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Ausgabe:

1984

Spalte:

36-38

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lull, David John

Titel/Untertitel:

The Spirit in Galatia 1984

Rezensent:

Borgen, Peder

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1

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Möglichkeiten zeigt. Das geschieht stets in fairer Sachlichkeit, so daß
der Leser bei aller gebotenen Kürze doch nicht bevormundet wird,
sondern die Möglichkeit zu selbständiger Urteilsbildung erhält. Dem
dienen auch die in aller Knappheit hervorragenden Literaturhinweise
zu jeder Perikope bzw. zu den Exkursen, bei denen man kaum je einschlägige
Titel aus der neueren Literatur vermißt; sie führen auch
über den deutschsprachigen Horizont hinaus und geben so die Möglichkeit
zu spezieller Weiterarbeit bestens an die Hand.

Daß philologische Einzelfragen zum griechischen Text und z. B.
auch textkritische Probleme nicht erschöpfend behandelt werden
können, ergibt sich aus der Anlage der Serie; so findet sich ein eigener
Absatz zur Textkritik nur selten (z. B. zu 2,5 und 9 oder zu 8,37). W.
weist gelegentlich auch ausdrücklich daraufhin, daß ein bestimmtes
philologisches Problem nur anhand des griechischen Textes besprochen
werden könnte. So bleibt für die exegetische Einzelarbeit das in
den (älteren oder neueren) „großen" Kommentaren bereitgestellte
Material solcher Art unentbehrlich. Aber davon abgesehen liegt in
diesem Kommentar, dessen 2. Teil man gern bald in die Hand nehmen
möchte, eine vorzügliche Erklärung der Apostelgeschichte vor,
die heutigen Ansprüchen voll gerecht wird.

Demgegenüber fällt es schwer, den Kommentar von Bruce hier
sachgemäß zu besprechen; ja man kann fragen, ob es überhaupt fair
ist, dieses Werk über 30 Jahre nach seinem ersten Erscheinen noch zu
rezensieren (es ist seinerzeit in der ThLZ nicht besprochen worden).
Der Autor, "Rylands Professor of Biblical Criticism and Exegesis" in
Manchester, ist durch mancherlei Veröffentlichungen zum Neuen
Testament und zu den Qumranschriften bekannt geworden, von
denen einige auch in deutscher Übersetzung erschienen (z. B. „Die
Handschriftenfunde am Toten Meer", München 1957, und jüngst;
„Zeitgeschichte des Neuen Testaments", I/Il, Wuppertal 1975/76
u. ö.); einige kleinere Schriften wurden in Deutschland auch von
evangelikal orientierten Verlagen herausgebracht. Gleichwohl gehört
der Autor in die große Traditionslinie der englischen historisch-kritischen
Bibel Wissenschaft hinein, wie sie etwa für die Apostelgeschichte
am eindrucksvollsten durch das Jahrhundertwerk der "Beginnings of
Christianity" (hrsg. von F. J. Foakes Jackson' und K. Lake, Part [,
vol. 1-5, 1920-1933) repräsentiert wird, dem speziell verpflichtet zu
sein auch Bruce schon im Vorwort bekennt. Der Kommentar geht
seiner Substanz nach in die Jahre 1939-1949 zurück; er erschien
zuerst 1951, in einer Second Edition 1952 und danach in sechs Reprints
bis 1976, wobei in den Addenda (S. IX-XX) Literatur bis etwa
1967 genannt wird; überraschend tauchen sogar in der ursprünglichen
"Select Bibliography" (S. 49-55), die ansonsten bis 1948 führt, die
Kommentare von E. Haenchen (15. = 6. Aufl. 1968) und H. Conzel-
mann (1963) auf (S. 50), natürlich ohne daß sie ansonsten berücksichtigt
werden konnten. Die „formgeschichtlich" inspirierte Betrachtungsweise
der Apg ist - trotz der Erwähnung des Stichworts auf S. 25
- noch nicht wirklich im Blick des Autors; so wird außer in den
Addenda M. Dibelius nur mit seiner Arbeit zur Areopagrede erwähnt
und recht kurz abgetan (S. 335 Anm.). Hinsichtlich der Einleitungsfragen
(Introduction, S. 1-64) bleibt Bruce ungefähr bei den „konservativsten
" der Möglichkeiten, die sich im Rahmen der historischkritischen
Diskussion der ersten Jahrhunderthälfte jeweils vertreten
ließen (wie der Verlag noch im Klappentext von 1976 beim Leser die
Erwartung wecken kann, der Autor "takes into aecount recent
research into all questions of authorship, sources, style, etc.", ist
unverständlich). Der Autor der Apg ist selbstverständlich der Arzt
und Paulus-Begleiter Lukas; sein (Doppel-)Werk hat er am wahrscheinlichsten
zu dem aus Apg 28,30 scheinbar abzulesenden Zeitpunkt
, also etwa im Jahr 62, geschrieben, usw. Der Abschnitt über
"Acts and the Pauline Epistles" (S. 34-40) ist bemüht, alle eventuellen
Brüche zwischen Apg und den Paul inen (bis hin zu den Pastoralbriefen
) auszugleichen. Fruchtbarer zeigt sich dagegen die klassischphilologische
Gelehrsamkeit des Autors bei den Vergleichen der
schriftstellerischen Arbeit des Lukas mit der griechischer Historiker,

auch hinsichtlich der Reden (Luke as a Historian, S. 15-18; The
Speeches of Acts, S. 18-21). Freilich hat die Forschung der letzten
30 Jahre auch hier noch weitergeführt (ich erinnere nur an die Arbeiten
von E. Plümacher bzw. U. Wilckens). Das philologische und altertumskundliche
Wissen des Autors zeigt sich dann vor allem im
eigentlichen Kommentar (S. 65-481), der abschnittsweise den griechischen
Text und sodann eine Versexegese bietet. Diese ist freilich
fast nur an philologischen oder historischen Einzelheiten orientiert;
nur gelegentlich finden sich zusammenhängende Ausführungen (z. B.
zum Apostelkonzil Apg 15: S. 287-289, vgl. schon S. 380- Griechische
Wendungen werden oft durch genaue englische Paraphrase verdeutlicht
; Hinweise auf andere neutestamentliche Stellen, aber auch
auf die außerbiblische Literatur helfen philologisch und sachlich
weiter. Dem deutschen Benutzer wird etwa bei Haenchen (übrigens
unter vielfacher Berufung auf die "Beginnings"), Conzelmann oder
Schneider im wesentlichen dasselbe Material geboten. Auf eine im
engeren Sinne „theologische" Exegese erhebt der Kommentar erklärtermaßen
(S. VIII) keinen Anspruch (in dieser Richtung scheint -
nach Haenchen S. 39 - die mir nicht zugängliche Auslegung der Apg
im englischen Text durch Bruce [1954,31962] weiterzugehen). Angesichts
der heutigen Diskussionslage ist es ein empfindlicher Mangel,
daß Bruce auf die literarisch-gestalterische und theologisch-konzeptionelle
Arbeit des Lukas anhand des Textes im einzelnen gar nicht
eingeht. Mag man Haenchens Kommentar als ein gegenteiliges
Extrem empfinden, so vermag doch auch der Verzicht auf diese Betrachtungsweise
noch kein brauchbares Gegengewicht herzustellen.
Jedoch ist das dem Autor von 1950 im Grunde noch nicht anzulasten
(s. o.). So bleibt es unbefriedigend, dieses Werk neben einem wirklich
auf der Höhe der Zeit stehenden Kommentar zur Apostelgeschichte
besprechen zu müssen.

Naumburg Nikolaus Walter

' Es ist beruhigend zu sehen, daß man auch in England offenbar nicht genau
weiß, ob man diesen Autor alphabetisch unter "Foakes Jackson" (so S. 52)
oder aber unter "Jackson "(so im Register, S. 486) einreihen soll.

Lull, David John: The Spirit in Galatia. Paufs Interpretation of
Pneuma as Divine Power. Chico, CA: Scholars Press 1980. XIII,
240 S. 8* = SBL Dissertation Series, 49. Kart. $ 9.-.

This book is divided into three parts. In the first part the author
analyses the historical occasion of Paufs use of'pneuma' in the Letter
to the Galatians and emphasizes that the missionary proclamation
(and not baptism) was the Sitz im Leben of the Spirit.

The second part deals with the theology of the Spirit in Paufs mes-
sage to the Galatians. Soteriologically, Paul traces the 'new creation'
to eestatie experiences, with which Christians in Galatia had begun
Christian existence. Christologically, Paul portrays the Spirit as a
mode of the continued presence and activity of Christ, and eschatolo-
gically, all elements of the sending of the Spirit identifies its time as
that of the 'last age'. In the final section of the book, Lull developes his
doctrine of the Spirit in dialogue with Bultmann's existentialist theology
, and with the theologies of nature of Pannenberg and Pittenger.

This monograph has been written at Claremont Graduate School
under the supervision of H. D. Betz. The author also acknowledges
influence reeeived from "process theology", as advocated by John
B. Cobb, Jr. The present review will mainly comment on the study
from the viewpoint of New Testament research.

Lull presents a good characterization of the present research Situation
: No consensus has as yet been reached among scholars about the
nature of the crisis in the churches of Galatia, which occasioned Paul
to write his letter to them. On the one hand, there are scholars such as
F. C. Baur, J. B. Ligthfoot, W. G. Kümmel, etc., who in various ways
defend the view that Paufs opponents were Judaizers, i. e. Jewish
Christians who were faithful to the Law of Moses. For these scholars,