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Ausgabe:

1984

Spalte:

523-524

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Luther, Martin

Titel/Untertitel:

Studienausgabe Bd. 3 1984

Rezensent:

Hägglund, Bengt

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Seite 1

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523

Theologische Lileraturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 7

524

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Luther, Martin: Studienausgabe, Bd. 3. In Zusammenarb. m. H. Junghans
, J. Rogge u. G. Wartenberg hrsg. von H.-U. Delius. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt 1983. 496 S. gr. 8". Lw. M 37,50; Ausland:
50,-.

Schon vordem Luther-Jubiläum im Herbst 1983 erschien der dritte
Band der Studienausgabe von Luthers Werken, nur ein Jahr nach dem
zweiten Band. Er bietet eine Reihe von wichtigen Beiträgen zur Reformationsgeschichte
und zur Theologie Luthers aus den Jahren
1522-1530.

Die überwiegende Zahl der hier edierten Texte bewegt sich um die
Fragen von Kirche und Gesellschaft, um „äußerlich Ordnung und
weltlich Ding". Sieghard Mühl mann, der zugleich Theologe und
Rcchtsgelehrter ist, steht hinter der Neuausgabe von den beiden
Schriften Eine treue Vermahnung M. Luthers zu allen Christen, sich
zu hüten vor Aufruhr und Empörung, 1522, und Von weltlicher
Oberkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei, 1523. Derselbe
Herausgeber hat auch die Edition von der späteren Schrift Ob Kriegs-
leutc auch in seligem Stande sein können, 1526, besorgt.

In der Nähe dieses Themenkreises liegen die vier Schriften zum
Bauernkrieg, die hier in einer durch Hubert Kirchner herausgearbeiteten
Edition vorgelegt werden: Ermahnung zum Frieden. 1525,
Vertrag von Weingarten. Luthers Vorrede und Vermahnung, 1525,
Auch wider die räuberischen und mörderischen Rotten der anderen
Bauern, 1525, wie auch Ein Sendbrief von dem harten Büchlein wider
die Bauern, 1525.

Eine Schrift, die zum Kampf Luthers gegen die spiritualistische
Linie der Reformation gehört, nämlich Ein Brief an die Fürsten zu
Sachsen von dem aufrührerischen Geist, I 524, wird hier von Siegfried
Bräuer ediert. In diesem Text findet man die bekannte Äußerung
Luthers über seine Fahrt zum Wormser Reichstag wieder: „Wenn ich
gewust hette das so viel teulfel auff micht gezilet hetten alls zigcl auff
den dechern waren zu Worms were ich dennoch eyngeritten . . ."
(S. 96).

Einen anderen Themenkreis behandelt die von Joachim Rogge
edierte Schrift Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine
Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen,
ein- und abzusetzen. Grund und Ursach aus der Schrift, 1523. Luthers
bekannte Antwort auf eine Frage von der Gemeinde in Leisnig nach
der rechten Ordnung, Pfarrer zu berufen und einzusetzen, ist ein
immer beachtenswerter Beitrag zum Problem Amt und Gemeinde,
worin das Recht der Gemeinde nicht nur dem weltlichen Regiment
sondern auch der kirchlichen Hierarchie gegenüber behauptet wird.
In den Literaturhinweisen wäre hier auch Gert Haendlcrs Untersuchung
„Amt und Gemeinde bei Luther", Berlin 1979, zu nennen.

Eine Arbeit ganz anderer Art als die bisher genannten findet sich
auch in diesem Band: De servo arbitrio. I 525, in einer Ausgabe von
H.-U. Delius und Rudolf Mau in Verbindung mit Günter Gloede.
Die Einleitung bringt in meisterhafter Konzentration die Vorgeschichte
und den Verlauf der Auseinandersetzung mit Erasmus:
der ausführliche Apparat präsentiert sehr reichlich Zitate aus Erasmus
' Diatribc De libero arbitrio, was für das wirkliche Verstehen der
Argumentation sehr wichtig ist. Kurze Kommentare zum Inhalt der
Schrift sind für den Leser oft sehr hilfreich. Zur Bemerkung Luthers,
daß es in der Schrift um „assertiones" gehe, die gewisser und fester als
jede Erfahrung sind, wird im Kommentar gesagt: „Luthers schärfste
Antithese zu Erasmus (.. .), der die Bibel mit den Augen des Psychologen
liest und feststellt, wozu der Mensch alles fähig ist. Luther lernt
dagegen aus der Bibel Gottes Einstellung zum Menschen kennen und
respektiert sie." (S. 183, Anm. 60) Es ist verdienstvoll, daß auch in
dieser Studienausgabe diese umfangreiche Schrift, die auch bei der
kommenden Übersetzung so viel Arbeit der Herausgeber fordert,
aufgenommen worden ist. Die tiefste Motivierung dafür kann sehr gut
mit den Schlußworten der Einleitung ausgedrückt werden: „Luther

selbst meinte, in dieser Schrift sei die Summe dessen enthalten, was er
theologisch zu sagen habe. Er äußerte noch nach mehr als einem Jahrzehnt
, alles früher Geschriebene sehe er nicht für erhaltenswert an,
ausgenommen allein ,De servo arbitrio' und den Katechismus (an
WolfgangCapito,9. Juli 1537, WA Br 8,99,80."(S. 1741)

Noch drei wichtige, kleinere Beiträge schließen diesen Band ab:
Unterricht der Visitatoren, 1528 (von Günther Wartenberg ediert),
weiter Die Marburger Artikel, 1529 (hrsg. von Hans-Ulrich De I i us);
beide Schriften sind wichtig auch als Vorarbeiten zur Confessio Augustana
. Ein Sendbrief vom Dolmetschen, 1 530 (derselbe Herausgeber),
die kleine Schrift, die Luther auf der Coburg anläßlich der umstrittenen
Übersetzung von Rom 3.28 geschrieben hat und worin er lebendig
über seine Übersetzungsweise berichtet und viele wichtige Regeln
für die Übersetzungsarbeit formuliert, ist der letzte in diesem Band
edierte Text.

Die Anerkennung der Studienausgabe von Luthers Schriften als
einer ausgezeichneten Hilfe für die Lutherforschung, wie auch für den
Anlänger im Lutherstudium, ist mit diesem dritten Band noch wohlverdienter
. Die Ausgabe ist auch ein eindrucksvolles Zeichen des
hohen Niveaus der hinter der Editionsarbeil stehenden Lutherforschung
.

Die beiden früheren Bände der Studienausgabe wurden in dieser
Zeitschrift 105. 1980 Sp. 202-204 und 108. 1983 Sp. 828-830 besprochen
.

Lund Bcngt Higghind

Luther, Martin: Evangelium und Leben. Bearb. von Horst Beintker.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1983. 302 S. 8' = Martin Luther
Taschenausgabe. 4. M 9,80; Ausland 14,-.

Von der neuen Taschenbuch-Ausgabe (=LTA) mit ausgewählten
Werken Luthers ist ein weiterer Band erschienen, der sich in den
Grundsätzen der Textauswahl sowie der Tcxtgestaltung ganz an die
bisher vorgelegten Bände anschließt.' Der neue Band ist dem Thema
„Evangelium und Leben" gewidmet. Es sollten also wichtige
Äußerungen Luthers zu Fragen der christlichen Ethik geboten
werden. Da in Band 5 bereits das Thema „Christ und Gesellschalt"
behandelt worden war, ging es hier um Fragen der Individualethik.
Die nicht immer leichte Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und
Individualethik ist hier so getroffen, daß in diesem Band bestimmte
Auslegungen der Gebote, Fragen der Ehe und der Sexualethik sowie
auch Fragen des Trostes und der Glaubensgewißheit im Zentrum
stehen.

Folgende Schriften sind hier abgedruckt: 1. Ein Auszug aus dem
sog. Vatikanischen Fragment, nämlich Luthers Auslegung von Ps 5 in
Auswahl (1516/1517) unter dem Titel „Die evangelische Hoffnung":
2. „Die guten Werke" (1520); 3. „Kurze Erklärung des christlichen
Glaubens nach den Geboten, dem Glaubensbekenntnis und dem
Vaterunser" (1520); 4. „Über Ehe und Ehelosigkeit im Anschluß an
Paulus in I.Kor. 7" (1523); 5. „Eine Auslegung des 118. Psalms:
.Das schöne Conlitemini'" (1530); 6. „Mahnungen zu Nüchternheit
und Mäßigung" (1539); 7. „Tröstung bei Verlust von Neugeborenen"
(1541/1542)- in der Formulierung Luthers „Ein Trost den Weibern,
welchen es ungerade gegangen ist mit Kindergebären": 8. „Vermahnung
gegen Hurerei" (1543); 9. „Ein Trostbrief gegen die Anfechtung
des Todes" (1539). Am Schluß des Bandes findet sich ein
Quellennachweis zu den Abbildungen der Titelblätter der Luther-
Schriften, die dem Band beigegeben sind.

Thematisch ist damit der Band in sich etwas weniger geschlossen,
als es für die anderen Bände gilt. Die Auslegung von Ps 5 hätte von
ihrem Inhalt heran sich auch in Band 1 „Die Botschaft des Kreuzes"
aufgenommen werden können. Andererseits versteht sich von selbst,
daß die F-'ormulierung der Themen der fünf Bände von LTA nicht in
striktem Sinne den Inhalt klassifizieren kann, vielmehr Äußerungen
Luthers zu einer nach modernen Fragen getroffenen Gliederung brin-