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Ausgabe:

1984

Spalte:

518-520

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Loader, William R. G.

Titel/Untertitel:

Sohn und Hoherpriester 1984

Rezensent:

Laub, Franz

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Theologische Literalurzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 7

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Rom 16.23). Mit der Tendenz zur Vollversammlung muhte notgedrungen
ein angesehener (und meist wohl vermögender) Christ ins Zentrum des Gemcin-
tlelebens rücken. Hätte es da nicht nahe gelegen. Zusammenhänge zwischen
..Vollversammlung" und monarchischem Episkopat in der weiteren Geschichte
des Urchristentums zu untersuchen?

4) K. bestreitet eine „allzu enge Bindung von Hausgemeinde und Haustafel"
(S. 47). Später aber stellt er fest, daß Elemente der Haustalellradition in den
Rastoralbriel'en in Cicmeindetal'eln transformiert wurden (S. 67 A. 126). Solche
etwas widersprüchlichen Äußerungen verlangen nach einer Klärung: Inwiefern
haben Verhaltensnormen des Urchristentums ihren „Sitz im Leben" in der
Institution des Hauses?

Diese kritischen Bemerkungen sollen den Wert des kleinen Büchleins
nicht herabsetzen: Es gibt einen klar und durchsichtig geschriebenen
Überblick über das Problcmfeld. Wertvoll sind die Skizzen
über die Entw icklung bis Konstantin - bis hin zum Verbot häuslicher
Eucharistiefeiern auf der Synode von Laodicea (ca 360/70 n. C hr.) -
sowie die Sichtung des religionsgeschichtlichen Materials.

Daß der Leser an vielen Stellen zu weitergehenden tiedanken angeregt
wird, spricht nicht gegen die Arbeit: Sie ist informativ und anregend
Heidelberg Gerd Theißerl

Suhl, Alfred: Der Brief an Philemon. Zürich: Theologischer Verlag
1981.41 S.gr. 8' = Zürcher Bibclkommcntare. NT. 13. DM 15.-.

Nach der Auslegung des Philemonbriefes durch P. Stuhlmacher im
EKK (1975) bringen nun auch die ..Zürcher Bibclkommcntare" einen
Einzelband zu diesem Brief - sicher ein Zeichen dafür, daß man
diesem kürzesten, aber auch persönlichsten Paulusbrief heute mehr
Beachtung verschallen möchte, als ihm etwa unter dem Vorzeichen
einer eher dogmatisch oder kerygmatisch interessierten Bibelexegese
zuteil w urde. Dementsprechend bittet Alfred Suhl nun auch den Leser
des Kommentars eindringlich, den Brief wirklich als Brief zu lesen
und ihn durch vielfache Lektüre und eigenes Durcharbeiten in sich
autzunehmen. So ist die Auslegung - dem Charakter der Reihe entsprechend
- v on Anfang an betont auch auf Nichtlächlcutc ausgerichtet
, was sieh an mancherlei methodisch einrührenden Hinweisen
(jedoch nicht im Sinne eines akademisch-theoretisch orientierten NT-
Proseminars, sondern stets auf diesen speziellen, lebendigen Brief bezogen
) und zwanglos eingefügten Erläuterungen von Fachbegriffen
usw. zeigt. In der Einleitung (S. 9-24; sie ist länger als die eigentliche
Auslegung S. 25^40; den Abschluß bilden wenige Nachweise der im
Text direkt zitierten Literatur, S. 41) begründet Suhl auch für diesen
Leserkreis gut verständlich die allgemein anerkannte Hypothese, der
Briel sei in einer Gefangenschaft in Ephesus abgefaßt, und stellt dar.
was sich über den (bzw. die!) Adressaten und den Anlaß des Briefes
'eils eindeutig erheben, teils vermuten läßt (eine gewisse, m. E. zu
hoch eingeschätzte Rolle spielt für die Auslegung die durch den Bricf-
nihmen hergestellte „öflcntl ichkeil" des Briefes - die „Gemeinde in
deinem Hause" muß ja nicht mehr als die familia umfaßt haben,
zumal wenn Archippus wirklich der „Sohn des Hauses" sein sollte).
Prägen wie die. ob aus Kol 4.9 zu entnehmen sei. daß Onesimus von
seinem Herrn freigelassen worden ist. oder ob er mit dem (späteren)
Bisehol von Ephesus identisch sein könnte, berührt Suhl nicht - für
die Frage nach der Wirkung des Briefes auf Philemon sind sie doch
n'eht ganz gleichgültig. Im übrigen kann man über die historischen
Kenntnisse, die man dem Autor des Kolosscrbriefs zutraut
(Kol 4.7-14). gelegentlich anderer Meinung sein als Suhl (so ist m. E.
die Angabe. Epaphras sei „einer der Euren", stamme also aus
Kolossä, m. E. cm falscher Schluß jenes Autors aus Phlm23: vicl-
•Hehr ist wohl an Epaphroditus aus Philippi zu denken, der nach
Plilm 23 bei Paulus im Gefängnis ist - vgl. Phil 2.30).

^ ie die Einleitung, so ist auch die eigentliche Auslegung gut lesbar
ur|d geht - jeweils nach einer kurzen formalen Analyse des Abschnitts
~ intensiv auf die Gedankenführung des Paulus ein. So legt Suhl z. B.
die Dialektik von Ins-Spicl-Bringen der Autorität und Autoritätsverzicht
in V. 8f eindrucksvoll aus: Mit dem Hinweis auf die ihm eigentlich
zustehende Autorität zwingt Paulus den Philemon zum ernsthaften
Bekennen dessen, was er ihm sagen will; aber die erbetene Tat
selbst kann nur aus der Liebe geschehen - als erzwungene wäre sie
nicht nur in sich unecht, sondern würde sie das Verhältnis Philemon/
Onesimus unerträglich machen. Überhaupt liegt die Stärke der Exegese
Suhls in der Nachzeichnung der scclsorgerlichen „Taktik" des
Paulus, mit der er den Philemon gewissermaßen bis kurz unterhalb
der Erpressung drängt, aber letztlich eben doch bittet, nicht zwingt.
„Welch ein seelsorgerliches Meisterstück Paulus mit dem vorliegenden
Brief gelingt, wird der am ehesten ermessen, der einmal versucht,
einen zu Recht empörten Menschen davon zu überzeugen, daß der
Streit, in dem ihm vordergründig eindeutig Unrecht widerfuhr, für ihn
die Chance bedeutet, in dem anderen den Bruder zu sehen." (S. 391) -
Nicht überzeugend an der Rekonstruktion der persönlichen Beziehungen
zwischen Paulus und Philemon bleibt mir freilich die These,
Paulus habe Philemon nur vom Hörensagen, nur durch den Bericht
des Onesimus gekannt. Zu dieser Annahme zwingt V. 5 keineswegs
(trotz S. 201), und in V. 19b muß man eine bloß indirekte Beziehung
doch recht mühsam hineinlesen. Aber das ist eine Einzelheit, die am
Eindruck der Auslegung insgesamt nichts ändert.

Liegt somit der Akzent der Auslegung ganz auf dem „individuellen
" Gespräch zwischen Paulus und Philemon, so bleibt die sozialgc-
schichtliche Fragestellung eher am Rande. Natürlich stelltauch Suhl
die rechtliche Lage des Sklaven in der Spätantike in einigen Punkten
dar, um dem Leser den Hintergrund für das Verständnis des Textes zu
geben. Aber er vermeidet (bis auf eine versteckte Anspielung S. 21)
jede Bezugnahme auf die in der letzten Zeit z. T. heftig geführte Auseinandersetzung
, die sich in der These zuspitzte. Paulus habe, weil er
die Freilassung des Sklaven nicht grundsätzlich gefordert habe, das
Christusevangelium verraten. Nun mag man gewiß - wie auch der
Rez. - der Meinung sein, daß es ein arger Anachronismus ist. Paulus
mit der Elle neuzeitlichen Emanzipationsbewußtseins nicht nur zu
messen, sondern auch noch zu prügeln. Aber gerade das hätte dem
nicht lächkundigen und bei der Beurteilung solcher Fragen oftmals
nicht auf historische Betrachtungsw eise eingestellten Leser - auf den
Suhl ja betont zielt - doch deutlich gemacht werden sollen, da die Diskussion
nun einmal läuft und „sensationelle" Thesen gewöhnlich
einigen Eindruck machen.

Aber trotz dieses Defizits - das für jeden, der etwa Stuhlmachers
Komment..." ZU Rate ziehen kann, leicht auszugleichen ist - empfinde
ich Suhls Auslegung als eine sehr beachtenswerte Förderung der Exegese
des Philemonbriefes.

Naumburg (Saale) Nikolaus Walter

Loader, William R.G.: Sohn und Hoherpriester. Eine traditionsgeschichtliche
Untersuchung zur Christologic des Hebräerbriefes.
Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins
1981. Vlll, 286 S. 8" = Wissenschaftliche Monographien zum Alten
und Neuen Testament. 53. Kart. DM 46.80; Lw. DM 52.-.

Es ist das erklärte Ziel der Untersuchung von Loader zur Christologic
des Hebräerbriefs, „traditionelle Vorstellungen" im Hebr „in
ihrem Eigenwert" hervorzuheben und zugleich der Frage nachzugehen
, „wie der Vf Sie miteinander verbunden und wie er sie in seine
Gesamtkonzeption eingearbeitet hat" (S. 5). Damit reiht sich diese
Monographie unter jene Arbeiten ein. deren hermeneutischcr Ansatz
zur Klärung der schwierigen Gedankenwelt des Hebr primär nicht
mehr die religionsgeschichtliche Fragestellung ist. sondern die Intention
des Autors selbst. In der Tat gibt Hebr seine Zielsetzung in einer
Weise zu erkennen, daß solches Vorgehen adäquat und legitim erscheint
.

Mit den zwei Hauptabschnitten ..Jesus der Sohn" und „Jesus der Hohepriester
" rückt Loader denn auch von vornherein jene zwei Titel in den Vordergrund
seiner Überlegungen, die sowohl für die aufgenommene Tradition wie für
die theologische Eigenleistung des Hehr-Autors entscheidende Haltpunkte dar-