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1984

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literatuizeituflg 109. Jahrgang 1984 Nr. 7

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stellen. In der Durchführung tritt dann aher sogleich eine merkliche Schwäche
der so angelegten Untersuchung zutage. Statt das Augenmerk auf die Bczogen-
heit von Sohnes- und Hohepriesterehristologie und damit eben auf die Bezogen-
heit von urchristlicher Tradition und theologiseher Konzeption des Autors zu
richten, versucht Loader ans Ziel zu kommen, indem er in einem eher schematischen
Nacheinander von Sohnes- und Hohepriesterehristologie entsprechende
Einzelmotive auf Tradition und Interpretation hin abfragt. Mit diesem
Vorgehen, mit dem er weder seinem eigenen erklärten Ziel, noch der Intention
des I lehr selbst gerecht zu werden vermag, schallt er nicht geringe Verwirrung,
was den Gedankengang seiner Überlegungen anlangt. Das Halbdunkel urchristlicher
Glaubens- und Theologiegeschichte ist. soweit es die Quellenlage betrifft,
nun einmal so beschallen, daß Tradition nicht anders ans Licht zu heben ist, als
daß man sich zugleich um Standpunkt und Konzeption des jeweiligen Autors
müht und umgekehrt. Daß aus diesem Ineinander nicht zwangsläufig ein
methodischer Circulus vitiosus zu werden braucht, dafür sorgt der Verfasser des
Hebr mit seiner deutlich signalisierten Zielsetzung selber. Bedeutsam in dieser
Hinsicht ist vor allem die Erwähnung des ..Bekenntnisses", das dem Adressatenkreis
neu nahegebracht werden muß (3.1; 4.14; 10.23). Inhaltlich verbindet
sich mit diesem Bekenntnis eine Sohnes-C'hrislologie. die sich im traditionellen
Rahmen von Präexistenz, Erniedrigung und Erhöhung bewegt (vgl. etwa
1,3; 5,7-10). Die Auslegung des christologischen Heilsgeschehens auf dem Hintergrund
des alttestamentlich-hohepriesterlichen Kulthandelns am jährlichen
Sühnetag als hohepriesterliches Hineingehen in das Allcrhciligste (9,1 11) läßt
sich überzeugend als die theologische Eigenleistung des Hebr-Autors von der
traditionellen Christologie und Soteriologie abheben. Wie die literarische
Struktur des Hebr mit ihrem kunstvollen Wechsel von theologischen und par-
änelischcn Abschnitten deutlich macht, verfolgt dieses Bemühen das Ziel, den
Adressatenkreis neu zum Festhalten am Bekenntnis zu bewegen.

Was hier nur andeutungsweise skizziert wurde, kann man nicht
ungestraft außer acht lassen, wenn man es sich wie Loader zur Aufgabe
macht, dem Umgang des Hebr-Autors mit Traditionen nachzuspüren
(S. 246). So kommt es denn auch neben vielen zutreffenden
Detailaussagen fast unvermeidlich zu bedenklichen Fehleinschätzungen
in Grundsätzlichem. Im Anschluß an eine zählebige Tendenz in
der Hebr-Exegesc glaubt Loader etwa, über vermeintliche Spannungen
und Unausgeglichenheiten in den christologischen Anschauungen
des Hebr an vorgegebene Traditionen herankommen zu können
(vgl. z. B. S. I 1 1, I 16 u. ö.). In Wahrheit sind diese Spannungen und
Unausgeglichenheiten sehr intensiv in der soteriologisch-paräne-
tischen Zielsetzung des Hebr selbst begründet. Denn der Autor interpretiert
den Weg des irdischen Jesus durch Anfechtung und Kreuzesgehorsam
in seine himmlische Herrlichkeitsstellung als den hohepriesterlichen
Weg, der den ebenfalls angefochtenen Glaubenden den
Zugang zu Gott eröffnet. Da Loader diese fundamentale Gedankenlinie
kaum wahrnimmt, vermag er weder im Rahmen der Sohnes-
Aussagen, noch der Hohepriesteranschauung Niedrigkeits- und
Hoheitsaussagen, irdisches und himmlisches Geschehen in einen
plausiblen Zusammenhang zu bringen.

Nur so kann es zu der immer wiederkehrenden und in dieser Einseitigkeit
dann auch verfehlten Feststellung kommen, das Hauptthema
des ganzen Briefes sei die Fürbitte des himmlischen Hohenpriesters
für die Seinen. Darin liege die Dauerhaftigkeit und Ewigkeit des
Hohepriestertums Jesu (S. I 15). Das Interesse des Hebr an Passion
und Kreuz ziele auf die Begründung, der Erhöhte könne krall eigener
Erfahrung ein verständnisvoller Helfer und Fürsprecher der Versuchten
sein. Das Fürbittmotiv gehört gewiß in die Hohepricstcr-
anschauung des Hebr, wenngleich es explizit nur in 7.25b formuliert
wird. Man kann Loader durchaus zustimmen, wenn er die Vorstellung
vom erhöhten und fürbittenden Hohenpriester als übernommene
Tradition versteht (S. 205). Aber aufs Ganze gesehen handelt es sich
dabei doch um ein sekundäres Motiv. Der Schwerpunkt liegt ganz
offenkundig auf der Interpretation des einmaligen Geschehens von
Kreuzestod und Erhöhung mittels kulttheologischer Kategorien. Von
dem „einmal" (vgl. 9.12) gill zugleich das „himmlisch" und „ewig",
weil es den Anbruch des endgültigen eschatologischen I leils bedeutet.
Die Melchisedck-Anschauung des Hebr ist kein „Sonderstück"
(S. 243), vielmehr gehört sie ganz in den Rahmen dieser Dialektik des
„einmal" und „ewig", die alle Hohepriesteraussagen wie ein roter

Faden durchzieht. Den Hcbr-Autor interessiert nicht die Gestalt des
Melchisedek, sondern das „auf ewig" von Ps 110(109). 4.

So steht man am Ende der Lektüre dieser gewiß sehr materialreichen
und überaus fleißigen Arbeit von Loader letztlich ratloser vor
dem Rätsel des Hebr als zuvor.

München Franz Laub

Hülst, Werner: Turiner Grabtuch und Exegese heute (BZ 28, 1984
S. 22-42).

( harbonncau. Andre; L'interrogaloirt Je Jesus d*apres la läcture interne de
Jn 18,12-27 (ScEs35,1983 S. 191-210).

Evans, Graig A.; On the Vineyard Parables (Jes. 5; Mk 12) (BZ 28. 1984
S. 82-86).

Hoppe, Rudolf: Gleichnis und Situation (BZ 28,1984 S. 1-21).
Ritter, Adolf Martin: Piatonismus und Christentum in der Spätantike
(ThR 49, 1984 S. 31-56).

Kirchengeschichte: Mittelalter

Gresehat, Martin [Hrsg.]: Mittelalter l/II. Stuttgart-Bcrlin-Köln-
Mainz: Kohlhammcr: 1983. 336 S., 22 Taf. u. 338 S., 4 Taf. gr. 8' ■
Gestalten der Kirchengeschichte, 3 u. 4. Lw.jeDM 89,-.

Die Reihe „Gestalten der Kirchengeschichte" wurde in der ThLZ
zwei Mal ausführlich vorgestellt: H.-U. Delius 107, 1982 Sp. 753-757
über die Bände 5 und 6 (Reformation) sowie P. Schicketanz. 108, 1983
Sp. 751 f über Band 7 (Orthodoxie und Pietismus). Die jetzt vorliegenden
Bände enthalten 38 Artikel über wichtige Gestalten der
mittelalterlichen Kirchengeschichte. Man stutzt freilich bei der
Auswahl: Kein Papst und kein Kaiser gehört dazu. Freilich sollen die
Päpste in den geplanten Bänden I I und 12 folgen, doch sie fehlen
hier, wo sie primär hingehörten. Bei den Kaisern ist schwer einzusehen
, daß im Rahmen der alten Kirche 3 Kaiser (Konstantin. Theo-
dosius und Justinian) einen eigenen Artikel erhalten sollen, während
kein Kaiserdcs Mittelalters einen Artikel erhielt. Dabei Hießen gerade
für die Herrscher die Quellen reichlich. Schließlich stört eine Lücke:
Auf Eriugena (9. Jh.) folgt Anselm von Canterbury (t 1109). Artikel
über Odilo von Cluny, Petrus Damiani oder Humbert von Silva Candida
hätten nahegelegen. Die wichtigsten Päpste und Kaiser werden
kurz genannt im einleitenden Artikel von M. A. Schmidt „Das
Mittelalter - Einleitung" (7-34). Hier kommt das Stichwort
„Canossa" vor. es wird auf den Feudalismus eingegangen, die Pataria.
die Rolle der Städte bis hin zur Hanse kommt in den Blick. Ein gelungener
Überblick über die Geistesgeschichtc von Boethius bis zum
Humanismus beendet diesen Einleitungsartikel, der manche Flicke
schließt, die bei der Auswahl blieb.

Die übrigen Beiträge und ihre Verlässer seien genannt: K. Suso Frank:
Benedikt von Nursia, Marc Reydellct: Isidor von Sevilla. Raymund
Kottje: Beda Venerabiiis. Gert Haendler: Bonifatius. Walther Lam-
mers: Ansgar. Josef Bujnoeh: Kyrill. Gangolf Schrimpf: Johannes
Seotus Eriugena. Martin Anton Schmidt: Anselm von Canterbury, Arnold
Angenendt: Peter Abaclard. Kaspar Elm: Norbert von Xanten. Hanf-
Dietrich Kahl: Bernhard von I onlaines. Abt von C'lairvaux. Joachim
Ehlers: Hugo von St. Viktor und die Viktoriner, Ludwig Hödl: Petrus
Lombardus, Elisabeth Gössmann: Hildegard von Bingen. Valdo Vinay:
Waldes. Henry Mottu: Joachim von Fiore. M.-H. Vieaire: Dominikus.
Ulrich Köpf: Franz. von Assisi. Elisabeth Gössmann: Elisabeth von
Thüringen. Georg Sc h wa ige r: Albertus Magnus. Frank G. Banta : Bert hold
von Regensburg. Alexander Gerken OEM: Bonaventura. Ulrich Kühn:
Thomas von Aquin. Wolfgang Hage: Gregorius Barhebräus. Hans-Joachim
Werner: Johannes Duns Seotus, Wolfgang Hage: Yahhalla MF, Hans
Feiten: Dante Alighieri, Dietmar Mieth: Meister Eckhart, Jürgen
M i et h k e: Wilhelm von Ockham. Louise G näd i n ge r: Johannes Tauler von
Straßburg, Oskar Roth: Francesco Petrarca, Gustav Adolf Benrath: John
Wyclif. Marijn de Kroon: Gerard Groote. Ferdinand Seiht: Jan Hus.
G. H. M. Posthumus Meyjcs: Jean Gerson. Hans Gerhard Sengcr:
Nikolaus von Kues. Ulrich Bubenheimei : Gabriel Biel. Adriane Pros-
peri: GirolamoSavonarola.