche hat ein fundamental anderes Ver- menisches Problem"; K.-H. Neufeld, Frühkatholizismus - systema-

hältniszum Judentum als die Kirche der ersten Generation. Einerseits tisch) berichtet wird. Das Vorwort (S. 5) kündigt an, daß die Vorträge

■st sie, wenn man von kleinen judenchristlichen Resten absieht, hei- von Trilling und Schürmann „am Eingang dieses Bandes" stehen soll-

öcnchristlich, d. h. sie hat sich endgültig von der Synagoge getrennt. ten - der Leser findet sie jedoch zu seiner Überraschung erst in der

Andererseits aber kommt es nun zu einer verstärkten Anknüpfung an zweiten Hälfte des Bandes! Als wenig hilfreich erweist sich leider

synagogales Erbe in Verfassung, Recht, Schriftauslegung und Liturgie, auch der Arbeitsbericht von L.Ullrich (S. 116-125), der „über die

durch die die Kirche von der Abtrennung von ihrem alttestamcntlich- Schwerpunkte der Diskussionen im Anschluß an die Vorträge und

Judischen Ursprung bewahrt wurde. über ergänzende Gesprächsbeiträge auf einer vierten Arbeitssitzung"

Kritik an dem Begriff F. übt auch W. Trilling („Bemerkungen informieren will (S. 116). Ich habe den Eindruck, daß hier Protokoll-

ZUm Thema .Frühkatholizismus'"); er sei „so unklar, belastet und notizen aus vier Tagungen stichwortartig und ziemlich wahllos

v'elen Mißverständnissen ausgesetzt, daß sich seine Weilerverwen- nebeneinandergestellt worden sind. Ähnliches gilt von dem abschlic-

dung nicht empfiehlt" (68). Aber auch der von Rohde empfohlene Bc- ßenden Abschnitt, der die „Gesprächstendenzen" zusammenfassend

8nfl „apostolisches Zeitalter" wird von Trilling mit beachtlichen darstellen möchte (S. 126-128).

Argumenten verworfen: Unsere Kenntnis über die Apostel ist zu „ . o„i tr

Schmal Erlangen Jürgen Kolon
M"<ti, „um eine ganze Periode durch das Kennzeichen apostolischer

irksamkeit und Präsenz charakterisiert zu sehen" (65). Und was die

ee des Apostolischen betrifft, so findet sie sich in den Schriften der

ersten Generation noch nicht, sondern gehört selbst in den als spezi- Guevara, Hernando: La resistencia judia contra Roma en la epoca de

sch „frühkatholisch" empfundenen Bereich. Die Grenzen des zu er- jesus Medingen 1981.XVI11.478 S. 8'

assenden Problemfclds sind „wohl nicht zuerst dort zu ziehen, wo

eine Geschichtsperiode von einer anderen abgehoben wird . . ., son- Sub Tiberio quies - nach der hier anzuzeigenden Untersuchung ist

dcrn dort, wo die Relation von .Evangelium' und .Kirche' überhaupt diese berühmte Formel des Tacitus (Hist. V.9.2) die treffendste Be-

rcflektiert wird" (63). Sachgemäß behandelt wird dieses Problemfeld Schreibung für das Verhältnis von Rom und jüdischer Freiheitsbewe-

"ach Meinung Trillings nur dann, wenn unter Ausklammerung einer gung zur Zeit Jesu. Ihr Vf. ist Absolvent des römischen Collegio Pio-

Abfallstheorie einerseits und eines romantisch-organologischen Ent- Latino, die Arbeit eine 1981 am Päpstlichen Bibelinstitut angenom-

wicklungsdenkens andererseits diese Reflexion danach befragt wird, mene Dissertation (Referenten: Roger Le Deaut und Albert Van-

und inwieweit in ihr das im ältesten Zeugnis zutage getretene hoye), ihre Publikation wurde durch das konservativer Theologie ver-

•authentisch Christliche" (63)durchgehalten wird. pflichtete Christ-König-Institut in Meitingen ermöglicht. In der über

Besondere Beachtung verdienen die Überlegungen von H. Schür- zwei Jahrzehnte währenden (d. h. durch M. Hengcls Buch über die

ann („Auf der Suche nach dem .Evangelisch-Katholischen'"), die Zeloten eröffneten) Diskussion nimmt diese Arbeit eine Position ein.

'erdings bereits andernorts veröffentlicht wurden (P.-G. Müller/ die an Klarheit und Schroffheit nichts zu wünschen übrig läßt. Es gab

• Stenger [Hrsg.], Kontinuität und Einheit. FS Franz Mußner, Frei- in der Zeit Jesu in Palästina keinen nennenswerten Widerstand gegen

Ur8 1981, 340-375). Schürmann möchte die Begriffe des „Katholi- Rom. Der Versuch, das Wirken Jesu auf dem Hintergrund der Zclo-